1
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I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) mit dem
Verkauf von Pelzmänteln über eine
Internet-Handelsplattform („eBay“) als Unternehmerin im
Rahmen ihres Unternehmens tätig geworden ist.
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Die Klägerin betrieb in den
Streitjahren (2004 und 2005) ein Unternehmen
„Finanzdienstleistungen“. Sie reichte
Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ein und
erklärte darin sowohl steuerpflichtige als auch nach § 4
Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre
geltenden Fassung (UStG) steuerfreie Umsätze.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) änderte am 1.8.2005 die Steueranmeldung
für das Jahr 2004 gemäß § 164 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) aus hier nicht streitigen Gründen. Zum
Jahr 2005 erging aus nicht streitigen Gründen am 11.1.2007 ein
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid. Der Vorbehalt der
Nachprüfung blieb jeweils bestehen.
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Am 8.2.2006 ging beim FA eine anonyme
Anzeige eines „ehrlichen Bürgers“ ein, der angab,
ihm sei aufgefallen, dass die Klägerin und ihr Ehemann
über die Internet-Handelsplattform „eBay“ unter
verschiedenen Namen (sog. Nicknames) „mehrere Hundert
Pelzware“ verkauft hätten. Der Erstatter der Anzeige gab
außerdem ein Konto der Klägerin an.
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Im Rahmen einer Außenprüfung bei
der Klägerin und ihrem Ehemann wurde Folgendes
ermittelt:
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In den Jahren 2005 und 2006 wurden
über das eBay-Konto „A“ Umsätze in Höhe
von 54.166,06 EUR erzielt (2005: 21.862,06 EUR und 2006: 32.304
EUR);
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in den Jahren 2003 bis 2006 über ein
weiteres eBay-Konto („B“) Umsätze in Höhe von
8.148,40 EUR (2003: 188,50 EUR, 2004: 3.311,02 EUR, 2005: 4.433,38
EUR und 2006: 215,50 EUR);
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in den Jahren 2005 und 2006 über das
eBay-Konto „C“ Umsätze in Höhe von 15.568,72
EUR (2005: 3.653,25 EUR und 2006: 11.915,47 EUR);
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in den Jahren 2004 und 2005 über das
eBay-Konto „D“ Umsätze in Höhe von 87.383,57
EUR (2004: 33.032,41 EUR und 2005: 54.351,16 EUR) und
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im Jahr 2005 über das eBay-Konto
„E“ Umsätze in Höhe von 2.716,52 EUR.
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Die Konten „D“ und
„E“ lauteten auf die Klägerin. Verkauft wurden
über diese Konten „im Wesentlichen“ insgesamt 140
Pelzmäntel und -jacken. Über die eBay-Konten des
Ehemannes der Klägerin („A“, „B“ und
„C“) wurden (neben anderen Haushaltsgegenständen
wie Vasen, Teegläsern, Kerzenständern, Kleidung,
Modellautos, Parfum und Spielzeug) 79 Pelzmäntel verkauft. In
den Streitjahren unterhielt die Klägerin bei der X-Bank (Bank)
u.a. zwei Bankkonten mit den Nummern ... und ..., die in allen
eBay-Konten, auch denen des Ehemannes der Klägerin, als
Bankverbindung gespeichert waren.
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Aufgrund dieser Ermittlungen erließ
das FA am 4.7.2007 auf § 164 Abs. 2 AO gestützte
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für die Streitjahre, in
denen es der Klägerin die Umsätze der eBay-Konten
„D“ und „E“ zurechnete.
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Mit ihren Einsprüchen trug die
Klägerin vor, die vom FA ihr zugerechneten Umsätze seien
ihrem Ehemann zuzurechnen. Im Zuge der Auflösung des
umfangreichen Junggesellenhaushalts ihres Ehemannes sowie des
Haushalts ihrer verstorbenen Schwiegermutter sei eine große
Anzahl privat gebrauchter Haushaltsgegenstände über eBay
verkauft worden. Die veräußerten Pelze hätten ihrer
Schwiegermutter gehört und seien zwischen 1960 und 1985
angeschafft worden. Anlässlich des Umzugs ihrer
Schwiegermutter in ein Altenheim im Jahr 1991 seien diese an ihren
Ehemann übergeben worden. Auf Grund der lange vergangenen Zeit
und dreier weiterer Umzüge habe sie, die Klägerin,
hierüber keine Unterlagen mehr.
