Rohtabakprämie, Kürzung wegen falscher Flächenangabe: 1. Der verschuldensunabhängigen Sanktion in Art. 50 Abs. 2 a VO Nr. 2848/98 kommt kein strafrechtlicher Charakter zu. Sie ist auch dann zu verhängen, wenn die unzutreffende Angabe der Tabakanbaufläche auf der ungeprüften Übernahme der vom Verpächter zur Verfügung gestellten Daten beruht. - 2. Die Sanktionsregelung verstößt nicht gegen den auch im Gemeinschaftsrecht zu beachtenden allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. - Urt.; BFH 18.4.2006, VII R 30/05; SIS 06 31 22
I. Die
Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreiben einen
landwirtschaftlichen Betrieb und bauen Tabak an. In ihrer
Flächenanmeldung für das Rohtabakprämienverfahren
2000 wiesen die Kläger die bebaute Fläche wie folgt aus:
„Gemeinde: R, Gemarkung Nr.: 5658, Flurstückzähler:
6388, Anbaufläche: 0,8244 ha“. Bei einer
Überprüfung der Anbauflächen im Rahmen einer sog.
Kreuzkontrolle stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Hauptzollamt - HZA - ) fest, dass die Kläger nicht die
gemeldete Fläche Flurstückzähler 6388, sondern die
Fläche Flurstückzähler 6308 mit einer
Anbaufläche von 0,8301 ha zum Tabakanbau nutzten. Daraufhin
kürzte das HZA mit einem an die X. gerichteten
Rohtabakprämienbescheid die den Klägern gemäß
Art. 50 Abs. 2a der Verordnung (EG) Nr. 2848/98 (VO Nr. 2848/98)
der Kommission vom 22.12.1998 mit Durchführungsbestimmungen
zur Verordnung (EWG) Nr. 2075/92 hinsichtlich der
Prämienregelung, der Produktionsquoten und der Sonderbeihilfe
für Erzeugergemeinschaften im Rohtabaksektor (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABLEG - Nr. L 358/17) i.d.F. von
Art. 1 Nr. 7 der Verordnung (EG) Nr. 2162/1999 (VO Nr. 2162/1999)
der Kommission vom 12.10.1999 zur Änderung der Verordnung (EG)
Nr. 2848/98 im Rohtabaksektor und zur Festlegung der
Übergangsbestimmungen für die Verwendung der
Sonderbeihilfe sowie des Verhältnisses zwischen dem
veränderten Teilbetrag der Prämie und der Prämie
für die Sortengruppe VII (Katerini) in Italien für die
Ernten 1999, 2000 und 2001 (ABlEG Nr. L 265/13) für das
laufende Erntejahr zu zahlende Rohtabakprämie um 5 % und der
X. gemäß Art. 50 Abs. 2b VO Nr. 2848/98 die
Sonderbeihilfe um einen Betrag, der 50 % des gegenüber den
Klägern verhängten Kürzungsbetrages
entsprach.
Die von der X.
