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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) meldete im Dezember 2006 eine Warensendung
Truthahnfleisch als „Zubereitungen von Truthühnern,
nicht gegart, mit einem Anteil an Fleisch oder
Schlachtnebenerzeugnissen von 57 GHT oder mehr“ der Unterpos.
1602 31 11 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in der Fassung der
Verordnung (EG) Nr. 1719/2005 der Kommission vom 27.10.2005
(Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 286/1) zur Abfertigung
zum freien Verkehr an. Die Untersuchung einer der Warensendung
entnommenen Probe durch die Zolltechnische Prüfungs- und
Lehranstalt (ZPLA) führte jedoch nach dem Einreihungsgutachten
vom 17.1.2007 zur Feststellung einer Ware der Unterpos. 0207 27 10
KN. Nach den Feststellungen der ZPLA waren die Fleischstücke
unregelmäßig und spärlich mit Gewürzpartikeln
bestreut, wobei die Gewürzpartikel nicht auf allen
Flächen der Fleischstücke verteilt waren. Eine deutlich
durch Geschmack wahrnehmbare Würzung oder eine andere
Zubereitung/Behandlung habe nicht festgestellt werden können.
Eine Würzung sei weder optisch noch sensorisch wahrnehmbar.
Deshalb könne die Ware nicht als gewürzt i.S. der
zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2 KN angesehen werden. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA - ) erhob
daraufhin die auf Waren dieser Unterpositon entfallenden
Einfuhrabgaben nach.
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Das Einspruchsverfahren, in dem die ZPLA
das durchgeführte Prüfungsverfahren näher
erläuterte, blieb erfolglos. Auf die hiergegen erhobene Klage
hob das Finanzgericht (FG) den Einfuhrabgabenbescheid auf. Das FG
urteilte nach Vernehmung zweier Mitarbeiter der ZPLA als
sachverständige Zeugen, dass die Probenuntersuchung fehlerhaft
gewesen sei, weil die ZPLA nur optisch, nicht aber sensorisch
geprüft habe, ob Würzstoffe auf allen äußeren
Flächen verteilt gewesen seien; es seien nur das Innere der
Fleischstücke und die nicht sichtbar gewürzten Teile der
Oberfläche in der Mikrowelle gegart und sensorisch auf eine
Würzung geprüft worden. Selbst wenn es sich insoweit um
ein sachgerechtes Verfahren handelte, bestünden Bedenken, ob
durch die Probenuntersuchung eine fehlende Würzung
festgestellt worden sei, denn vier von sechs Prüfern
hätten eine Probe als gewürzt bezeichnet.
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Mit seiner Revision macht das HZA geltend,
dass die vom FG geforderte Verkostung nur der Oberfläche der
Fleischprobe nicht mit dem Sinn und Zweck der zusätzl. Anm. 6
a zu Kap. 2 KN zu vereinbaren sei. Da das Fleischinnere unmittelbar
unter der Oberfläche beginne, könne es bei einer
Geschmacksprüfung gar nicht ausgeschlossen werden, dass das
Innere mit verkostet werde. Auch in der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) seien die Worte
„deutlich durch Geschmack wahrnehmbar“ erkennbar nicht
auf den das Erzeugnis von außen beschreibenden Teil der
Vorschrift bezogen. Es treffe auch nicht zu, dass bei der
Verkostung vier von sechs Prüfern eine Probe als gewürzt
bezeichnet hätten. Vielmehr hätten nur zwei Prüfer
eine Würzung durch Geschmack festgestellt.
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Die Klägerin schließt sich der
Auffassung des FG an, dass die Probenuntersuchung durch die ZPLA
nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, weil
eine Geschmacksprüfung, ob Würzstoffe auf allen
Flächen des Erzeugnisses verteilt seien, unterblieben sei.
Außerdem sei die ZPLA von der ISO 4120 abgewichen.