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Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichte
die Klägerin eine Bestätigung ihres Ehemannes vom
29.7.2007 ein: „zur Vorlage bei Behörden und Ämtern
bestätige ich hiermit, dass ich Frau ...“ (die
Klägerin) „damit beauftragt hatte, den Großteil der
Gegenstände meines privaten Haushaltes für mich bei ebay
zu verkaufen und bei der Verkaufsabwicklung behilflich zu
sein“. Ebenso versicherte der Ehemann der Klägerin am
17.2.2008, dass er die Klägerin „damit beauftragt hatte,
den Großteil der Gegenstände meines privaten Haushaltes
für mich über ebay zu verkaufen und bei der
Verkaufsabwicklung behilflich zu sein“.
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Im Laufe des Einspruchsverfahrens half das
FA den Einsprüchen insoweit teilweise ab, als es im
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2004 vom
29.1.2010 der Klägerin nicht mehr sämtliche Verkäufe
über eBay, sondern nur noch die Verkäufe der Pelze
zurechnete. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb
bestehen.
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Durch Einspruchsentscheidungen vom 1.2.2010
wies das FA die Einsprüche der Klägerin als
unbegründet zurück. Zur Begründung führte es
aus, es sei nicht glaubhaft, dass die veräußerten
Pelzmäntel aus dem Besitz der Schwiegermutter der
Klägerin stammten. U.a. lasse der Umstand, dass Pelze in
unterschiedlichen Größen veräußert worden
seien, den Schluss zu, dass es sich nicht um den privaten Besitz
der Schwiegermutter gehandelt habe. Das Gleiche gelte für die
Anzahl von insgesamt über 200 veräußerten Pelzen.
Die Umsätze seien auch der Klägerin zuzurechnen. Die
Bestätigung des Ehemannes der Klägerin überzeuge
nicht.
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Mit ihrer Klage ließ die Klägerin
vorbringen, die veräußerten Gegenstände seien auf
sie, die Klägerin, und ihren Ehemann aufgeteilt worden, um sie
schneller veräußern zu können. Sie, die
Klägerin, sei lediglich als Erfüllungsgehilfin ihres
Ehemannes tätig gewesen. Die Verkaufstätigkeit sei im
Übrigen nicht nachhaltig gewesen. Beim Verkauf der
Haushaltsgegenstände ihrer Schwiegermutter habe es sich um
eine einmalige und unwiederholbare Angelegenheit gehandelt. Die
Pelze seien im Zeitraum Mai 2004 bis Oktober 2005 verkauft worden.
Auch habe nicht sie am wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen,
sondern ihr Ehemann. Sie, die Klägerin, habe nach außen
erkennbar im Auftrag ihres Mannes gehandelt. Die unterschiedliche
Größe der Pelze resultiere aus der unterschiedlichen
Kleidergröße ihrer Schwiegermutter, die sich in einem
Zeitraum von 1960 bis 1985 „schon mal ändern“
könne.
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Zudem reichte die Klägerin eine
Bestätigung des Bruders ihres Ehemannes ein, der angab, seine
Mutter habe eine Vorliebe für Pelzmäntel und -jacken
gehabt und davon „eine stattliche Sammlung“
besessen.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage - nach
Vernehmung des Ehemannes der Klägerin als Zeugen - statt. Sein
Urteil ist in DStRE 2013, 1249 veröffentlicht.
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Es führte zur Begründung aus,
zwar habe die Klägerin nach der Überzeugung des Gerichts
in den Streitjahren die Pelzmäntel und -jacken über die
eBay-Konten „D“ und „E“ verkauft und nicht
ihr Ehemann. Dass sie, die Klägerin, „im Auftrag“
ihres Ehemannes gehandelt habe, habe sie nicht nachweisen
können.
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Allerdings sei diese Tätigkeit nicht
der unternehmerischen Sphäre der Klägerin zuzurechnen:
Weder falle der Verkauf von Pelzmänteln und -jacken in den
Rahmen ihres Einzelunternehmens
„Finanzdienstleistungen“ noch sei die Klägerin mit
dieser Tätigkeit für sich genommen nachhaltig tätig
geworden. Es liege keine nachhaltige Tätigkeit vor, weil die
Klägerin Teile einer Privatsammlung von über 200
Pelzmänteln verschiedener Größen verkauft
habe.
