Rinder, Ausfuhrerstattung, verendete Tiere: 1. Eine bei der Ausfuhr lebender Rinder zu gewährende Ausfuhrerstattung ist wegen Verendens von mehr als fünf Tieren infolge nicht tierschutzgerechter Durchführung eines aus mehreren Ausfuhranmeldungen bestehenden Sammeltransports nur dann um den Betrag weiter zu kürzen, der für die während des Transports verendeten Tiere nicht gezahlt wird, wenn jene Tiere zu den mit der betreffenden Ausfuhranmeldung angemeldeten Tieren gehörten. - 2. Die materielle Feststellungslast hierfür trägt unbeschadet einer Pflicht des Ausführers zur Beweisvorsorge das HZA. - Urt.; BFH 19.8.2008, VII R 54/06; SIS 08 41 90
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) hat im November 1998 eine Ausfuhranmeldung für
28 lebende Rinder (Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 9000)
abgegeben. Die Rinder sind zunächst per LKW und Eisenbahn
transportiert und anschließend zusammen mit zahlreichen
anderen, von der Klägerin gesondert zur Ausfuhr angemeldeten
Tieren auf ein Schiff verladen worden. Auf dem Schiff sind acht von
den insgesamt 535 Tieren während des Transports verendet, wie
die Klägerin dem Beklagten und Revisionskläger
(Hauptzollamt - HZA - ) zu ihrem bezüglich der eingangs
genannten Sendung gestellten Zahlungsantrag mitgeteilt hat. Das HZA
hat daraufhin die der Klägerin aufgrund dieses Zahlungsantrags
zu gewährende Erstattung dahin berechnet, dass ihr nach
Maßgabe des Durchschnittsgewichts der ausgeführten
Rinder für acht Tiere keine Erstattung zu gewähren sei
und dass darüber hinaus wegen des nicht tierschutzgerechten
Schiffstransports eine weitere Kürzung der Erstattung um den
nämlichen Betrag nach Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr.
615/98 (VO Nr. 615/98) der Kommission vom 18.3.1998 mit
Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in
Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 82/19) vorzunehmen
sei.
Diese Vorschrift schreibt eine Kürzung
des Erstattungsbetrages bezüglich des auf die verendeten Tiere
entfallenden, nach Absatz 3 vorgenannter Bestimmung nicht zu
zahlenden Erstattungsbetrages vor, wenn die Zahl der Tiere,
für die nach jenem Absatz 3 keine Erstattung gezahlt
wird,
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mehr als 3 % der in der angenommenen
Ausfuhranmeldung genannten Zahl, jedoch mindestens zwei Tiere,
oder
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mehr als fünf Tiere
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beträgt.
Das HZA ist der Auffassung, die im zweiten
Anstrich enthaltene Regelung sei hier anzuwenden; sie beziehe sich
nicht wie der erste Anstrich auf die von der Ausfuhranmeldung der
Klägerin erfassten Tiere, sondern auf die auf dem fraglichen
Schiff insgesamt verendeten Tiere.
Auf die wegen der Kürzung der
Ausfuhrerstattung nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene
Klage hat das Finanzgericht (FG) das HZA unter Aufhebung seiner
entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, der Klägerin auf
ihren Zahlungsantrag weitere Ausfuhrerstattung von ... DM zu
gewähren (vgl. SIS 07 00 56). Das FG urteilte, es stehe nicht
fest, dass die acht auf dem Schiff verendeten Tiere aus der
verfahrensgegenständlichen Ausfuhranmeldung der Klägerin
stammten. Eine solche Zuordnung habe die Klägerin auch nicht
dadurch selbst vorgenommen, dass sie dem HZA das Verenden von acht
Tieren zu dem zu dieser Ausfuhranmeldung gestellten Zahlungsantrag
mitgeteilt habe. Der Sanktionstatbestand des Art. 5 Abs. 4 VO Nr.
615/98 sei mithin nicht erfüllt. Zwar fehle bei dem zweiten
Anstrich eine ausdrückliche Bezugnahme auf die konkrete
Ausfuhranmeldung, wie sie der erste Anstrich enthält. Die
Annahme des HZA, der zweite Anstrich könne sich nicht auf die
von der Ausfuhranmeldung erfassten Tiere, sondern nur auf die mit
dem Transportmittel insgesamt beförderten Tiere beziehen,
stehe jedoch in Widerspruch zu der in allen Teilen der Verordnung
vorausgesetzten Maßgeblichkeit einer konkreten
Ausfuhranmeldung und der Systematik der Verordnung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die
Revision des HZA, zu deren Begründung im Wesentlichen
vorgetragen wird:
Art. 5 Abs. 4 zweiter Anstrich VO Nr.
615/98 enthalte ebenso wenig wie die entsprechende Vorschrift der
Nachfolgeverordnung (EG) Nr. 639/2003 (ABlEG Nr. L 93/10) eine
Bezugnahme auf die Ausfuhranmeldung. Deshalb komme als sinnvolle
Bezugsgröße nur das jeweilige Transportmittel in
Betracht. Dementsprechend sei in der fünften
Begründungserwägung auch nicht von einer
Ausfuhranmeldung, sondern von den Tieren einer Lieferung die Rede.
