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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist Inhaberin einer Erlaubnis für einen
Herstellungsbetrieb für Energieerzeugnisse und betreibt eine
Verwertungsanlage für tierische Nebenprodukte. In dieser
Anlage wird unter Einsatz von Dampf vor allem Tier- und Knochenfett
gewonnen. Dieses Fett wird zum Teil gemäß § 1 Abs.
2 Nr. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) zur Verwendung als
Kraft- oder Heizstoff bestimmt. Im Februar 2010 traf die
Klägerin eine solche Bestimmung für 62 % des gewonnenen
Fetts. Die anderen 38 % der in der Anlage gewonnenen Erzeugnisse
waren zu anderen Zwecken weiterveräußertes Fett sowie
Tier- und Knochenmehl. Einen Teil des erzeugten und als Heizstoff
bestimmten Fetts setzt die Klägerin in ihrem Betrieb zur
Erzeugung des Dampfes für die Verwertungsanlage ein.
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Für den Monat Februar 2010 meldete die
Klägerin beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt
- HZA - ) eine Menge von 1.392.430 kg Tier- und Knochenfett zur
Versteuerung an. Zugleich beantragte sie für die als Heizstoff
eingesetzte Menge von 653.110 kg eine Steuerentlastung nach §
47 Abs. 1 Nr. 4 EnergieStG. Mit der Begründung, der Anteil der
von der Klägerin hergestellten und dann zu Energieerzeugnissen
bestimmten Knochenfette betrage nur 62 % der Gesamterzeugung,
weshalb auch nur ein Anteil von 62 % des in der Anlage eingesetzten
Fettes entlastungsfähig sei, gewährte das HZA eine
Steuerentlastung nur für eine Menge von 404.928 kg.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der
Klägerin stehe eine Energiesteuerentlastung nach § 47
Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 26 Abs. 1 EnergieStG für die
gesamte Menge der von ihr erzeugten und sodann in der
Tierverwertungsanlage eingesetzten Energieerzeugnisse zu. Der
Einsatz der Energieerzeugnisse sei kausal für die
Aufrechterhaltung des Betriebs. Im Streitfall werde das Fett in der
Verwertungsanlage selbst und damit unmittelbar im
Herstellungsprozess eingesetzt. Nicht erforderlich sei nach den
gesetzlichen Bestimmungen, dass das Energieerzeugnis nur in dem
Verhältnis steuerfrei belassen werden könne, in dem mit
dem Herstellungsprozess wiederum ein Energieerzeugnis hergestellt
werde. Für die vom HZA vorgenommene Quotierung finde sich
weder in den gesetzlichen Bestimmungen noch in ihrem
Regelungszusammenhang eine Stütze. Es könne nicht
ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber mit der Regelung eine
Vereinfachung des Entlastungsverfahrens angestrebt habe, denn es
fehle für eine Quotierung ein eindeutiger Maßstab. Da im
Streitfall die gewonnenen Energieerzeugnisse mehr als die
Hälfte der Gesamterzeugung ausmachten, könne die Frage
nach einer Untergrenze für die Steuerbegünstigung
offenbleiben. Wegen der Einzelheiten wird auf das in der ZfZ 2012,
Beilage 4, 63 abgedruckte Urteil des FG verwiesen.
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Mit der Revision macht das HZA geltend, das
FG habe seine Entscheidung auf eine Fassung des § 47
EnergieStG gestützt, die im Februar 2010 noch nicht in Kraft
getreten sei. Darüber hinaus habe es sich mit seiner
Entscheidung in Widerspruch zu Art. 21 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie
2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27.10.2003 zur
Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur
Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom
(Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) gesetzt. Das
im Unionsrecht festgelegte Herstellerprivileg könne nicht in
Anspruch genommen werden, wenn der Verbrauch der Energieerzeugnisse
nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Herstellung eines
Energieerzeugnisses stehe. In diese Richtung wiesen der
ausdrückliche Ausschluss einer Verwendung des
Energieerzeugnisses zum Antrieb von Fahrzeugen und die vom
Gemeinschaftsgesetzgeber verfolgte
„output-Besteuerung“. Für die Herstellung eines
Nichtenergieerzeugnisses könne folgerichtig keine Entlastung
gewährt werden. Als Verbrauch zur Aufrechterhaltung des
Betriebs i.S. des § 26 Abs. 1 EnergieStG könne nur ein
solcher Verbrauch angesehen werden, der für die Produktion von
Energieerzeugnissen kausal oder zumindest förderlich
sei.