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Mit seiner Revision rügt das FA die
Verletzung des § 2 Abs. 1 UStG. Nach der neueren
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)
spiele es bei der Beurteilung der „eBay“-Umsätze
der Klägerin eine Rolle, dass die Klägerin mit ihrem
Unternehmen Finanzdienstleistungen unternehmerisch tätig sei.
Die Klägerin übe damit ohnehin bereits eine
wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern - Richtlinie 77/388/EWG - (jetzt: Art. 2 Abs. 1
Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006
über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - ) aus.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt:
Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) gelte als Steuerpflichtiger, wer eine
wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübe. Dies
sei bei der Klägerin bereits mit den Finanzdienstleistungen
der Fall.
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Unabhängig davon sei aber auch die
Auffassung des FG unzutreffend, der Verkauf von 140 Pelzen in 13
Monaten mit einem Gesamtumsatz von 77.419 EUR über eine
Handelsplattform sei nicht „nachhaltig“ i.S. des §
2 Abs. 1 UStG. Die Tätigkeit der Klägerin sei auf
Wiederholung angelegt, planmäßig und längerfristig
gewesen. Dies gelte selbst dann, wenn man mit dem FG -
unzutreffenderweise - annehme, dass diese aus dem
Privatvermögen des Ehemannes der Klägerin
stammten.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Auffassung des FA, die
Verkaufstätigkeit sei unabhängig vom Kriterium der
Nachhaltigkeit als unternehmerisch zu qualifizieren, weil sie, die
Klägerin, bereits als Finanzdienstleisterin Unternehmerin
gewesen sei, treffe nicht zu. Sie habe diese Tätigkeit im
Übrigen zum 31.5.2005 eingestellt und am 29.11.2006 das
Gewerbe abgemeldet. Das zum 1.4.2006 angemeldete Gewerbe
„Handel mit Textilien“ sei ebenfalls zum 29.11.2006
abgemeldet worden, ohne dass die beabsichtigte Tätigkeit
jemals aufgenommen worden sei. Auch sei sie auf der
Handelsplattform „eBay“ nicht als
„Händlerin“ tätig geworden.
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Nach der Sichtweise des FA wäre jeder
Verkauf von Privatvermögen eines Unternehmers umsatzsteuerbar
und umsatzsteuerpflichtig. Das sei vom EuGH ersichtlich nicht
beabsichtigt gewesen. Der bloße Erwerb und Verkauf eines
Gegenstands sei keine wirtschaftliche Tätigkeit. Erst wenn der
Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb der Ware unternehme, indem
er sich wie eine in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
genannte Person verhalte, könne von einer wirtschaftlichen
Tätigkeit gesprochen werden. Dies habe das FG in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Der vom
FA angeführte technische Wandel habe lediglich Einfluss auf
die Art des Verkaufs. Auch ein Händler im Internet müsse
Ware einkaufen, bevor er sie verkauft. Die Würdigung des FG
binde deshalb den Bundesfinanzhof (BFH).
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II. Die Revision ist begründet; sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die
Klägerin mit dem Verkauf der Pelzmäntel nicht
unternehmerisch tätig geworden sei.
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1. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise den Streitfall dahingehend gewürdigt,
dass die Klägerin und nicht ihr Ehemann die 140
Pelzmäntel geliefert hat.
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a) Lieferungen und sonstige Leistungen, die
ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines
Unternehmens ausführt, sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn
zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein
unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich aus einem zwischen dem
Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden
Rechtsverhältnis ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige
Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den
Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
27.11.2008 V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397 = SIS 09 07 02, unter II.1.; vom 30.6.2010 XI R 22/08, BFHE 231, 248, BStBl II
2010, 1084 = SIS 10 33 10, Rz 11 f.; vom 14.3.2012 XI R 8/10,
BFH/NV 2012, 1667 = SIS 12 24 86, Rz 52).
