1
|
I. Streitig ist, ob Aufwendungen eines
Polizei-Hundeführers für den ihm zugewiesenen
landeseigenen Diensthund als Werbungskosten zu berücksichtigen
sind.
|
|
|
2
|
Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) erzielte im Streitjahr als Diensthundeführer im
Polizeidienst des Landes Niedersachsen Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit. Er führt einen Diensthund, der
als Schutzhund und als Sprengstoffspürhund eingesetzt wird.
Die Ausbildung des Hundes, der im Eigentum des Landes steht,
erfolgte durch den Kläger. Nach einem Schreiben der
Polizeidirektion X vom 1.10.2007 war der Kläger verpflichtet,
den ihm zugewiesenen Diensthund außerhalb der Dienstzeit mit
nach Hause zu nehmen und dort zu pflegen. Eine Möglichkeit der
dienstlichen Unterbringung und Pflege des Hundes bestand nicht.
Für die Pflege des Hundes im privaten Haushalt wurde dem
Kläger pro Tag pauschal eine Stunde Dienstzeit angerechnet.
Außerdem erhielt der Kläger vom Land Niedersachsen
für Fütterung und Pflege des Hundes eine Pauschale von
jährlich 792 EUR. Eine private Nutzung des Hundes war dem
Kläger untersagt.
|
|
|
3
|
In seiner Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machte der Kläger erfolglos
Aufwendungen für den Diensthund in Höhe von 3.430,94 EUR
(4.222,94 EUR - der Kostenerstattung von 792 EUR) als
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit geltend. Auch der Einspruch des Klägers blieb ohne
Erfolg.
|
|
|
4
|
Der daraufhin erhobenen Klage gab das
Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2009, 1924 = SIS 09 35 13
veröffentlichten Gründen insoweit statt, als es weitere
Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2.422,64 EUR
anerkannte. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
|
|
|
5
|
Mit der Revision rügt der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Verletzung
materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes - EStG -, § 12 Nr. 1 Satz 2
EStG).
|
|
|
6
|
Das FA beantragt, das Urteil des
Niedersächsischen FG vom 29.7.2009 14 K 20/08 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
|
|
|
7
|
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II Die Entscheidung ergeht gemäß
§ 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält
einstimmig die Revision für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die
Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit
zur Stellungnahme.
|
|
|
9
|
1. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die
Aufwendungen des Klägers für den Diensthund in Höhe
von 2.422,64 EUR als weitere Werbungskosten bei den Einkünften
des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu
berücksichtigen sind.
|
|
|
10
|
a) Werbungskosten sind nach der Rechtsprechung
des Senats alle Aufwendungen, die durch den Beruf des
Steuerpflichtigen veranlasst sind (z.B. Urteil vom 23.3.2001 VI R
175/99, BFHE 195, 225, BStBl II 2001, 585 = SIS 01 11 31, m.w.N.).
Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver
Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen
subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17.12.2002 VI R 137/01,
BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407 = SIS 03 07 75, m.w.N.). Zu den
Werbungskosten gehören auch Aufwendungen für
Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Arbeitsmittel
sind alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich - oder
doch nahezu ausschließlich - und unmittelbar zur Erledigung
der dienstlichen Aufgaben dienen (ständige Rechtsprechung,
vgl. BFH-Urteile vom 23.10.1992 VI R 31/92, BFHE 169, 350, BStBl II
1993, 193 = SIS 93 03 34, und vom 8.11.1996 VI R 22/96, BFH/NV
1997, 341 = SIS 97 08 49, beide m.w.N.).
|
|
|
11
|
Zutreffend hat das FG erkannt, dass es sich
bei dem Diensthund um ein Arbeitsmittel des Klägers handelt.