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II. Die Revision des HZA ist begründet;
sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ). Der angefochtene Einfuhrabgabenbescheid ist
rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Das HZA hat die Einfuhrwaren zu Recht in die
Unterpos. 0207 27 10 KN eingereiht und sie nicht als Zubereitungen
von Truthühnern der Unterpos. 1602 31 11 KN angesehen. Eine
Zubereitung des Fleischs durch Würzung, die im Streitfall als
einzige Zubereitungsart in Betracht kommt, lag nicht vor. Nach dem
Gutachten der ZPLA vom 17.1.2007 über eine der Warensendung
entnommene Probe war eine Würzung des Fleischs weder optisch
noch sensorisch wahrnehmbar. Das Ergebnis dieser Teilbeschau gilt
gemäß Art. 70 Abs. 1 Unterabs. 1 des Zollkodex für
alle in der Anmeldung bezeichneten Waren.
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1. Nach der zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2
KN gehört nicht gegartes, gewürztes Fleisch zu Kap. 16
KN, wobei als „gewürzt“ nicht gegartes
Fleisch gilt, bei dem die Würzstoffe in das Innere
eingedrungen oder auf allen Flächen des Erzeugnisses verteilt
und mit bloßem Auge oder deutlich durch Geschmack wahrnehmbar
sind. In den Erwägungsgründen zur Verordnung (EWG) Nr.
3678/83 der Kommission vom 23.12.1983 zur Einreihung bestimmter
gewürzter Fleischsorten in den Zolltarif und zur Änderung
der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif
(Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 366/53), mit
der diese zusätzliche Anmerkung (mit im Vergleich zur hier
anzuwendenden Fassung nahezu identischem Wortlaut) in die KN
eingefügt wurde, heißt es dazu: „Es ist
vorzusehen, dass das betreffende Fleisch nur dann als gewürzt
gilt, wenn das Fleisch in seiner Gesamtheit gewürzt ist und
die Würzstoffe mit bloßem Auge oder geschmacklich
deutlich wahrnehmbar sind.“ Daraus erschließen sich
Sinn und Zweck der Vorschrift: Ungegartes (frisches, gekühltes
oder gefrorenes) Fleisch soll nicht allein dadurch zu einer
„Zubereitung“ im Sinne der KN werden, indem
darüber einige wenige Gewürzpartikel verstreut werden;
vielmehr soll die Würzung von einer gewissen Intensität,
m.a.W. in gesteigertem Maß wahrnehmbar sein und das so
behandelte Fleisch von rohem Fleisch deutlich unterscheiden
(Senatsurteil vom 5.4.1990 VII R 133/87, BFHE 162, 151). Damit soll
erreicht werden, dass die bei der Einfuhrabfertigung vorzunehmende
Einordnung in den Zolltarif zu eindeutigen Ergebnissen führt
(vgl. EuGH-Urteil vom 8.2.1990 C-233/88 - Gijs van de Kolk -, Slg.
1990, I-265, Rz 12).
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Nach vorgenannter zusätzlicher Anmerkung
kommen zwei Möglichkeiten - von den Beteiligten
übereinstimmend als Merkmalsalternativen bezeichnet - in
Betracht, nicht gegartes Fleisch als gewürzt anzusehen:
Entweder sind die Würzstoffe bereits in das Innere des
Fleischstücks vorgedrungen oder sie sind auf allen
Flächen des Fleischstücks verteilt. Daneben sieht die
zusätzliche Anmerkung zwei Möglichkeiten für die
Prüfung dieser Merkmalsalternativen vor - von den Beteiligten
als Prüfungsalternativen bezeichnet - : die visuelle
Prüfung (mit bloßem Auge) und die gustatorische
Prüfung (deutlich durch Geschmack wahrnehmbar). Wenn auch der
Wortlaut der zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2 KN in seiner
ursprünglichen Fassung insoweit eindeutiger war, so besteht
auch in Anbetracht des Wortlauts der im Streitfall anzuwendenden
Fassung kein Zweifel, dass sich die Prüfungsalternativen, auch
wenn sie im Satzzusammenhang mit der zweiten Merkmalsalternative
stehen, auf beide Merkmalsalternativen beziehen, da ansonsten
für die erste Merkmalsalternative kein Verfahren bezeichnet
wäre, wie das Eindringen der Würzstoffe „in das
Innere“ festzustellen ist. Die verwendete Konjunktion
„oder“ macht zudem deutlich, dass Fleisch
bereits dann als gewürzt gilt, wenn das Vorliegen (nur) einer
Merkmalsalternative durch eine der genannten
Prüfungsalternativen festgestellt werden kann, und dass, falls
eine Prüfung zu einem negativen Ergebnis führt, die
anderen Prüfungsmöglichkeiten vorzunehmen sind.
