Arbeitnehmer mit variablen Bezügen, Bewirtungskosten für Betriebsangehörige: Bewirtungsaufwendungen eines angestellten Geschäftsführers mit variablen Bezügen anlässlich einer ausschließlich für Betriebsangehörige im eigenen Garten veranstalteten Feier zum 25-jährigen Dienstjubiläum können Werbungskosten sein. - Urt.; BFH 1.2.2007, VI R 25/03; SIS 07 10 42
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) wurden für das Streitjahr (1993) zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr
für den kaufmännischen Bereich angestellter
Geschäftsführer der X GmbH & Co KG (Firma). Er bezog
ein festes Gehalt und Tantieme. Die Tantieme machte etwa 2/3 seiner
gesamten Bezüge aus.
Anlässlich seines 25-jährigen
Dienstjubiläums bei der Firma richtete der Kläger im
Streitjahr bei sich zu Hause ein Gartenfest ausschließlich
für die Betriebsangehörigen der Firma ohne Ehegatten aus.
An dem Fest nahmen von den eingeladenen 500
Betriebsangehörigen etwa 320 Personen teil. Die zunächst
von der Firma getragenen Aufwendungen für das Fest wurden im
Streitjahr in Höhe des Nettobetrags von 7.614,20 DM mit der
Tantieme des Klägers verrechnet. In der
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr setzten die
Kläger diesen Betrag weder als Einnahme an, noch machten sie
die Aufwendungen für das Fest als Werbungskosten
geltend.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung in der Firma rechnete der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) mit geändertem
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 31.8.1998 die
Aufwendungen für das Gartenfest mit dem Bruttobetrag in
Höhe von 8.756,33 DM (7.614,20 DM + 15 % Umsatzsteuer) dem
steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers hinzu.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach
erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in EFG 2003, 838 =
SIS 03 28 04 veröffentlichten Gründen statt. Die von der
Firma verrechneten Aufwendungen seien als Werbungskosten abziehbar,
da sie durch den Beruf des Klägers veranlasst seien. Der
Kläger habe das Gartenfest zum Zwecke der Sicherung und
Erhaltung seiner variablen Bezüge veranstaltet. Er habe die
Mitarbeiter durch das Gartenfest zu weiterer Leistungsbereitschaft
motivieren wollen, nachdem die Firma selbst das Dienstjubiläum
des Klägers ohne die Mitarbeiter gefeiert habe. Das Gartenfest
habe ausschließlich mit Betriebsangehörigen
stattgefunden und sich im finanziellen Rahmen betrieblicher
Veranstaltungen bewegt. Das 25-jährige Dienstjubiläum des
Klägers stehe dem nicht entgegen, da es nur äußerer
Anknüpfungspunkt für den Termin der betrieblichen
Gemeinschaftsveranstaltung gewesen sei.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
des FA zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht die mit dem
steuerpflichtigen Tantiemeanspruch verrechneten Aufwendungen als
Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt und den
verbleibenden, von der Firma getragenen Betrag nicht den
Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit
hinzugerechnet.
1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur
Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1
Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten
dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen
Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Eine berufliche
Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem
Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung
erbracht werden (zuletzt Urteile vom 22.6.2006 VI R 61/02, BStBl II
2006, 782 = SIS 06 31 52; vom 19.12.2005 VI R 65/04, BFH/NV 2006,
1075 = SIS 06 21 04, und VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728 = SIS 06 15 09, jeweils m.w.N.).
Aufwendungen für die Lebensführung,
die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des
Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen dagegen nach §
12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten abgezogen
werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der
Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Ob der
Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass tätigt
oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung
i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, ist anhand aller
Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (vgl. BFH-Urteile in
BStBl II 2006, 782 = SIS 06 31 52; vom 10.4.2002 VI R 46/01, BFHE
198, 563, BStBl II 2002, 579 = SIS 02 09 93, m.w.N.;
Beschlüsse vom 10.2.2005 VI B 33/04, BFH/NV 2005, 1056 = SIS 05 25 79; vom 8.6.2004 VI B 158/03, BFH/NV 2004, 1406 = SIS 04 35 99).
