1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine oHG, ist ehemalige
Gesellschafterin und Rechtsnachfolgerin der D-KG, der im Jahr 2007
das Vermögen der N-KG angewachsen ist.
|
|
|
2
|
Die N-KG ging durch formwechselnde
Umwandlung mit Wirkung zum ... 2002 aus der N-GmbH hervor.
Anteilseigner und körperschaft- und gewerbesteuerlicher
Organträger der N-GmbH war die X-AG & Co. Holding KG
(Beigeladene). Entsprechend der Bestimmungen des § 18 Abs. 2
des Umwandlungssteuergesetzes in der im Jahr 2005 (Streitjahr)
geltenden Fassung (UmwStG) wurde der bei der Umwandlung der N-GmbH
entstandene Übernahmegewinn gewerbesteuerlich nicht
erfasst.
|
|
|
3
|
Die D-KG erwarb von der Beigeladenen durch
Kauf- und Abtretungsvertrag vom ...1.2005 mit Wirkung zum ...8.2005
sämtliche Kommanditanteile an der N-KG sowie sämtliche
Anteile an deren Komplementärin. Die Komplementärin war
am Vermögen der N-KG nicht beteiligt.
|
|
|
4
|
Die Beigeladene realisierte aus der
Veräußerung ihrer Kommanditanteile im Streitjahr - unter
Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens - einen
steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von
173.115.574,41 EUR, von dem ein Teilbetrag in Höhe von
76.649.733,99 EUR (44,28 v.H.) auf den Betrieb der N-KG und ein
Teilbetrag in Höhe von 96.465.840,42 EUR (55,72 v.H.) auf
stille Reserven in den Beteiligungen der N-KG an anderen Personen-
und Kapitalgesellschaften entfielen.
|
|
|
5
|
Der gesamte Veräußerungsgewinn
unterlag der Gewerbesteuer. Das damals für die Besteuerung der
N-KG zuständige Finanzamt berücksichtigte daher in dem
Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2005 vom 13.2.2007
für die N-KG den steuerpflichtigen
Veräußerungsgewinn und setzte bei einem Gewinn aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 174.600.580 EUR einen
Gewerbesteuermessbetrag von 8.016.255 EUR fest, der in voller
Höhe auf den gewerbesteuerpflichtigen
Veräußerungsgewinn entfiel.
|
|
|
6
|
In dem ebenfalls am 13.2.2007 erlassenen
Bescheid für das Jahr 2005 über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die
N-KG stellte das damals zuständige Finanzamt den
maßgebenden Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke des
§ 35 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in
Höhe von 586.030,77 EUR fest und verteilte ihn - abweichend
von der Feststellungserklärung - hälftig auf die D-KG und
die Beigeladene. Der Betrag von 586.030,77 EUR ergab sich aus
Anteilen am Gewerbesteuermessbetrag i.S. des § 35 Abs. 2 EStG
von Tochterpersonengesellschaften, die dort gesondert und
einheitlich festgestellt worden waren. Der
Veräußerungsgewinn blieb -
erklärungsgemäß - unberücksichtigt.
|
|
|
7
|
Die N-KG legte Einspruch ein und begehrte
die Erhöhung des Gewerbesteuermessbetrags i.S. des § 35
Abs. 2 und Abs. 3 EStG um den für ihren eigenen Betrieb
festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag von 8.016.255 EUR auf
insgesamt 8.602.285,77 EUR. Sie trug zur Begründung im
Wesentlichen vor, dass der erklärte
Veräußerungsgewinn nach § 7 Satz 2 des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG) und nicht gemäß § 18
Abs. 4 UmwStG gewerbesteuerpflichtig sei. Der Ausschluss der
Vergünstigung einer pauschalierten Gewerbesteueranrechnung
durch die Vorschrift des § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG greife
daher nicht ein. Ferner rügte sie die vom Finanzamt
vorgenommene hälftige Verteilung des bisher festgestellten
Gewerbesteuermessbetrags; dieser entfalle vielmehr zu 35,49 v.H.