Auch Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 habe nicht nur eine bestimmte
Ausfuhranmeldung, sondern die gesamte Transportladung im Auge, wenn
er vorschreibe, dass Ausfuhrerstattung nicht gezahlt werde für
Tiere, die während des Transports verendet sind.
Das HZA wendet sich ferner gegen die
Auffassung des FG, das HZA treffe die Feststellungslast dafür,
dass die die Anwendung der Sanktion rechtfertigenden verendeten
Tiere aus der von der Klägerin zur Ausfuhr angemeldeten
Sendung stammen. Aus der strittigen Vorschrift ergebe sich vielmehr
das Gegenteil. Die Kürzungsregelung habe auch nicht, wie das
FG offenbar annehme, einen strafrechtlichen Charakter und sei nicht
einem Ausschlusstatbestand gleichzusetzen. Die Verhängung der
Sanktion sei vielmehr an dieselben allgemeinen objektiven Kriterien
geknüpft wie die Gewährung der Ausfuhrerstattung, deren
Voraussetzungen der Wirtschaftsbeteiligte nachzuweisen
habe.
Im Übrigen weist das HZA darauf hin,
dass die Rechtsauffassung des FG dazu führe, dass Art. 5 Abs.
4 VO Nr. 615/98 praktisch ins Leere liefe. Eine Zuordnung
während des Transports auf einem Schiff verendeter Tiere zu
einer speziellen Ausfuhranmeldung sei dem HZA in der Regel nicht
möglich, da es auf die Benennung der Ohrmarkennummern durch
den Ausführer angewiesen wäre. Ohne Kenntnis dieser
Ohrmarkennummer wäre eine Sanktionierung nur in dem Fall
möglich, dass eine Ausfuhranmeldung 200 Tiere betreffe, mithin
sechs Tiere nicht mehr als 3 % der Ausfuhranmeldung sind und damit
nur der zweite Anstrich zum Zuge kommt. Dass eine solche Anmeldung
in Deutschland jemals abgegeben worden wäre, sei dem HZA nicht
bekannt.
II. Die Revision des HZA ist unbegründet
(§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Urteil
des FG entspricht im Ergebnis dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1
FGO).
1. Nach Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 wird der
Erstattungsbetrag gekürzt, wenn die Zahl der Tiere, für
die nach Absatz 3 des Artikels keine Erstattung gezahlt wird, mehr
als 3 % der in der angenommenen Ausfuhranmeldung genannten Zahl,
jedoch mindestens zwei Tiere beträgt (so der erste Anstrich),
oder mehr als fünf Tiere (zweiter Anstrich). Der
Kürzungsbetrag ergibt sich nach dieser Vorschrift aus Absatz 3
des Artikels, beläuft sich also auf die Ausfuhrerstattung, die
für diejenigen Tiere nicht gezahlt wird, die während des
Transports verendet sind, oder bei denen die zuständige
Behörde aufgrund der Unterlagen nach Absatz 2, der Berichte
über die Kontrolle nach Artikel 4 und/oder sonstiger
Informationen über die Einhaltung von Artikel 1 zu dem Schluss
gelangt, dass die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim
Transport nicht eingehalten worden ist.
Der eben zitierte Absatz 4 des Art. 5 VO Nr.
615/98 steht also - was auch das HZA anerkennt - in engem
systematischen Zusammenhang mit Absatz 3; der Kürzungsbetrag
ist der Betrag, um den die mit einer bestimmten Ausfuhranmeldung
beantragte Erstattung nach Absatz 3 vermindert wird. Wenn Absatz 3
nämlich vorschreibt, dass die Ausfuhrerstattung nicht gezahlt
wird für Tiere, die während des Transports verendet sind
oder bei denen die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim
Transport nicht eingehalten worden ist, kann sich dieses Gebot
sinnvoll nur auf einen bestimmten Zahlungsantrag und die ihm
aufgrund der Ausfuhranmeldung zugeordneten Tiere beziehen.
Dementsprechend geht es auch im Absatz 4 um die Zahl der einer
bestimmten Ausfuhranmeldung zugeordneten Tiere, was im ersten
Anstrich sogar ausdrücklich hervorgehoben wird, was aber auch,
wie das FG richtig erkannt hat, im Falle des zweiten Anstrichs
gelten muss, nach dem die Zahl der verendeten Tiere (bzw. der nicht
tierschutzgerecht behandelten Tiere, von denen jedoch hier und im
Folgenden abgesehen werden kann) mehr als fünf betragen muss,
das heißt: die Zahl der aus der Ausfuhranmeldung verendeten
Tiere, zu der die Nichtzahlung des mit ihr beantragten
Erstattungsbetrages erfolgt ist.