2. Für die Beurteilung, ob die
Aufwendungen für eine Feier beruflich oder privat veranlasst
sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH in erster
Linie auf den Anlass der Feier abzustellen (vgl. Urteile vom
14.7.2004 I R 57/03, BFHE 206, 431, BFH/NV 2004, 1603 = SIS 04 36 33; vom 12.12.1991 IV R 58/88, BFHE 167, 46, BStBl II 1992, 524 =
SIS 92 11 13, jeweils m.w.N.; Beschlüsse vom 4.11.1998 IV B
30/98, BFH/NV 1999, 467 = SIS 98 52 03; vom 29.7.1994 VIII B 71/93,
BFH/NV 1995, 118). Herausgehobene Geburtstage oder
Dienstjubiläen können als persönliche Ereignisse der
privaten Sphäre des betreffenden Steuerpflichtigen zugerechnet
werden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 118; Urteile vom
23.9.1993 IV R 38/91, BFH/NV 1994, 616; vom 28.11.1991 I R 13/90,
BFHE 166, 251, BStBl II 1992, 359 = SIS 92 08 23, unter II. 2. d
der Gründe; vom 27.4.1990 VI R 54/88, BFH/NV 1991, 85).
Bewirtungsaufwendungen, die im Zusammenhang mit einem solchen
Ereignis anfallen, sind danach regelmäßig auch durch die
gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des
Steuerpflichtigen veranlasst und nicht als Werbungskosten
anzuerkennen (vgl. BFH-Urteile vom 27.2.1997 IV R 60/96, BFH/NV
1997, 560 = SIS 97 17 22; vom 27.5.1993 VI R 57/90, BFH/NV 1993,
730; vom 4.12.1992 VI R 59/92, BFHE 170, 131, BStBl II 1993, 350 =
SIS 93 07 39).
Der Anlass einer Feier ist zwar ein
erhebliches Indiz, nicht aber das allein entscheidende Kriterium
für die Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung
der Bewirtungsaufwendungen. Trotz eines herausgehobenen
persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen
Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen
für die Feier beruflich veranlasst sind. Für die
Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich
ist daher auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die
Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um
Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des
Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des
öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um
private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen
handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort
die Veranstaltung stattfindet und ob das Fest den Charakter einer
privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist. Diese
Kriterien hat der BFH in seiner neueren Rechtsprechung zur
Unterscheidung von Arbeitslohn und Zuwendungen im
eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers entwickelt (vgl.
Urteil vom 28.1.2003 VI R 48/99, BFHE 201, 283, BStBl II 2003, 724
= SIS 03 18 70). Sie sind jedoch für die Abgrenzung der
beruflich und privat veranlassten Aufwendungen des Arbeitnehmers
entsprechend heranzuziehen (BFH-Urteil vom 11.1.2007 VI R 52/03 =
SIS 07 06 43, zur Veröffentlichung vorgesehen).
3. Nach diesen Grundsätzen ist die
Entscheidung des FG, die Aufwendungen des Klägers für das
Gartenfest seien beruflich veranlasst, revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
Die Beurteilung, ob Aufwendungen beruflich
oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der
tatrichterlichen Würdigung des FG (BFH-Urteil vom 26.1.2005 VI
R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl II 2005, 349 = SIS 05 16 32;
Beschlüsse in BFH/NV 2005, 1056 = SIS 05 25 79; in BFH/NV
2004, 1406 = SIS 04 35 99). Das FG hat die berufliche Veranlassung
der Aufwendungen insbesondere daraus abgeleitet, dass der
Kläger zum Gartenfest ausschließlich die Mitarbeiter der
Firma eingeladen habe, nachdem die zuvor von der Firma
veranstaltete Feier seines Dienstjubiläums ohne die
Betriebsangehörigen stattgefunden habe. Der Kläger habe
die Mitarbeiter durch das Gartenfest zu weiterer
Leistungsbereitschaft motivieren wollen, da seine Tantieme nicht
unwesentlich von deren Leistungen abhängig gewesen sei. Die
Würdigung des FG ist möglich. Sie verstößt
weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, so dass
der Senat hieran mangels zulässiger und begründeter
Revisionsrügen gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden
ist.
