Dingliches Vorkaufsrecht an Grundstück auf Grund Vermächtnis, Ausübung, GrESt: Hat der Erblasser vermächtnisweise angeordnet, einem von drei Miterben ein dingliches Vorkaufsrecht an einem im Nachlass befindlichen Grundstück zu bestellen, das hälftig den beiden anderen Miterben vermacht worden ist, und hat der Vorkaufsberechtigte sein Recht ausgeübt, ist der dadurch zustande gekommene Erwerbsvorgang weder nach § 3 Nr. 2 GrEStG noch nach Nr. 3 der Vorschrift grunderwerbsteuerfrei. - Urt.; BFH 8.10.2008, II R 15/07; SIS 08 42 90
I. Die 2003 verstorbene P hatte ihre
Tochter, die Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin), sowie deren beide Geschwister durch letztwillige
Verfügung vom 2.10.2003 zu gleichen Teilen als Erben
eingesetzt und den beiden Geschwistern im Voraus ihr Wohnhaus zu je
hälftigem Miteigentum sowie der Klägerin für den
ersten Verkauf dieses Grundstücks durch die Geschwister ein
dingliches Vorkaufsrecht vermacht. Außerdem hatte P eine
Testamentsvollstreckung durch die Klägerin angeordnet. Nach
Umschreibung des Grundstücks auf die Miterben zur gesamten
Hand und Eintragung des Vorkaufsrechts der Klägerin -
Letzteres aufgrund Bewilligung vom 15.12.2003 - übertrugen die
Miterben das Grundstück auf die Geschwister der Klägerin
in Miteigentum zu je 1/2. Drei Monate nach Umschreibung schlossen
die beiden Geschwister mit Dritten einen Vertrag über den
Verkauf des Grundstücks zum Preis von 255.000 EUR. Daraufhin
übte die Klägerin ihr Vorkaufsrecht mit notariell
beurkundeter Erklärung vom 13.9.2004 aus.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) setzte gegen die Klägerin für den
aufgrund des ausgeübten Vorkaufsrechts verwirklichten
Erwerbsvorgang mit Bescheid vom 24.9.2004 Grunderwerbsteuer in
Höhe von 8.925 EUR fest. Einspruch und Klage, mit denen die
Klägerin die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 2
Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) geltend gemacht
hatte, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt den
Befreiungstatbestand für nicht erfüllt. Die Klägerin
habe das Grundstück nicht durch Vermächtnis i.S. des
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), und damit nicht von Todes wegen,
erworben. Ihr sei nicht das Grundstück vermacht worden,
sondern lediglich ein Vorkaufsrecht. Ihr habe daher mit dem Erbfall
noch kein Übereignungsanspruch bezüglich des
Grundstücks zugestanden, sondern lediglich ein
Gestaltungsrecht, dessen Ausübung noch von einem
Grundstücksverkauf durch die Geschwister abhängig gewesen
sei. Dieser Kaufvertrag und nicht der Erbfall sei
„Entstehungsgrund“ des Übereignungsanspruchs. Dem
vermachten Vorkaufsrecht komme nur „instrumentale
Bedeutung“ zu. Das Urteil des FG ist in EFG 2007, 950 = SIS 07 14 22 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die
Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG. Der
Umstand, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts von einem
Verkauf des Grundstücks durch die Geschwister abhängig
gewesen sei, stehe seiner Gleichsetzung mit einem Ankaufsrecht aus
einem Kaufrechtsvermächtnis nicht entgegen. Die
vermächtnisweise Einräumung eines Ankaufsrechts sei nicht
bedingungsfeindlich. Rechtsgrund ihres Erwerbs sei das
Vermächtnis und somit ihr Erwerb ein solcher von Todes
wegen.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid vom 24.9.2004
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.5.2005
aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet; sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Voraussetzungen einer
Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG liegen nicht vor.
