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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) unterhielt bei der Beigeladenen, einer Bank, ein
Direkt-Depot, auf das im Jahre 2006 Inhaber-Genussscheine der Y-AG
zum Nominalwert von 5.160 EUR von der Sparkasse übertragen
worden waren. Die Genussscheine gewährten ihrem Inhaber einen
gegenüber dem Gewinnanteil der Aktionäre vorrangigen
Anspruch auf Gewinnausschüttung sowie auf Rückzahlung
nach Beendigung der Genussscheine (§ 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m.
§ 15 der Genussscheinbedingungen - GB - ). Dem Inhaber standen
keinerlei Teilnahme-, Mitwirkungs- oder Stimmrechte in der
Hauptversammlung der Y-AG zu (§ 3 Abs. 2 GB). Sein
Gewinnanteil betrug vorbehaltlich eines ausreichenden
Konzernjahresüberschusses für jedes volle
Geschäftsjahr 15 % des Grundbetrags von 10 EUR je Genussschein
(§ 4 Abs. 1 Satz 1 GB); der auf den Grundbetrag entfallende
und aus der sog. negativen Gesamtkapitalrendite abgeleitete
Verlustanteil war gesondert auszuweisen und durch Gewinnanteile der
Folgejahre auszugleichen (§ 5 GB). Nach § 15 Abs. 6 GB
nahm das Genusskapital im Falle der Auflösung der Y-AG nicht
am Liquidationserlös teil. Der - gegebenenfalls um noch nicht
ausgeglichene Verluste gekürzte - Rückzahlungsanspruch
war gegenüber den Forderungen der anderen Gläubiger
nachrangig.
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Nachdem die Y-AG die Genussscheininhaber am
2.2.2010 zur Abgabe von Verkaufsangeboten zum Kurs von 180 %
aufgefordert hatte, veräußerte der Kläger seine
Anteilsscheine am 1.3.2010 zu einem Preis (Kurswert) von 9.228 EUR.
Hiervon behielt die Beigeladene Kapitalertragsteuer in Höhe
von 696,60 EUR sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von
38,31 EUR ein. Beide Beträge wurden bei der
Kapitalertragsteueranmeldung vom 1.4.2010 (betreffend März
2010) berücksichtigt.
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Hiergegen legte der Kläger am
13.4.2010 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass die
Genussscheine lange vor 2006 angeschafft worden seien und den
Bestandsschutzregeln zur Einführung der Abgeltungssteuer
unterlägen (hier: § 52a Abs. 10 Satz 7 des
Einkommensteuergesetzes 2009 - EStG 2009 - ). Der Rechtsbehelf
blieb, nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt
- FA - ) die Beigeladene zum Einspruchsverfahren hinzugezogen hatte
(§ 360 Abs. 3 der Abgabenordnung - AO - ), ohne
Erfolg.
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Der Klage hat das Finanzgericht (FG)
stattgegeben und die angemeldeten Steuerbeträge
(Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) in dem beantragten
Umfang herabgesetzt (Hessisches FG, Urteil vom 16.2.2012 4 K
639/11, EFG 2012, 1163 = SIS 12 14 63).
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Mit der Revision beantragt das FA
sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag
gestellt.