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b) Leistender ist grundsätzlich
derjenige, der im eigenen Namen Lieferungen oder sonstige
Leistungen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen
Beauftragten ausführt (vgl. BFH-Urteil vom 4.2.2015 XI R
14/14, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2015,
1212 = SIS 15 14 94, Rz 19). Dies kann regelmäßig den
zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen entnommen werden (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 24.4.2013 XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013,
648 = SIS 13 17 72, Rz 22; vgl. dazu auch EuGH-Urteil Newey vom 20.6.2013 C-653/11, EU:C:2013:409, HFR
2013, 851 = SIS 13 22 75). Tritt der Leistende unter fremdem
Namen auf, sind ihm die Leistungen zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom
21.4.1994 V R 105/91, BFHE 174, 469, BStBl II 1994, 671 = SIS 94 19 28, unter II.1.).
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c) Für die Frage, ob bei Eheleuten der
Ehemann, die Ehefrau oder eine aus den Eheleuten bestehende
Gemeinschaft als Unternehmer die Leistung ausführt, gilt
nichts anderes; auch insoweit kommt es darauf an, wer nach
außen auftritt (z.B. BFH-Urteil vom 26.4.2012 V R 2/11, BFHE
237, 286, BStBl II 2012, 634 = SIS 12 13 66, Rz 45; BFH-Beschluss
vom 27.6.1994 V B 190/93, BFH/NV 1995, 654).
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d) Die Auslegung von Willenserklärungen
und Verträgen, d.h. die Ermittlung dessen, was die
Vertragsparteien erklärt und was sie gewollt haben,
gehört grundsätzlich zu den „tatsächlichen
Feststellungen“ i.S. des § 118 Abs. 2 FGO, deren
Vornahme dem FG obliegt; die Würdigung des FG ist für den
BFH bindend, wenn sie möglich ist und nicht gegen Denkgesetze,
allgemeine Erfahrungssätze oder die Grundsätze der
Vertragsauslegung verstößt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 241,
459, BStBl II 2013, 648 = SIS 13 17 72, Rz 34 f., m.w.N.).
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e) Gemessen daran ist das FG in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Auffassung
gelangt, dass die Klägerin die hier zu beurteilenden
Lieferungen von Pelzmänteln ausgeführt hat.
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Es hat festgestellt, dass die Klägerin
Inhaberin der eBay-Konten „D“ und
„E“ war, und daraus mangels abweichender
Anhaltspunkte zu Recht den Schluss gezogen, dass die Klägerin
unter diesen Pseudonymen (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 174,
469, BStBl II 1994, 671 = SIS 94 19 28, unter II.1.) die
Pelzmäntel veräußert hat (vgl. allgemein auch Urteil
des FG Baden-Württemberg vom 19.12.2013 1 K 1939/12, EFG 2014,
790 = SIS 14 09 53, unter 2.c). Dass die Klägerin, wie sie
vorgetragen hat, im Rahmen der Verkäufe den Käufern
gegenüber angegeben habe, sie sei „im
Auftrag“ für ihren Ehemann tätig geworden, hat
das FG nicht für nachgewiesen gehalten. Im Übrigen
führte die Angabe „im Auftrag“ zu keiner
anderen Beurteilung, solange die Klägerin gegenüber den
Käufern nicht als Vertreterin ihres Ehemanns, sondern in
eigenem Namen aufgetreten wäre (vgl. BFH-Urteil vom 28.11.1990
V R 31/85, BFHE 164, 134, BStBl II 1991, 381 = SIS 91 10 54, unter
II.2.b; BFH-Beschluss vom 9.10.2003 V B 12/02, BFH/NV 2004, 97 =
SIS 03 53 27, unter II.1.c). Ein Auftreten der Klägerin als
Vertreterin ihres Ehemannes hat das FG ebenso wenig festgestellt
wie das Auftreten einer Gemeinschaft der Ehegatten.
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2. Es bleibt offen, ob die hier zu
beurteilenden Umsätze schon deshalb steuerbar und
steuerpflichtig sind, weil die Klägerin in den Streitjahren
ohnehin als Finanzdienstleisterin Unternehmerin war.
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a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen
Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen
seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder
beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige
Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht,
Gewinn zu erzielen, fehlt.
