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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, deren Wirtschaftsjahr jeweils zum 30.
Juni endete, erhielt von ihrer Muttergesellschaft, der E-GmbH, im
Zuge einer Konzernumstrukturierung Darlehen in Höhe von 7 Mio.
EUR sowie 2,6 Mio. US-Dollar (USD).
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Für beide Darlehen vereinbarten die
Vertragsbeteiligten jeweils in gesonderten Urkunden am 7.10.2004
zur Abwendung der Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung
(InsO) einen Rangrücktritt folgenden Inhalts: „Die
(E-GmbH) tritt als alleinige Gesellschafterin mit ihrem Anspruch
auf Tilgung und Verzinsung des der (Klägerin) gewährten
Darlehens im Betrag von (7 Mio. EUR/2,6 Mio. USD) dergestalt im
Rang hinter die Forderung sämtlicher anderer Gläubiger,
einschließlich aller in § 39 Abs. 1 und Abs. 2 InsO
genannten Gläubiger zurück, dass sie Tilgung und
Verzinsung des Darlehens nur aus einem künftigen Bilanzgewinn
oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangen kann.
Für den Fall der Insolvenz tritt die (E-GmbH) auf den Rang des
§ 199 Satz 2 InsO zurück.“
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In dem auf den 30.6.2005 (Streitjahr)
erstellten Jahresabschluss sind auf der Aktivseite neben
Erinnerungswerten für Finanzanlagen (insgesamt in Höhe
von 3 EUR) und Forderungen gegen verbundene Unternehmen (154.574,49
EUR) ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Jahresfehlbetrag in
Höhe von 9.291.521 EUR sowie unter den Passiva u.a. ein
Verlustvortrag (8.133.748,47 EUR), eine Kapitalrücklage in
Höhe von 644.227,77 EUR und Verbindlichkeiten gegenüber
Gesellschaftern in Höhe von insgesamt 9.431.852,33 EUR
ausgewiesen; hiervon entfielen 9.189.658 EUR auf die der
Klägerin von der E-GmbH gewährten Kredite.
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Im Anschluss an eine
Außenprüfung vertrat der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Ansicht, dass
§ 5 Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) der
Passivierung der gegenüber der E-GmbH bestehenden
Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz der Klägerin
entgegenstehe. Dementsprechend hat er mit den geänderten
Bescheiden vom 2.11.2011 und vom 31.10.2011 den
Gewerbesteuermessbetrag sowie die Körperschaftsteuer
festgesetzt und die Feststellung eines verbleibenden
Verlustvortrags für Zwecke der Festsetzung der
Körperschaftsteuer abgelehnt. Der nach erfolgslosem Einspruch
erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben
(Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.6.2014 6 K 324/12, EFG
2014, 1601 = SIS 14 26 18).
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Das FA beantragt sinngemäß, das
Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Entgegen
der Ansicht des FG war die Klägerin nicht berechtigt, in ihrer
auf den 30.6.2005 aufzustellenden Steuerbilanz die gegenüber
der E-GmbH bestehenden Darlehensschulden zu passivieren. Allerdings
kann der Senat aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz nicht
beurteilen, in welcher Höhe die hierdurch bedingte
Erhöhung des Bilanzgewinns durch den Ansatz einer Einlage
ausgeglichen wird. Das Urteil der Vorinstanz ist deshalb aufzuheben
und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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1. Nach § 247 Abs. 1 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) sind in der Handelsbilanz Schulden dann zu
passivieren, wenn der Unternehmer zu einer dem Inhalt und der
Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet
ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und eine
wirtschaftliche Belastung darstellt (Senatsurteil vom 30.11.2011 I
R 100/10, BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332 = SIS 12 06 17,
m.w.N.). Dies gilt nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz des
§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 auch für Zwecke der
Steuerbilanz und damit insbesondere auch für die
Körperschaft- und Gewerbesteuer (§ 8 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes - KStG 2002 - und § 7 Satz 1
des Gewerbesteuergesetzes - GewStG 2002 - ). Im Hinblick auf das
Vorliegen einer wirtschaftlichen Belastung ging der Bundesfinanzhof
(BFH) davon aus, dass Verpflichtungen, deren Erfüllung an den
Gesamtgewinn des Unternehmens anknüpfen, noch keine
wirtschaftliche Last darstellen, weil sie nicht aus dem zum
Stichtag vorhandenen Vermögen bedient werden müssen;
Schulden dieser Art sind deshalb in der Handelsbilanz nicht zu
passivieren (Wahlrecht) mit der weiteren Folge, dass sie einem
steuerrechtlichen Passivierungsverbot unterliegen (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 10.11.1980 GrS 1/79, BFHE 132, 244,
BStBl II 1981, 164 = SIS 81 05 55). Betraf die
Rückzahlungsverpflichtung hingegen nur einen Ausschnitt der
gewerblichen Tätigkeit, war sie unter Berücksichtigung
des Vorsichtsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) sowohl in der
Handels- als auch in der Steuerbilanz auszuweisen (BFH-Urteil vom
20.9.1995 X R 225/93, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320 = SIS 96 03 12; Senatsurteil vom 6.2.2013 I R 62/11, BFHE 240, 314, BStBl II
2013, 954 = SIS 13 14 56).