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II. Die Revision ist nicht begründet. Sie
ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass
der Kläger anfechtungsbefugt und die Klage damit zulässig
ist. Die von der Beigeladenen angemeldete Kapitalertragsteuer
(§ 45a EStG 2009) steht nach § 168 AO - ebenso wie der
angemeldete Solidaritätszuschlag (vgl. § 1 Abs. 2 und 3
sowie § 3 Abs. 1 Nr. 5 des Solidaritätszuschlaggesetzes
1995 - SolZG 1995 - ; Blümich/Lindberg, § 1 SolZG 1995 Rz
5) - einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gleich. Zwar ist deren Regelungsgehalt darauf
beschränkt, dass die Beigeladene die angemeldeten Beträge
abzuführen hat (Senatsbeschluss vom 13.8.1997 I B 30/97, BFHE
184, 92, BStBl II 1997, 700 = SIS 98 02 90). Da jedoch der
Kläger als Gläubiger der Kapitalerträge nach §
44 Abs. 1 Satz 1 EStG 2009 (i.V.m. § 1 Abs. 2 SolZG 1995) die
Kapitalertragsteuer sowie den im Abzugsverfahren erhobenen
Solidaritätszuschlag schuldet und demgemäß die
Beigeladene die Steuerabzüge für Rechnung des
Klägers vorgenommen hat (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG 2009
i.V.m. § 1 Abs. 2 SolZG 1995), werden im Fall der
Rechtswidrigkeit der nach § 168 AO fingierten Steuerbescheide
rechtlich geschützte Interessen des Klägers berührt
(§ 40 Abs. 2 FGO; vgl. Senatsurteil vom 10.3.1971 I R 73/67,
BFHE 102, 242, BStBl II 1971, 589 = SIS 71 03 04; Buciek in
Beermann/Gosch, AO § 168 Rz 24; Klein/Rüsken, AO, 11.
Aufl., § 168 Rz 16, jeweils m.w.N.).
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2. Nach ständiger Rechtsprechung ist
hierbei allerdings zu beachten, dass sich die mit der
Steueranmeldung verbundene Steuerfestsetzung gegen den
Vergütungsschuldner richtet (hier: die Beigeladene) und
deshalb im Rahmen einer hiergegen vom Vergütungsgläubiger
(hier: dem Kläger) im Wege der sog. Drittanfechtung erhobenen
Klage die Steuerfestsetzung nur darauf überprüft werden
kann, ob der Vergütungsschuldner die Steueranmeldung vornehmen
durfte. Zwar ist dies bereits dann zu bejahen, wenn die
Voraussetzungen für den Steuereinbehalt zweifelhaft sind
(Senatsbeschluss vom 25.11.2002 I B 69/02, BFHE 201, 114, BStBl II
2003, 189 = SIS 03 07 83; Senatsurteil vom 28.1.2004 I R 73/02,
BFHE 205, 174, BStBl II 2005, 550 = SIS 04 17 30; Senatsbeschluss
vom 7.11.2007 I R 19/04, BFHE 209, 300, BStBl II 2008, 228 = SIS 08 08 13; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 168 Rz 25, m.w.N.). Auch
ist im Rahmen dieses eingeschränkten Prüfungsumfangs im
Grundsatz davon auszugehen, dass der Vergütungsschuldner zum
Kapitalertragsteuerabzug dann berechtigt ist, wenn er sich hierbei
- wie vorliegend - auf ein Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen (BMF) stützen kann (vgl. zur Veräußerung
obligationsähnlicher Genussrechte BMF-Schreiben vom
22.12.2009, BStBl I 2010, 94 = SIS 09 37 93, Rz 319; ebenso
BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl I 2012, 953 = SIS 12 30 48, Rz
319). Gleichwohl gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Er ist
jedenfalls dann zu durchbrechen, wenn die Ansicht des
Vergütungsgläubigers dem eindeutigen Wortlaut der
einschlägigen Bestimmungen entspricht und auch aus deren
Entstehungsgeschichte und Zweck kein Anhalt für ein
abweichendes Regelungsverständnis besteht. Von Letzterem ist
im Streitfall auszugehen.
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a) Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG
2009 wird bei Kapitalerträgen i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 7 EStG 2009 die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag
(Kapitalertragsteuer) erhoben; gleiches gilt für den hierauf
entfallenden Solidaritätszuschlag (§ 1 Abs. 2 und 3 und
§ 3 Abs. 1 Nr. 5 SolZG 1995).
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Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen
darüber, dass es sich bei den vom Kläger gehaltenen
Genussscheinen um Kapitalforderungen i.S. von § 20 Abs. 1 Satz
1 Nr. 7 EStG 2009 gehandelt hat und ein aus ihrer
Veräußerung erzielter Gewinn die tatbestandlichen
Merkmale für den Ansatz von Kapitaleinkünften nach dem -
im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer durch das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007,
1912, BStBl I 2007, 630) - neu geschaffenen § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 7 EStG erfüllt hat.