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Die Klägerin schließt sich im
Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Für die
Gewährung der beanspruchten Steuerentlastung sei es
unbeachtlich, welche Fassung des § 47 Abs. 1 EnergieStG im
Streitfall Anwendung finde. Eine Unterscheidung zwischen Tierfett
sowie Energieerzeugnissen könne in jedem Fall erst nach
Abschluss des Herstellungsprozesses durch das Hinzutreten eines
nachträglichen Bestimmungsakts erfolgen, so dass die Ansicht
des HZA zu einer willkürlichen Aufspaltung des einheitlichen
Herstellungsvorgangs führe. Im Streitfall handele es sich bei
dem erzeugten Tierfett um ungenießbare Mischungen tierischer
Fette und Öle sowie deren Fraktion der Pos. 1518 der
Kombinierten Nomenklatur (KN), die unabhängig von ihrer
sonstigen Beschaffenheit ein einheitlicher Steuergegenstand i.S.
des § 1 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG seien.
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II. Die Revision des HZA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Der Klägerin steht ein Entlastungsanspruch nach
§ 47 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 26 Abs. 1 EnergieStG nur
insoweit zu, als sie die von ihr gewonnenen Energieerzeugnisse zur
Herstellung von Energieerzeugnissen einsetzt.
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1. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. §
26 Abs. 1 EnergieStG in der im Streitjahr geltenden Fassung wird
eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt für nachweislich
versteuerte Schweröle, Erdgase, Flüssiggase und
gasförmige Kohlenwasserstoffe, die u.a. auf dem
Betriebsgelände eines Herstellungsbetriebs nach § 6
EnergieStG vom Inhaber des Betriebs steuerfrei zur
Aufrechterhaltung des Betriebs verwendet werden.
Herstellungsbetriebe sind Betriebe, in denen Energieerzeugnisse
nach § 4 EnergieStG hergestellt werden (§ 6 Abs. 1 Satz 1
EnergieStG). Herstellungshandlungen sind das Gewinnen oder
Bearbeiten und in bestimmten Fällen auch das Bestimmen der
Waren zur Verwendung als Kraft- und Heizstoff (§ 6 Abs. 1 Satz
2 EnergieStG). Dass es für die Gewährung des
Entlastungsanspruchs nicht allein auf die Verwendung eines
Energieerzeugnisses an irgendeiner Stelle des Betriebsgeländes
ankommen kann, belegt die einschränkende Regelung des §
59 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung (EnergieStV). In
§ 59 Satz 1 EnergieStV werden diejenigen Teile des
Herstellungsbetriebs aufgeführt, in denen nach § 26
EnergieStG Energieerzeugnisse zur Aufrechterhaltung des Betriebs
steuerfrei verwendet werden können. Dazu gehören z.B.
Anlagen zur Gewinnung oder Bearbeitung von Energieerzeugnissen, zur
Erzeugung von Hilfsstoffen für die Energieerzeugung,
Lagerstätten für die hergestellten Energieerzeugnisse,
mit den benannten Anlagen räumlich zusammenhängende
Rohrleitungen, Pump-, Transport- und Beheizungsanlagen sowie zum
Betrieb gehörige Anlagen zur Energiegewinnung, die mit den in
§ 59 Satz 1 Nr. 1 EnergieStV genannten Anlagen räumlich
zusammenhängen.
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2. Nach den Feststellungen des FG stellt die
Klägerin unter Einsatz von Dampf u.a. Tierfett her, das sie
nach seiner Gewinnung zur Verwendung als Kraft- oder Heizstoff
bestimmt. Durch diese Bestimmung werden die ausgewählten Fette
(Erzeugnisse der Pos. 1518 KN) nach § 1 Abs. 2 Nr. 1
EnergieStG zu Steuergegenständen, die der Energiesteuer
unterliegen und für die im Fall ihres Verbrauchs
grundsätzlich die Steuer entsteht. Steuerbegünstigt
können sie jedoch zur Aufrechterhaltung eines
Herstellungsbetriebs verwendet werden, d.h. eines Betriebs, in dem
insbesondere durch Gewinnung oder Bearbeitung Energieerzeugnisse
produziert werden. Somit ist von einer verwendungsbezogenen und
nicht von einer anlagenbezogenen Begünstigung auszugehen.
