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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) berühmen sich gegenüber dem Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) aus abgetretenem Recht eines
Anspruchs auf einen Teil der vom FA zu Gunsten der durch den
Beigeladenen am Verfahren beteiligten X-GmbH (GmbH) festgesetzten
Investitionszulagen 1999 und 2000 nebst Zinsansprüchen. Diese
hat ihre damals noch rechtshängigen Ansprüche gegen das
FA angeblich im Januar 2004 den Klägern abgetreten. Eine
entsprechende Abtretungsanzeige nach amtlichem Vordruck ist am
1.6.2004 beim FA eingegangen. Der Grund der Abtretung war auf dem
Vordruck nicht angegeben. Jedoch behaupten die Kläger, der
Anzeige sei die Abtretungsvereinbarung beigefügt
gewesen.
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Das FA hielt die Abtretung für
unwirksam und hat hierüber 2008 den angefochtenen
Abrechnungsbescheid erlassen. Es hat den strittigen Betrag unter
Verzicht auf das Recht der Rücknahme beim Amtsgericht
hinterlegt.
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Das nach erfolglosem Einspruchsverfahren
angerufene Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es
urteilte, es sei nicht zu erkennen, dass der Abtretungsanzeige die
Abtretungsvereinbarung beigeheftet gewesen sei. Die Aussage des
dazu als Zeugen vernommenen seinerzeitigen
Geschäftsführers der GmbH (im Folgenden: K) habe den
Senat davon nicht überzeugt; der Zeuge habe insgesamt keinen
glaubwürdigen Eindruck gemacht. Es habe auch keine
Verpflichtung des FA bestanden, auf den Mangel der
Abtretungsanzeige hinzuweisen, zumal der abgetretene Anspruch
damals noch nicht festgesetzt gewesen sei.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die
Revision der Kläger, mit der diese die Verletzung materiellen
Rechts rügen:
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Das FA hätte, wenn die
Abtretungsanzeige ohne die Abtretungsvereinbarung vorgelegt worden
wäre, hierauf gemäß § 89 Abs. 1 der
Abgabenordnung (AO) hinweisen müssen. Sein Ermessen sei
insoweit auf null reduziert gewesen. Es hätte ihm auffallen
müssen, dass Angaben zum Abtretungsgrund fehlten, weil sie
offensichtlich versehentlich oder aus Unkenntnis des Gesetzes
unterblieben seien. Das habe auch die zwingende besondere
Verfahrensfürsorgepflicht des § 89 Abs. 1 Satz 2 AO
verlangt.
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Es bestehe ein Folgenbeseitigungsanspruch.
Im Übrigen sei die GmbH nicht schützenswert, da sie kein
Vertrauen in die Unwirksamkeit der Abtretung habe setzen
können. Die Zwecke des § 46 Abs. 3 Satz 1 AO seien im
Streitfall nicht berührt.
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Die Revision macht ferner geltend, dass die
Überzeugungsbildung des FG hinsichtlich der angeblich
unterbliebenen Vorlage der Abtretungsvereinbarung nicht
nachvollziehbar begründet worden sei. So hätte als
naheliegendste Erklärung für das Unterbleiben eines
Hinweises auf das Fehlen einer Angabe zum Abtretungsgrund
erörtert werden müssen, dass für den Sachbearbeiter
der Abtretungsgrund aufgrund einer beigefügten
Abtretungsvereinbarung hinreichend erläutert war. Auch spreche
die vom FA monierte selektive Erinnerung des Zeugen nach
allgemeinen Grundsätzen nicht gegen, sondern für seine
Glaubwürdigkeit. Der Zeuge habe die gleiche Aussage bereits
2009 in Form einer eidesstattlichen Versicherung gemacht.
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Das FA trägt vor, § 89 AO sei
schon deshalb nicht verletzt, weil eine Prüfung der
Abtretungsanzeige nicht Aufgabe der Investitionszulagenstelle sei,
die den Eingang bestätigt habe, sondern Aufgabe der Kasse,
sobald der festgesetzte Anspruch zur Auszahlung anstehe. Im
Übrigen setze die Vorschrift das tatsächliche Erkennen
eines Fehlers voraus.