und von den Klägern eingelegten Einsprüche hatten keinen
Erfolg. Auch die von den Klägern erhobene Klage blieb
erfolglos (vgl. SIS 05 35 15). Das Finanzgericht (FG) urteilte,
dass das HZA die Kürzung der Prämie zu Recht vorgenommen
habe. Dabei sei es unbeachtlich, ob die fehlerhafte Angabe der
Parzellenangabe auf einem der Verpächterin der
Anbauflächen unterlaufenen Schreibfehler beruhe. Obwohl die
Begründungserwägungen der VO Nr. 2162/1999 wiederholt die
Formulierung „Strafmaßnahmen“ enthielten, komme
der in Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98 vorgesehenen Sanktion kein
strafrechtlicher Charakter zu. Der Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) habe im Bereich der
gemeinsamen Agrarpolitik wiederholt darauf verwiesen, dass den
Sanktionsregelungen kein strafrechtlicher Charakter beizumessen
sei. Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98 diene der Verwirklichung der
Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik im Rohtabaksektor, insbesondere
der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Verwaltung
öffentlicher Mittel. Die Sanktionsregelung verstoße auch
nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Würde die Verhängung einer Sanktion auch von dem
zusätzlichen Nachweis einer subjektiven Schuld des Erzeugers
abhängig gemacht, bestünde nicht nur die Gefahr, dass
dieser sich der Verantwortung unter Hinweis auf Irrtümer,
Fehler oder Verantwortlichkeiten Dritter entziehen könne,
sondern es entstünde auch ein erheblicher administrativer
Aufwand zur Nachweisführung. Es obliege daher dem
Tabakerzeuger zu überprüfen, ob die Parzelle, auf der der
Tabak erzeugt werde, mit der im registrierten Anbauvertrag
angegebenen Parzelle übereinstimme. Übermäßige
Härten, die auf höhere Gewalt zurückzuführen
seien, habe der Gemeinschaftsgesetzgeber von vornherein aus dem
Anwendungsbereich der Sanktionsregelung ausgenommen.
Zur
Begründung der Revision machen die Kläger im Wesentlichen
geltend, dass Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98 jegliche
widerrechtliche Verwendung der Gemeinschaftsbeihilfen unterbinden
wolle. Eine solche Widerrechtlichkeit liege jedoch nicht vor, wenn
ein subjektives Verschulden des Erzeugers nicht vorliege. Im
Streitfall habe den Klägern die Beihilfe zugestanden. Denn die
Größe der gemeldeten Fläche sei korrekt angegeben
worden. Die Sanktion sei lediglich durch eine vertauschte Ziffer in
der vierstelligen Flurstücknummer verwirkt worden. Es liege
allenfalls eine formelle Widerrechtlichkeit vor. Durch einen
solchen formellen Verstoß könne sich per se noch keine
widerrechtliche Verwendung oder die Gefahr einer widerrechtlichen
Verwendung ergeben. Die Unverhältnismäßigkeit der
Sanktionsregelung ergebe sich aus dem Umstand, dass sie sich auch
gegen einen vollkommen redlichen Erzeuger richte, dem lediglich ein
Schreibfehler unterlaufen sei.
Das HZA
trägt vor, die Sanktionsregelung treffe keine Unterscheidung
zwischen einer formellen und einer materiellen Widerrechtlichkeit.
Die Androhung der Sanktion solle sicherstellen, dass das
Kontrollsystem der Art. 43 ff. VO Nr. 2848/98 auch in der Praxis
durchgesetzt werden könne. Sowohl für den
buchmäßigen Flächenvergleich als auch für die
Identifizierung der Anbauflächen bei den Kontrollen vor Ort
sei die katasteramtlich korrekte Bezeichnung der Anbauflächen
von entscheidender Bedeutung. Auf den Nachweis eines schuldhaften
Verhaltens komme es nicht an. Ein Verstoß gegen das
Verhältnismäßigkeitsprinzip sei nicht
ersichtlich.
II. Die
Revision ist unbegründet. Das Urteil verletzt nicht
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG hat zu Recht erkannt, dass der angefochtene
Rohtabakprämienbescheid rechtmäßig ist und Art. 50
Abs. 2a VO Nr. 2848/98 nicht gegen den auch im Gemeinschaftsrecht
zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
verstößt.
1. Entgegen der
Auffassung der Kläger kann den Begründungserwägungen
zur VO Nr. 2848/98 nicht entnommen werden, dass bei der Anwendung
von Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98 zwischen einer formellen
Widerrechtlichkeit und einer materiellen Widerrechtlichkeit mit dem
Ergebnis unterschieden werden muss, dass bei lediglich formellen
Verstößen eine Kürzung der Rohtabakprämie von
vornherein nicht in Betracht kommt.
a) Nach Art. 50
Abs. 2a VO Nr. 2848/98 wird die dem betreffenden Erzeuger für
die laufende Ernte zu zahlende Prämie um 5 % gekürzt,
wenn die Parzelle, auf der der Tabak erzeugt wird, nicht der im
registrierten Anbauvertrag angegebenen Parzelle entspricht.
