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I. Die als Rechtsanwältin zugelassene
Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist bei
der zweiten Wiederholung der Steuerberaterprüfung gescheitert.
Die Leistungen der Klägerin in der schriftlichen Prüfung
wurden jeweils mit der Note 4,5 bewertet. In der mündlichen
Prüfung am 12.2.2008 wurden von dem bei der Beklagten und
Revisionsbeklagten (Landesamt) gebildeten Prüfungsausschuss
für den Kurzvortrag der Klägerin die Note 3,5 und
für die folgenden sechs Prüfungsabschnitte viermal die
Note 4,5 und zweimal die Note 4,0 vergeben. Aufgrund der Endnote
von 4,35 entschied der Prüfungsausschuss, dass die
Klägerin die Steuerberaterprüfung nicht bestanden habe.
Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses gab dieses Ergebnis
der Klägerin im Anschluss an die mündliche Prüfung
mit Begründung der Gesamtnote bekannt.
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In dem - auf Veranlassung der Klägerin
durchgeführten - außergerichtlichen
Überdenkungsverfahren hielten die Prüfer an ihrer
Bewertung fest.
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Die Klägerin hat gegen die
Prüfungsentscheidung Klage erhoben, mit der sie sich gegen die
Bewertung ihrer mündlichen Prüfungsleistungen wendet. Sie
macht geltend, dass der Prüfungsausschuss ihr gegenüber
voreingenommen gewesen sei, dass der Notenvergabe ein
Ermessensfehlgebrauch zu Grunde liege und dass die
Prüfungskommission gegen den Grundsatz der Fairness, der
Sachlichkeit, der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit
verstoßen habe. Ferner stelle die Vernichtung der von ihr
über die Prüfung angefertigten Unterlagen - Manuskript
für ihren Kurzvortrag und Protokoll des weiteren Verlaufs der
mündlichen Prüfung -, deren Herausgabe ihr nach
Bekanntgabe des Ergebnisses vom Vorsitzenden des
Prüfungsausschusses verweigert worden sei, eine
vorsätzliche Beseitigung von Beweismitteln dar. Die
Vernichtung ihrer Aufzeichnungen, über die sie das Landesamt
mit Schreiben vom 7.3.2008 unterrichtet hatte, vereitele eine
effektive gerichtliche Kontrolle, weshalb die Prüfung zu
wiederholen sei.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage aus
den in EFG 2010, 824 = SIS 10 11 42 veröffentlichten
Gründen abgewiesen.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
geltend, dass das Urteil des FG Bundesrecht verletze. Das FG habe
ihren Aufzeichnungen jegliche Relevanz abgesprochen. Dies stehe im
Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG), das in seinem Beschluss vom 18.2.2003 6 B 10/03
festgestellt habe, dass im Fall der Beweisvereitelung durch die
Prüfungsbehörde - dem in § 444 der
Zivilprozessordnung zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken folgend -
die Nichterweislichkeit von Prüfungsfehlern nicht zu Lasten
des Prüflings gehe.
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Das Landesamt verweist auf den Beschluss
des BVerwG vom 31.3.1994 6 B 65/93 (Deutsches Verwaltungsblatt
1994, 641), woraus sich ergebe, dass der Klägerin die
prozessüblichen Beweismittel wie Zeugen- und Parteivernehmung
zur Verfügung stehen. Die in den Akten befindliche
Prüfungsniederschrift entspreche den Vorgaben der
Rechtsprechung, wonach eine über die Anforderungen der
Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und
Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) hinausgehende Protokollierung
nicht notwendig sei. Da in einer mündlichen Prüfung
entscheidend sei, was wie gesagt wird, könnten schriftliche
Notizen - im Gegensatz zur Zeugen- und Parteieinvernahme - keine
unmittelbaren Beweismittel für den Inhalt des
Prüfungsgesprächs sein. Auch liege dem von der
Klägerin angeführten Beschluss des BVerwG vom 8.11.2005 6
B 45/05 (NVwZ 2006, 478) ein Sonderfall zu Grunde, bei dem die vom
Prüfling in der mündlichen Prüfung angefertigten
Notizen Teil der zu bewertenden Leistung gewesen seien. Dass die
Notizen des Prüflings keineswegs einen Indizien- oder
Beweiswert haben, zeige sich daran, dass Prüflinge beim
mündlichen Vortrag die angefertigten umfangreichen
Redekonzepte meist aus Zeitmangel nur verkürzt
vortragen.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und
zur Zurückverweisung an das FG zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Urteil des FG verletzt
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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1. Die Auffassung des FG, das von einem
Prüfling zur Vorbereitung seines Kurzvortrags angefertigte
Konzept sowie ein von ihm während der Prüfung erstelltes
Protokoll über deren Verlauf seien für ein
Rechtsschutzverfahren wegen der Bewertung der
Prüfungsleistungen ohne Bedeutung, weil solche Unterlagen
keinen „sicheren“ Nachweis über die
Leistungen des Prüflings erbrächten, ist nicht frei von
Rechtsirrtum.