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Der Senat teilt diese Beurteilung. § 20
Abs. 1 Nr. 7 EStG 2009 erfasst Erträge aus sonstigen
Kapitalforderungen jeder Art unter der Voraussetzung, dass die
Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt
für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung
zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der
Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis
abhängt. Hierzu gehörten auch die Genussrechte des
Klägers; da sie keine Beteiligung an einem
Liquidationserlös der Y-AG und damit keine i.S. von § 20
Abs. 1 Nr. 1 EStG 2009 gesellschafterähnliche Rechtsstellung
vermittelten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.5.2005
VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl II 2005, 857 = SIS 05 44 63;
Senatsurteil vom 19.1.1994 I R 67/92, BFHE 173, 399, BStBl II 1996,
77 = SIS 94 14 31; Intemann in Herrman/Heuer/Raupach, § 20
EStG Rz 56), waren sie angesichts ihres
„obligationsähnlichen“
Charakters (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9.11.1992 II ZR
230/91, BGHZ 120, 141) den sonstigen Kapitalforderungen nach §
20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2009 zugeordnet.
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b) Kein Einvernehmen besteht zwischen den
Beteiligten jedoch darüber, ob die hierdurch ausgelöste
Pflicht zur Anmeldung und Abführung von Kapitalertragsteuer
auch im Streitfall greift, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die
Genussscheine vor dem Jahre 2006 und damit vor Einführung der
Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 durch das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 erworben worden sind.
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aa) Die Übergangsbestimmung des §
52a Abs. 10 Satz 6 EStG 2009 sieht vor, dass § 20 Abs. 2 Satz
1 Nr. 7 EStG in der Fassung des Art. 1 des
Unternehmersteuerreformgesetzes 2008 erstmals auf nach dem
31.12.2008 zufließende Kapitalerträge aus der
Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen anzuwenden ist.
Nach § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009 ist jedoch
für Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die zum
Zeitpunkt des vor dem 1.1.2009 erfolgten Erwerbs zwar
Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der am
31.12.2008 anzuwendenden Fassung (im Folgenden: EStG 2002), aber
nicht Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
EStG 2002 waren, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 nicht
anzuwenden. Durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 (BGBl
I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74) wurde § 52a Abs. 10 Satz 7
EStG 2009 um einen weiteren Halbsatz ergänzt, nach dem
Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002
auch dann vorliegen, wenn die Rückzahlung nur teilweise
garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und
Vermögensebene möglich erscheint. Letztere Regelung ist -
nach Inkrafttreten einer weiteren, für das vorliegende
Verfahren jedoch nicht einschlägigen Änderung des §
52a Abs. 10 Satz 7 EStG 2009 durch das Jahressteuergesetz 2010 vom
8.12.2010, BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394 (betreffend
Stückzinsen) - heute Gegenstand des letzten Halbsatzes der
Vorschrift.
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bb) Das FG hat zu Recht angenommen, dass nach
der Übergangsbestimmung des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG
2009 die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 auf
die vom Kläger erzielten Veräußerungsgewinne keine
Anwendung findet und deshalb auch ein Steuerabzug vom Kapitalertrag
nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2009 (i.V.m. § 1 Abs.
2 und 3 sowie § 3 Nr. 5 SolZG 1995) nicht vorzunehmen war.
