6
|
Der nach § 14 Abs. 1 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) ermittelte
Anrechnungsbetrag wurde nunmehr jeweils ohne eine Kürzung um
niederländische Schenkungsteuer berücksichtigt.
|
|
|
7
|
Im Übrigen blieb der Einspruch ohne
Erfolg.
|
|
|
8
|
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Eine weiter gehende Anrechnung der von der Klägerin gezahlten
niederländischen Schenkungsteuer sei weder nach § 14
ErbStG noch nach § 21 ErbStG noch unter Berücksichtigung
unionsrechtlicher Grundsätze gerechtfertigt. Die teilweise
Nichtanrechnung ausländischer Steuerbeträge sei nicht das
Ergebnis einer unzulässigen Doppelbesteuerung oder einer
mangelnden Abstimmung der Regelungen in § 14 ErbStG und §
21 ErbStG. Es handele sich vielmehr um die Folge der
Regelungsstruktur des § 14 ErbStG, die keine über den
einzelnen Erwerbsvorgang hinausgehende Anrechnung gezahlter
Steuerbeträge - gleich ob inländischer oder
ausländischer Art - im Rahmen der Zusammenrechnung vorsehe.
Das Urteil ist in EFG 2010, 438 = SIS 10 03 02
veröffentlicht.
|
|
|
9
|
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung von § 14 und § 21 ErbStG.
Der vom FA gewählte Berechnungsweg führe zu einer
Doppelbesteuerung und zu einer teilweisen Nichtanrechnung der
für die Zuwendungen gezahlten ausländischen
Schenkungsteuer. Dadurch werde der Erwerb von Auslandsvermögen
höher mit Erbschaftsteuer belastet als ein vergleichbarer
Erwerb von Inlandsvermögen. Deshalb sei vor Abzug der fiktiven
Schenkungsteuer nach § 14 ErbStG zunächst die Entlastung
nach § 21 ErbStG zu berücksichtigen, wobei jeweils die
gesamte auf die einbezogenen Vorerwerbe entfallende
ausländische Schenkungsteuer anzurechnen sei.
|
|
|
10
|
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 8.12.2006
aufzuheben und die Schenkungsteuerbescheide vom 29.5.2006 dahin zu
ändern, dass die Schenkungsteuer für die Zuwendungen in
den Jahren 1992, 1993, 1995, 1997 und 1998 auf jeweils 0 DM
festgesetzt wird.
|
|
|
11
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
12
|
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht angenommen,
dass bei der Festsetzung der inländischen Schenkungsteuer
für einen Erwerb, der auch in den Niederlanden der
Schenkungsteuer unterliegt, die Berücksichtigung von ebenfalls
in den Niederlanden besteuerten Vorerwerben nach § 14 ErbStG
nicht zu einer Anrechnung der für die gesamten Vorerwerbe
gezahlten niederländischen Schenkungsteuer führt. Die in
den Niederlanden gezahlte Schenkungsteuer ist nach § 21 ErbStG
nur insoweit anzurechnen, als sie auf die besteuerte Zuwendung
(Letzterwerb) entfällt. Die für einbezogene Vorerwerbe
gezahlte ausländische Schenkungsteuer ist selbst dann nicht
anzurechnen, wenn die Berücksichtigung der früheren
Erwerbe bei der Besteuerung des Letzterwerbs zu einem höheren
Steuersatz geführt hat und sich die ausländische
Schenkungsteuer bei der Besteuerung des jeweiligen Vorerwerbs
mangels einer entsprechend festgesetzten inländischen
Schenkungsteuer nicht ausgewirkt hat.
|
|
|
13
|
1. Die für die Vorschenkungen
anzurechnende Steuer ist nicht mit jeweils höheren
Beträgen als vom FA in den Steuerbescheiden
berücksichtigt abzuziehen.
|
|
|
14
|
a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG werden
mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende
Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem
letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren
Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag
wird die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe
nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf
der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten
Erwerbs zu erheben gewesen wäre (§ 14 Abs. 1 Satz 1
ErbStG in der bis einschließlich 1995 geltenden Fassung bzw.