auf die D-KG und zu 64,51 v.H. auf die Beigeladene.
|
|
|
8
|
Mit Teilabhilfebescheid vom 12.11.2008
entsprach der nunmehr zuständige Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) dem letztgenannten
Begehren und verteilte den bisher festgestellten
Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 586.030,77 EUR
entsprechend der beantragten Quote auf die D-KG in Höhe von
207.982,33 EUR und auf die Beigeladene in Höhe von 378.048,44
EUR.
|
|
|
9
|
Im Übrigen wies das FA den Einspruch
zurück. Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG)
führte in seinem in EFG 2012, 1946 = SIS 12 25 94
veröffentlichten Urteil aus, der Gewerbesteuermessbetrag, der
auf den Veräußerungsgewinn der Mitunternehmeranteile
entfalle, sei nicht in die Feststellung nach § 35 Abs. 2 EStG
bei der D-KG und der Beigeladenen einzubeziehen. Es könne
offen bleiben, ob § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG oder § 7 Satz
2 GewStG vorrangig anwendbar seien. Denn die Anrechnungsvorschrift
des § 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG müsse im Wege einer
teleologischen Reduktion dahin eingeschränkt werden, dass die
im Anschluss an die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine
Personengesellschaft erzielten und sowohl nach § 18 Abs. 4
Sätze 1 und 2 UmwStG als auch nach § 7 Satz 2 GewStG der
Gewerbesteuer unterliegenden Veräußerungs- und
Aufgabegewinne nicht der Steuerermäßigung des § 35
EStG unterfielen.
|
|
|
10
|
Darüber hinaus sei der Teil des
Veräußerungsgewinns, der auf die stillen Reserven der
von der N-KG gehaltenen Anteile an anderen Personen- und
Kapitalgesellschaften entfalle, ebenfalls von der Anrechnung nach
§ 35 EStG auszunehmen gewesen. Derartige Bestandteile des
Gewinns aus der Anteilsveräußerung gehörten zum
Veräußerungsgewinn i.S. des § 18 Abs. 4 UmwStG, der
eine Einkommensteuerermäßigung nach § 35 EStG
ausschließe.
|
|
|
11
|
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 7 Satz 2
GewStG, § 35 Abs. 1 und Abs. 2 EStG und § 18 Abs. 4
UmwStG).
|
|
|
12
|
Mit Datum vom 31.7.2014 wurden die
Bescheide für das Jahr 2005 über den
Gewerbesteuermessbetrag mit der Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags auf 8.020.985 EUR und über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
mit der Feststellung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags in
Höhe von 573.155,43 EUR während des Revisionsverfahrens
aus nicht streitgegenständlichen Gründen
geändert.
|
|
|
13
|
Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG mit der Maßgabe aufzuheben, dass der
Gewerbesteuermessbetrag 2005 für Zwecke des § 35 Abs. 2
EStG unter Änderung des Bescheids über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das
Jahr 2005 vom 31.7.2014 in Höhe von insgesamt 8.594.140,43 EUR
festgestellt und auf die D-KG in Höhe von 3.050.060,44 EUR
sowie auf die Beigeladene in Höhe von 5.544.079,99 EUR
verteilt wird,
|
|
hilfsweise, das Urteil des FG mit der
Maßgabe aufzuheben, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2005
für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG unter Änderung des
Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2005 vom 31.7.2014 in
Höhe von insgesamt 5.042.718,99 EUR festgestellt und auf die
D-KG in Höhe von 1.789.660,97 EUR und auf die Beigeladene in
Höhe von 3.253.058,02 EUR verteilt wird.
|
|
|
14
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
15
|
Die Beigeladene hat keinen Antrag
gestellt.
|
|
|
16
|
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und
zur Änderung des Bescheids über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das
Jahr 2005 vom 31.7.2014 mit der Maßgabe, dass der
Gewerbesteuermessbetrag 2005 für Zwecke des § 35 Abs. 2
EStG auf insgesamt 8.594.140,43 EUR (Summe von 8.020.985 EUR und
573.155,43 EUR) festgestellt wird, wovon auf die D-KG 3.050.060,44
EUR und auf die Beigeladene 5.544.079,99 EUR entfallen.