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b) Bei richtlinienkonformer Anwendung muss
dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 4 Abs. 1,
Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeübt werden (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 18.12.2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011,
292 = SIS 09 10 10, unter II.1.; vom 11.4.2008 V R 10/07, BFHE 221,
456, BStBl II 2009, 741 = SIS 08 31 45, unter II.1.). Dabei ist zu
berücksichtigen, dass Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG der
Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist
(EuGH-Urteile Van Tiem vom 4.12.1990 C-186/89, EU:C:1990:429, DB
1992, 121, Rz 17; EDM vom 29.4.2004 C-77/01, EU:C:2004:243, UR
2004, 292 = SIS 04 23 42, Rz 47).
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c) Diese Voraussetzungen liegen - wie das FG
zutreffend erkannt hat - in der Person der Klägerin
unabhängig von den hier zu beurteilenden Umsätzen vor;
denn die Klägerin hat in den Streitjahren
Finanzdienstleistungen erbracht.
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d) Soweit Lieferungen nach § 1 Abs. 1 Nr.
1 Satz 1 UStG von einem Unternehmer „im Rahmen seines
Unternehmens“ ausgeführt werden müssen, umfasst
das Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG „die
gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des
Unternehmers“. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
(jetzt: Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL) bestimmt
diesbezüglich, dass „alle“ Tätigkeiten
eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden als
wirtschaftliche Tätigkeit gelten; der Steuerpflichtige muss
u.a. Lieferungen „als solcher“ ausführen
(Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG; Art. 2 Abs. 1 Buchst. a
MwStSystRL).
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aa) Der EuGH (vgl. EuGH-Urteil Kostov vom 13.6.2013 C-62/12, EU:C:2013:391, HFR
2013, 757 = SIS 13 20 12, Rz 28 ff., zu Art. 9 Abs. 1
MwStSystRL) geht davon aus, dass
eine natürliche Person, die bereits mit ihrer
Haupttätigkeit ein Steuerpflichtiger ist, für jede
weitere, gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit
als „Steuerpflichtiger“ anzusehen sei, sofern
diese Tätigkeit eine Tätigkeit i.S. von Art. 9 Abs. 1
Unterabs. 2 MwStSystRL darstelle. Art. 12 Abs. 1 MwStSystRL beziehe
sich nur auf Personen, die nicht bereits für ihre
wirtschaftliche Haupttätigkeit mehrwertsteuerpflichtig seien.
Dagegen stünde es insbesondere mit dem Ziel einer einfachen
und möglichst allgemeinen Erhebung der Mehrwertsteuer nicht in
Einklang, Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL dahin auszulegen,
dass der Begriff „wirtschaftliche
Tätigkeit“ eine Tätigkeit nicht umfasse, die
zwar nur gelegentlich ausgeübt werde, aber unter die
allgemeine Definition dieses Begriffs falle und von einem
Steuerpflichtigen ausgeübt werde, der noch eine weitere
wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der MwStSystRL
ausübe.
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bb) Ausgehend davon ist fraglich geworden, ob
an der bisherigen Rechtsprechung des BFH, wonach Leistungen, die
sich als Nebenfolge einer nichtunternehmerischen Betätigung
(früher auch sog. Eigenleben) ergeben - wie z.B. der Verkauf
gebrauchter Gegenstände aus dem Privatbereich -
grundsätzlich zum nichtunternehmerischen Bereich gehören
und nur dann zu unternehmerischen Umsätzen werden, wenn sie
einen „geschäftlichen“ Rahmen i.S. des
§ 2 Abs. 1 UStG erreichen (vgl. BFH-Urteile vom 21.5.1987 V R
109/77, BFHE 150, 368, BStBl II 1987, 735 = SIS 87 19 29, unter
II.2.b; in BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292 = SIS 09 10 10, unter
II.2.b cc; s. dazu auch Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, §
33 Rz 101 ff.; Husmann in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 189 ff.; Abschn. 2.7 Abs. 2 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), in vollem Umfang unverändert
festgehalten werden kann.
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3. Allerdings bedarf dies im Streitfall keiner
Entscheidung; denn die tatsächliche Würdigung des FG, es
liege keine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit der
Klägerin vor, hält unabhängig von der neueren
EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache Kostov (Urteil,
EU:C:2013:391, HFR 2013, 757 = SIS 13 20 12) einer
revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, so dass die
Vorentscheidung jedenfalls aus diesem Grund aufzuheben ist.