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Solche Unterlagen sind vielmehr zunächst
als Beweismittel von Bedeutung. Denn weder die Notizen, die der
Prüfling für seinen Kurzvortrag erstellt hat, noch seine
Mitschrift des Prüfungsablaufs sind für eine spätere
Rekonstruktion des Prüfungsablaufs völlig ungeeignet; sie
sind vielmehr grundsätzlich geeignet, Beweis für seinen
Vortrag und den Prüfungsablauf zu erbringen. Zwar erbringt ein
Konzept für den Aktenvortrag Beweis lediglich für eine
Indiztatsache, nämlich dass sich der Prüfling
entsprechend vorbereitet hatte. Insofern trifft zu, dass es keinen
„sicheren“ Beweis für den
tatsächlichen Inhalt des mündlich Vorgetragenen
darstellt. Indes teilt es dieses Schicksal mit jeder Art Indiz,
über das Beweis zu erheben der Tatrichter gleichwohl nur
ausnahmsweise dann ablehnen darf, wenn er sich selbst bei
Erweislichkeit der Indiztatsache von vornherein außer Stande
sieht, den erforderlichen Schluss auf die Haupttatsache zu ziehen
(vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14.9.1988 II R
76/86, BFHE 155, 157, BStBl II 1989, 150 = SIS 89 01 48, sowie Seer
in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 81
FGO Rz 51, m.w.N.). Ob eine dahingehende (ausnahmsweise
zulässige vorweggenommene) Würdigung vom FG vorgenommen
worden ist, kann den Urteilsgründen nicht sicher entnommen
werden. Es ist deshalb zugunsten der Klägerin zu unterstellen,
dass das FG die Beweiseignung des vorgenannten Protokolls
grundsätzlich verneinen wollte, was seine tatsächliche
Würdigung rechtsfehlerhaft macht.
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Ob im Übrigen eine dahingehende
Würdigung sich in den Grenzen hielte, die der freien
tatrichterlichen Beweiswürdigung gesetzt sind, bedarf daher
keiner weiteren Erörterung. Soweit das von der Klägerin
angefertigte Protokoll ebenfalls indizielle Bedeutung hat, weil es
Beweis darüber erbringt, wie die Klägerin während
der Prüfung deren Ablauf wahrgenommen hat, wäre dies
zumindest zu prüfen.
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2. Allerdings ergeben die weiteren
Ausführungen des Urteils des FG, dass dieses auf der
(unterstellten) Verkennung der Beweiseignung vorgenannter
Aufzeichnungen nicht beruht. Denn das FG hat das gesamte Vorbringen
der Klägerin über den Prüfungsablauf als wahr
unterstellt. Folglich hätte sein Urteil nicht anders ausfallen
können, wenn es sich anhand der von der Klägerin
gefertigten Aufzeichnungen von der Richtigkeit ihres Vorbringens
hätte überzeugen können.
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3. Die von einem Prüfling über
seinen Kurzvortrag und den Prüfungsablauf angefertigten
Unterlagen haben indes nicht nur für seine Beweisführung
bei streitigen Behauptungen hierzu Bedeutung. Sie haben vielmehr
auch noch eine andere Bedeutung für ein etwaiges
Überdenkungs- und ein daran ggf. anschließendes
Klageverfahren.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats
(vgl. Senatsurteil vom 21.1.1999 VII R 35/98, BFHE 187, 373, BStBl
II 1999, 242 = SIS 99 14 40) wird von einem Prüfling, will er
die Bewertung seiner Prüfungsleistungen angreifen, eine
substantiierte Begründung seiner Einwendungen verlangt.
Unterlagen, wie sie die Klägerin angefertigt hat, werden dem
Prüfling in der Regel behilflich oder für ihn sogar
unentbehrlich sein, um sein Begründungsverlangen in dieser
Weise zu substantiieren und damit die Bewertung seiner
mündlichen Leistungen anzugreifen.
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Das Gebot der Verfahrensfairness und der
Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gebieten deshalb im
Regelfall, Unterlagen wie ein Konzept des mündlichen Vortrags
und eine Mitschrift des Prüfungsablaufs, die der Prüfling
angefertigt und der Prüfungsbehörde nach Beendigung der
mündlichen Steuerberaterprüfung übergeben hat, nicht
vor Bestandskraft der Prüfungsentscheidung zu vernichten. Zwar
ist - entgegen der in § 32 Satz 1 DVStB a.F. (jetzt § 32
Abs. 1 Satz 1 DVStB) vorgeschriebenen Pflicht zur zweijährigen
Aufbewahrung der schriftlichen Aufsichtsarbeiten - die Aufbewahrung
der handschriftlichen Notizen des Prüflings weder im
Steuerberatungsgesetz noch in der DVStB vorgeschrieben (vgl.