|
|
|
17
|
1. Das Urteil des FG ist bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Es kann keinen
Bestand haben, weil an die Stelle des angefochtenen Bescheids
über die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags für
Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG der während des
Revisionsverfahrens erlassene geänderte Feststellungsbescheid
vom 31.7.2014 getreten ist (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 27.7.2004 IX R 44/01, BFH/NV 2005, 188 = SIS 05 07 57;
vom 15.4.2010 IV R 5/08, BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912 = SIS 10 22 52, und vom 20.8.2013 IX R 38/11, BFHE 242, 386, BStBl II 2013,
1021 = SIS 13 27 55).
|
|
|
18
|
Der Senat entscheidet nach § 121 Satz 1
FGO i.V.m. § 68 Satz 1 FGO über diesen zum Gegenstand des
Verfahrens gewordenen Feststellungsbescheid gemäß §
35 Abs. 2 EStG vom 31.7.2014 auf der Grundlage der bestehen
bleibenden Feststellungen in der Sache. Die vorliegend streitigen
Punkte sind unverändert geblieben; der Senat sieht daher wegen
Spruchreife der Sache von einer Zurückverweisung nach §
127 FGO ab (vgl. BFH-Urteile vom 20.11.2003 IV R 31/02, BFHE 204,
166, BStBl II 2006, 7 = SIS 04 06 10, unter I.; vom 26.1.2011 IX R
7/09, BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540 = SIS 11 11 59, unter
II.1., und in BFHE 242, 386, BStBl II 2013, 1021 = SIS 13 27 55,
unter II.1.) und entscheidet in der Sache selbst.
|
|
|
19
|
2. Der Gewerbesteuermessbetrag 2005 für
Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG ist auf 8.594.140,43 EUR
festzustellen.
|
|
|
20
|
a) Nach § 35 Abs. 1 EStG
ermäßigt sich die um sonstige
Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f und
34g EStG verminderte tarifliche Einkommensteuer, soweit sie
anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche
Einkünfte entfällt, bei Einkünften aus gewerblichen
Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG um das
1,8fache des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags und bei
Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer i.S. des
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 EStG um das 1,8fache des
festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrags. Der Anteil eines
Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag richtet sich nach seinem
Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des
allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinnanteile
sind nicht zu berücksichtigen (§ 35 Abs. 2 Satz 2
EStG).
|
|
|
21
|
Verfahrensrechtlich sind bei
Mitunternehmerschaften nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag
des Gewerbesteuermessbetrags und die auf die einzelnen
Mitunternehmer entfallenden Anteile gesondert und einheitlich
festzustellen. Für die Ermittlung des anteiligen
Gewerbesteuermessbetrags nach § 35 Abs. 2 EStG sind die
Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und die Festsetzung des
anteiligen Gewerbesteuermessbetrags aus der Beteiligung an einer
Mitunternehmerschaft Grundlagenbescheide (§ 35 Abs. 3 Satz 3
EStG).
|
|
|
22
|
b) Der angefochtene Bescheid ist
verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
|
|
|
23
|
aa) Gegenstand des anhängigen
Rechtsstreits ist die gesonderte und einheitliche Feststellung des
Gewerbesteuermessbetrags sowie der auf die Mitunternehmer
entfallenden Anteile nach § 35 Abs. 2 EStG (im Folgenden auch
Feststellungsverfahren nach § 35 EStG).
|
|
|
24
|
Beide Regelungen sind Gegenstand eines
gegenüber der Gewinnfeststellung gemäß § 180
Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) eigenständigen
Feststellungsverfahrens (§ 179 Abs. 1 AO; arg. § 35 Abs.