Denn das Tier dient unmittelbar der Erledigung der dienstlichen
Aufgaben des Klägers als Diensthundeführer.
|
|
|
12
|
b) Allerdings ist bei Gegenständen, die
auch im Rahmen der allgemeinen Lebensführung (§ 12 Nr. 1
Satz 2 EStG) genutzt werden können, für die Einordnung
als Arbeitsmittel der tatsächliche Verwendungszweck im
Einzelfall entscheidend (BFH-Urteile vom 19.2.2004 VI R 135/01,
BFHE 205, 220, BStBl II 2004, 958 = SIS 04 17 33, und vom 20.7.2005
VI R 50/03, BFH/NV 2005, 2185 = SIS 05 48 23). Die Güter
müssen ausschließlich oder zumindest weitaus
überwiegend nur zur Einnahmeerzielung beruflich genutzt
werden. Eine geringfügige private Mitbenutzung ist
unschädlich. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist unter
Würdigung aller Umstände nach der tatsächlichen
Zweckbestimmung, d.h. nach der Funktion des Wirtschaftsgutes im
Einzelfall, festzustellen (BFH-Urteil vom 21.10.1988 VI R 18/86,
BFHE 155, 310, BStBl II 1989, 356 = SIS 89 06 46). Entsprechendes
gilt für die Nutzung von Tieren (vgl. § 90a des
Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - sowie BFH-Urteil vom
10.9.1990 VI R 101/86, BFH/NV 1991, 234).
|
|
|
13
|
c) Das FG hat nach Würdigung aller
Umstände des Streitfalles festgestellt, dass der Diensthund
des Klägers neben der beruflichen keine private Verwendung
gefunden hat. Diese Würdigung ist rechtlich möglich. Der
Senat ist an sie gebunden, weil das FA hiergegen keine
zulässigen und begründeten Revisionsrügen
vorgebracht hat (§ 118 Abs. 2 FGO). Der BFH ist als
Revisionsgericht grundsätzlich nicht befugt, eine eigene
Tatsachen- oder Beweiswürdigung an die Stelle der
Würdigung des FG zu setzen (vgl. Seer in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 118 FGO Rz
54 ff., 64 ff., sowie BFH-Beschluss vom 18.6.2007 VI B 28/07,
BFH/NV 2007, 1869 = SIS 07 32 23).
|
|
|
14
|
Entgegen der Auffassung der Revision zwingt
der Umstand, dass der Kläger einen - möglicherweise auch
einen erheblichen - Teil seiner Freizeit und ca. 12 v.H. seiner
Bruttobezüge für die Betreuung und Versorgung des
Diensthundes aufgewendet hat, nicht zu dem Schluss, dass der Hund
auch privaten Zwecken des Klägers gedient habe. Insbesondere
lässt sich aus der Höhe des erwerbsbezogenen Aufwands
regelmäßig nicht auf die Verwendung eines
Wirtschaftsguts schließen. Auch der Zeitaufwand für die
Pflege oder Wartung eines Arbeitsmittels erlaubt einen derartigen
Rückschluss nicht. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der
Diensthund - wie bei anderen Hundehaltern auch - am privaten Leben
des Klägers teilhat. Weder diese Teilhabe noch das besondere
persönliche Verhältnis zwischen Diensthundeführer
und Diensthund zeugen im Streitfall jedoch von einer privaten
Nutzung des Tieres. Der Diensthundeführer und sein Diensthund
bilden vielmehr eine Einheit, welche im dienstlichen Bereich
funktionieren muss, um erfolgreiche Arbeit zu leisten. Um dies zu
ermöglichen, soll der Hund nach seiner bestandenen
Prüfung als Polizeihund nur noch mit seinem Hundeführer
zusammen arbeiten und leben, das heißt, der Hund wird sowohl
im Dienst geführt als auch privat mit in die Familie des
Hundeführers integriert (www.polizei.niedersachsen.de, dort
unter Dienststellen, Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim,
Diensthundführergruppe). Die Teilhabe des Tieres am privaten
Leben des Klägers ist nach den bindenden Feststellungen des FG
dienstlich angeordnet und damit Dienstpflicht. Sie ist darüber
hinaus der „Funktionsfähigkeit des Arbeitsmittels
Hund“ und der Erkenntnis geschuldet, dass Tiere keine
bloßen Sachen sind (§ 90a Satz 1 BGB), sondern als
Mitgeschöpfe besondere Anerkennung verdienen.