1. Mit der Ausübung des dinglichen
Vorkaufsrechts durch die Klägerin ist gemäß §
1098 Abs. 1 i.V.m. § 464 Abs. 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) bezüglich jedes Miteigentumsanteils ein
Grundstückskauf zwischen ihr und einem der Geschwister unter
den Bestimmungen zustande gekommen, welche Letztere mit den Dritten
vereinbart hatten. Diese Kaufverträge unterliegen
gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GrEStG der
Grunderwerbsteuer, ohne gemäß § 3 Nr. 2 des
Gesetzes befreit zu sein.
a) Der erkennende Senat hat durch Urteil vom
21.7.1993 II R 118/90 (BFHE 172, 118, BStBl II 1993, 765 = SIS 93 20 24) entschieden, dass nicht nur der Grundstückserwerb durch
ein reines Sachvermächtnis, sondern auch derjenige aufgrund
eines Kaufrechtsvermächtnisses von der Grunderwerbsteuer
befreit ist, und dabei lediglich offen gelassen, ob dies auch dann
gilt, wenn der Vermächtnisnehmer das Grundstück zum
Verkehrswert erwerben musste. Mit Urteil vom 13.8.2008 II R 7/07
(BFH/NV 2008, 1760 = SIS 08 33 37) hat der Senat in einem
Rechtsstreit wegen Erbschaftsteuer erkannt, Erwerbsgegenstand eines
grundstücksbezogenen Kaufrechtsvermächtnisses sei die
aufschiebend bedingte Forderung des Vermächtnisnehmers
gemäß § 2174 BGB gegen den Beschwerten auf
Übertragung des betroffenen Grundstücks und nicht etwa -
wie bis dahin angenommen - ein Gestaltungsrecht. Damit erweist sich
die zur Grunderwerbsteuer ergangene Entscheidung des
Bundesfinanzhofs (BFH) in BFHE 172, 118, BStBl II 1993, 765 = SIS 93 20 24 umso mehr als zutreffend, als nunmehr keine Unterschiede
zwischen dem erbschaftsteuerrechtlichen und dem
grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerb(-svorgang) mehr bestehen (vgl.
zu den bisherigen Unterschieden: Sack in Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl. 2007, § 3 Rz
32). Zivil- und damit erbschaftsteuerrechtlich ist Rechtsgrund des
Übereignungsanspruchs des mit einem Kaufrechtsvermächtnis
Bedachten ebenso die Verfügung von Todes wegen wie bei einem
reinen Sachvermächtnis. Lediglich die Zahlungspflicht des
Vermächtnisnehmers hat ihren Rechtsgrund in dessen
Verpflichtungserklärung, den Kaufpreis zu zahlen (so Urteil
des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 30.9.1959 V ZR 66/58, BGHZ 31,
13).
b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist
jedoch das ihr vermachte dingliche Vorkaufsrecht im Rahmen des
§ 3 Nr. 2 GrEStG nicht mit einem derartigen
Kaufrechtsvermächtnis vergleichbar. Anders als bei einem
grundstücksbezogenen Kaufrechtsvermächtnis ist die
Forderung der Klägerin, die gemäß § 2174 BGB
durch das zu ihren Gunsten verfügte Vermächtnis mit dem
Tod der Mutter begründet worden ist, nicht - wenn auch
aufschiebend bedingt - auf Übertragung des Grundstücks
gerichtet, sondern auf die Bestellung eines dinglichen
Vorkaufsrechts an diesem Grundstück (vgl. Schurig, Das
Vorkaufsrecht im Privatrecht, 1975, S. 120). Während es bei
einem Kaufrechtsvermächtnis nicht des Abschlusses eines
Kaufvertrages bedarf, um den (aufschiebend bedingten)
Übereignungsanspruch gegen den Beschwerten - also
regelmäßig den oder die Erben - zu begründen, und
durch den Kaufvertrag lediglich die Pflicht zur Kaufpreiszahlung
entsteht, ist der Klägerin durch den Tod der Mutter noch kein
- auch noch kein aufschiebend bedingter - Übereignungsanspruch
erwachsen. Vielmehr hat sie durch Erwerb von Todes wegen lediglich
einen Anspruch auf Einräumung eines Vorkaufsrechts erhalten
(so Schurig, a.a.O.).