3 Satz 1 EStG; vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912
= SIS 10 22 52, sowie BTDrucks 14/2683, S. 116; BTDrucks 14/3366,
S. 119). Es bestehen indes keine Bedenken dagegen, dass - wie
vorliegend vom FA praktiziert - die in den beiden
(eigenständigen) Verfahren jeweils zu treffenden
Feststellungen äußerlich miteinander verbunden werden.
Zumindest dann, wenn wie vorliegend nach Auffassung des FA Teile
des Gewerbesteuermessbetrags von der Steuerermäßigung
nach § 35 Abs. 1 EStG auszuschließen sind, muss der auf
den einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil am hiernach
verbleibenden (begünstigten) Messbetrag nicht als Prozentsatz,
sondern - wie vom FA angenommen und von den Beteiligten nicht in
Frage gestellt - als Nominalbetrag festgestellt werden (BFH-Urteil
in BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912 = SIS 10 22 52, unter II.1.e
bb).
|
|
|
25
|
bb) Ist eine Mitunternehmerschaft
(Obergesellschaft) an einer anderen Mitunternehmerschaft
(Untergesellschaft) beteiligt, setzt sich der für Zwecke des
§ 35 Abs. 2 EStG festzustellende Gewerbesteuermessbetrag aus
dem für die Obergesellschaft selbst festgesetzten
Gewerbesteuermessbetrag und dem im Verfahren nach § 35 Abs. 2
EStG bei der Untergesellschaft festgestellten Anteil der
Obergesellschaft am Gewerbesteuermessbetrag der Untergesellschaft
zusammen. Denn nach § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG sind bei der
Feststellung anteilige Gewerbesteuermessbeträge, die aus der
Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen.
Dabei ist der im Verfahren bei der Untergesellschaft ergangene
Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid für die
Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags i.S. des § 35 Abs. 2
EStG bei der Obergesellschaft bindend. Der aus beiden Bestandteilen
zusammengesetzte Betrag für die Obergesellschaft wird dann auf
die Mitunternehmer der Obergesellschaft verteilt.
|
|
|
26
|
In diesem Sinne enthält der angefochtene
Bescheid zutreffend die Feststellung des zusammengefassten
Gewerbesteuermessbetrags i.S. des § 35 Abs. 2 EStG. Dass
dieser nur den aus der Beteiligung an Untergesellschaften
resultierenden Betrag von 573.155,43 EUR beinhaltet, hängt mit
der materiell-rechtlichen Auffassung des FA zusammen, dass der
für die N-KG selbst festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag
insgesamt von einer Anrechnung nach § 35 EStG ausgeschlossen
sei. Verfahrensrechtlich sind FA und FG zu Recht davon ausgegangen,
dass über die Frage, ob Teile des festgesetzten
Gewerbesteuermessbetrags von der
Einkommensteuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG
ausgeschlossen sind, im Feststellungsverfahren nach § 35 EStG
zu entscheiden ist (BFH-Urteil in BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912
= SIS 10 22 52).
|
|
|
27
|
c) Materiell-rechtlich ist das FG aber zu
Unrecht der Auffassung des FA gefolgt, der für die N-KG
festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag sei von der Anrechnung nach
§ 35 EStG ausgeschlossen.
|
|
|
28
|
aa) Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 Nr.
2 EStG ermäßigt sich die Einkommensteuer bis zur
Höhe des Ermäßigungshöchstbetrags um ein
Vielfaches des festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrags.
Danach ist grundsätzlich der auf den jeweiligen Mitunternehmer
entfallende Anteil am Gewerbesteuermessbetrag ungekürzt bei
der Berechnung des Ermäßigungsbetrags zu
berücksichtigen. Der Senat hat aber bereits entschieden, dass
der Normzweck zu einer einschränkenden Auslegung der Regelung
zwingen kann.