Durch den Einsatz des Energieerzeugnisses muss der Hauptzweck des
Herstellungsbetriebs erfüllt werden, d.h. der Verbrauch muss
zumindest das Wesentliche der Tätigkeit eines
Herstellungsbetriebs, nämlich die Herstellung von
Energieerzeugnissen, fördern (Senatsurteil vom 23.2.2010 VII R
34/09, BFHE 229, 477, ZfZ 2010, 194 = SIS 10 15 05, sowie zu §
3 des Mineralölsteuergesetzes, der wie § 26 Abs. 1
EnergieStG ebenfalls auf die Aufrechterhaltung des Betriebs
abstellte, Teichner in Schädel/Langer/Gotterbarm,
Mineralölsteuer, Mineralölzoll, § 3 MinöStG Rz
14).
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Auf eine verwendungsbezogene Betrachtung
weisen auch die unionsrechtlichen Bestimmungen hin, die der
Gesetzgeber mit den in den §§ 47 und 26 EnergieStG
getroffenen Regelungen zutreffend umgesetzt hat. Nach Art. 21 Abs.
3 Satz 1 EnergieStRL gilt zwar der Verbrauch von
Energieerzeugnissen innerhalb des Geländes eines Betriebs, der
Energieerzeugnisse herstellt, nicht als einen Steueranspruch
begründender Steuerentstehungstatbestand, sofern es sich bei
dem Verbrauch um Energieerzeugnisse handelt, die innerhalb des
Betriebsgeländes dieses Betriebs hergestellt worden sind.
Erfolgt der Verbrauch jedoch zu Zwecken, die nicht mit der
Herstellung von Energieerzeugnissen im Zusammenhang stehen, und
zwar insbesondere zum Antrieb von Fahrzeugen, so gilt dies nach
Art. 21 Abs. 3 Satz 3 EnergieStRL als ein
Steuerentstehungstatbestand. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss
die Verwendung der Energieerzeugnisse einen gewissen Bezug zu dem
Prozess aufweisen, mit dem Energieerzeugnisse hergestellt werden.
Ebenso deutlich schränkte die Vorgängervorschrift zu Art.
21 Abs. 3 Satz 1 EnergieStRL das Herstellerprivileg ein. Nach Art.
4 Abs. 3 der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19.10.1992 zur
Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf
Mineralöle (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr.
L 316/12) gilt der Verbrauch von Mineralölen innerhalb des
Betriebsgeländes eines Mineralölherstellungsbetriebs
nicht als ein Steuerentstehungstatbestand, sofern der Verbrauch
Herstellungszwecken dient. Danach muss mit der Verwendung des
Mineralöls der Zweck verfolgt werden, Mineralöle
herzustellen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich,
dass der Unionsgesetzgeber bei der Konzipierung und Verabschiedung
der EnergieStRL an diesem Erfordernis nicht mehr hat festhalten
wollen. Somit ist es den Mitgliedstaaten nach den unionsrechtlichen
Bestimmungen verwehrt, eine Steuerbegünstigung auch für
solche Energieerzeugnisse zu gewähren, deren Verwendung nicht
mit dem eigentlichen Herstellungsprozess zusammenhängt. In
diesem Licht sind die in § 26 Abs. 1 EnergieStG und § 59
EnergieStV getroffenen Regelungen auszulegen. In Anbetracht der
unionsrechtlichen Vorgaben ist die Annahme des FG fernliegend, der
Gesetzgeber habe möglicherweise aus Vereinfachungsgründen
und zur Vermeidung einer Quotenermittlung lediglich den Einsatz
eines Energieerzeugnisses als Kriterium für die Gewährung
einer - im Ergebnis extensiven - Steuerentlastung genügen
lassen wollen.