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a) Unionsrechtlich wird nach ständiger
Rechtsprechung des EuGH, der der BFH folgt (s. zu Verkaufsumsätzen über eine
elektronische Handelsplattform BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl
II 2012, 634 = SIS 12 13 66, Rz 33 ff.), der Begriff des
Steuerpflichtigen unter Bezugnahme auf den der wirtschaftlichen
Tätigkeit definiert, die nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers
oder Dienstleistenden sowie Umsätze, die die Nutzung von
körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen
zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten, umfasst (vgl.
EuGH-Urteile Slaby u.a. vom 15.9.2011
C-180/10 und C-181/10, EU:C:2011:589, HFR 2011, 1253 = SIS 11 30 49, Rz 43 und 44; Trgovina Prizma
vom 9.7.2015 C-331/14, EU:C:2015:456, UR 2015, 621 = SIS 15 15 59,
Rz 19).
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aa) Der Begriff der wirtschaftlichen
Tätigkeit erstreckt sich auf einen weiten Bereich; die
Tätigkeit an sich wird unabhängig von ihrem Zweck und
ihrem Ergebnis betrachtet (vgl. EuGH-Urteil Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom 20.6.2013
C-219/12, EU:C:2013:413, HFR 2013, 752 = SIS 13 17 61, Rz
17). Der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen
der Betreffende einen Gegenstand tatsächlich nutzt, und den
Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche
Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, kann eine der
Methoden darstellen, mit denen geprüft werden kann, ob eine
Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen
ausgeübt wird (vgl. EuGH-Urteil Redlihs vom 19.7.2012 C-263/11, EU:C:2012:497, HFR
2012, 1020 = SIS 12 24 97, Rz 35 f.).
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bb) Die bloße Ausübung des
Eigentumsrechts durch seinen Inhaber ist als solche nicht als
wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen (vgl. EuGH-Urteil
Slaby u.a., EU:C:2011:589, HFR 2011, 1253
= SIS 11 30 49, Rz 36). Ein Steuerpflichtiger handelt beim
Verkauf eines Gegenstands, von dem er einen Teil nicht seinem
Unternehmensvermögen zugeordnet hatte, hinsichtlich dieses
Teils grundsätzlich nicht als Steuerpflichtiger (vgl.
EuGH-Urteil Armbrecht vom 4.10.1995 C-291/92, EU:C:1995:304, BStBl
II 1996, 392 = SIS 96 01 22, Rz 24).
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cc) Aus der oben angeführten
Rechtsprechung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der von
einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verkauf eines Gegenstands, den
er seinem Privatvermögen zugeordnet hatte, allein aus diesem
Grund nicht der Mehrwertsteuer unterliegt. Denn entgeltliche
Umsätze eines Steuerpflichtigen unterliegen zwar
grundsätzlich der Mehrwertsteuer, wenn er als solcher
gehandelt hat, doch ist für die fehlende Steuerbarkeit eines
solchen Umsatzes neben der Zuordnung zum Privatvermögen auch
erforderlich, dass der Steuerpflichtige einen solchen Verkauf nicht
im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit vornimmt, sondern
im Rahmen der Verwaltung seines Privatvermögens (vgl.
EuGH-Urteil Trgovina Prizma,
EU:C:2015:456, UR 2015, 621 = SIS 15 15 59, Rz 22). Dass
eine Person einen Gegenstand für ihren persönlichen
Bedarf erworben hat, schließt nicht aus, dass der Gegenstand
im Anschluss zur Ausübung einer wirtschaftlichen
Tätigkeit genutzt wird (vgl. EuGH-Urteil Redlihs, EU:C:2012:497, HFR 2012, 1020 = SIS 12 24 97, Rz 39).
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dd) Ein maßgebliches
Beurteilungskriterium dafür, dass eine wirtschaftliche
Tätigkeit vorliegt, besteht darin, dass der Eigentümer
aktive Schritte zur Vermarktung unternimmt, indem er sich
ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder
Dienstleistender i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG,
z.B. bewährte Vermarktungsmaßnahmen durchführt (vgl.