|
|
|
29
|
Normzweck des § 35 EStG ist es, die
Unternehmer und Mitunternehmer, die der Einkommensteuer unterliegen
und gewerbesteuerpflichtige Einkünfte erzielen, zu entlasten
(BTDrucks 14/2683, S. 116, 97). Daher sind zu den Einkünften
aus gewerblichen Unternehmen (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sowie
aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG)
auch (dem Grunde nach) gewerbesteuerbelastete
Veräußerungs- oder Aufgabegewinne zu rechnen. Hierzu
gehören beispielsweise die Veräußerungsgewinne nach
§ 7 Satz 2 Nrn. 1 und 2 GewStG i.d.F. des
Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom 20.12.2001 - BGBl I
2001, 3858 - (BFH-Urteil in BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912 = SIS 10 22 52, m.w.N.).
|
|
|
30
|
Nicht dem Normzweck des § 35 EStG
entspricht es aber dem BFH-Urteil in BFHE 229, 524, BStBl II 2010,
912 = SIS 10 22 52 zufolge, Gewinne i.S. des § 18 Abs. 4
Sätze 1 und 2 UmwStG zu einer Ermäßigung der
Einkommensteuer führen zu lassen. Denn jene Vorschrift
knüpft an die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft an und soll
verhindern, dass die Gewerbesteuerpflicht einer
Kapitalgesellschaft, die auch Gewinne aus der
Veräußerung oder Liquidation ihres Betriebs umfasst,
dadurch unterlaufen wird, dass die Kapitalgesellschaft ohne
Aufdeckung der stillen Reserven sowie ohne gewerbesteuerlichen
Ansatz eines Übernahmegewinns in eine Personengesellschaft
umgewandelt und der übergegangene Betrieb erst im Anschluss
hieran (d.h. innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung) -
wiederum ohne Anfall von Gewerbesteuer - veräußert oder
aufgegeben wird. Dementsprechend hat der erkennende Senat § 18
Abs. 4 Satz 3 UmwStG, wonach der betreffende
Gewerbesteuermessbetrag bei der Steuerermäßigung nach
§ 35 EStG nicht zu berücksichtigen ist, für
deklaratorisch gehalten, weil der Ausschluss von der Anrechnung
bereits aus einer teleologischen Reduktion des § 35 EStG folge
(BFH-Urteil in BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912 = SIS 10 22 52).
|
|
|
31
|
bb) Eine einschränkende Auslegung des
§ 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit Rücksicht auf die
sondergesetzliche Wertung des § 18 Abs. 4 UmwStG kommt unter
den im Streitfall vorliegenden Umständen nicht in
Betracht.
|
|
|
32
|
(1) Zwischen den Beteiligten ist zu Recht
nicht streitig, dass das FA den Gewinn aus der
Veräußerung des Mitunternehmeranteils an der N-KG durch
die Beigeladene zutreffend als Gewerbeertrag im
Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2005 vom 31.7.2014
erfasst hat. Diese Rechtsfolge ergibt sich im Streitfall aus dem
gegenüber § 18 Abs. 4 UmwStG vorrangig anzuwendenden
§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG.
|
|
|
33
|
Nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG gehört
zum Gewerbeertrag auch der Gewinn aus der Veräußerung
oder Aufgabe des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer
(Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen
ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als
unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Der Gewinn
aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils an der
N-KG durch die Beigeladene erfüllt die Voraussetzungen des
§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG. Anders als die Regelung des § 18
Abs. 4 Satz 3 UmwStG schließt § 7 Satz 2 GewStG die
Ermäßigung nach § 35 EStG nicht aus.
|
|
|
34
|
(2) Dies schließt es indes - wie das FG
zutreffend erkannt hat - nicht aus, bei der Auslegung des § 35
Abs. 1 Nr. 2 EStG die Wertungen des § 18 Abs. 4 UmwStG auch
dann zu berücksichtigen, wenn zwar die Voraussetzungen dieser
Norm vorliegen, diese aber als gegenüber § 7 GewStG
subsidiäre Norm (BFH-Urteil vom 28.2.2013 IV R 33/09, BFH/NV
2013, 1122 = SIS 13 17 03, Rz 15) wegen des gleichzeitigen
Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG
keine unmittelbaren Rechtsfolgen auslöst. Denn der § 18
Abs. 4 UmwStG tragende Gedanke der Erhaltung des
gewerbesteuerlichen Substrats der in eine Personengesellschaft
umgewandelten Kapitalgesellschaft kann auch dann zum Tragen kommen,
wenn zugleich die Voraussetzungen des § 7 Satz 2 GewStG
erfüllt sind.