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2. Im Streitfall hat die visuelle Prüfung
der entnommenen Probe keine ausreichende Würzung ergeben,
wobei unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils vom 30.9.1982
C-317/81 - Howe & Bainbridge - (Slg. 1982, 3257) davon
auszugehen ist, dass die in der zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2 KN
verwendete Formulierung „mit bloßem Auge (...)
wahrnehmbar“ bedeutet, dass das zu prüfende
Beschaffenheitsmerkmal bei einer einfachen visuellen
Überprüfung unmittelbar sichtbar sein muss.
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a) Dass das FG - wie die Klägerin evtl.
geltend machen will - zur Verteilung der Würzstoffe auf den
Flächen der Fleischstücke keine tatsächlichen
Feststellungen getroffen hat, trifft nicht zu, denn das FG hat
keine Anhaltspunkte aufgezeigt, dass die entsprechenden Angaben der
ZPLA falsch gewesen sein könnten, sondern ist mit dem
Einreihungsgutachten der ZPLA vom 17.1.2007 davon ausgegangen, dass
die Würzstoffe nicht - wie von der zusätzl. Anm. 6 a zu
Kap. 2 KN gefordert - auf allen Flächen der Fleischproben
verteilt, sondern diese Proben nur unregelmäßig und
spärlich mit Gewürzpartikeln bestreut waren, wobei die
Gewürzpartikel auch nicht auf allen Flächen der
Fleischstücke verteilt waren. Das FG hat sich lediglich
„zur Ordnungsgemäßheit und
Geeignetheit“ der durchgeführten visuellen
Prüfung, also zur rechtlichen Bewertung des
Prüfverfahrens der ZPLA nicht abschließend
äußern wollen. Die insoweit vom FG getroffenen
tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat mangels
zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden
ist (§ 118 Abs. 2 FGO), geben jedoch keinen Anlass, die Art
und Weise der visuellen Prüfung rechtlich zu beanstanden, was
offenbar auch das FG nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hat.
Danach ist die visuelle Prüfung nach den Angaben der in der
mündlichen Verhandlung gehörten sachverständigen
Zeugen durch zwei Personen (einen der Zeugen sowie eine geschulte
Mitarbeiterin) vorgenommen worden, wobei auch das Auftauwasser und
die Umschließungen der Probe auf das Vorhandensein von
Gewürzpartikeln untersucht wurden.
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b) Zwar sind keine tatsächlichen
Feststellungen getroffen worden, ob anhand visueller Prüfung
in das Innere der Fleischproben eingedrungene Würzstoffe
erkennbar waren, es gibt allerdings auch keinen Anhaltspunkt, dass
dies bei einer Würzung mit weißem gemahlenem Pfeffer -
der nach Angaben der Klägerin verwendet worden sein soll - so
gewesen sein könnte. Auch die Klägerin hat im Verlauf des
Verfahrens zu keiner Zeit behauptet, dass Würzstoffe im
Inneren des Fleischs mit bloßem Auge erkennbar waren.
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3. Da sich somit bei der Probenuntersuchung
Würzstoffe durch eine visuelle Prüfung der Proben nicht
in dem erforderlichen Ausmaß haben feststellen lassen, hat
die ZPLA folgerichtig geprüft, ob Würzstoffe in den
Proben durch Geschmack deutlich wahrnehmbar waren. Anders als das
FG meint, ist das im Streitfall bei der gustatorischen Prüfung
angewandte Verfahren nicht zu beanstanden.
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Die Geschmacksprüfung ist mit gegartem
Fleisch vorzunehmen (vgl. Senatsurteil vom 14.5.1996 VII R 98/95,
BFH/NV 1997, 85; vorgehend ebenso: FG Bremen Urteil vom 11.7.1995 2
93.156 K 2, ZfZ 1995, 362). Dementsprechend hat die ZPLA im
Streitfall die Fleischproben vor der Verkostung in der Mikrowelle
gegart. Dass zuvor die sichtbar gewürzten Teile der
Oberfläche der Probe abgeschnitten wurden, ist - anders als
das FG meint - keine unzulässige, das Untersuchungsergebnis
verfälschende Manipulation, sondern vielmehr eine notwendige
Maßnahme, weil es um die geschmackliche Feststellung visuell
nicht wahrnehmbarer Würzstoffe geht und es daher
möglichst zu vermeiden ist, dass von der gustatorischen
Prüfung Würzstoffe erfasst werden, deren Vorhandensein
auf der Oberfläche der Fleischprobe ohnehin bereits visuell
festgestellt wurde.
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Eine Geschmacksprüfung nur der (visuell
nicht wahrnehmbar gewürzten) Oberfläche der Fleischprobe,
wie sie das FG für erforderlich hält, kommt nicht in
Betracht, da - wie ausgeführt - die Geschmacksprüfung mit
gegartem Fleisch vorzunehmen, das Garen nur der Oberfläche
aber tatsächlich nicht möglich ist. Werden gegarte
Fleischstücke verkostet, wird in der Probe immer ein mehr oder
weniger großer Teil des „Inneren“ mit
enthalten sein. Das FG hat dementsprechend auch keinen gangbaren
Weg beschrieben, wie eine Verkostung nur der Oberfläche
erfolgen soll. Dass der Verordnungsgeber - wie die Klägerin es
offenbar für möglich hält - mit der in der
zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2 KN gewählten Formulierung es
den zollamtlichen Prüfern zumuten wollte, die nicht sichtbar
gewürzten Oberflächen der Fleischprobe abzulecken,
lässt sich schwerlich annehmen. Der erkennende Senat hält
dies für zweifelsfrei und sieht insoweit keinen Anlass, ein
Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.
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Es lässt sich daher nicht beanstanden,
dass die ZPLA für die Geschmacksprüfung - wie vom FG
festgestellt - das Innere des Fleischs sowie dessen
Oberfläche, soweit sie nicht sichtbar gewürzt gewesen
ist, verwendet hat. Eine Verfälschung des
Prüfungsergebnisses ist durch diese Art der
Geschmacksprüfung nicht zu befürchten, denn wenn die
Fleischprobe einschließlich ihrer äußeren (nicht
sichtbar gewürzten) Bestandteile verkostet und dabei eine
Würzung deutlich wahrgenommen wird, macht es für die
zolltarifliche Einreihung keinen Unterschied, ob sich die
geschmacklich deutlich wahrgenommenen Würzstoffe auf der
Oberfläche der Probe befunden haben oder bereits in das Innere
eingedrungen waren, was auch die Klägerin einräumt, wenn
sie vorträgt, dass es unerheblich sei, wo die Würzung
geschmacklich deutlich wahrnehmbar sei, solange sie überhaupt
irgendwo in oder auf dem Fleisch vorliege.
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Darüber hinaus setzt die Annahme, dass
sich Würzstoffe auf der Oberfläche einer Fleischprobe,
auf der das Würzmittel visuell nicht feststellbar ist, evtl.