c) Anders als das Grundstück bei einem
Kaufrechtsvermächtnis hat sich das vermachte dingliche
Vorkaufsrecht weder im Vermögen der Mutter befunden noch ist
es mit deren Tod entstanden. Es musste als dingliche
Grundstücksbelastung erst von der Klägerin als
Testamentsvollstreckerin bestellt und seine Eintragung bewilligt
werden. Dies ist auch geschehen, wie aus der bei den Steuerakten
befindlichen Benachrichtigung des Grundbuchamtes vom 29.12.2003
über die Eintragung des Vorkaufsrechts
„gemäß Bewilligung vom 15.12.2003“
hervorgeht. Spätestens mit der Eintragung des Vorkaufsrechts
im Grundbuch war das zugunsten der Klägerin angeordnete
Vermächtnis erfüllt, ohne dass damit ein Erwerbsvorgang
i.S. des § 1 GrEStG verbunden gewesen wäre.
d) Somit erfüllt einerseits der in der
Person der Klägerin erfolgte Erwerb von Todes wegen i.S. des
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG noch keinen Erwerbsvorgang i.S. des
§ 1 GrEStG. Andererseits stellt der in der Person der
Klägerin verwirklichte Erwerbsvorgang i.S. des § 1 GrEStG
keinen Erwerbsvorgang von Todes wegen i.S. des § 3 Abs. 1 Nr.
1 ErbStG mehr dar, sondern einen Erwerb unter Lebenden. Als solcher
fällt er nicht unter § 3 Nr. 2 GrEStG. Eine
Steuerbefreiung des streitbefangenen Grundstückserwerbs
gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG wäre auch nach dem Sinn
und Zweck der Vorschrift nicht gerechtfertigt. Der in dem
Grundstück verkörperte Wert ist durch den Erbfall den
beiden Geschwistern der Klägerin zugeflossen; die
Klägerin hat es wie ein Dritter zu einem unter Fremden
ausgehandelten Kaufpreis kaufen müssen. Die einzige
Besonderheit bestand darin, dass sie den Zeitpunkt des Kaufs nicht
beeinflussen und über das Ob eines Verkaufs sowie den Inhalt
des Kaufvertrages nicht mitbestimmen konnte.
2. Auch eine Steuerbefreiung gemäß
§ 3 Nr. 3 GrEStG steht der Klägerin nicht zu.
Gemäß dieser Vorschrift ist der Erwerb eines zum
Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung
des Nachlasses ebenfalls grunderwerbsteuerfrei. Das Vorkaufsrecht
der Klägerin diente aber nicht der Teilung des Nachlasses.
Vielmehr enthielten bereits die Vorausvermächtnisse zugunsten
der beiden Geschwister der Klägerin in der Wirkung Elemente
einer Nachlassteilung. Durch die Vorausvermächtnisse verteilte
sich der Nachlass so auf die Geschwister, dass die zu Lebzeiten der
Mutter zugunsten der Klägerin erfolgte Schenkung des
Nachbargrundstücks unter den Miterben ausgeglichen wurde.
Damit war die Nachlassteilung unter den Miterben bezüglich des
Grundstücks abgeschlossen.
3. Die Rüge der Klägerin, das FG
habe ihr Recht auf Gehör verletzt, indem es unterstellt habe,
dem Vorkaufsrecht komme kein Vermögenswert zu, greift nicht
durch. Die Frage, ob ein und ggf. welcher Wert dem Vorkaufsrecht
zuzumessen ist, kann im Streitfall auf sich beruhen.