|
|
|
35
|
(3) Gleichwohl scheidet nach den besonderen
Umständen des Streitfalls eine teleologische Reduktion des
§ 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG aus. Denn infolge der hier bis zur
Umwandlung vorliegenden Organschaft hätte auch ein von der
umgewandelten Organgesellschaft erzielter
Veräußerungsgewinn im Ergebnis zu einer Anrechnung nach
§ 35 EStG geführt. Der Gewerbeertrag der N-GmbH unterlag
vor dem Formwechsel aufgrund der bestehenden gewerbesteuerlichen
Organschaft der Gewerbesteuerpflicht auf der Ebene der Beigeladenen
(Organträgerin). Gewinne, die bei der Veräußerung
des Vermögens der Organgesellschaft entstanden wären,
hätten durch die Zurechnung der auf die Organgesellschaft
entfallenden Gewerbeerträge auf der Ebene der
Organträgerin der Gewerbesteuer unterlegen. Der anteilige auf
die Organgesellschaft entfallende Gewerbesteuermessbetrag wäre
in der gesonderten und einheitlichen Feststellung des
Gewerbesteuermessbetrags nach § 35 Abs. 2 EStG bei der
Organträgerin berücksichtigt worden. Daher wäre
anrechnungsbefugten Mitunternehmern der Beigeladenen
(Organträgerin) die Steuerermäßigung nach § 35
Abs. 2 EStG gewährt worden, soweit der Gewerbesteuermessbetrag
auf den Gewinn aus der Veräußerung des Vermögens
der N-GmbH entfallen wäre.
|
|
|
36
|
Die teleologische Reduktion des § 35 EStG
nach Maßgabe der Wertungen des § 18 Abs. 4 UmwStG
würde dazu führen, dass der auf dem
Veräußerungsgewinn beruhende Teil des
Gewerbesteuermessbetrags bei der Ermäßigung der
Einkommensteuer nach § 35 EStG nicht zu berücksichtigen
wäre. Es ginge aber über den Zweck des § 18 Abs. 4
UmwStG hinaus, in die Gewerbesteuerverstrickung mit Ausschluss der
Steuerermäßigung nach § 35 EStG auch den auf dem
Veräußerungsgewinn beruhenden Teil des
Gewerbesteuermessbetrags einzubeziehen, der vor dem Formwechsel
noch Eingang in die gesonderte und einheitliche Feststellung des
Gewerbesteuermessbetrags nach § 35 Abs. 2 EStG bei der
Organträgerin gefunden hätte. Die Gewerbesteuerpflicht
der umgewandelten Kapitalgesellschaft wird nicht unterlaufen, weil
sie kein eigenständiges, vom Normzweck des § 18 Abs. 4
UmwStG zu schützendes gewerbesteuerliches Substrat aufweist.
In solchen Fällen der organschaftlichen Anbindung der
umgewandelten Kapitalgesellschaft kann es nach dem Formwechsel in
eine Personengesellschaft typisierend nicht zu einer
missbräuchlichen Steuerermäßigung durch die
Berücksichtigung des Gewerbesteuermessbetrags kommen.
|
|
|
37
|
d) Das Urteil des FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die Sache ist spruchreif. Der
Klage ist dadurch stattzugeben, dass der Gewerbesteuermessbetrag
für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG antragsgemäß
auf 8.594.140,43 EUR festgestellt wird. Von diesem Betrag entfallen
auf die D-KG 3.050.060,44 EUR und auf die Beigeladene 5.544.079,99
EUR.
|
|
|
38
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO. Etwaige außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen sind nicht aus Billigkeitsgründen zu erstatten
(§ 139 Abs. 4 FGO). Diese hat keine Sachanträge gestellt
oder anderweitig das Verfahren wesentlich gefördert.
|