§ 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG in der Fassung des
Jahressteuergesetzes 1997 - JStG 1997 - vom 20.12.1996, BGBl I
1996, 2049, BStBl I 1996, 1523). Die Neufassung findet auf Erwerbe
Anwendung, für die die Steuer nach dem 31.12.1995 entstanden
ist (§ 37 Abs. 1 ErbStG in der Fassung des JStG 1997).
|
|
|
15
|
b) § 14 ErbStG will verhindern, dass
durch die Aufteilung einer beabsichtigten Zuwendung in mehrere
zeitlich folgende Teilübertragungen durch
Mehrfachgewährung der persönlichen Freibeträge und
durch Vermeidung der Steuerprogression Steuervorteile erlangt
werden. Die von der Vorschrift angeordnete Zusammenrechnung
gewährleistet, dass die Freibeträge innerhalb des
zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur
Anwendung gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber
einer einheitlichen Zuwendung in gleicher Höhe kein
Progressionsvorteil ergibt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 9.7.2009 II R 55/08, BFHE 225, 498, BStBl II 2009, 969 = SIS 09 33 04, m.w.N.).
|
|
|
16
|
§ 14 ErbStG ändert nichts daran,
dass die einzelnen Erwerbe als selbständige steuerpflichtige
Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen. Weder
werden die früheren Steuerfestsetzungen mit der
Steuerfestsetzung für den letzten Erwerb zusammengefasst noch
werden die einzelnen Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zu
einem einheitlichen Erwerb verbunden. Die Vorschrift enthält
lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der
Steuer, die für den letzten Erwerb innerhalb des
Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (BFH-Urteil in BFHE 225, 498,
BStBl II 2009, 969 = SIS 09 33 04, m.w.N.).
|
|
|
17
|
c) Die Regelung ist gleichermaßen auf
den Erwerb von In- und Auslandsvermögen anzuwenden. Eine
unterschiedliche Ermittlung der für die früheren Erwerbe
abzuziehenden (fiktiven) Steuer ist insoweit in § 14 Abs. 1
ErbStG nicht vorgesehen. Abzuziehen ist die Steuer, die für
die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten zu erheben gewesen
wäre. Nicht gesondert geregelt ist jedoch, wie die
abzuziehende Steuer nach § 14 Abs. 1 ErbStG zu ermitteln ist,
wenn bei einem Vorerwerb ausländische Schenkungsteuer gezahlt
und auf inländische Schenkungsteuer nach § 21 ErbStG
angerechnet wurde.
|
|
|
18
|
aa) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist
bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem
Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer
entsprechenden Steuer - ausländische Steuer - herangezogen
werden, in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sofern
nicht die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung anzuwenden sind, auf Antrag die festgesetzte, auf
den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem
Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische
Steuer insoweit auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, als
das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer
unterliegt. § 21 ErbStG gilt gemäß § 1 Abs. 2
ErbStG auch für Schenkungen unter Lebenden.
|
|
|
19
|
Durch die Anrechnung der ausländischen
Steuer soll eine doppelte steuerliche Belastung von Erwerbern
möglichst vermieden werden (vgl. BFH-Urteil vom 22.9.2010 II R
54/09, BFHE 231, 219, BStBl II 2011, 241 = SIS 10 40 52, m.w.N.).
Diese Anrechnung erfolgt im Rahmen des Festsetzungsverfahrens.
|
|
|
20
|
bb) Die Frage, ob bei der Ermittlung der
für die früheren Erwerbe abzuziehenden Steuer nach §
14 Abs. 1 ErbStG die Anrechnung der für einen Vorerwerb
gezahlten ausländischen Schenkungsteuer zu
berücksichtigen ist, wird in der Literatur unterschiedlich
beantwortet. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass in einem
solchen Fall die angerechnete ausländische Schenkungsteuer den
Anrechnungshöchstbetrag nach § 14 Abs. 1 ErbStG mindert,
und zwar unabhängig davon, ob der ausländische Staat
Erwerbe vergleichbar wie die Bundesrepublik Deutschland
(Bundesrepublik) besteuert (vgl. Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3.
