Außensteuerrecht, Erstattung, Verzinsung: Der Erstattungsbetrag gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. ist nicht nach § 233 a AO 1977 zu verzinsen. - Urt.; BFH 26.4.2006, I R 122/04; SIS 06 31 66
I. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) hatte gegen die
Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KGaA,
gemäß § 11 Abs. 2 des Außensteuergesetzes
(AStG a.F.) eine Erstattung von Körperschaftsteuer für
1997 in Höhe von 33.512 DM festgesetzt. Den Antrag der
Klägerin, diesen Betrag gemäß § 233a der
Abgabenordnung (AO 1977) zu verzinsen, lehnte das FA ab. Es fehle
bei dem Erstattungsverfahren nach § 11 Abs. 2 AStG a.F. an der
für die Verzinsung erforderlichen Festsetzung der erstatteten
Körperschaftsteuer.
Die dagegen gerichtete Klage war
erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab ihr mit
Urteil vom 9.11.2004 6 K 1569/02 AO statt. Das Urteil ist in EFG
2005, 330 = SIS 05 10 56 veröffentlicht.
Das FA stützt seine
Revision auf Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Klageabweisung. Entgegen der Vorinstanz ist die der Klägerin
gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. erstattete
Körperschaftsteuer nicht nach § 233a AO 1977 zu
verzinsen.
1. Nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sind
Zinsen auf Steuern zu leisten, wenn die Festsetzung der Steuer zu
einer Steuernachzahlung oder -erstattung führt.
Maßgebend für die Zinsberechnung ist der
Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer einerseits und
den anzurechnenden Steuerabzugsbeträgen, der anzurechnenden
Körperschaftsteuer und den bis zum Beginn des Zinslaufs
festgesetzten Vorauszahlungen andererseits (§ 233a Abs. 3 Satz
1 AO 1977), wobei der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des
Kalenderjahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist (§
233a Abs. 2 Satz 1 AO 1977).
2. Diese Verzinsungsvoraussetzungen sind im
Streitfall nicht erfüllt. Zwar trifft es zu, dass im Rahmen
des Verfahrens gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. (i.V.m.
§ 37 Abs. 1 AO 1977) infolge eines
Ausschüttungsüberhangs jene Körperschaftsteuer
erstattet wird, welche zuvor aufgrund der Hinzurechnung
gemäß §§ 7 ff. AStG als
Ausschüttungsfiktion gegen die Klägerin festgesetzt
worden war. Wirtschaftlich wirkt sich die Erstattung also im
Ergebnis wie die Herabsetzung der ursprünglich festgesetzten
Körperschaftsteuer aus. Der Fiskus mag auch durch die zuvorige
Hinzurechnung - allerdings nach Maßgabe der
Regelungskonzeption der Hinzurechnungsbesteuerung systemkonforme -
Liquiditätsvorteile erlangt haben, welche mittels der
Vollverzinsung im Grundsatz ausgeglichen werden sollen.
Schließlich mag es richtig sein, dass dem Erstattungsbescheid
gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. der Sache nach der
Charakter eines „actus contrarius“ zu der
ursprünglichen Steuerfestsetzung beizumessen ist (vgl.
Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht,
§ 11 Anm. 110), da jene Festsetzung den Rechtsgrund für
das Behaltendürfen des vereinnahmten Steuerbetrages bildet.
Rechtstechnisch geschieht dies jedoch gerade nicht im Wege einer
(eigenständigen) Steuerfestsetzung (bzw. deren Änderung).
Die ursprüngliche Steuerfestsetzung bleibt vielmehr
unberührt und bildet als solche nach wie vor den Rechtsgrund
für die Zahlung (vgl. Wassermeyer, ebenda). Festgesetzt wird
insofern - lediglich - der Erstattungsbetrag im Umfang der Steuer,
die in Höhe des Ausschüttungsüberschusses auf den
Hinzurechnungsbetrag entfällt, und zwar nach Maßgabe der
Besteuerungsverhältnisse im Erstattungszeitpunkt, nicht aber
der Verhältnisse für den betreffenden
Veranlagungszeitraum. Es handelt sich hierbei um ein
eigenständiges, von dem steuerlichen Festsetzungsverfahren
unabhängiges Erstattungsverfahren gemäß § 37
Abs. 2 AO 1977 (vgl. Senatsurteile vom 5.4.1995 I R 81/94, BFHE
177, 437, BStBl II 1995, 629 = SIS 95 20 86; vom 7.9.2005 I R
64/04, BFH/NV 2006, 27 = SIS 06 02 36).
Eine Steuerfestsetzung ist indes unabdingbare
Voraussetzung, um den Verzinsungsanspruch auszulösen. §
233a Abs. 1 AO 1977 belässt zu diesem tatbestandlichen
Erfordernis keine Ausnahmen. Insbesondere ist nicht ersichtlich,
dass die Vorschrift uneingeschränkt anderweitige
sondergesetzlich bestimmte Erstattungsansprüche der
Verzinsungspflicht unterwerfen will. Der Regelungswortlaut ist
insoweit unmissverständlich und eröffnet in diesem Punkt
keine erweiterten Auslegungsspielräume.
Erstattungsansprüche, die sich nicht aus (geänderten)
Steuerfestsetzungen errechnen, sondern Gegenstand eines
eigenständigen Erstattungsbescheides sind, lösen deswegen
keine Verzinsungspflicht aus. Der Verzinsung unterliegen nur
Erstattungsansprüche, die sich aus der Festsetzung der in
§ 233a Abs. 1 AO 1977 aufgeführten Steuerarten ergeben
(vgl. Heuermann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 233a AO
Rz. 16; im Grundsatz auch Kögel in Beermann/Gosch,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rz. 5.13;
anders Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung,
§ 233a AO Rz. 10). Dass § 233a AO 1977 damit im Ergebnis
möglicherweise Verzinsungslücken enthält, ist de
lege lata hinzunehmen. Der Gesetzgeber ist unbeschadet der
prinzipiell angestrebten Vollverzinsung nicht zu einer
lückenlosen Verzinsung jeglicher Erstattungsansprüche aus
dem Steuerschuldverhältnis verpflichtet.
3. Da das FG eine andere Rechtsauffassung
vertreten hat, war sein Urteil aufzuheben. Die Klage war
abzuweisen.