Hinsichtlich der einer Erzeugergemeinschaft zu gewährenden
Sonderbeihilfe bestimmt Art. 50 Abs. 2b VO Nr. 2848/98, dass bei
einer Mitgliedschaft des Einzelerzeugers in einer
Erzeugergemeinschaft die Sonderbeihilfe der Erzeugergemeinschaft im
Falle der Anwendung der in den Absätzen 1, 2 und 2a genannten
Strafmaßnahmen um einen Betrag gekürzt wird, der der
Hälfte der auf den Erzeuger angewendeten Kürzung
entspricht. In Abs. 6 der Erwägungsgründe zur VO Nr.
2162/1999 wird darauf hingewiesen, dass der zwischen dem
Erstverarbeitungsunternehmen und einer Erzeugergemeinschaft oder
einem Einzelerzeuger abgeschlossene Anbauvertrag u.a. den genauen
Anbauort des Tabaks und die betreffende Fläche des
Flurstücks enthalten muss. Es empfehle sich daher, die den
Einzelerzeuger betreffenden Strafmaßnahmen zu
verschärfen, wenn die Parzelle, auf der der Tabak angebaut
werde, nicht der im Anbauvertrag angegebenen Parzelle entspreche,
und die Strafmaßnahmen außerdem dahin gehend zu
verschärfen, dass sich die Bestrafung der Einzelerzeuger auch
auf die Erzeugergemeinschaften auswirke. Ausweislich der
Begründungserwägungen zur VO Nr. 2848/98 dient der
Gemeinschaftsrechtsakt u.a. dazu, zur Überprüfung, ob die
Tabakblätter aus einem bestimmten Produktionsgebiet stammen
und im Rahmen eines Anbauvertrages geliefert werden, eine
Mindestanzahl von den Mitgliedstaaten durchzuführender
Anbauflächenkontrollen sowie die Konsequenzen der
gegebenenfalls festgestellten Unregelmäßigkeiten
festzulegen. In Bezug auf diese Konsequenzen ist den
Begründungserwägungen zu entnehmen, dass diese
abschreckend genug sein müssen, um jegliche Falschangabe und
jegliche widerrechtliche Verwendung der Gemeinschaftsbeihilfen zu
verhüten.
b) Aus der
Verwendung der Begriffe „Strafmaßnahmen“
und „widerrechtliche Verwendung“ kann nicht
geschlossen werden, dass es sich bei den in Art. 50 Abs. 2a VO Nr.
2848/98 angeordneten Prämienkürzungen um Kriminalstrafen
handelt, deren Verhängung eine individuell vorwerfbare
Rechtsverletzung voraussetzt.
aa) Dass auch
ein nicht schuldhaftes Handeln eine Sanktion auszulösen
vermag, belegt Art. 51 Abs. 1 Satz 3 VO Nr. 2848/98, nach dem
materielle Fehler zu einer Kürzung der Sonderbeihilfe für
die laufende Ernte führen; wobei die Kürzung vom
Mitgliedstaat je nach Schwere des Fehlers auf einen Prozentsatz von
1 bis 20 % festzusetzen ist. Im Vergleich zu anderen
Sprachfassungen gibt der deutsche Text den Inhalt der Vorschrift
zumindest missverständlich wieder, denn er lässt die
Deutung zu, dass im Gegensatz zu materiellen Fehlern lediglich
formelle Fehler nicht erfasst würden. Die französische
bzw. englische Sprachfassung verwenden die Begriffe „les
erreurs materiélles“ bzw. „clerical
errors“. Gemeint sind offensichtlich technische Fehler,
die versehentlich unterlaufen sind (wie z.B. Schreib- und
Übertragungsfehler oder Redaktionsversehen).