Aufl., § 14 ErbStG Rz 74). Nach anderer Auffassung ist auf die
Besteuerung des Vorerwerbs durch den ausländischen Staat
abzustellen und je nach Art dieser Besteuerung zu differenzieren
(vgl. Jülicher in Troll/Gebel/ Jülicher, ErbStG, §
14 Rz 56 ff.. Maier/Ohletz in Wilms/ Jochum, ErbStG, § 14 Rz
97 f.).
|
|
|
21
|
cc) Im Streitfall hat das FA bei der
Berechnung der Steuer jeweils den Anrechnungsbetrag nach § 14
Abs. 1 ErbStG angesetzt, der sich ohne Berücksichtigung der
für die Vorerwerbe gezahlten ausländischen
Schenkungsteuer ergeben hat. Dies wirkt sich zugunsten der
Klägerin aus, weil für die früheren Erwerbe die
fiktive Schenkungsteuer ungemindert abgezogen wurde. Damit hat das
FA die höchstmögliche inländische Schenkungsteuer
für die Vorerwerbe abgezogen. Für den ungeminderten Abzug
der fiktiven Schenkungsteuer spricht, dass § 14 Abs. 1 ErbStG
ausschließlich der Berechnung der Schenkungsteuer für
den Letzterwerb dient, also weder die Selbständigkeit noch die
Besteuerung der Vorerwerbe als solche berührt, und damit der
Anrechnungsbetrag für alle einbezogenen Vorerwerbe - wie beim
Erwerb von Inlandsvermögen - unabhängig von einer
für die einzelnen Vorerwerbe gezahlten ausländischen
Schenkungsteuer zu ermitteln ist, auch wenn der Wortlaut des §
14 Abs. 1 ErbStG auf die für die früheren Erwerbe zur
Zeit des letzten Erwerbs zu erhebende Steuer abstellt. Wegen der
fehlenden Entscheidungserheblichkeit kann aber letztlich offen
bleiben, ob und ggf. inwieweit die für einen Vorerwerb nach
§ 21 ErbStG angerechnete ausländische Schenkungsteuer bei
der Besteuerung des Letzterwerbs nach § 14 Abs. 1 ErbStG zu
berücksichtigen ist. Eine Änderung der angefochtenen
Steuerbescheide zum Nachteil der Klägerin wäre nicht
möglich (sog. Verböserungsverbot; vgl. z.B. BFH-Urteil
vom 19.5.2010 XI R 32/08, BFHE 230, 272, BStBl II 2010, 1079 = SIS 10 27 01, unter II.3.a, m.w.N.).
|
|
|
22
|
2. Die niederländische Schenkungsteuer
ist nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG in zutreffendem Umfang auf
die deutsche Schenkungsteuer angerechnet worden.
|
|
|
23
|
a) Das FG ist im Einvernehmen mit den
Beteiligten davon ausgegangen, dass die niederländische
Schenkungsteuer dem Grunde nach anzurechnen ist. Die
Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind
erfüllt. Mit den Niederlanden besteht kein
Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Schenkungsteuer. Die
Klägerin ist mit Auslandsvermögen i.S. von § 21 Abs.
2 Nr. 2 ErbStG, dem von der in den Niederlanden wohnenden
Schenkerin übergebenen Bargeld, zu einer mit der deutschen
Schenkungsteuer vergleichbaren niederländischen Steuer
herangezogen worden. Die deutsche Schenkungsteuer ist auch
innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung
der niederländischen Schenkungsteuer entstanden (§ 21
Abs. 1 Satz 4 ErbStG).
|
|
|
24
|
b) Auf die deutsche Schenkungsteuer ist die
auf den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem
Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische
Schenkungsteuer insoweit anzurechnen, als das Auslandsvermögen
auch der deutschen Schenkungsteuer unterliegt (§ 21 Abs. 1
Satz 1 ErbStG). Anzurechnen ist die ausländische
Schenkungsteuer, die auf den besteuerten Erwerb entfällt.