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In diese Regelungszusammenhänge hat der
Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen
Vorschriften 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000,
13) - in Übereinstimmung mit der bereits zuvor von der
Finanzverwaltung vertretenen Auffassung (Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 27.4.1998, BStBl I
1998, 368 = SIS 98 10 16, m.w.N.) - durch die Sonderregelung des
§ 5 Abs. 2a EStG 1997 in der Weise eingegriffen, dass - so die
Vorschrift - für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen
sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen,
Verbindlichkeiten und Rückstellungen erst anzusetzen sind,
wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Unter
Berücksichtigung dieser geänderten
Regelungszusammenhänge ist das steuerrechtliche
Passivierungsverbot (§ 5 Abs. 2a EStG 2002) einerseits nicht
mehr daran gebunden, dass die Verbindlichkeiten nur im Falle eines
Gesamtgewinns zu erfüllen sind. Andererseits ist es dabei
geblieben, dass allein die Vermögenslosigkeit des Schuldners
nicht dazu führt, eine rechtlich bestehende Verpflichtung aus
dem handels- oder steuerrechtlichen Abschluss auszubuchen, da ohne
eine (rechtliche) Beschränkung des Rückzahlungsanspruchs
auf künftige Einnahmen oder Gewinne (d.h. auf künftige
Vermögenswerte) der zutreffende Ausweis des schuldnerischen
Vermögens die Passivierung der Schulden erfordert (so
ausdrücklich BTDrucks 14/2070; ständige Rechtsprechung,
z.B. BFH-Urteil vom 9.2.1993 VIII R 29/91, BFHE 171, 419, BStBl II
1993, 747 = SIS 93 18 20). Demgemäß ist auch in
Fällen eines Rangrückritts die Verpflichtung, Kredite aus
dem sog. freien Vermögen zu tilgen, weder handelsrechtlich
noch nach den Merkmalen des § 5 Abs. 2a EStG 2002 geeignet,
ein Passivierungsverbot zu begründen (Senatsurteil in BFHE
235, 476, BStBl II 2012, 332 = SIS 12 06 17).
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2. Hieran anknüpfend hat der Senat mit
dem zuletzt genannten Urteil (in BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332
= SIS 12 06 17) für einen in dem Sinne
„qualifizierten“ (genauer: spezifizierten)
Rangrücktritt, nach dem „die Gläubigerin die
Befriedigung ihrer Gesamtforderung nur aus künftigen
Jahresüberschüssen, soweit sie bestehende
Verlustvorträge übersteigen, oder ggf. aus einem
Liquidationsüberschuss verlangen (konnte)“,
entschieden, dass eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen
Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss
erfüllt zu werden braucht, mangels gegenwärtiger
wirtschaftlicher Belastung nicht ausgewiesen werden kann.
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3. Vor diesem Hintergrund ist auch im
Streitfall eine Passivierung der gegenüber der E-GmbH
bestehenden Zahlungsverpflichtungen ausgeschlossen.