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aaa) Auszugehen ist hierbei davon, dass die -
nach den Feststellungen der Vorinstanz vor dem Jahre 2006
erworbenen - Genussscheine zwar zu Kapitalforderungen im Sinne der
vor dem 1.1.2009 maßgeblichen Fassung des § 20 Abs. 1
Nr. 7 EStG 2002, nicht jedoch zu den Kapitalforderungen i.S. des
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 gehört haben. Diese,
durch das Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur
Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und
Steuerbereinigungsgesetz) vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl
I 1994, 50) in das Einkommensteuergesetz eingefügte Bestimmung
stand im Zusammenhang damit, dass nach der gleichfalls neu
gefassten Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1990 der
Begriff der steuerbaren Kapitalerträge auf Erträge aus
sog. Finanzinnovationen ausgedehnt wurde und solche Einkünfte
nicht nur bei Einlösung der Wertpapiere, sondern auch im Falle
ihrer Veräußerung erfasst werden sollten (BTDrucks
12/6078, S. 122 f.). Demgemäß war u.a. in § 20 Abs.
2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG 1990/1997/2002 vorgesehen,
dass zu den Kapitaleinkünften auch Einnahmen aus der
Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen mit
Zinsforderungen gehörten, wenn die Höhe der Erträge
von einem ungewissen Ereignis abhing.
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Der Senat lässt unbeantwortet, ob
hierunter tatbestandlich auch Genussscheine fielen, die wie
vorliegend sowohl im Hinblick auf ihre Verzinsung als auch
bezüglich der Kapitalrückzahlung dem Risiko der
Verlustbeteiligung ausgesetzt waren (vgl. zum Erfordernis der
Rückzahlungsgarantie z.B. BFH-Urteil vom 13.12.2006 VIII R
79/03, BFHE 216, 187, BStBl II 2007, 562 = SIS 07 06 11; v.
Beckerath in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 20 Rz 405).
Jedenfalls war die Neuregelung nach dem unmissverständlichen
Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG 2002
insgesamt nicht auf Genussrechte i.S. von § 43 Abs. 1 Nr. 2
EStG 2002 und damit auch nicht auf die vom Kläger gehaltenen
Anteilsscheine anzuwenden. In den Materialen zum
Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz wird
hierzu erläutert, dass „bei Genußscheinen ...
im Sinne von § 43 Abs. 1 Nr. 2 EStG ... wie bisher nur die
Erträge aus der Einlösung der Wertpapiere der
Einkommensteuer“ unterliegen (BTDrucks
12/6078, S. 123).
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Demnach waren die Genussrechte auch im Sinne
der Übergangsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz
1 EStG 2009 nicht zu den Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs.
2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 zu rechnen. Letzteres ergibt sich bereits
aus dem Wortlaut der Überleitungsbestimmung, der nicht nur auf
die in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 (hier: Buchst. c) EStG
2002 genannten Kapitalanlageformen, sondern auf die Gesamtregelung
jener Vorschrift und damit auch auf deren Satz 5 mit der Folge
verweist, dass die - nicht § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002
unterstehenden - Genussrechte insgesamt dem Anwendungsbereich des
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sätze 1 bis 4 EStG 2002 entzogen
waren; sie konnten deshalb nicht zu den in Satz 1 dieser Bestimmung
genannten Kapitalanlagen gerechnet werden. Darüber hinaus
entspricht nur dieses Gesetzesverständnis dem aus den
Materialien zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 abzuleitenden
Zweck des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009. Hiernach
soll die mit der Einführung der Abgeltungsteuer verbundene
Steuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen für solche
„Kapitalforderungen (keine Anwendung finden), die noch vor
2009 erworben wurden und nicht unter die bis Ende 2008 geltende
Fassung von § 20 fielen“ (BTDrucks
16/4841, S. 73); die „bislang steuerfreie(n) Kursgewinne
aus vor dem 1.1.2009 erworbenen zinstragenden Forderungen im Sinne
des § 20 Abs. 1 Nr. 7 (sollten) auch weiterhin steuerfrei
bleiben“ (BTDrucks 16/5491, S. 21).
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bbb) Anderes ist nicht aus § 52a Abs. 10
Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 abzuleiten, nach dem
Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002
auch dann vorliegen, wenn die Rückzahlung nur teilweise
garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und
Vermögensebene möglich erscheint.