|
|
|
25
|
Sind für die Besteuerung des Letzterwerbs
mehrere Erwerbe von Auslandsvermögen nach § 14 Abs. 1
ErbStG zusammenzurechnen, ist die ausländische Schenkungsteuer
anzurechnen, die für den Letzterwerb gezahlt wurde. Dies
ergibt sich aus § 14 Abs. 1 ErbStG, der die Steuerberechnung
für den Letzterwerb regelt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 498,
BStBl II 2009, 969 = SIS 09 33 04, m.w.N.). Diese Vorschrift kann
zwar wegen der Einbeziehung der früheren Erwerbe zur Anwendung
eines höheren Steuersatzes bei der Besteuerung des
Letzterwerbs führen. Die durch § 14 Abs. 1 ErbStG
ausgelöste höhere Besteuerung des Letzterwerbs
rechtfertigt aber nicht die Anrechnung der für die Vorerwerbe
gezahlten ausländischen Steuer. Denn besteuert wird trotz der
Zusammenrechnung nur der Letzterwerb und nicht ein Gesamterwerb in
Form der zusammengerechneten Erwerbe. Deshalb ist nur die auf den
Letzterwerb entfallende ausländische Schenkungsteuer
anrechenbar. Dies gilt auch dann, wenn die ausländische
Schenkungsteuer für die Vorerwerbe bei der Festsetzung der
inländischen Schenkungsteuer für die Vorerwerbe nicht
oder nur zum Teil angerechnet werden konnte, weil für den
jeweiligen Vorerwerb entweder keine deutsche Schenkungsteuer
festzusetzen oder die deutsche Schenkungsteuer niedriger als die
ausländische Schenkungsteuer war. Eine Anrechnung nicht
ausgenutzter ausländischer Schenkungsteuer kann insoweit nicht
bei der Besteuerung von Nacherwerben nachgeholt werden (a.A.
Werz/Sager, Der Erbschaftsteuer-Berater 2010, 304).
|
|
|
26
|
c) Das FA hat zutreffend in den angefochtenen
Steuerbescheiden die niederländische Schenkungsteuer
angerechnet, soweit sie jeweils für den Letzterwerb entrichtet
wurde. Für die von der Klägerin begehrte Anrechnung
weiterer Steuerbeträge für die Vorerwerbe fehlt es an
einer Rechtsgrundlage. Anhaltspunkte für eine den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzende
Besteuerung sind nicht erkennbar.
|
|
|
27
|
3. Die in § 14 und § 21 ErbStG
geregelte Besteuerung eines Erwerbs von Auslandsvermögen,
für den auch ausländische Schenkungsteuer gezahlt wurde,
verstößt nicht gegen die unionsrechtlich
gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 und Art. 58
des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -
EG - ; jetzt Art. 63 und Art. 65 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - ).
|
|
|
28
|
a) Art. 56 Abs. 1 EG verbietet nach der
ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) ganz allgemein Beschränkungen
des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten (vgl. EuGH-Urteil
vom 22.4.2010 C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, 1212 = SIS 10 09 40
Rdnr. 18, m.w.N.). Die steuerliche Behandlung von Schenkungen
fällt unabhängig davon, ob es sich um Geldbeträge,
um bewegliche oder um unbewegliche Güter handelt, unter die
Vertragsbestimmungen über den Kapitalverkehr; ausgenommen sind
die Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente
über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen (vgl.
EuGH-Urteil in BFH/NV 2010, 1212 = SIS 10 09 40 Rdnr. 20, m.w.N.).
Die Prüfung der Besteuerung grenzüberschreitender
Schenkungen anhand von Art. 39 (Arbeitnehmerfreizügigkeit,
jetzt Art. 45 AEUV) und Art. 43 EG (Niederlassungsfreiheit, jetzt
Art. 49 AEUV) hat der EuGH als nicht erforderlich angesehen
(EuGH-Urteil in BFH/NV 2010, 1212 = SIS 10 09 40 Rdnr. 23).
|
|
|
29
|
Zu den Maßnahmen, die als
Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach Art. 56 Abs. 1 EG
verboten sind, gehören solche, die eine Wertminderung der
Schenkung desjenigen bewirken, der in einem anderen Mitgliedstaat
als dem ansässig ist, in dem sich die betreffenden
Vermögensgegenstände befinden und der die Schenkung
besteuert (vgl. EuGH-Urteile vom 17.1.2008 C-256/06, Jäger,
Slg. 2008, I-123 = SIS 08 10 46 Rdnr. 31; vom 12.2.2009 C-67/08,
Block, Slg. 2009, I-883 = SIS 09 08 66 Rdnr. 24; in BFH/NV 2010,
1212 = SIS 10 09 40 Rdnr. 26).
|
|
|
30
|
b) Die Schenkung von Bargeld an
natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz haben, wird
nach den Bestimmungen im ErbStG unabhängig davon besteuert, ob
der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung seinen
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder im
Ausland hat. Steuerpflichtiger ist jeweils der im Inland wohnende
Beschenkte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a
ErbStG). Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Schenkung und
die Berechnung der Schenkungsteuer richten sich jeweils nach
§§ 10 ff. bzw. §§ 14 ff. ErbStG. Eine
unterschiedliche Besteuerung der Schenkung im Hinblick auf den
Wohnsitz des Schenkers findet insoweit nicht statt.
|
|
|
31
|
Eine freigebige Zuwendung, die von einem
Schenker mit Wohnsitz in den Niederlanden an einen Bedachten mit
Wohnsitz in der Bundesrepublik ausgeführt wird, wird nur
deshalb höher mit Schenkungsteuer belastet, weil sowohl die
Bundesrepublik als auch die Niederlande die Schenkung besteuern und
die Doppelbelastung nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen
ausgeschlossen wird. § 21 ErbStG sieht zwar die Anrechnung der
ausländischen Schenkungsteuer vor. Da aber die
Besteuerungssysteme in beiden Mitgliedstaaten unterschiedlich
gestaltet sind (vgl. Scheffler/Spengel, Erbschaftsteuerbelastung im
internationalen Vergleich, Zentrum für Europäische
Wirtschaftsforschung, Band 75, S. 127 ff. zur
Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer in den Niederlanden), kann es
für Erwerbe zu einer Festsetzung von inländischer und
ausländischer Schenkungsteuer kommen. Eine Doppelbelastung ist
grundsätzlich dann möglich, wenn die inländische
Steuer für den Erwerb höher als die für den Erwerb
gezahlte ausländische Steuer ist, so dass die Anrechnung der
ausländischen Steuer nicht zu einer vollständigen
Entlastung von der inländischen Steuer ausreicht. Ein solcher
Fall kann insbesondere eintreten, wenn wegen der
Berücksichtigung früherer Erwerbe innerhalb des
Zehnjahreszeitraums der Letzterwerb nach § 14 ErbStG einer
höheren inländischen Schenkungsteuer unterliegt und die
ausländischen Besteuerungsvorschriften - wie z.B. in den
Niederlanden - für derartige Sachverhalte keine oder nur eine
eingeschränkte Zusammenrechnung vorsehen.
|
|
|
32
|
Das Gemeinschaftsrecht schreibt bei seinem
gegenwärtigen Entwicklungsstand und in einer Situation, in der
es um die Entrichtung von Schenkungsteuer geht, in Bezug auf die
Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen
Union keine allgemeinen Kriterien für die Kompetenzverteilung
zwischen den Mitgliedstaaten vor (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2009,
I-883). Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten beim
gegenwärtigen Entwicklungsstand des Gemeinschaftsrechts
vorbehaltlich dessen Beachtung über eine gewisse Autonomie in
diesem Bereich verfügen und deshalb nicht verpflichtet sind,
ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der
anderen Mitgliedstaaten anzupassen (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2009,
I-883). In diesem Urteil hat der EuGH entschieden, dass es der
Kapitalverkehrsfreiheit nicht entgegensteht, wenn bei der
Berechnung von Erbschaftsteuer, die von einem Erben mit Wohnsitz in
der Bundesrepublik auf Kapitalforderungen gegen ein in Spanien
ansässiges Finanzinstitut geschuldet wird, die in Spanien
entrichtete Erbschaftsteuer auf die in der Bundesrepublik
geschuldete Erbschaftsteuer nicht angerechnet wird, wenn der
Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz in der
Bundesrepublik hatte. Der EuGH hat also für diesen Sachverhalt
die fehlende Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer nicht
beanstandet. Dies bedeutet zugleich, dass die Bestimmungen
über die Kapitalverkehrsfreiheit auch dann nicht verletzt
sind, wenn die Anrechnung der ausländischen Steuer zwar nach
inländischem Recht zugelassen ist, aber - wie im Streitfall -
nicht zu einer vollständigen Entlastung von der deutschen
Schenkungsteuer führt. Aus diesem Grund besteht kein Anlass,
§ 21 ErbStG dahin auszulegen, dass im Falle einer
Zusammenrechnung früherer Erwerbe (§ 14 ErbStG) bei der
Besteuerung des Letzterwerbs die ausländische Schenkungsteuer
anzurechnen wäre, die für sämtliche Erwerbe gezahlt
wurde.
|
|
|