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Ferner tritt das FA den Angriffen der
Kläger gegen die Beweiswürdigung des FG entgegen und
meint, die Klage sei aufgrund der Hinterlegung des strittigen
Investitionszulagebetrags mangels Rechtsschutzbedürfnisses
unzulässig. Es stünden im Verhältnis zu den
Klägern vorrangige Abtretungen im Raum. Selbst wenn daher der
von den Klägern begehrte Abrechnungsbescheid erlassen
würde, sei dadurch über deren Ansprüche nicht
entschieden. Sei die Abtretung an die vorrangigen Zessionare
wirksam, bliebe für die Kläger kein Auszahlungsbetrag
übrig. Die Kläger müssten deshalb ihre
Empfangsberechtigung im Wege des Prätendentenstreits vor dem
ordentlichen Gericht geltend machen. Eine Entscheidung im
finanzgerichtlichen Verfahren betreffe kein insoweit vorgreifliches
Rechtsverhältnis.
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Der Beigeladene unterstützt das FA und
meint, es habe sich bei der Abtretung um eine Sicherungsabtretung
gehandelt, so dass sie nicht nur wegen der unstreitig fehlenden
Angabe des Abtretungsgrundes unmittelbar auf dem amtlichen Vordruck
der Abtretungsanzeige, sondern auch deshalb unwirksam sei, weil die
Anfechtungsvoraussetzungen des § 133 der Insolvenzordnung
vorlägen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Urteil des FG entspricht dem
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
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1. Es kann dahinstehen, ob das FA von seiner
Verbindlichkeit auf Auszahlung der Investitionszulage 1999 bzw.
2000 an die Berechtigten, u.a. möglicherweise die Kläger,
durch Hinterlegung frei geworden und der angefochtene Bescheid
folglich insofern rechtmäßig ist, als er feststellt,
dass die Kläger gegenüber dem FA keinen Anspruch auf
Auszahlung des abgetretenen Investitionszulagebetrags haben. Denn
die Revision erweist sich aus anderen, davon unabhängigen
Gründen als unbegründet.
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2. Nach § 46 Abs. 3 AO ist die Abtretung
von Ansprüchen auf Steuervergütungen der zuständigen
Finanzbehörde unter Angabe u.a. des Abtretungsgrundes
anzuzeigen; die Anzeige ist auf einem amtlichen Vordruck abzugeben.
Das ist im Streitfall nicht geschehen, so dass die Abtretung
unwirksam ist.
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Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner
Erörterung, ob und unter welchen näheren Voraussetzungen
es der vorgenannten Vorschrift genügen kann, wenn sich der
Grund für die Abtretung zwar nicht unmittelbar aus den Angaben
auf dem amtlichen Vordruck, sondern anderweitig, z.B. aus
beigefügten Unterlagen oder der Finanzbehörde bekannten
Umständen der Abtretung ergibt oder er sich zumindest ohne
Weiteres ermitteln lässt. Denn die Möglichkeit einer
„Auslegung“, auf die sich die Kläger in
diesem Zusammenhang berufen haben, ist selbstredend dann nicht
gegeben, wenn es an jeglichen Angaben in dem amtlichen Vordruck
fehlt. Es widerspräche offenkundig dem Sinn der gesetzlichen
Vorschrift, dass die Abtretungsanzeige auf einem amtlichen Vordruck
abzugeben ist, zuzulassen, dass dieser Vordruck teilweise
unausgefüllt bleibt und die von § 46 Abs. 3 Satz 1 AO
geforderten Angaben in anderer Weise, z.B. durch die Beifügung
von Anlagen zu dem amtlichen Vordruck gemacht werden. Das gilt
jedenfalls dann, wenn es auf dem amtlichen Vordruck an jeder
Bezugnahme auf eine solche Unterlage fehlt, eine von den
Unterschriften unter der Abtretungsanzeige (§ 46 Abs. 3 Satz 2
AO) erfasste Verbindung zwischen der Anzeige und solchen Unterlagen
also nicht hergestellt wird. Nicht ohne Grund hat im Übrigen
der Beigeladene darauf hingewiesen, dass im Streitfall diese
Verbindung auch deshalb zweifelhaft erscheinen kann, weil zwischen
dem Datum der Abtretungsanzeige und deren Vorlage nebst Anlage
(Abtretungsvereinbarung) eine erhebliche zeitliche Lücke
klaffe.