Im Streitfall hat das FG auch zutreffend
festgestellt, dass der Anlass des 25-jährigen
Dienstjubiläums dem Werbungskostenabzug der
Bewirtungsaufwendungen nicht entgegenstehe. Eine berufliche
Veranlassung der Aufwendungen für gesellschaftliche
Veranstaltungen hat der BFH zwar bislang nur für den Fall
angenommen, dass die Teilnahme daran eine besondere Belohnung
für den Teil der Mitarbeiter darstellt, der sich durch
besondere Leistungen ausgezeichnet hat (BFH-Urteil vom 23.3.1984 VI
R 182/81, BFHE 141, 18, BStBl II 1984, 557 = SIS 84 13 29, unter 3.
c der Gründe). Demgegenüber hat er bei Veranstaltungen
von Geschäftsführern bzw. leitenden Angestellten eines
Unternehmens zu herausgehobenen persönlichen Ereignissen einen
Abzug der Bewirtungsaufwendungen auch dann abgelehnt, wenn
ausschließlich Geschäftsfreunde und Mitarbeiter des
Unternehmens geladen wurden (BFH-Urteile vom 15.7.1994 VI R 70/93,
BFHE 175, 88, BStBl II 1994, 896 = SIS 94 19 39, m.w.N.; in BFHE
167, 46, BStBl II 1992, 524 = SIS 92 11 13; Beschluss in BFH/NV
1995, 118). Hierzu hat er als Begründung ausgeführt, dass
derartige Veranstaltungen infolge der herausgehobenen beruflichen
Position der betreffenden Personen auch deren persönlicher
Ehrung und der Erfüllung gewisser
Repräsentationspflichten dienten und somit Ausdruck
gesellschaftlicher Gepflogenheit seien (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV
1997, 560 = SIS 97 17 22; in BFHE 175, 88, BStBl II 1994, 896 = SIS 94 19 39; in BFHE 170, 131, BStBl II 1993, 350 = SIS 93 07 39; vom
8.3.1990 IV R 108/88, BFH/NV 1991, 436 = SIS 90 19 45; in BFHE 141,
18, BStBl II 1984, 557 = SIS 84 13 29, unter 3. b der
Gründe).
Anders als in den zitierten Entscheidungen
hatte der Kläger im Streitfall bereits auf der von der Firma
veranstalteten Jubiläumsfeier Gelegenheit, seinen
gesellschaftlichen Repräsentationspflichten gegenüber
gleichrangigen Personen nachzukommen. Mit dem im Anschluss an diese
Feier veranstalteten Gartenfest für die
Betriebsangehörigen kam es dem Kläger nach den
tatsächlichen Feststellungen des FG allein darauf an, seine
zum überwiegenden Teil variablen und somit von der
Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter abhängigen Bezüge
zu sichern. Das FG konnte daher in rechtsfehlerfreier Weise zu dem
Schluss gelangen, dass das Gartenfest nicht durch die
gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers,
sondern ausschließlich durch dessen Tätigkeit als
Geschäftsführer der Firma veranlasst war (vgl. BFH-Urteil
in BFH/NV 1997, 560 = SIS 97 17 22, unter 2. d der
Gründe).
Die berufliche Veranlassung der
Bewirtungsaufwendungen wird schließlich entgegen der
Auffassung des FA nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Feier im
eigenen Garten des Klägers stattgefunden hat. Nach den
tatsächlichen Feststellungen des FG hat das Gartenfest dadurch
nicht den Charakter einer privaten Feier erhalten. Die finanziellen
Aufwendungen haben sich im Rahmen vergleichbarer betrieblicher
Veranstaltungen bewegt. Angesichts der großen Anzahl der
Mitarbeiter sei die persönliche Einladung zu einer derartigen
Massenfeier von den Mitarbeitern nicht als Ausfluss der
wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung des Klägers
gewertet worden. Der Kläger hat zudem unwidersprochen
vorgetragen, dass er die meisten der eingeladenen Mitarbeiter nicht
persönlich gekannt habe. Auch diese tatrichterliche
Würdigung konnte das FG ohne revisionsrechtlich durchgreifende
Bedenken vornehmen.
4. Den von der Firma getragenen Restbetrag der
Aufwendungen für das Gartenfest hat das FG zu Recht nicht den
Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit
hinzugerechnet. Denn dieser Betrag wäre bei einer Einstufung
als Arbeitslohn des Klägers in gleicher Weise wie die vom
Kläger getragenen Aufwendungen als Werbungskosten bei den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar.