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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2007 zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt. Sie wohnen in der
Pastorendienstwohnung des Klägers zur Miete. Vom Gehalt des
Klägers zog das Kreiskirchenamt neben der
Dienstwohnungsvergütung und den Mietnebenkosten monatlich eine
Pauschale für Schönheitsreparaturen in Höhe von
77,96 EUR ab. Der Zuschlag für Schönheitsreparaturen
wurde auf der Grundlage der Wohnfläche der Dienstwohnung mit
155,91 qm x 0,50 EUR errechnet. Nach den landeskirchenrechtlichen
Bestimmungen werden die Schönheitsreparaturen von der
Kirchengemeinde durchgeführt und aus einem zentralen Fonds, in
den die Pauschalen der Mieter fließen, finanziert.
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Im Streitjahr wurden an der Wohnung des
Klägers verschiedene Renovierungsarbeiten ausgeführt. Die
Rechnungen sind an das Pfarramt R bzw. die Kirchengemeinde R
adressiert und sind mit einem Eingangsstempel des Landeskirchlichen
Amts für Bau- und Kunstpflege bzw. des Pfarrkreisamts U
versehen. Bezahlt wurden die Rechnungen durch Überweisung an
die Handwerker aus dem zentralen Fonds für
Schönheitsreparaturen.
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In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machten die Kläger die Beträge
als Aufwendungen für Handwerkerleistungen i.S. des § 35a
des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr
geltenden Fassung (EStG) geltend. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) gewährte die
Steuerermäßigung nicht. Das Finanzgericht (FG) gab der
hiergegen erhobenen Klage teilweise statt und erkannte eine
Steuerermäßigung nach § 35a EStG aus einer
Bemessungsgrundlage von 721,84 EUR an. Das Urteil ist in EFG 2010,
1218 = SIS 10 16 99 veröffentlicht.
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Das FA beantragt, das Urteil des
Niedersächsischen FG vom 23.2.2010 16 K 422/09 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist begründet;
sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung). Aufwendungen des Klägers für die
Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen i.S. des § 35a Abs. 2
EStG liegen nicht vor.
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1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG
ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert
um die sonstigen Steuerermäßigungen, für die
Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-,
Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem in der
Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum
liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, mit
Ausnahme der nach dem CO²-Gebäudesanierungsprogramm der
KfW-Förderbank geförderten Maßnahmen auf Antrag um
20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens um 600
EUR.
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2. Die Pauschalen für
Schönheitsreparaturen stellen keine Aufwendungen für die
Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen i.S. des § 35a Abs. 2
EStG dar.
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a) Mit der monatlichen Zahlung eines
bestimmten Betrags, der von der tatsächlichen Vornahme von
Schönheitsreparaturen unabhängig war, kam der Kläger
einer sich aus dem Mietverhältnis für ihn ergebenden
Pflicht nach. Der Vermieter seinerseits erfüllte mit dem ihm
von den Mietern zur Verfügung gestellten Gesamtbetrag der
Mittel für Schönheitsreparaturen seine Verpflichtung,
für die Ausführung der Schönheitsreparaturen an den
Dienstwohnungen zu sorgen und diese in einem vertragsgerechten
Zustand zu erhalten. Der Kläger erbrachte damit seine
Aufwendungen nicht aufgrund der Inanspruchnahme einer konkreten
Handwerkerleistung. Der Betrag, der für
Schönheitsreparaturen zu leisten war, war vielmehr dem Grunde
und der Höhe nach unabhängig davon, ob im Streitjahr oder
überhaupt für die Wohnung des Klägers
Schönheitsreparaturen anfielen. Dementsprechend kann auch der
im Streitjahr gezahlte Betrag nicht als Zahlung für eine
konkrete Handwerkerleistung angesehen werden.
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b) Die vorliegende Fallgestaltung kann nicht
mit Zahlungen von Mietern an Vermieter gleichgestellt werden, die
der Vermieter in der Jahresabrechnung abrechnet (vgl. Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - IV C 4 - S 2296 -
b/07/0003, 2010/0014334 vom 15.2.2010, BStBl I 2010, 140 = SIS 10 00 72 Rdnr. 24). Die begünstigten Fälle setzen eine
Nebenkostenabrechnung voraus, die Beträge umfasst, die
für konkrete haushaltsnahe
Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen oder
für handwerkliche Tätigkeiten geschuldet und abgerechnet
werden. Hieran fehlt es im Streitfall. Nach den Feststellungen des
FG werden die Pauschalen für Schönheitsreparaturen weder
gesonderten Konten der Mieter gutgeschrieben noch hierüber die
im Einzelnen angefallenen Kosten für
Schönheitsreparaturen abgerechnet.
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c) Die Gegebenheiten im Streitfall
unterscheiden sich auch von Wohnungseigentümergemeinschaften
(vgl. Rdnr. 23 des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 140 = SIS 10 00 72) wesentlich. Im Rahmen der gemeinschaftlichen Verwaltung des
Wohnungseigentums (vgl. § 10 Abs. 6 des
Wohnungseigentumsgesetzes - WoEigG - ) kann die
Wohnungseigentümergemeinschaft mit Wirkung für und gegen
alle Gemeinschafter Handwerkerleistungen in Auftrag geben. Werden
die Rechnungen hierfür aus dem Gemeinschaftsvermögen
(§ 10 Abs. 7 WoEigG) beglichen, entstehen dem einzelnen
Wohnungseigentümer Aufwendungen für die Inanspruchnahme
von Handwerkerleistungen. Im Streitfall hingegen nimmt nicht der
Kläger als Mieter eine Handwerkerleistung in Anspruch, die von
einem den Mietern gemeinschaftlich zuzurechnenden Konto beglichen
wird. Vielmehr erfüllt der Vermieter eine ihm aufgrund des
Mietverhältnisses obliegende Verpflichtung zur
Durchführung von Schönheitsreparaturen, indem er
Handwerkerleistungen in Anspruch nimmt und diese aus in sein
Vermögen übergegangenen Mitteln bezahlt.
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d) Auf die in Rdnr. 41 des BMF-Schreibens in
BStBl I 2010, 140 = SIS 10 00 72 enthaltene Verwaltungsanweisung
betreffend Dienst- und Werkswohnungen können sich die
Kläger zur Begründung eines Anspruchs auf Gewährung
einer Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht
berufen. Danach gewährt die Verwaltung unter bestimmten
weiteren Voraussetzungen eine Steuerermäßigung nach
§ 35a EStG, wenn der Arbeitgeber die Aufwendungen für
haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen trägt
und der Arbeitnehmer den Betrag der Aufwendungen als Sachbezug
versteuert hat. In diesem Fall geht die Finanzverwaltung davon aus,
dass es sich um Aufwendungen des Arbeitnehmers handelt. Im
Streitfall hat der Arbeitgeber jedoch nicht Aufwendungen getragen,
die nach den vertraglichen Gestaltungen vom Mieter/Arbeitnehmer zu
tragen waren. Vielmehr hat der Arbeitgeber seine eigene Pflicht aus
dem Mietvertrag erfüllt, für einen vertragsgerechten
Zustand der Wohnung zu sorgen und die Schönheitsreparaturen zu
tragen. Dementsprechend hat der Kläger weder den Betrag der
Handwerkerrechnungen noch die gezahlte Pauschale als Sachbezug
versteuert. Vielmehr wurde die Pauschale lediglich von seinem
Gehalt abgezogen.
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