EuGH-Urteile Redlihs, EU:C:2012:497, HFR
2012, 1020 = SIS 12 24 97, Rz 36; Trgovina Prizma, EU:C:2015:456,
UR 2015, 621 = SIS 15 15 59, Rz 24). Derartige
Maßnahmen erfolgen normalerweise nicht im Rahmen der
Verwaltung von Privatvermögen, so dass der Verkauf in einem
solchen Fall nicht als bloße Ausübung des Eigentumsrechts
durch seinen Inhaber angesehen werden kann (vgl. EuGH-Urteil Slaby
u.a., EU:C:2011:589, HFR 2011, 1253 = SIS 11 30 49, Rz 41). Auch
die Dauer des Zeitraums, währenddessen Lieferungen erfolgen,
die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen sind
Gesichtspunkte, die zur Gesamtheit der Gegebenheiten des
Einzelfalls gehören und neben anderen Gesichtspunkten bei
dieser Prüfung berücksichtigt werden können (vgl.
EuGH-Urteil Redlihs, EU:C:2012:497, HFR
2012, 1020 = SIS 12 24 97, Rz 38).
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b) Dem entspricht es, dass nach der
Rechtsprechung des BFH im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der
Verhältnisse zu beurteilen ist, ob die Voraussetzungen einer
nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG
erfüllt sind. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht
abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je
nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder
gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können
(z.B. BFH-Urteile vom 27.1.2011 V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II
2011, 524 = SIS 11 11 54, Rz 22 ff.; in BFHE 237, 286, BStBl II
2012, 634 = SIS 12 13 66, Rz 35; s. auch BFH-Beschluss vom 9.4.2014
XI B 6/14, BFH/NV 2014, 1230 = SIS 14 19 19 bei 40
Verkaufsangeboten und 16 Anzeigen für Uhren und Schmuck, sowie
zur Problematik der „eBay-Verkäufe“
allgemein auch Roth/Loose, UR 2014, 169, 172 ff.;
Hundt-Eßwein, DStR 2012, 1371; Meurer, Der
Umsatz-Steuer-Berater 2012, 164; Pinkernell, Steuerrecht
kurzgefasst 2012, 309; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG
§ 2 Rz 38.17 ff.; Renner, Steuer- und Wirtschaftskartei
19/2012, 897; Roth, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 1966;
Schießl, Steuern und Bilanzen 2012, 471; Martin, BFH/PR 2012,
280; Grube, juris-PraxisReport Steuerrecht 27/2012, Anm. 5). Dass
bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat, ist
nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II
2012, 634 = SIS 12 13 66, Rz 36).
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c) Das FG hat seine Würdigung, die
Klägerin sei mit dem Verkauf der Pelzmäntel nicht
unternehmerisch tätig gewesen, auf die Rechtsprechung zu
Münz- und Briefmarkensammlern gestützt. Solche Sammler
seien nach den BFH-Urteilen vom 29.6.1987 X R 23/82 (BFHE 150, 218,
BStBl II 1987, 744 = SIS 87 19 27) und vom 16.7.1987 X R 48/82
(BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752 = SIS 87 19 28) keine
Unternehmer. Die Klägerin sei vergleichbar einem Sammler, der
eine vorhandene Sammlung (hier: von Pelzmänteln der
Schwiegermutter der Klägerin, die diese ihrem Sohn geschenkt
habe) auflöse, nicht wie ein Händler am Markt
aufgetreten. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer
unternehmerischen Tätigkeit liege beim FA.
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d) Dies hält einer revisionsrechtlichen
Prüfung nicht stand; denn das FG hat bei seiner Beurteilung
nicht alle bedeutsamen Begleitumstände zutreffend
berücksichtigt. Seine Würdigung ist deshalb für den
Senat nicht bindend (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 10.2.2010 XI R
49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109 = SIS 10 06 47, Rz 33;
vom 14.5.2014 XI R 13/11, BFHE 245, 424, BStBl II 2014, 734 = SIS 14 18 68, Rz 27, m.w.N.).