geschmacklich wahrnehmen lassen, voraus, dass es sich entweder um
ein unsichtbares Würzmittel handelt oder dieses sich zuvor
zwar sichtbar auf diesem Teil der Oberfläche befunden hat,
jedoch beim Auftauvorgang oder durch die Verpackung abgewaschen
bzw. abgerieben wurde. Für den Streitfall lässt sich dies
jedoch ausschließen, da nach den Angaben des
sachverständigen Zeugen Dr. K in seiner - vom FG in Bezug
genommenen - schriftlichen Stellungnahme vom 23.3.2007 sowie des
sachverständigen Zeugen Dr. G in der mündlichen
Verhandlung vor dem FG die Pflanzenzellen des - im Streitfall
für die Würzung verwendeten - gemahlenen weißen
Pfeffers nach dem Auftauen der Fleischprobe auf dieser gut sichtbar
sind und durch die Kontrolle des Tauwassers sowie der Innenseite
der Folienverpackung ausgeschlossen wird, dass Gewürzpartikel
beim Transport des gefrorenen Blocks auf die Verpackung abgerieben
oder während des Auftauprozesses mit dem Tauwasser abgewaschen
wurden. Es spricht somit nach den im Zusammenhang mit der
Prüfung der Fleischproben getroffenen Feststellungen nichts
dafür, dass sich auf denjenigen Teilen der Oberfläche,
auf denen nach visueller Prüfung keine Gewürzpartikel
verteilt waren, diese sich zuvor gleichwohl dort befunden hatten
und erst im Verlauf des Prüfungsverfahrens von dort entfernt
worden waren.
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4. Anders als das FG meint, hat die ZPLA das
Ergebnis der Geschmacksprüfung auch richtig beschrieben, da
bei der Verkostung der Proben durch mehrere Prüfer zwar zum
Teil eine Würzung herausgeschmeckt, insgesamt aber keine - wie
erforderlich - deutlich wahrnehmbare Würzung festgestellt
wurde. Die zusammenfassende Wertung des FG, vier von sechs
Prüfern hätten eine Probe als gewürzt bezeichnet,
rechtfertigt zum einen nicht die Annahme, die Voraussetzung einer
deutlich wahrnehmbaren Würzung gemäß der
zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2 KN sei erfüllt, und ist zum
anderen in Anbetracht der vom FG ausdrücklich in Bezug
genommenen Niederschrift der ZPLA über den Prüfungsablauf
auch nur eingeschränkt vertretbar. Danach wurde nämlich
die gustatorische Prüfung als sog. Dreiecksprüfung
gemäß der Internationalen Norm ISO 4120 von sechs
Personen durchgeführt, die aus drei ihnen jeweils vorgelegten
Proben, von denen eine oder zwei nicht aus der Einfuhrsendung der
Klägerin stammten, die abweichende herausfinden und die
Abweichung beschreiben sollten. Die aus der Einfuhrsendung der
Klägerin stammende Probe beschrieb ein Prüfer als
gewürzt, ohne die Würzung identifizieren zu können,
ein Prüfer beschrieb ein verkostetes Stück der aus der
Einfuhrsendung stammenden Probe als „schwach
pfeffrig“, ein weiterer Prüfer machte die Angabe
„Pfeffer?“. Die übrigen drei Prüfer
konnten bei den Proben aus der Einfuhrsendung keine Würzung
feststellen; die Angabe „gewürzt“ eines
dieser Prüfer bezog sich auf die neutrale, nicht der
Einfuhrsendung entstammenden Probe.
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Mit diesem uneinheitlichen
Prüfungsergebnis lässt sich das Vorliegen der von der
zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2 KN geforderten „deutlich
durch Geschmack wahrnehmbaren“ Würzung nicht
begründen, zumal auch die Angaben der Prüfer, die eine
Würzung feststellen konnten, unsicher waren und sie die
Würzung demnach nicht in einem gesteigerten Maß
wahrgenommen hatten. Anders als das FG meint, gehen etwaige Zweifel
an einer deutlich wahrnehmbaren Würzung des Fleischs in seiner
Gesamtheit auch nicht zu Lasten des HZA. Da Fleisch nur dann als
gewürzt angesehen werden kann, wenn die Würzung in einem
gesteigerten Maß wahrnehmbar ist, sind die Grenzfälle
zwischen Würzung und Nichtwürzung dem letzteren Begriff
zuzuordnen (Senatsurteile in BFHE 162, 151, und vom 1.3.2001 VII R
90/99, BFH/NV 2002, 229, ZfZ 2001, 312 = SIS 02 51 88; vorgehend:
Urteil des FG Düsseldorf vom 30.8.1999 4 K 2159/96 Ab, nicht
veröffentlicht). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der
Anwendung allgemeiner Beweislastregelungen. Bei Waren der
vorliegenden Art handelt es sich nämlich zunächst einmal
um nicht gegartes Fleisch. Will der Einführer mit der
Zollanmeldung geltend machen, das nicht gegarte Fleisch sei aber in
einer Weise behandelt, dass es als eine Zubereitung anzusehen sei,
für die ein geringerer Zollsatz gilt, trägt er die
materielle Beweislast, wenn sich das Vorliegen einer Zubereitung
nicht zweifelsfrei bejahen lässt.
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5. Der Ansicht der Klägerin, die bei der
Prüfung durch die ZPLA herangezogene ISO 4120 sei zur
Feststellung der Warenbeschaffenheit grundsätzlich ungeeignet,
ist nicht zu folgen. Soweit in früheren Klageverfahren die
Gültigkeit der zusätzl. Anm. 6 a zu Kap. 2 KN mit der
Begründung in Zweifel gezogen wurde, dass mit der
Voraussetzung der geschmacklichen Wahrnehmbarkeit der
Würzstoffe ein subjektives Kriterium eingeführt werde,
hat der EuGH mit Urteil in Slg. 1990, I-265, Rz 13 die
Gültigkeit der Tarifvorschrift bestätigt und hat insoweit
darauf hingewiesen, dass es gemäß der ISO 4120 objektive
sensorische Analysemethoden gebe, mit deren Hilfe sich bei Waren in
dem Zustand, in dem sie zur Zollabfertigung gestellt werden, die
vier Grundgeschmacksrichtungen - süß, sauer, salzig und
bitter - auch bei sehr geringen Dosen der Geschmacksstoffe von
einer statistisch als ausreichend anzusehenden Anzahl von Personen
mit großer Genauigkeit bestimmen ließen. Der erkennende
Senat hat sich mit Urteil in BFHE 162, 151 dieser Auffassung
angeschlossen.
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Anders als die Klägerin meint, ist die
ZPLA im Streitfall auch nicht von dem in der ISO 4120 beschriebenen
Prüfverfahren abgewichen. Aus der Niederschrift der ZPLA
über den Prüfungsablauf ergibt sich, dass den sechs
Prüfern Probensätze in den Kombinationen, wie sie in Nr.
9.1.2 der ISO 4120 vorgesehen sind, zur Geschmacksprüfung
vorgelegt wurden, dass diese sog. Dreiecksprüfung um die Art
des unter den Proben festgestellten Unterschieds erweitert worden
war (vgl. Anhang A der ISO 4120) und dass unter
Berücksichtigung der von den Prüfern gegebenen Antworten
das Erreichen bzw. Nichterreichen des gewählten
Signifikanzniveaus von 5 % anhand der Tabelle der ISO 4120
ermittelt wurde (vgl. Nr. 10.1 der ISO 4120 sowie das
Anwendungsbeispiel in Anhang C der ISO 4120). Die seinerzeit
gewählte Anzahl der Prüfpersonen wich von den Vorgaben in
Nr. 8.2.2 der ISO 4120 nicht ab.
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Im Übrigen ist nach dem Vorbringen der
Klägerin nicht ersichtlich, dass im Streitfall die Beschau
ohne Anwendung der Prüfmethode gemäß der ihrer
Ansicht nach zur Feststellung der Warenbeschaffenheit ungeeigneten
ISO 4120 zu einem ihr günstigeren Ergebnis geführt
hätte. Denn da bei der Verkostung der Probe drei der sechs
Prüfpersonen keine Würzung feststellen konnten,
ließe sich das für die Einreihung der Ware in die mit
der Zollanmeldung angegebene Unterposition erforderliche
Beschauergebnis einer „deutlich durch Geschmack
wahrnehmbaren“ Würzung in keinem Fall
rechtfertigen.
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