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Ob letztere Voraussetzung auf die vom
Kläger gehaltenen Genussrechte zugetroffen hat, kann
offenbleiben. Zum einen deshalb, weil § 52a Abs. 10 Satz 7,
letzter Halbsatz EStG 2009 nach seinem insoweit eindeutigen
Wortlaut unberührt lässt, dass Genussrechte nach §
20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG 2002 insgesamt nicht den im
Falle der Veräußerung oder Abtretung sog.
Finanzinnovationen geltenden Besteuerungsgrundsätzen
unterworfen waren; unberührt bleibt damit auch die Grundregel
des § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 1 EStG 2009, nach welcher im
Falle der Veräußerung der vor dem 1.1.2009 erworbenen
Genussrechte § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG 2009 nicht
anwendbar und infolgedessen ein Kapitalertragsteuerabzug nach
§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EStG 2009 nicht vorzunehmen ist. Zum
anderen wird dieses Verständnis durch die
Entstehungsgeschichte des § 52a Abs. 10 Satz 7, letzter
Halbsatz EStG 2009 gestützt. Mit der durch das
Jahressteuergesetz 2009 (zunächst als zweiter Halbsatz)
eingefügten Bestimmung sollte auf die Rechtsprechung des BFH
reagiert werden, der zufolge eine Versteuerung von
Veräußerungs- und Einlösungsgewinnen nach der sog.
Marktrendite (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG
2002) für solche Finanzanlagen ausgeschlossen war, bei denen
die Ertragsebene ohne weiteres rechnerisch von einer die
Vermögensebene betreffenden Wertveränderung getrennt
werden konnte (z.B. BFH-Urteile vom 13.12.2006 VIII R 6/05, BFHE
216, 206, BStBl II 2007, 571 = SIS 07 61 29; VIII R 62/04, BFHE
216, 199, BStBl II 2007, 568 = SIS 07 06 10). Darüber hinaus
war nach der Rechtsprechung die Steuerbarkeit in dem Sinne
beschränkt, dass § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2002 nur
den auf die garantierte Mindestrückzahlung einer Finanzanlage
entfallenden Teil des Veräußerungsüberschusses
erfasste (z.B. BFH-Urteil vom 4.12.2007 VIII R 53/05, BFHE 219,
339, BStBl II 2008, 563 = SIS 08 10 91). Der Gesetzgeber wollte
beide (einzelfallbezogenen) Differenzierungen im Interesse der
Handhabbarkeit des Kapitalertragsteuerabzugs nach Einführung
der Abgeltungsteuer nicht fortführen. Er hat hierzu
erläutert, dass der mit der Neuregelung verbundenen sog.
unechten Rückwirkung kein überwiegend schutzwürdiges
Vertrauen der Anleger gegenüberstehe, da sich vor
Bekanntwerden der einschränkenden Rechtsprechung des BFH die
Steuerbarkeit bei Veräußerung aller Finanzprodukte aus
dem Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG (2002)
ergeben habe (BTDrucks 16/10189, S. 66 f.; Hahne/Krause, DStR 2008,
1724, 1728; Blümich/Treiber, § 52a EStG Rz 20). In
Anbetracht dessen ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die
darauf ausgerichtete, in dem beschriebenen Umfang
rechtsprechungskorrigierende Übergangsbestimmung des §
52a Abs. 10 Satz 7, letzter Halbsatz EStG 2009 über ihren
Wortlaut hinaus Anlass geben könnte, den
Kapitalertragsteuerabzug auf vor dem 1.1.2009 erworbene
Genussrechte und damit auf Kapitalanlagen zu erstrecken, die nach
der unmissverständlichen und von der Rechtsprechung auch nicht
in Frage gestellten Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz
5 EStG 2002 unabhängig davon nicht der
Veräußerungsgewinnbesteuerung für
Finanzinnovationen unterlagen, ob nach den Genussrechtsbedingungen
die Rückzahlung des Anlagebetrags garantiert oder eine
Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich war
(gl.A. Haisch/Danz, DStZ 2008, 392, 397; Elser/Bindl, FR 2010, 360,
367).
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