|
|
|
15
|
Auch wenn im Streitfall ein besonderes
persönliches Verhältnis zwischen Diensthundeführer
und Diensthund besteht und das Tier Teil des privaten Lebens des
Klägers ist, bilden die Aufwendungen des Klägers für
den Diensthund anders als bei einer privat veranlassten
Hundehaltung keine steuerunerheblichen Kosten der privaten
Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG. Eine Zurechnung
der streitigen Beträge zu den privaten Lebenshaltungskosten
würde die dienstliche Notwendigkeit und damit den vorhandenen
Erwerbsbezug der Aufwendungen verkennen. Der erforderliche
einkommensteuerrechtlich erhebliche Veranlassungszusammenhang zum
Arbeitsverhältnis wird im Streitfall dadurch begründet,
dass polizeiliche Diensthunde vom Diensthundeführer nicht aus
privaten Gründen, zum Vergnügen oder zur Unterhaltung
gehalten, sondern zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben
betreut und versorgt werden (a.A. FG München, Urteil vom
7.3.2006 6 K 4483/03, juris = SIS 06 24 05). Dass diese
dienstlichen Aufgaben in der Freizeit und unter Aufwendung eigener
finanzieller Mittel erfüllt werden, steht einer solchen
Beurteilung jedenfalls im Streitfall ebenso wenig entgegen wie ein
privates Interesse des Klägers an der Hundehaltung. Vielmehr
stehen private Motive dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn
die objektiv festgestellten Tatsachen unter Berücksichtigung
der dafür von der Rechtsprechung aufgestellten Merkmale und
Maßstäbe - wie im Streitfall - die rechtliche
Würdigung zulassen, dass Aufwendungen für ein
Arbeitsmittel nahezu ausschließlich beruflich veranlasst
sind, weil es nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird.
In einem solchen Fall sind die Aufwendungen in vollem Umfang zu
berücksichtigen. Eine Aufteilung in abziehbaren beruflichen
und steuerunerheblichen Privataufwand ist daher auch nicht geboten
(vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 GrS
1/06, BFHE 227, 1 = SIS 10 00 37).
|
|
|
16
|
d) Ist ein Gegenstand als Arbeitsmittel zu
beurteilen, sind auch die beruflich veranlassten Kosten der
Instandsetzung und Wartung oder wie vorliegend der Pflege des
Arbeitsmittels als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl.
BFH-Urteil vom 28.3.2006 VI R 24/03, BFHE 212, 556, BStBl II 2006,
473 = SIS 06 20 68). Der Umstand, dass der Dienstherr des
Klägers Eigentümer des Hundes ist, steht dieser
Beurteilung nicht entgegen. Auch berufliche Aufwendungen auf
fremdes Eigentum sind dem Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1
EStG zugänglich (von Beckerath in Kirchhof, EStG, 9. Aufl.,
§ 9 Rz 9). Das FG hat deshalb zu Recht die anteiligen
Anschaffungskosten der Hundetransportbox, Aufwendungen für
Leinen, die Änderung des Hundegeschirrs und ähnliches
Zubehör, Futter- und -nebenkosten sowie den Aufwand für
die Hundeplatznutzung und damit - unter Anrechnung der
Kostenerstattung durch den Dienstherrn - insgesamt einen Betrag in
Höhe von 334,64 EUR zum Werbungskostenabzug zugelassen.
Gleiches gilt hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers
für die Fahrten zu den Diensthundeausbildungsstellen in
Höhe von 2.088 EUR. Bei diesen Kosten, die dem Kläger im
Rahmen der Fährtenausbildung des Diensthundes entstanden sind,
ist der konkrete Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit
offenkundig (vgl. BFH-Urteil vom 15.3.2007 VI R 61/04, BFH/NV 2007,
1132 = SIS 07 15 75).
|