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Außensteuerrecht, Erstattung, Verzinsung

Außensteuerrecht, Erstattung, Verzinsung: Der Erstattungsbetrag gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. ist nicht nach § 233 a AO 1977 zu verzinsen. - Urt.; BFH 26.4.2006, I R 122/04; SIS 06 31 66

Kapitel:
Verschiedenes > Erstattung, Aufrechnung, Abtretung
Fundstellen
  1. BFH 26.04.2006, I R 122/04
    BStBl 2006 II S. 737
    LEXinform 5002843

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 9.10.2006
    U.P. in IStR 17/2006 S. 600
    K.B. in INF 18/2006 S. 682
Normen
[AStG a.F.] § 11 Abs. 2
[AO 1977] § 37 Abs. 2, § 233 a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 09.11.2004, SIS 05 10 56, Erstattung, Zinsen, Steuer, Außensteuerrecht
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 23.6.2014, SIS 14 27 00, Keine Verzinsung von an den Steuerpflichtigen erstatteten Nachzahlungszinsen nach §§ 233 a oder 236 AO: N...
  • BFH 17.11.2010, SIS 11 12 17, Keine Verzinsung von an den Steuerpflichtigen erstatteten Steuerabzugsbeträgen: 1. Durch einen Lohnsteuer...
  • FG Köln 18.3.2010, SIS 10 20 36, Verzinsung erstatteter Lohnsteuer-Nachforderungsbeträge: Lohnsteuerbeträge, die nach Aufhebung eines Nach...
  • FG Hamburg 30.9.2008, SIS 09 01 92, Erstattungsbeträge nach § 11 Abs. 2 AStG, keine Prozesszinsen: Der Erstattungsbetrag gemäß § 11 Abs. 2 AS...
  • BFH 17.4.2008, SIS 08 39 12, Verzinsung des Vorsteuer-Vergütungsanspruchs eines im übrigen Gemeinschaftsgebiets ansässigen Unternehmer...
  • BFH 18.9.2007, SIS 08 10 83, Erstattung von Abzugsteuern, keine Verzinsung: Die vom Bundesamt für Finanzen (jetzt Bundeszentralamt für...

I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) hatte gegen die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KGaA, gemäß § 11 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG a.F.) eine Erstattung von Körperschaftsteuer für 1997 in Höhe von 33.512 DM festgesetzt. Den Antrag der Klägerin, diesen Betrag gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) zu verzinsen, lehnte das FA ab. Es fehle bei dem Erstattungsverfahren nach § 11 Abs. 2 AStG a.F. an der für die Verzinsung erforderlichen Festsetzung der erstatteten Körperschaftsteuer.

 

Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab ihr mit Urteil vom 9.11.2004 6 K 1569/02 AO statt. Das Urteil ist in EFG 2005, 330 = SIS 05 10 56 veröffentlicht.

 

Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts.

 

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung. Entgegen der Vorinstanz ist die der Klägerin gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. erstattete Körperschaftsteuer nicht nach § 233a AO 1977 zu verzinsen.

 

1. Nach § 233a Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sind Zinsen auf Steuern zu leisten, wenn die Festsetzung der Steuer zu einer Steuernachzahlung oder -erstattung führt. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer einerseits und den anzurechnenden Steuerabzugsbeträgen, der anzurechnenden Körperschaftsteuer und den bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen andererseits (§ 233a Abs. 3 Satz 1 AO 1977), wobei der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO 1977).

 

2. Diese Verzinsungsvoraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Zwar trifft es zu, dass im Rahmen des Verfahrens gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. (i.V.m. § 37 Abs. 1 AO 1977) infolge eines Ausschüttungsüberhangs jene Körperschaftsteuer erstattet wird, welche zuvor aufgrund der Hinzurechnung gemäß §§ 7 ff. AStG als Ausschüttungsfiktion gegen die Klägerin festgesetzt worden war. Wirtschaftlich wirkt sich die Erstattung also im Ergebnis wie die Herabsetzung der ursprünglich festgesetzten Körperschaftsteuer aus. Der Fiskus mag auch durch die zuvorige Hinzurechnung - allerdings nach Maßgabe der Regelungskonzeption der Hinzurechnungsbesteuerung systemkonforme - Liquiditätsvorteile erlangt haben, welche mittels der Vollverzinsung im Grundsatz ausgeglichen werden sollen. Schließlich mag es richtig sein, dass dem Erstattungsbescheid gemäß § 11 Abs. 2 AStG a.F. der Sache nach der Charakter eines „actus contrarius“ zu der ursprünglichen Steuerfestsetzung beizumessen ist (vgl. Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 11 Anm. 110), da jene Festsetzung den Rechtsgrund für das Behaltendürfen des vereinnahmten Steuerbetrages bildet. Rechtstechnisch geschieht dies jedoch gerade nicht im Wege einer (eigenständigen) Steuerfestsetzung (bzw. deren Änderung). Die ursprüngliche Steuerfestsetzung bleibt vielmehr unberührt und bildet als solche nach wie vor den Rechtsgrund für die Zahlung (vgl. Wassermeyer, ebenda). Festgesetzt wird insofern - lediglich - der Erstattungsbetrag im Umfang der Steuer, die in Höhe des Ausschüttungsüberschusses auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, und zwar nach Maßgabe der Besteuerungsverhältnisse im Erstattungszeitpunkt, nicht aber der Verhältnisse für den betreffenden Veranlagungszeitraum. Es handelt sich hierbei um ein eigenständiges, von dem steuerlichen Festsetzungsverfahren unabhängiges Erstattungsverfahren gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 (vgl. Senatsurteile vom 5.4.1995 I R 81/94, BFHE 177, 437, BStBl II 1995, 629 = SIS 95 20 86; vom 7.9.2005 I R 64/04, BFH/NV 2006, 27 = SIS 06 02 36).

 

Eine Steuerfestsetzung ist indes unabdingbare Voraussetzung, um den Verzinsungsanspruch auszulösen. § 233a Abs. 1 AO 1977 belässt zu diesem tatbestandlichen Erfordernis keine Ausnahmen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Vorschrift uneingeschränkt anderweitige sondergesetzlich bestimmte Erstattungsansprüche der Verzinsungspflicht unterwerfen will. Der Regelungswortlaut ist insoweit unmissverständlich und eröffnet in diesem Punkt keine erweiterten Auslegungsspielräume. Erstattungsansprüche, die sich nicht aus (geänderten) Steuerfestsetzungen errechnen, sondern Gegenstand eines eigenständigen Erstattungsbescheides sind, lösen deswegen keine Verzinsungspflicht aus. Der Verzinsung unterliegen nur Erstattungsansprüche, die sich aus der Festsetzung der in § 233a Abs. 1 AO 1977 aufgeführten Steuerarten ergeben (vgl. Heuermann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 233a AO Rz. 16; im Grundsatz auch Kögel in Beermann/Gosch, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rz. 5.13; anders Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 233a AO Rz. 10). Dass § 233a AO 1977 damit im Ergebnis möglicherweise Verzinsungslücken enthält, ist de lege lata hinzunehmen. Der Gesetzgeber ist unbeschadet der prinzipiell angestrebten Vollverzinsung nicht zu einer lückenlosen Verzinsung jeglicher Erstattungsansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis verpflichtet.

 

3. Da das FG eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, war sein Urteil aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.