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a) Dies gilt zunächst insofern, als zu
den Gewinnen i.S. von § 5 Abs. 2a EStG 2002 auch die
entsprechend den Vereinbarungen vom 7.10.2004 zur Darlehenstilgung
einzusetzenden „künftigen Bilanzgewinne“ zu
rechnen sind. Soweit die Vorinstanz für ihre hiervon
abweichende Sicht darauf hinweist, dass der handelsrechtliche
Begriff des Bilanzgewinns das Jahresergebnis (Jahresüberschuss
oder -fehlbetrag), den Gewinn- oder Verlustvortrag sowie die
Veränderungen der Rücklagen (einschließlich der
Kapitalrücklagen) umfasst, ist dem zwar im Ausgangspunkt zu
folgen (vgl. § 158 des Aktiengesetzes - AktG - ; § 268
Abs. 1 und § 275 Abs. 4 HGB). Das FG hat jedoch nicht
hinreichend gewürdigt, dass der Gewinnbegriff i.S. von §
5 Abs. 2a EStG 2002 nicht nur auf den Steuerbilanzgewinn abstellt,
sondern - entsprechend Wortlaut und Sinn der Regelung
(Passivierungsverbot bei fehlender wirtschaftlicher Belastung) -
auch denjenigen Sachverhalt erfasst, dass die betroffenen
Verpflichtungen nur aus künftigen (handelsrechtlichen)
Jahresüberschüssen zu erfüllen sind (ständige
Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil in BFHE 235, 476, BStBl II 2012,
332 = SIS 12 06 17). Demgemäß kann auch für die im
Streitfall getroffene Vereinbarung, die Forderungen der E-GmbH aus
künftigen Bilanzgewinnen zu erfüllen, nichts anderes
gelten.
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Es ist dem FG allerdings darin beizupflichten,
dass eine solche Abrede dann mit einer im vorgenannten Sinne
aktuellen wirtschaftlichen Belastung der Vermögenslage des
Schuldners verbunden sein kann, wenn die Verpflichtung aus dem sich
aufgrund der Auflösung einer Kapitalrücklage (also dem
gegenwärtigen Schuldnervermögen) ergebenden (oder sich
erhöhenden) Bilanzgewinn getilgt wird. Gleichwohl ist für
den im anhängigen Verfahren zu beurteilenden Sachverhalt zu
beachten, dass die Forderungen der E-GmbH nur aus einem
zukünftigen Bilanzgewinn der Klägerin (zum
Liquidationsüberschuss s. nachfolgend) zu tilgen waren und
sich nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags (30.6.2005) -
d.h. mit Rücksicht auf den Fehlbetrag des Geschäftsjahrs
2004/2005 (rd. 2 Mio. EUR) sowie den Verlustvortrag (rd. 8,1 Mio.
EUR) - selbst im Falle der Auflösung der Kapitalrücklage
(rd. 0,644 Mio. EUR) kein Bilanzgewinn hätte einstellen
können. Folge hiervon ist zugleich, dass die gegenüber
der E-GmbH bestehenden Verpflichtungen i.S. von § 5 Abs. 2a
EStG 2002 auch nur im Falle der Erzielung künftiger Gewinne
(Jahresüberschüsse) zu erfüllen waren. Unerheblich
ist hierbei, ob - wozu das FG keine bindenden Feststellungen
getroffen hat - der tatsächliche Wert des Vermögens der
Klägerin die handelsrechtlichen Ansätze am vorgenannten
Bilanzstichtag überschritten hat. Hierauf kommt es deshalb
nicht an, weil stille Reserven erst im Zeitpunkt ihrer Aufdeckung
das Jahresergebnis und damit den für Zwecke der
Forderungserfüllung (gemäß den
Rangrücktrittsabreden) maßgeblichen Bilanzgewinn
erhöhen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die E-GmbH in
späteren Geschäftsjahren Gesellschafterleistungen
(Einlagen) erbracht hat; selbst dann, wenn diese nicht als
Zuzahlungen in das Eigenkapital (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB),
sondern als außergewöhnlicher Ertrag (§ 275 Abs. 2
Nr. 15 HGB) erfasst werden (s. hierzu Förschle/K. Hoffmann/in
Beck Bil-Komm., 9. Aufl., § 272 Rz 195, Förschle/Peun,
ebenda, § 275 Rz 222), sind sie erst im Jahr ihrer
Realisierung anzusetzen und können demgemäß auch
erst ab diesem Zeitpunkt den Bilanzgewinn erhöhen.