bb) Für
eine solche Deutung spricht die systematische Stellung von Art. 51
Abs. 1 Satz 3 VO Nr. 2848/98 als für den Sonderfall
konzipierte Regelung, dass die Nichteinhaltung der für die
Prämiengewährung maßgeblichen Vorschriften, die
gemäß Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 2848/98 zum
vollständigen Verlust des Anspruchs auf Auszahlung der
Sonderbeihilfe führt, auf Fehler technischer Natur
(Schreibfehler ect.) zurückzuführen ist. In diesem Fall
muss die Erzeugergemeinschaft nicht einen Totalverlust der
Sonderbeihilfe hinnehmen, sondern lediglich eine Kürzung
derselben, die im günstigsten Fall nur 1 % betragen kann.
Aufgrund dieses Ergebnisses ist insbesondere der englischen
Sprachfassung der Vorzug zu geben, da sie mit den Zielen der VO Nr.
2848/98 besser in Einklang zu bringen ist (vgl. EuGH-Urteile vom
7.7.1988 Rs. C-55/87, EuGHE 1988, 3845 Rn. 16 ff., und vom
17.10.1996 Rs. C-64/95, EuGHE 1996, I-5105 Rn. 18).
cc) Zu Recht
hat die Vorinstanz darauf verwiesen, dass der EuGH mehrfach
entschieden hat, dass die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik in
den entsprechenden Gemeinschaftsvorschriften als Sanktionen
bezeichneten Maßnahmen (z.B. Art. 11 Abs. 1 der Verordnung
(EWG) Nr. 3665/87 - VO Nr. 3665/87 - der Kommission vom 27.11.1987
über gemeinsame Durchführungsvorschriften für
Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen - ABlEG
Nr. L 351/57 - i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 - ABlEG Nr. L
310/57 - ) keinen strafrechtlichen Charakter besitzen (EuGH-Urteile
vom 5.2.1987 Rs. 288/85, EuGHE 1987, 621, 625 Rn. 14, und vom
27.2.1992 Rs. C-5/90 und C-206/90, EuGHE 1992, I-1157, 1223 Rn.
36). Wie der Senat in Anlehnung an diese Rechtsprechung entschieden
hat, handelt es sich bei der in Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87
getroffenen Regelung um eine verschuldensunabhängige Sanktion,
die nicht gegen höherangige Rechtsgrundsätze
verstößt (Senatsurteil vom 21.11.2002 VII R 67/98,
BFH/NV 2003, 358 = SIS 03 14 65).
Sowohl in der
französischen als auch in der englischen Sprachfassung wird
die Minderung des Erstattungsbetrages als
„sanction“ bezeichnet. Die gleiche Terminologie
findet sich in der französischen Fassung von Art. 50 VO Nr.
2848/98. Beide Vorschriften verfolgen das Ziel, einer
unberechtigten Inanspruchnahme einer gemeinschaftsrechtlich
gewährten Subvention entgegenzuwirken und damit einen Beitrag
zur Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik zu
leisten. Sowohl das zu Art. 51 Abs. 1 Satz 3 VO Nr. 2848/98
gefundene Auslegungsergebnis als auch die Rechtsprechung des EuGH
zum Charakter der im Bereich der Agrarsubventionen normierten
Sanktionen belegen die Annahme, dass Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98
weder einen strafrechtlichen Charakter besitzt noch - wie die
Kläger die Vorschrift verstanden wissen wollen - voraussetzt,
dass ein materieller Verstoß gegen die Prämien
gewährenden Regelungen vorliegen muss. Ausreichend ist
vielmehr auch ein formeller Verstoß, der wie im Streitfall in
der irrtümlichen Angabe eines tatsächlich nicht
zutreffenden Flurstückzählers bestehen kann.