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Es wäre danach die Abtretung auch dann
nicht wirksam, wenn das Vorbringen der Kläger zuträfe,
die Abtretungsvereinbarung sei mit der Abtretungsanzeige dem FA
übergeben worden, was das FG nicht festgestellt hat. Dass die
Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang, wie die Revision
meint, nicht nachvollziehbar sei oder, wie ebenfalls geltend
gemacht wird, gegen die Denkgesetze verstoße, vermag der
erkennende Senat allerdings ohnehin nicht festzustellen, ganz
abgesehen davon, dass das Vorbringen der Revision darauf
hinausläuft, das FG habe - und zwar einzig und allein aufgrund
der Zeugenaussage des K, denn andere Beweismittel lagen nicht vor -
die in der Feststellungslast der Kläger liegende Tatsache der
Übergabe der Abtretungsvereinbarung feststellen müssen.
Davon könnte indes selbst dann keine Rede sein, wenn man - was
sich ohnehin dem Urteil des Revisionsgerichts entzieht - die vom FG
genannten Anhaltspunkte für die mangelnde Glaubhaftigkeit der
Aussage des K und seine insgesamt fehlende Glaubwürdigkeit
für nicht durchschlagend hält. Dass es im Übrigen
nicht etwa jenseits der Grenzen freier richterlicher
Beweiswürdigung lag, aus dem Umstand, dass die Kläger
nach Eingang der Abtretungsanzeige nicht sofort auf das Fehlen der
Angaben zum Abtretungsgrund in dem amtlichen Vordruck hingewiesen
worden sind, nicht zu schließen, dass diese Angaben
anderweitig - nämlich durch die Vorlage der
Abtretungsvereinbarung - gemacht worden sind, begreift sich nahezu
von selbst.
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3. Die Abtretung ist schließlich auch
nicht etwa deshalb als wirksam zu behandeln, weil das FA gegen eine
Verpflichtung verstoßen hätte, die Kläger auf die
fehlende Angabe zum Abtretungsgrund bzw. die fehlende Vorlage der
Abtretungsvereinbarung alsbald hinzuweisen. Abgesehen davon, dass
§ 89 Abs. 1 AO dem FA nicht die Pflicht auferlegt, eine
Abtretungsanzeige bei Eingang sogleich darauf zu
überprüfen, ob die Abtretung wirksam ist, und das
Bestehen einer Hinweispflicht voraussetzt, dass - was das FG nicht
festgestellt hat - das FA die Unvollständigkeit der
Abtretungsanzeige tatsächlich erkannt hat, könnten die
aufgrund eines pflichtwidrigen Unterlassens des FA eingetretenen
und nicht mehr heilbaren Folgen der Unwirksamkeit der Abtretung
nicht mehr beseitigt werden. Wenn die Revision sich insoweit auf
einen Folgenbeseitigungsanspruch beruft, verkennt sie dessen
Voraussetzungen bzw. das, was aufgrund eines solchen Anspruchs
begehrt werden kann. So wenig wie sich nach einem rechtswidrigen
hoheitlichen Eingriff der Folgenbeseitigungsanspruch auf bloß
mittelbare Fernwirkungen richtet und grundsätzlich auch nicht
einen Eingriff in die inzwischen von Dritten erworbenen
Rechtspositionen gestattet, könnte als Beseitigung der Folgen
des rechtswidrigen Unterlassens eines Hinweises des FA auf die
fehlende Angabe des Abtretungsgrundes verlangt werden, dass das FA
die aufgrund des unterbliebenen Hinweises und der dadurch
mutmaßlich verursachten nicht rechtzeitigen Nachholung der
betreffenden Angabe eingetretene Unwirksamkeit der Abtretung und
deren zu Gunsten der Zedentin eingetretenen weitere Folge, dass
diese Inhaberin der Investitionszulageansprüche geblieben ist,
„beseitigt“, wofür es in dem
Verhältnis zu der Zedentin allemal an einer Rechtsgrundlage
fehlte. Die von den Klägern begehrte
„Folgenbeseitigung“ könnte vielmehr nur in
der (nutzlosen) Nachholung des unterlassenen Hinweises
bestehen.
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