Der Wortlaut des zweiten Anstrichs kann
schwerlich gegen dieses Verständnis der Regelung
angeführt werden, auch wenn er seinen Bezugspunkt -
Ausfuhranmeldung - nicht wie der erste Anstrich ausdrücklich
nennt; denn sinndeutendes Lesen wird auch ohne solche Wiederholung
als nahe liegend empfinden, die zuvor im Einleitungssatz
(„Zahl der Tiere, für die nach Absatz 3 keine
Erstattung gezahlt wird“) und noch einmal im ersten
Anstrich klargestellte Bezugnahme auf die einzelne Ausfuhranmeldung
auch beim zweiten Anstrich mitzulesen, nachdem anders als im ersten
wegen der Benennung einer absoluten Zahl die Angabe der
Bezugsgröße sprachlich nicht zwingend erforderlich ist,
worauf die Klägerin mit Recht hingewiesen hat. Bezöge
sich die Zahl fünf auf etwas völlig anderes, nirgends in
der Verordnung namentlich Benanntes, nämlich ein
Transportmittel, wäre auch, wenn zu diesem mehrere
Ausfuhrabfertigungen aufgrund mehrerer Anmeldungen erfolgt sind,
nicht bestimmbar, bei welchem Erstattungsantrag das Verenden der
Tiere eine Kürzung des Erstattungsbetrages auslösen soll,
ob dies bei jedem derselben, also mehrfach geschehen soll oder ob
etwa der Kürzungsbetrag auf die Anmeldungen aufzuteilen ist,
welche Unklarheiten zusätzlich gegen eine solche Deutung des
zweiten Anstrichs sprechen.
Dass das HZA einen Nachweis dafür, dass
von der Ausfuhranmeldung betroffene Tiere verendet sind, in der
Regel nicht anhand der Erstattungsunterlagen führen kann, weil
es allenfalls über die Ohrmarkennummern der angemeldeten
Tiere, nicht aber über die Ohrmarkennummern der verendeten
Tiere aus diesen Unterlagen Aufschluss erhält, zwingt nicht zu
einer anderen Auslegung. Denn mit der im ersten Anstrich
getroffenen Regelung sowie mit Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 mutet
der Verordnungsgeber dem HZA offenkundig zu, diesbezügliche
Feststellungen zu treffen; warum dies bei Anwendung des zweiten
Anstrichs untragbar wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Es kann auch schwerlich angenommen werden, dass der
Verordnungsgeber im zweiten Anstrich gerade für den Fall nicht
auf eine einzelne Ausfuhranmeldung, sondern auf die Ladung eines
Transportmittels abstellt, dass nicht festgestellt werden kann, wie
viele Tiere aus den einzeln angemeldeten Sendungen verendet sind,
aber feststeht, dass mehr als fünf auf dem Transportmittel
dieses Schicksal hatten. Denn in einem solchen Fall könnte die
Kürzungsregel ohnehin nicht greifen, weil sich ein nach Art. 5
Abs. 3 VO Nr. 615/98 nicht gezahlter Erstattungsbetrag nicht
ermitteln ließe, um den aber, wie dargelegt, der zu zahlende
Erstattungsbetrag gekürzt werden soll.
Was die Ohrmarkennummern der verendeten Tiere
angeht, anhand derer eine Zuordnung verendeter Tiere in der Regel
nur wird erfolgen können, wird das HZA zwar
möglicherweise auf die Angaben des Ausführers angewiesen
sein, sofern sich nicht aus einem Einfuhrnachweis, den dieser zu
erbringen hat, und den dafür vorzulegenden Unterlagen die
erforderlichen Rückschlüsse ziehen lassen. Dieser Umstand
mag sich, wie noch zu erörtern ist, auf die Verteilung der
Feststellungslast auswirken oder zumindest den Ausführer dazu
verpflichten, bei Zusammenfassung mehrerer Ausfuhrsendungen auf
einem Transportmittel Beweisvorsorge dafür zu treffen, dass
eine Zuordnung auf diesem verendender Tiere zu jenen Sendungen
möglich ist. Er rechtfertigt es hingegen nicht, Art. 5 Abs. 4
zweiter Anstrich VO Nr. 615/98 dahin auszulegen, dass eine
Kürzung der hinsichtlich einer bestimmten Ausfuhranmeldung zu
zahlenden Ausfuhrerstattung um den für verendete bzw. nicht
entsprechend der genannten Richtlinie transportierte Tiere nicht
gezahlten Erstattungsbetrag vorzunehmen ist, wenn auf dem
Transportmittel, auf welches die betreffenden Tiere verladen worden
sind, mehr als fünf Tiere verendet sind, ohne dass es darauf
ankäme, ob es sich bei diesen Tieren um die nämlichen
handelt, für die keine Erstattung gezahlt worden ist, die also
mit der betreffenden Anmeldung zur Ausfuhr abgefertigt worden
sind.
2. Der vom HZA dieser rechtlichen Beurteilung
entgegengehaltene Einwand, sie lasse Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 in
der Praxis ins Leere laufen, vermag den Senat nicht von der
Richtigkeit der Auslegung des HZA zu überzeugen.
Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 nimmt das Verenden
eines einzigen Tieres aus einer Ausfuhrsendung während des
Transports in keinem Fall zum Anlass, die dem Ausführer zu
gewährende Ausfuhrerstattung - abgesehen davon, dass ihm
für das verendete Tier keine Ausfuhrerstattung gewährt
wird - zu kürzen. Das beruht offenbar auf der Erwägung,
dass das Verenden eines einzelnen Tieres keinen hinreichend
wahrscheinlichen Rückschluss darauf zulässt, dass der
Transport unter Verstoß gegen die Richtlinie 91/628/EWG
durchgeführt worden ist, welche Verstöße zu
sanktionieren jedoch das Anliegen des Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98
ist. Sind zwei Tiere verendet, wird gemäß Art. 5 Abs. 4
erster Anstrich VO Nr. 615/98 die Sanktion bei Ausfuhrsendungen von
nicht mehr als 66 Tieren verhängt, weil in diesem Falle zwei
Tiere mehr als 3 % ausmachen. Bei größeren Sendungen
kann die Sanktion hingegen nur verhängt werden, wenn mehr als
zwei Tiere verendet sind, bei Sendungen von mehr als 166 Tieren,
wenn es deren mindestens fünf sind; denn fünf sind erst
bei 167 mehr als 3 %, wobei der Umstand, dass der Verordnungsgeber
vorgenannte Prozentregel neben das Erfordernis des Verendens von
mindestens zwei Tieren stellt, darauf hindeuten dürfte, dass
er mit größeren Sendungen als der im Streitfall
angemeldeten nicht nur in seltenen Ausnahmefällen gerechnet
hat.
Dies vorausgeschickt, zeigt sich allerdings,
dass der zweite Anstrich des Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 (Verenden
von mindestens sechs Tieren) - wenn man ihn, wie es der Senat
für richtig hält, auf die einzelne Ausfuhranmeldung
bezieht - als Sanktionstatbestand neben dem ersten Anstrich (mehr
als 3 %) nur dann Bedeutung hat, wenn eine Ausfuhrsendung, das
heißt die Zahl der in der angenommenen Ausfuhranmeldung
bestätigten Tiere, mehr als 200 Tiere umfasst; denn erst dann
sind sechs Tiere nicht mehr als 3 %, so dass eine Sanktion nach dem
ersten Anstrich nicht verwirkt ist, wohl aber nach dem zweiten
Anstrich. Es erscheint nahe liegend, dass solche Ausfuhrsendungen
häufiger nur bei Abgabe der Ausfuhranmeldung in unmittelbarem
Zusammenhang mit einer Verladung auf ein Schiff und mithin
möglicherweise - jedenfalls in Deutschland - selten vorkommen
werden. Es muss aber dahinstehen, ob der Verordnungsgeber dies
bedacht hat, ob er sich also bewusst war, dass der zweite Anstrich
nur bei außergewöhnlich großen Ausfuhrsendungen -
wie sie offenbar im Zuständigkeitsbereich des HZA
überhaupt nicht vorkommen - als Ergänzung des ersten
Anstrichs einzugreifen vermag. Denn selbst wenn es anders
wäre, könnte dies kein Grund sein, dem zweiten Anstrich
eine Bedeutung beizulegen, die, wie ausgeführt, nach dem
Wortlaut der Vorschrift und vor allem nach dem Kontext, in dem sie
steht, fernliegend ist.
3. Das FG ist mit Recht sinngemäß
davon ausgegangen, dass das HZA und nicht der Ausführer die
Feststellungslast dafür trägt, dass die
Sanktionsvoraussetzungen vorliegen, dass im Streitfall also
mindestens zwei bzw. mehr als fünf Tiere der in der
Ausfuhranmeldung der Klägerin bestätigten Tiere auf dem
Transport verendet sind.
Welcher Beteiligte für bestimmte
Tatsachen die (materielle) Feststellungslast trägt - das
heißt das Risiko, dass sich diese Tatsachen mit der Folge der
Unanwendbarkeit der Vorschrift, die auf sie abstellt, nicht
feststellen lassen -, ist anhand jener Vorschrift zu ermitteln,
die, sofern sie - wie Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 - die
Feststellungslast nicht ausdrücklich einem Beteiligten
zuweist, einer diesbezüglichen Auslegung bedarf. Hierbei sind
bestimmte Auslegungsgrundsätze zu beachten, deren Inhalt und
deren Rangverhältnis im Falle gegenläufiger
Auslegungsergebnisse in Rechtsprechung und Schrifttum allerdings
nicht immer einheitlich verstanden wird und sich nicht in eine
einfache und für alle Vorschriften gleiche Formel fassen
lässt. Vielmehr können bei der Ermittlung dessen, der
jenes Risiko der Unaufklärbarkeit der tatsächlichen
Voraussetzungen eines gesetzlichen Tatbestandes tragen soll,
unterschiedliche Gesichtspunkte Bedeutung erlangen, wie das
Regel-Ausnahme-Verhältnis von gesetzlichen Tatbeständen,
welchem die dem Rechtsdenken geläufige Unterscheidung zwischen
anspruchsbegründenden Tatsachen und anspruchshindernden oder
-vernichtenden Einwendungen entspricht, ferner ob ein Beteiligter
seinen Rechtsstatus lediglich verteidigen will, wie dies z.B. bei
der Anwendung von Steuergesetzen, die Grundlage eines Eingriffs in
sein Vermögen darstellen, der Fall ist, oder ob er selbst der
„Angreifer“ ist; bei der Beweislastverteilung
wird aber vielfach mit Recht auch berücksichtigt, zu wessen
Wahrnehmungs- und Einflusssphäre eine Tatsache gehört und
wem folglich das Risiko ihrer Unerweislichkeit am ehesten zugemutet
werden kann (vgl. zu allem Kopp/Schenke,
Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 15. Aufl., § 108 Rz 11
ff., mit zahlreichen Nachweisen).
Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 stellt auf
Tatsachen ab, die, wie erörtert, im Allgemeinen nicht zur
Wahrnehmungs- und Einflusssphäre des Hauptzollamts
gehören; sie dürften allerdings in der Regel auch nicht
in die Wahrnehmungssphäre des Ausführers fallen, der sich
zur Durchführung eines Transports, soweit er diesen seinem
Abnehmer schuldet, einer Spedition als Vertragspartner zu bedienen
pflegt bzw., wenn er den Transport nicht zu verantworten hat - wie
es im Streitfall aufgrund eines Verkaufs „fob“
der Fall gewesen sein soll -, sich Kenntnis von diesen Tatsachen
nur mittels seines Abnehmers verschaffen könnte. Hierauf
entscheidend abzustellen und dem Ausführer wegen seiner
gleichwohl größeren Beweisnähe zu den Tatsachen,
die den Tatbestand des Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 bilden, die
Feststellungslast aufzubürden (gegen eine Beweislastverteilung
mit Rücksicht auf die Verletzung einer Aufklärungspflicht
grundsätzlich Kopp/Schenke, a.a.O., § 108 Rz 17 und die
dort angeführten Stimmen), würde indes verkennen, dass
Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 dem Hauptzollamt eine Eingriffsbefugnis
verleiht, ihm nämlich das Recht gibt, einen - durch die
Erfüllung der allgemeinen Erstattungsvoraussetzungen sowie der
im Hinblick auf den Tierschutz in Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98
normierten - von dem Ausführer verdienten Anspruch auf
Ausfuhrerstattung zu „kürzen“, in diesen
Anspruch also einzugreifen. Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 normiert
also nicht etwa, wie das HZA meint, eine Voraussetzung für
einen Anspruch auf Ausfuhrerstattung; denn es geht in der
Vorschrift nicht darum, eine zusätzliche Voraussetzung zu
definieren, wann ein Ausführer eine Ausfuhrerstattung verdient
hat, was vielmehr nach deren Sinn und Zweck offenkundig bereits
dann der Fall ist, wenn er erstattungsfähige Ware von gesunder
und handelsüblicher Qualität unter Beachtung der
vorgeschriebenen Förmlichkeiten aus der Gemeinschaft
ausgeführt hat und wenn (wie es bei differenzierter Erstattung
bzw. lebendem Vieh zusätzlich gefordert wird) die Ware,
gegebenenfalls unter Beachtung der Tiertransport-Richtlinie, das
Bestimmungsdrittland erreicht hat. Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98
enthält vielmehr die Rechtsgrundlage für die
Verhängung einer (Verwaltungs-)“Strafe“ oder, wenn
man diesen Begriff mit dem HZA vermeiden will, einer Sanktion, die
mittels ihrer abschreckenden Wirkung die Beachtung der vorgenannten
Tiertransport-Richtlinie durchzusetzen helfen soll.
Es wäre mit dieser Struktur des
Kürzungstatbestandes bei Berücksichtigung der oben
erörterten allgemeinen Grundsätze der
Beweislastverteilung, die auch bei der Anwendung von
Gemeinschaftsrecht anwendbar sind, unvereinbar, demjenigen die
Feststellungslast aufzubürden, der sich gegen eine solche
Sanktion wehrt, die zu verhängen das HZA aufgrund eines
Tatbestandes ermächtigt ist, der den allgemeinen und nach Art.
5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 bestehenden Erstattungsvoraussetzungen
einwendungsartig als Ausnahmetatbestand gegenübersteht.
Die Ausgestaltung des
Kürzungstatbestandes als Rechnungsposten bei der Festsetzung
der Ausfuhrerstattung, die derjenigen der in der Verordnung (EG)
Nr. 800/1999 der Kommission vom 15.4.1999 über gemeinsame
Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei
landwirtschaftlichen Erzeugnissen geregelten Sanktion bei falschen
Angaben des Ausführers in der Ausfuhranmeldung gleicht (dazu
Urteil des Senats vom 26.2.2004 VII R 32/03, BFHE 204, 527 = SIS 04 18 36), ändert daran nichts. Sie betrifft nicht die für
die Beweislastverteilung ausschlaggebende Normstruktur, sondern das
Verwaltungsverfahren, in dem die Sanktionierung verwirklicht wird,
und ist daher für die Beweislastverteilung ebenso belanglos
wie die prozessuale Stellung der Beteiligten im Rahmen der hier
verfahrensgegenständlichen Verpflichtungsklage.
Es trifft auch nicht zu, dass - wie das HZA
meint - die Beweislast für die Zahl der aus einer
Ausfuhrsendung verendeten Tiere deshalb beim Ausführer liegen
müsste, weil dieser sie - genauer gesagt umgekehrt: die
Beweislast für die Zahl der lebend angekommenen Tiere - bei
Anwendung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 zu tragen hat; es ist
vielmehr nicht ungewöhnlich, dass für ein und dieselbe
Tatsache, um die es sich dabei im Kern freilich handelt, auf die
das Gesetz aber in unterschiedlichem Regelungszusammenhang
abstellt, die Feststellungslast unterschiedlich verteilt ist, weil
es sich einmal um eine anspruchsbegründende Tatsache und das
andere Mal um eine Tatsache handelt, die den grundsätzlich
begründeten Anspruch ausnahmsweise vernichtet bzw. sein
Entstehen hindert und über den Verlust des Anspruches für
die verendeten Tiere hinaus dem Betroffenen ein zusätzliches
Übel, eine „Sanktion“, auferlegen will.