2. Zu Recht hat
das FG entschieden, dass die Sanktionsregelung des Art. 50 Abs. 2a
VO Nr. 2848/98 nicht gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verstößt.
a) Nach der Rechtsprechung des EuGH
verfügen die Gemeinschaftsorgane hinsichtlich der Mittel, die
zur Erreichung der mit einer Gemeinschaftsmaßnahme verfolgten
Ziele geeignet sind, insbesondere im Bereich der Verwaltung der
Agrarmärkte, über ein weites Ermessen. Zur Wahrung des zu
den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts
gehörenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane jedoch nicht die
Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der
fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet
und erforderlich ist. Stehen mehrere geeignete Maßnahmen zur
Verfügung, ist die am wenigsten belastende Maßnahme zu
wählen, wobei die verursachten Nachteile nicht außer
Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen
(EuGH-Urteile vom 12.1.2006 Rs. C-504/04, Deutsches
Verwaltungsblatt 2006, 501; vom 12.7.2001 Rs. C-189/01, EuGHE 2001,
I-5689 Rn. 81; vom 5.10.1994 Rs. C-133/93, C-300/93 und C-362/93,
EuGHE 1994, I-4863 Rn. 41, und vom 13.11.1990 Rs. C-331/88, EuGHE
1990, I-4023 Rn. 13). In Bezug auf die richterliche Kontrolle der
Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
hat der EuGH wiederholt ausgeführt, dass aufgrund des weiten
Ermessens, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber im Bereich
der Gemeinsamen Agrarpolitik verfüge, eine
Beeinträchtigung der Rechtmäßigkeit einer in diesem
Bereich erlassenen Maßnahme nur dann vorliege, wenn diese
Maßnahme zur Erreichung des vom Gemeinschaftsorgan verfolgten
Ziels offensichtlich ungeeignet sei (EuGH-Urteil in EuGHE 2001,
I-5689 Rn. 82, m.w.N.). Eine Prüfung, ob das gewählte
Mittel das einzige Mittel oder das beste Mittel zur Erreichung des
vorgegebenen Ziels sei, bleibe der gerichtlichen Kontrolle
verwehrt.
b) Unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze erweist sich die in Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98
normierte Sanktion nicht als unverhältnismäßig.
Denn sie kann nicht als offensichtlich ungeeignet angesehen werden,
um das mit ihr verfolgte Ziel, nämlich die Vermeidung von
Missbrauchsfällen und die Sicherstellung von effektiven
Kontrollen der Anbauflächen, zu erreichen. Nach Art. 45 und
Art. 46 VO Nr. 2848/98 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sog.
Kreuzkontrollen durchzuführen und im Rahmen von
unangekündigten Kontrollen vor Ort die Angaben in den
Anbauverträgen, insbesondere die bestellte Fläche, die
angebaute Sortengruppe und die gelagerten Tabakmengen zu
überprüfen. Nutzt der Einzelerzeuger eine andere
Fläche, als die, die er in seiner Flächenanmeldung
angegeben hat, so können die vorgeschriebenen Kontrollen
zumindest erschwert werden. Eine unangemeldete Kontrolle eines in
der Anmeldung angegebenen und tatsächlich nicht für den
Tabakanbau genutzten Flurstücks ginge ins Leere.
Im Streitfall haben die Kläger nach den
Feststellungen des FG nicht nur ein anderes Flurstück, sondern
auch eine geringfügig größere Fläche für
den Tabakanbau genutzt, als sie gegenüber dem HZA angegeben
haben. Es liegt auf der Hand, dass dies eine
Unregelmäßigkeit darstellt, die geeignet ist, das
Funktionieren der Prämienregelung im Rohtabaksektor zu
beeinträchtigen. Insbesondere wenn es zu einer Vielzahl
solcher Fälle käme, wäre eine effektive Kontrolle
der Anbauflächen erheblich erschwert und darüber hinaus
mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden. Deshalb kann
es dem Gemeinschaftsgesetzgeber nicht verwehrt werden, Regelungen
mit abschreckender Wirkung zu treffen, die
Unregelmäßigkeiten dieser Art effektiv entgegenwirken.
An den Erzeuger werden auch nicht unzumutbare Anforderungen
gestellt. Bei gewissenhafter Überprüfung der ihm von
dritter Seite, etwa vom Verpächter, gemachten Angaben und
sorgfältiger Erstellung der Flächenanmeldung dürften
ihm Fehler in der Flächenbezeichnung nicht verborgen bleiben.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass er sich um seines eigenen
Vorteils willen auf die Prämienregelungen im Rohtabaksektor
und auf die Strenge dieses Regimes eingelassen hat (vgl.
Senatsbeschluss vom 4.4.2000 VII R 67/98, BFHE 192, 377 = SIS 00 08 37).
Um die angestrebte Präventionswirkung zu
erzielen ist die Androhung einer angemessenen Sanktion
erforderlich, die selbst dann verhängt werden kann, wenn sich
die falschen Angaben nicht auf die Höhe der zu
gewährenden Anbauprämie ausgewirkt haben. Eine solche
Sanktion kann nicht als offensichtlich ungeeignet angesehen werden,
um das mit ihr verfolgte Ziel - insbesondere die Sicherstellung von
effektiven Kontrollen der Anbauflächen und den Schutz der
finanziellen Interessen der Gemeinschaft - zu erreichen.
Auch die Höhe der
Prämienkürzung ist nach Auffassung des Senats unter
Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu
beanstanden. Denn eine unzutreffende Flächenangabe führt
nicht zu einem vollständigen Verlust der Anbauprämie,
sondern lediglich zu einer Kürzung um 5 %. Im Falle von
höherer Gewalt - die allerdings bei ungeprüfter
Übernahme von Daten oder bei Schreibfehlern nicht vorliegen
dürfte (vgl. hierzu Senatsurteil in BFH/NV 2003, 358 = SIS 03 14 65 im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 11.7.2002 Rs. C-210/00 =
SIS 02 41 02) - ist der Zollbehörde die Vornahme einer
Prämienkürzung generell untersagt (Art. 49 VO Nr.
2848/98). Dass der Gemeinschaftsgesetzgeber - hier die Kommission -
bei der Konzipierung von Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98 von der
Festlegung eines Sanktionsrahmens abgesehen hat, ist nicht zu
beanstanden. Denn im Gegensatz zur Regelung in Art. 51 Abs. 1 Satz
3 VO Nr. 2848/98 ist die maximale Höhe der Sanktion deutlich
niedriger festgesetzt. Im Übrigen wird sich nur schwer
vorhersehen lassen, bei welcher Höhe eine Sanktion die
effektivste Wirkung entfaltet. Daher muss dem
Gemeinschaftsgesetzgeber ein durch das zu beachtende
Übermaßverbot als Ausprägung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begrenzter
Ermessensspielraum belassen werden. Im Streitfall ist nicht
festzustellen und wird von den Klägern auch nicht
nachvollziehbar dargelegt, dass eine geringere Sanktion als die in
Art. 50 Abs. 2a VO Nr. 2848/98 vorgesehene falsche Angaben
offenkundig und zweifelsfrei verhindern oder eine solche Gefahr
zumindest so sehr verringern könnte, dass die Vornahme einer
höheren Prämienkürzung schlechterdings
unverständlich wäre. Damit erweist sich die Höhe der
zu verhängenden Sanktion jedenfalls nicht als offensichtlich
ungeeignet, die mit der Prämienkürzung beabsichtigte
Präventionswirkung zu erzielen.
3. Der Senat hält die von ihm
vorgenommene Auslegung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts
für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer
Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil
vom 6.10.1982 Rs. 283/81 - C.I.L.F.I.T. -, EuGHE 1982, 3415 Rn.
16).