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b) Der Tatbestand des § 5 Abs. 2a EStG
2002 wird im Streitfall nicht deshalb ausgeschlossen, weil die
Klägerin nicht nur verpflichtet war, die Forderungen der
E-GmbH aus ihrem zukünftigen Bilanzgewinn, sondern - so die
streitgegenständlichen Vereinbarungen - auch aus einem
etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen. Hierzu hat der
Senat mit Urteil in BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332 = SIS 12 06 17 erläutert, dass es sich bei dem Liquidationsüberschuss
zwar um das Vermögen handelt, das im Fall der Liquidation nach
Veräußerung der Wirtschaftsgüter und Begleichung
aller (übrigen) Verbindlichkeiten verbleibt;
demgemäß betreffen die Zahlungspflichten aus einem
Liquidationsüberschuss bereits das gegenwärtige
Vermögen, sie belasten aber das gegenwärtige
Vermögen (noch) nicht, da nach dem Grundsatz der
Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) der
Liquidationsfall (noch) nicht berücksichtigt zu werden braucht
und die Rücklagen bis zu diesem Zeitpunkt noch in vollem
Umfang zur Verlustdeckung und zur Befriedigung der anderen
Gläubiger zur Verfügung stehen.
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Zwar ist hiergegen im Schrifttum (Schmid, FR
2012, 837, 841) geltend gemacht worden, das treffe nur für
Verbindlichkeiten zu, die ausschließlich aus einem
Liquidationsüberschuss zu tilgen seien, vorliegend hingegen
eine bereits vor der Eröffnung des Liquidationsverfahrens
entstandene Schuld zu beurteilen sei. Der Einwand gibt jedoch keine
Veranlassung, die Rechtsprechung zu korrigieren. Er lässt
außer Acht, dass das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a
EStG 2002 nicht nur für zukünftig entstehende, sondern
gleichermaßen auch für bereits entstandene
Verbindlichkeiten gilt, wenn diese nur aus zukünftig
anfallenden Gewinnen (Jahresüberschüssen) zu
erfüllen sind und deshalb das aktuelle Vermögen des
Schuldners nicht belasten. Hiervon ausgehend wäre es aber
widersprüchlich und würde erkennbar dem Gesetzeszweck
widerstreiten, wenn die Verpflichtung, eine entstandene Schuld aus
zukünftigen Vermögenswerten (hier:
Liquidationsüberschuss) zu tilgen, das Passivierungsverbot des
§ 5 Abs. 2a EStG 2002 außer Kraft setzen würde,
obwohl vor Eintritt des Liquidationsfalls das schuldnerische
Vermögen nach der getroffenen Vereinbarung (hier:
Rangrücktrittsvereinbarung) nicht belastet ist. Vielmehr ist -
wie im Senatsurteil in BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332 = SIS 12 06 17 ausgesprochen - auch in diesem Fall bei einem werbend
tätigen Unternehmen die Tilgungsmöglichkeit aus einem
Liquidationsüberschuss bei der Beurteilung der
Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 2a EStG 2002 unbeachtet zu
lassen.
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c) Soweit schließlich geltend gemacht
wird (Fink, EFG 2014, 1603, 1604), der vorliegende Rechtsstreit
gebe Gelegenheit, zu der umstrittenen Frage Stellung zu nehmen, ob
ein nicht spezifizierter Rangrücktritt dem Gläubiger den
Rückgriff auf das freie Vermögen des Schuldners mit der
Folge belasse, dass das steuerrechtliche Passivierungsverbot des
§ 5 Abs. 2a EStG 2002 nicht zum Tragen komme (vgl. BFH-Urteil
vom 10.11.2005 IV R 13/04, BFHE 211, 294, BStBl II 2006, 618 = SIS 06 06 74; a.A. BMF-Schreiben vom 8.9.2006, BStBl I 2006, 497 = SIS 06 37 39, Rz 6 ff.), bedarf auch dies vorliegend keiner
Entscheidung. Der von der E-GmbH erklärte Rangrücktritt
war nicht unspezifiziert, sondern dahin gefasst, dass ihre
Forderungen - ebenso wie in dem dem Senatsurteil in BFHE 235, 476,
BStBl II 2012, 332 = SIS 12 06 17 zugrunde liegenden Sachverhalt -
„nur“ aus einem zukünftigen Bilanzgewinn
oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu begleichen
waren.