4. Mit der demnach dem HZA aufzubürdenden
materiellen Feststellungslast ist freilich nichts darüber
entschieden, ob nicht ein Ausführer gerade mit Rücksicht
auf diese materielle Feststellungslast bei der Ausfuhr lebenden
Viehs die Beweisführungslast (formelle Feststellungslast)
(mit-)zutragen hat, weil ohne seine Mitwirkung bei der
Feststellung, ob in einem für die Anwendung des Art. 5 Abs. 4
VO Nr. 615/98 relevanten Umfang aus einer Ausfuhrsendung Tiere auf
dem Transport verendet sind, dies vom HZA nicht geprüft werden
kann, was, wie erwähnt, zumal bei aus mehreren
Ausfuhrsendungen bestehenden Transporten in der Regel zu besorgen
sein dürfte.
Der erkennende Senat braucht indes mangels
Entscheidungserheblichkeit nicht abschließend zu prüfen,
in welchem Umfang einem Ausführer insofern eine Pflicht zur
Beweisvorsorge obliegt, wie sie nach den Erläuterungen das HZA
in der mündlichen Verhandlung offenbar inzwischen bei
entsprechenden Transporten von den Ausführern tatsächlich
erfüllt wird. Jedenfalls kann grundsätzlich ein
Beteiligter, auch wenn er die materielle Feststellungslast für
eine Tatsache nicht trägt, eine Vorsorge für die
Aufklärung dieser Tatsache nicht ohne Folgen für die
Feststellung dieser Tatsache verweigern, sofern ihm solche Vorsorge
möglich und zumutbar ist und die betreffende Tatsache ohne
seine Mitwirkung überhaupt nicht aufgeklärt werden
könnte.
5. Der Klägerin kann jedoch nach den
Umständen des Streitfalls nicht der Vorwurf gemacht werden,
dass sie keine Vorsorge dafür getroffen hat, die
Ohrmarkennummern der auf dem Schiff verendenden Tiere festzuhalten,
um dadurch eine Zuordnung zu den auf dem Schiff transportierten
Ausfuhrsendungen zu ermöglichen.
Nach der damaligen Rechtsansicht des HZA war
eine solche Beweisvorsorge für die Anwendung des Art. 5 Abs. 4
zweiter Anstrich VO Nr. 615/98 nicht erforderlich. Wie sich aus dem
Ablauf des Verwaltungsverfahrens folgern lässt und von den
Beteiligten in der mündlichen Verhandlung bestätigt
worden ist, entsprach es jedenfalls in dem Zeitraum, in dem die
hier streitige Ausfuhr abgewickelt worden ist - also unmittelbar
nach Inkrafttreten vorgenannter Verordnung -, der Verwaltungspraxis
des HZA, im Einvernehmen mit den betroffenen Ausführern
gegebenenfalls pauschale Abschläge von der Ausfuhrerstattung
bei einer beliebigen der auf den Transportmitteln vereinigten
Ausfuhrsendungen vorzunehmen, mag dies darauf beruht haben, dass
man damals eine Zuordnung zu den einzelnen Ausfuhrsendungen
rechtsirrtümlich als überflüssig, als
tatsächlich nicht durchführbar oder zumindest als dem
Ausführer nicht zumutbar angesehen hat, wenn er, wie es nach
dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung
beim Export lebender Rinder in den Libanon Handelsbrauch gewesen
sein soll, „fob“ verkauft und damit auf die
Durchführung des Seetransports keinen unmittelbaren Einfluss
hat. Bei Vernachlässigung von etwaigen Differenzen des
Durchschnittsgewichts und des Erstattungssatzes führte diese
Praxis in der Tat gegenüber einer Zuordnung der verendeten
Tiere zu den einzelnen Ausfuhrsendungen im Hinblick auf die
Anwendung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 nicht zu
unterschiedlichen Erstattungszahlungen. Die Klägerin hatte
demgemäß weder ein wirtschaftliches Eigeninteresse an
den jetzt vermissten Beweisvorkehrungen noch einen Anlass
anzunehmen, das HZA lege auf die Mitteilung wert, aus welchen
Ausfuhrsendungen welche Anzahl von Tieren verendet ist.
Verwaltungsvorschriften oder sonstige Hinweise, dass es hierauf
ankommen könnte und durch die die Ausführer insbesondere
auch auf ihre in diesem Zusammenhang bestehenden oder zumindest
denkbaren Mitwirkungspflichten (Pflicht zur Beweisvorsorge)
aufmerksam gemacht worden wären, sind ohnehin nicht
ersichtlich.