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3. Abgesehen davon, ob die Tierfette zu den in
§ 47 Abs. 1 Nr. 4 EnergieStG a.F. aufgeführten
Energieerzeugnissen gehören, bestehen im Streitfall bereits
Zweifel, ob die von der Klägerin zur Verwendung als Heizstoff
bestimmten Tierfette überhaupt zur Herstellung von
Energieerzeugnissen eingesetzt worden sind. Die Klägerin
trägt selbst vor, dass die konkrete Verwendung des gewonnenen
Fetts im Zeitpunkt seiner Gewinnung noch gar nicht feststehe; erst
nach der Produktion werde das Fett durch einen
„nachgelagerten Bestimmungsakt“ zum
Energieerzeugnis. Somit stellt sie zunächst unter Einsatz von
Dampf Produkte her - nämlich tierische Fette sowie Tier- und
Knochenmehle -, die keine Steuergegenstände sind. Zu solchen
werden sie erst durch den späteren Akt der Bestimmung als
Heiz- oder Kraftstoff verwendet zu werden. Die eigentliche
Herstellungshandlung besteht somit aus dem Vorgang des Bestimmens
(§ 1 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG) zu einem Zeitpunkt, in dem der
Einsatz des durch die Verbrennung des Tierfetts erzeugten Dampfes
bereits abgeschlossen ist.
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Aber selbst wenn sich der Akt des
nachträglichen Bestimmens noch in den auf dem
Betriebsgelände der Klägerin stattfindenden
Herstellungsprozess einbeziehen ließe, kann eine
Steuerbefreiung für die gesamte Menge der als Heizstoff
verwendeten Tierfette nicht gewährt werden. Denn nach den
Feststellungen des FG hat die Klägerin im
streitgegenständlichen Zeitraum nicht nur
verbrauchsteuerpflichtige Substitutionserzeugnisse hergestellt,
sondern auch andere Fette sowie Tier- und Knochenmehle, die zu
anderen Zwecken als zur Verwendung als Heiz- oder Kraftstoff
abgegeben worden sind. Der Anteil an nicht steuerpflichtigen
Produkten betrug 38 % der in der Verwertungsanlage insgesamt
hergestellten Erzeugnisse. Aus den bereits dargestellten
Gründen, die für eine restriktive Anwendung und Auslegung
des § 26 Abs. 1 EnergieStG sprechen, kann die Klägerin
für die Herstellung dieser Produkte das Herstellerprivileg
nicht in Anspruch nehmen. Infolgedessen kommt eine Steuerentlastung
nur für die Menge an Energieerzeugnissen in Betracht, mit
denen der eigentliche Begünstigungstatbestand, nämlich
die Herstellung von Energieerzeugnissen, erfüllt worden ist.
Unter diesen Gesichtspunkten ist der vom HZA gewählte
Aufteilungsmaßstab, nach dem sich der Anteil an
entlastungsfähigen Energieerzeugnissen nach dem Anteil der in
der Verwertungsanlage erzeugten verbrauchsteuerpflichtigen
Erzeugnisse bestimmt, nicht zu beanstanden.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin kann
der Anteil der hergestellten verbrauchsteuerpflichtigen
Energieerzeugnisse an der Gesamtmenge der hergestellten Produkte
bei der Anwendung des § 26 Abs. 1 EnergieStG nicht
unberücksichtigt gelassen werden. Käme es nämlich
nur auf den Umstand der Herstellung von Energieerzeugnissen ohne
eine Berücksichtigung der erzeugten Menge an, könnte
durch eine verhältnismäßig geringe Produktion von
Energieerzeugnissen eine Steuerbegünstigung auch für die
Herstellung anderer Produkte, wie z.B. Schmiermittel oder
Isolieröle, erlangt werden. Dies widerspräche jedoch der
Intention des Gesetzgebers und den unionsrechtlichen Vorgaben.
Zudem wäre die Privilegierung der Herstellung anderer
Erzeugnisse als Heiz- und Kraftstoffe innerhalb eines Betriebs, der
auch Heiz- und Kraftstoffe herstellt, unter dem Gesichtspunkt der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes) zu beanstanden (Teichner in
Schädel/Langer/Gotterbarm, a.a.O., § 3 MinöStG Rz
14), denn andere Herstellungsbetriebe ohne Eigenproduktion
verbrauchsteuerpflichtiger Energieerzeugnisse wären von der
Steuerbegünstigung ohne rechtfertigenden Grund
ausgeschlossen.
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