Senatsbeschlüsse vom 26.6.2006 VII B 255/05, BFH/NV 2006, 1889
= SIS 06 38 87; vom 30.6.1995 VII B 175/94, BFH/NV 1996, 180;
Urteile des Senats in BFHE 187, 373, BStBl II 1999, 242 = SIS 99 14 40; vom 30.4.1996 VII R 128/95, BFHE 180, 485, BStBl II 1997, 149 =
SIS 96 19 42). Wenn jedoch die Prüfungsbehörde gleichwohl
die vom Prüfling angefertigten Unterlagen nach Abhalten des
Kurzvortrags bzw. nach Beendigung der mündlichen Prüfung
einbehält, muss sie sicherstellen, dass diese Unterlagen zu
den Prüfungsunterlagen genommen und zusammen mit diesen
aufbewahrt werden. Zwar kann sich die - nach Beendigung der
mündlichen Prüfung erfolgte - Vernichtung dieser
Unterlagen schon denknotwendig nicht auf das Prüfungsergebnis
und die Prüfungsentscheidung selbst auswirken, sie
beeinträchtigt aber jedenfalls die
Rechtsschutzmöglichkeiten des Prüflings, die
Prüfungsentscheidung im Überdenkungs- und Klageverfahren
überprüfen zu lassen.
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Vernichtet die Prüfungsbehörde die
von ihr dem Prüfling abverlangten Unterlagen vor Bestandskraft
der Prüfungsentscheidung, steht dem Prüfling
grundsätzlich ein Anspruch auf Wiederholung der
mündlichen Prüfung zu, wenn er glaubhaft macht, dass er
für die Substantiierung seiner Einwendungen diese Unterlagen
benötigt hätte, wobei sich begreift, dass in diesem
Zusammenhang von ihm ins Einzelne gehende Darlegungen zum
mutmaßlichen Inhalt der betreffenden Unterlagen in der Regel
nicht erwartet werden können. Ebenso wenig wird im Allgemeinen
zu verlangen sein, dass der Prüfling - wozu das FG keine
Feststellungen getroffen hat - bereits unmittelbar im Anschluss an
die Eröffnung des Prüfungsergebnisses Einwendungen gegen
die Bewertung seiner Leistungen geltend gemacht oder
angekündigt oder wenigstens ausdrücklich darauf
hingewiesen hat, die Bewertung anhand seiner Aufzeichnungen
überprüfen zu wollen.
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4. Aus diesen Erwägungen ergibt sich
freilich, dass der Prüfling trotz verfahrensfehlerhafter
Vernichtung der von ihm angefertigten Unterlagen dann keinen
Anspruch auf Wiederholung der mündlichen Prüfung
herleiten kann, wenn durch die Vernichtung seine
Rechtsschutzmöglichkeiten offensichtlich nicht wesentlich
beeinträchtigt worden sind. Das kann insbesondere dann der
Fall sein, wenn auszuschließen ist, dass die vernichteten
Unterlagen Angaben enthalten haben, deren dem Prüfling
anderweit nicht zugängliche Kenntnis ihn in die Lage versetzt
hätte, im Überdenkungs- bzw. Klageverfahren (ggf.
weitere) Erfolg versprechende Einwendungen gegen die Bewertung
seiner Prüfungsleistungen vorzutragen.
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5. Ob solche Umstände im Streitfall
vorliegen, wird das FG im zweiten Rechtsgang aufzuklären und
zu entscheiden haben. Denn es handelt sich um eine auf
tatsächlichem Gebiet liegende Frage, welche der
tatrichterlichen Würdigung vorbehalten bleiben muss. Der Senat
weist jedoch darauf hin, dass der von der Klägerin im
Revisionsverfahren sinngemäß aufgestellten Behauptung,
dass ihr ihre Aufzeichnungen für die Konkretisierung oder
Ergänzung ihrer Einwände gegen die
Prüfungsentscheidung hätten nützlich sein
können, der Umstand entgegensteht, dass sie den Verlauf
sämtlicher Prüfungsrunden auch ohne die vernichteten
Unterlagen offenbar detailliert aus der Erinnerung wiederzugeben
imstande ist. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass eine
Einsicht in jene Aufzeichnungen die Klägerin instand setzen
könnte, Erfolg versprechende weitere Einwendungen gegen die
Bewertung ihrer Leistungen zu erheben, sind jedenfalls für den
erkennenden Senat bislang nicht erkennbar.
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