Die Klägerin konnte also allenfalls
unmittelbar anhand des - im Übrigen erst kurze Zeit zuvor in
Kraft getretenen - Art. 5 VO Nr. 615/98 auf den Gedanken kommen,
dass sie die Ohrmarkennummern auf dem Transport verendender Tiere
festhalten lassen müsse bzw. bei fob-Lieferungen ihre Abnehmer
vorsorglich dafür in die Pflicht nehmen müsse, solche
Feststellungen von den von ihnen mit dem Seetransport betrauten
Reedereien für den Fall treffen zu lassen, dass dazu von ihr
doch einmal Angaben verlangt werden würden. Dieser Gedanke
musste sich ihr indes auch im Hinblick auf Art. 5 Abs. 4 zweiter
Anstrich VO Nr. 615/98 angesichts des im Wortlaut dieser Vorschrift
nicht klar zum Ausdruck kommenden Regelungsgehalts derselben, der
erst durch diese Entscheidung des erkennenden Senats geklärt
wird, keineswegs aufdrängen. Anders hätte es sich im
Hinblick auf Art. 5 Abs. 4 erster Anstrich und erst recht Art. 5
Abs. 3 VO Nr. 615/98 verhalten müssen, wenn die Klägerin
nicht insofern infolge der Praxis einer pauschalen
Berücksichtigung der bei mehreren gemeinsam transportierten
Ausfuhrsendungen nicht zu zahlenden Ausfuhrerstattung kaum Anlass
zu einer eigenständigen Prüfung hatte, ob sie bei
Sammeltransporten vorgenannter Art nicht doch (auch ungefragt und
unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt als dem des Art. 5
Abs. 3 VO Nr. 615/98) irgendwelche Mitwirkungspflichten zu
erfüllen haben könnte.
Unter diesen Umständen würde es eine
Überspannung der Sorgfaltspflichten der Klägerin
bedeuten, ihr eine schuldhafte Verletzung einer
Beweisvorsorgepflicht vorzuwerfen. Einem in gutem Glauben, welcher
der Klägerin zu unterstellen ist, handelnden Ausführer
kann die Verletzung einer in Form der Pflicht zur Beweisvorsorge
bestehenden Mitwirkungspflicht nicht vorgeworfen werden, wenn sich
eine solche Pflicht aus den einschlägigen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften nicht hinreichend deutlich ergibt und der
Ausführer im Zeitpunkt der Durchführung des
Ausfuhrgeschäftes, auf den es insofern allein ankommen kann,
davon ausgehen musste, dass es auf die betreffenden Tatsachen nach
der Rechtsansicht und Praxis der Behörde nicht ankommt und er
von der Behörde auch nicht zumindest konkludent dazu
aufgefordert worden ist, gleichwohl vorsorglich Beweise für
diese Tatsachen zu sichern. Denn ein Wirtschaftsbeteiligter wie die
Klägerin kann sich zwar nicht darauf berufen, ihm sei das
für seine Geschäfte einschlägige Recht nicht bekannt
gewesen oder er habe sich insofern auf die Richtigkeit der
Rechtspraxis der Behörde verlassen. Er ist aber
grundsätzlich nicht verpflichtet, ungeachtet der Rechtsansicht
der Behörde anhand der Rechtsvorschriften und der von ihnen
eröffneten Auslegungsmöglichkeiten, die er gleichsam
durchspielen müsste, vorausschauende Überlegungen
anzustellen, welche Tatsachen für die Behörde
möglicherweise insoweit bedeutsam werden könnten, als
diese eine Verwaltungsstrafe verhängen will und sich deren
gegenwärtige Rechtsansicht zu den Voraussetzungen einer
solchen Maßnahme als unzutreffend erweisen sollte, und ob ihn
dann unter Umständen Mitwirkungspflichten bei der Feststellung
jener Tatsachen treffen könnten, die der Behörde
gegebenenfalls die Verhängung einer solchen Strafe gestatten,
welche Pflicht er ungefragt und von sich aus ungeachtet der
Feststellungslast der Behörde hierfür vorsorglich
erfüllen müsse.
6. Es ist nicht festgestellt und es ist nach
dem Vorbringen der Beteiligten davon auszugehen, dass sich auch
nicht feststellen lässt, dass von den von der Klägerin
mit der Ausfuhranmeldung, auf die sich der hier strittige Bescheid
bezieht, zur Ausfuhr angemeldeten Rindern zwei oder mehr Tiere auf
dem Transport in das Bestimmungsland verendet sind. Dementsprechend
kann, wie das FG eingehend und zutreffend ausgeführt hat, die
der Klägerin zu gewährende Ausfuhrerstattung nicht auf
der Grundlage des Art. 5 Abs. 4 erster Anstrich VO Nr. 615/98
gekürzt werden, weil dies, wie dargelegt, voraussetzte, dass
mindestens zwei Tiere der von der hier betroffenen Ausfuhranmeldung
erfassten Tiere verendet sind (was dann zugleich mehr als 3 % der
Ausfuhrsendung wären).