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4. Die tatsächlichen Feststellungen
erlauben indes keine abschließende Beurteilung dazu, ob der
aus der Ausbuchung der Verbindlichkeiten sich ergebende Gewinn um
den Ansatz einer verdeckten Einlage (§ 4 Abs. 1 Satz 1 und 5
EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 und § 7 Satz
1 GewStG 2002) zu kürzen ist.
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Allerdings hat der Senat bisher vertreten,
dass Darlehen, die aus künftigen Gewinnen zu tilgen sind,
nicht die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital zukommt
(Urteil in BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332 = SIS 12 06 17;
zustimmend z.B. Baschnagel, Die Unternehmensbesteuerung 2014, 769,
771). Hieran ist jedoch nicht festzuhalten. Maßgeblich
für diese Rechtsprechungskorrektur ist zum einen, dass der
Einlagetatbestand durch die Zuführung eines Wirtschaftsguts
gekennzeichnet ist (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 2002) und hierzu
nach ständiger Rechtsprechung nicht nur der Ansatz oder die
Erhöhung eines Aktivpostens, sondern auch der Wegfall oder die
Verminderung eines Passivpostens zu rechnen ist (BFH-Urteile vom
7.5.2014 X R 19/11, BFH/NV 2014, 1736 = SIS 14 27 12; vom 6.11.2003
IV R 10/01, BFHE 204, 438, BStBl II 2004, 416 = SIS 04 13 68; vom
22.11.1983 VIII R 133/82, BFHE 140, 69 = SIS 84 06 19). Zum anderen
kommt hinzu, dass der steuerrechtliche Einlagebegriff nicht dem
Maßgeblichkeitsgrundsatz unterliegt, sondern mit
Rücksicht auf seine eigenständigen Regelungszwecke
über diesen hinausgeht (Senatsurteil vom 29.5.1996 I R 118/93,
BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92 = SIS 96 21 23). Da zu diesen
Regelungszwecken aber insbesondere auch gehört, den
Steuerbilanzgewinn um die nicht betrieblich veranlassten Mehrungen
des steuerrechtlichen Betriebsvermögens zu mindern, umfasst
der hierauf abgestimmte steuerrechtliche Einlagebegriff (sog.
Funktionsbegriff) auch die durch einen Rangrücktritt i.V.m.
§ 5 Abs. 2a EStG 2002 ausgelöste Ausbuchung von
Verbindlichkeiten, vorausgesetzt, die Vereinbarung zur
Subordination der Verbindlichkeit ist durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst (gl.A. BFH-Urteil in BFHE
211, 294, BStBl II 2006, 618 = SIS 06 06 74; FG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 10.9.2008 12 K 8271/05 B, DStRE 2009, 1380; Schmid, FR
2012, 837, 842; Neumann, Steuerberater-Jahrbuch - StbJb -
2012/2013, S. 339, 381; Rädtke, Unternehmensteuern und
Bilanzen 2012, 338; vgl. auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und
Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 4 V, S. 109). Demnach ist
es für den Eigenkapitalausweis unerheblich, dass der
Rangrücktritt der E-GmbH nicht zum Erlöschen der
Darlehensforderungen geführt hat (zweifelnd Förster,
StbJb 2012/2013, S. 383). Es kommt auch nicht darauf an, dass die
Verbindlichkeiten der Klägerin bei Anfall eines
zukünftigen (Bilanz-)Gewinns oder
Liquidationsüberschusses wieder zu erfüllen waren. Auch
dies kann die Annahme einer Einlage nicht hindern, weil auch in
Fällen des Forderungsverzichts gegen Besserungsschein der
Eintritt des Besserungsfalls zu einer erneuten Umqualifikation des
Darlehens (in Fremdkapital) führt und damit bis zu diesem
Zeitpunkt davon auszugehen ist, dass dem Schuldner (temporär)
Eigenkapital zur Verfügung stand (Senatsurteil vom 12.7.2012 I
R 23/11, BFHE 238, 344 = SIS 12 26 98, m.w.N.).
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5. Die Sache ist hiernach nicht spruchreif, da
das FG - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine
Feststellungen zur gesellschaftsrechtlichen Veranlassung des
Rangrücktritts sowie zum Teilwert der hiervon betroffenen
Darlehensforderungen getroffen hat (vgl. auch hierzu Senatsurteil
in BFHE 238, 344 = SIS 12 26 98). Das vorinstanzliche Urteil ist
deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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6. Die Entscheidung über die Kosten wird
dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).
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