Die der Klägerin zu gewährende
Erstattung kann aber auch nicht gemäß Art. 5 Abs. 4
zweiter Anstrich VO Nr. 615/98 gekürzt werden, weil ihr
für „mehr als fünf Tiere“ keine
Erstattung gezahlt wird. Denn diese Voraussetzung wäre nur
dann erfüllt, wenn für mehr als fünf der von dem
Beteiligten in der betreffenden Ausfuhranmeldung angemeldeten Tiere
gemäß Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 keine Erstattung
gezahlt wird. Das ist im Streitfall nicht festgestellt und
lässt sich auch nicht mehr feststellen, ohne dass der
Klägerin daraus nach den Umständen des Streitfalls ein
Vorwurf gemacht werden könnte, der die grundsätzlich dem
HZA obliegende Feststellungslast für die Voraussetzungen des
Kürzungstatbestandes gegen sie kehren würde oder
zumindest bei der Beweiswürdigung zu ihren Lasten
berücksichtigt werden müsste.
Selbst wenn im Übrigen höhere
Anforderungen an die gleichsam spontane Mitwirkungsbereitschaft der
Klägerin zu stellen sein sollten, als eben ausgeführt,
und der Klägerin deshalb der Vorwurf sollte gemacht werden
müssen, ihre Beweisvorsorgepflicht fahrlässig verletzt zu
haben, könnte gegen sie nicht die vom HZA angeordnete Sanktion
verhängt werden. Denn dann könnte nicht etwa ohne
weiteres zu Lasten der Klägerin unterstellt werden, dass alle
acht verendeten Tiere oder zumindest zwei bzw. sechs aus der hier
strittigen Ausfuhrsendung stammen; es müsste dann vielmehr der
Sachverhalt unter Zuhilfenahme des Mittels der Schätzung
(§ 162 der Abgabenordnung) festgestellt werden, welche der
erkennende Senat sogar bei der Ermittlung der Voraussetzungen
für die Gewährung von Ausfuhrerstattung für
zulässig gehalten hat (Urteil vom 18.5.1993 VII R 44/92, BFHE
172, 190) und auf die zu Gunsten des Ausführers umso mehr
zurückzugreifen ist, wenn es - wie hier - um die infolge der
allenfalls leicht fahrlässigen Verletzung seiner
verfahrensrechtlichen Pflichten (Pflicht zur Beweisvorsorge) im
Ausfuhrverfahren anders nicht mögliche Ermittlung der
Voraussetzungen für eine gegen ihn zu verhängende
Verwaltungsstrafe (Sanktion) geht.
Eine solche Schätzung könnte
schwerlich zu dem Ergebnis gelangen, dass zwei oder sogar mehr als
fünf Tiere aus der strittigen Ausfuhrsendung während des
Schiffstransports verendet sind. Wenn nämlich - wie im
Streitfall - acht von 535 Tieren verenden, entfallen rechnerisch
auf die 28 Tiere der strittigen Ausfuhrsendung (8 ./. 535 x 28 =)
0,41 Tiere. Die Zahl der Tiere, deren Verenden den
Kürzungstatbestand überhaupt erst erfüllen
würde, müsste folglich fast fünfmal höher sein,
was selbst unter Berücksichtigung eines wegen des Vorwurfs der
Verletzung einer Mitwirkungspflicht im Rahmen der erforderlichen
Wahrscheinlichkeitsrechnung vorzunehmenden Unsicherheitszuschlags
zu Lasten der Klägerin nicht im Schätzungswege angenommen
werden könnte. Es liegt auf der Hand, dass der sonst ebenfalls
nicht feststellbare Betrag, der der Klägerin für die
verfahrensgegenständliche Ausfuhrsendung nach Art. 5 Abs. 3 VO
Nr. 615/98 nicht zu zahlen ist, erst recht nicht entsprechend dem
angegriffenen Bescheid des HZA im Rahmen der Anwendung des Art. 5
Abs. 4 VO Nr. 615/98 dahin geschätzt werden kann, er ergebe
sich nach Maßgabe des Durchschnittsgewichts von acht Tieren
dieser Sendung, belaufe sich also nahezu auf das 20fache dessen,
was der Wahrscheinlichkeit entspricht.
7. Da das HZA nach alledem für die
tatsächlichen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98
den ihm obliegenden Nachweis nicht führen kann, hat das FG das
HZA unter Änderung des von ihm erlassenen
Erstattungsbescheides mit Recht zur Gewährung weiterer
Ausfuhrerstattung an die Klägerin verpflichtet, so dass die
dagegen gerichtete Revision des HZA gemäß § 126
Abs. 2 FGO unbegründet und zurückzuweisen ist.
Soweit diese Entscheidung auf einer Auslegung
des Art. 5 Abs. 4 VO Nr. 615/98 beruht, hält der erkennende
Senat den Regelungsgehalt dieser Vorschrift für eindeutig
(vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschafen -
EuGH - vom 6.10.1982 Rs. 283/81 - C.I.L.F.I.T. -, EuGHE 1982,
3415). Ob der Klägerin der Vorwurf einer Verletzung ihrer
Beweisvorsorgepflicht gemacht werden kann, ist, soweit in diesem
Zusammenhang das Gemeinschaftsrecht, insbesondere das Gebot seiner
effektiven Anwendung, zu berücksichtigen ist, eine -
überdies für die Entscheidung des Senats nicht allein
tragende - Frage der Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf den
Einzelfall, so dass auch insofern ein Anlass zur Einholung einer
Vorabentscheidung des EuGH nicht besteht.