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aa) Bei seiner Würdigung hat das FG
unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin nicht
eigene, sondern fremde Pelzmäntel (eine fremde
„Sammlung“) verkauft haben will. Der Streitfall
ist insoweit mit den vom FG herangezogenen Urteilsfällen nicht
vergleichbar; denn die Klägerin hat es nach dem vom FG
festgestellten Sachverhalt übernommen, 140 fremde
Pelzmäntel in eigenem Namen auf einer
Internet-Handelsplattform zu veräußern. Diese
Tätigkeit, die der Ehemann der Klägerin als
„Verkaufsabwicklung“ bezeichnet hat, ist -
jedenfalls in dem vom FG festgestellten Umfang - eine typisch
unternehmerische Tätigkeit und für einen vom FG im Rahmen
seiner Würdigung als Vergleich herangezogenen Sammler
vollkommen untypisch.
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bb) Ebenfalls nicht berücksichtigt hat
das FG, dass die verkauften Gegenstände (Pelzmäntel) -
anders als z.B. Briefmarken (BFH-Urteil in BFHE 150, 218, BStBl II
1987, 744 = SIS 87 19 27), Münzen (BFH-Urteil in BFHE 150,
224, BStBl II 1987, 752 = SIS 87 19 28) oder historische Fahrzeuge
(BFH-Urteil in BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524 = SIS 11 11 54) -
keine Sammlerstücke, sondern Gebrauchsgegenstände
sind.
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In Rz 12 des BFH-Urteils in BFHE 150, 224,
BStBl II 1987, 752 = SIS 87 19 28 hat der X. Senat des BFH
ausgeführt: „So wird für Briefmarken,
Münzen und andere Sammlungsstücke, die im wesentlichen
nur einen Liebhaberwert haben (anders als bei
Gebrauchsgegenständen wie z.B. Teppichen),
regelmäßig anzunehmen sein, dass sie aus privaten
Neigungen zusammengetragen werden.“
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Unter II.2. der Gründe des BFH-Urteils in
BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744 = SIS 87 19 27 hat der X. Senat
des BFH die fehlende wirtschaftliche Tätigkeit eines
Briefmarkensammlers wie folgt begründet: „Das Sammeln
von Briefmarken ist eine weit verbreitete
Freizeitbeschäftigung, die aus der Sicht des Sammlers ihre
Sinnerfüllung darin findet, dass ein umfassender oder gar
vollständiger Bestand an Serien, Motiven, Marken eines
bestimmten Landes usw. geschaffen wird. ... Der Kauf von
Einzelstücken und Kollektionen und die Veräußerung
oder das Wegtauschen von Einzelstücken sind unumgänglich,
um die angestrebte Vollständigkeit der Sammlung zu erreichen.
Die auf Vervollständigung und Bestandsvermehrung abzielenden
An- und Verkaufs- oder Tauschvorgänge sind trotz
ständiger Wiederholung keine Umsatzakte.“
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Mit dieser Tätigkeit eines privaten
Sammlers hat die Tätigkeit der Klägerin bzw. ihres
Ehemanns bzw. ihrer Schwiegermutter nichts zu tun. Außerdem
ist vorliegend - wie sich aus den Anzeigen ergibt, auf die das FG
auf Seite 4 des Urteils Bezug genommen hat und die deshalb vom
Senat berücksichtigt werden dürfen - angesichts der
unterschiedlichen Pelzarten, -marken, Konfektionsgrößen
und der um bis zu 10 cm voneinander abweichenden
Ärmellängen der Pelzmäntel nicht ersichtlich,
welches „Sammelthema“ verfolgt worden sein
sollte.
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cc) Weiter hat das FG nicht die
„Vervielfachung“ der Verkäuferkonten als
aktive Maßnahme zum Vertrieb der Pelzmäntel in seine
Würdigung einbezogen. Die Klägerin selbst (und
übrigens auch ihr Ehemann) verfügten jeweils über
mindestens zwei Verkäuferkonten. Dies geht über die
schlichte Veräußerung nicht mehr benötigter privater
Gegenstände durch eine Privatperson über ein
Verkäuferkonto erheblich hinaus. Auch dieses
händlertypische Verhalten ist mit den vom X. Senat des BFH
entschiedenen Fällen eines Münz- bzw.
Briefmarkensammlers, der seine Sammlung en bloc aufgibt und
versteigern lässt, nicht vergleichbar (vgl. auch BFH-Urteil in
BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634 = SIS 12 13 66, Rz 39). Weiter
wurden von der Klägerin zwei Bankkonten zur Abwicklung
genutzt.
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dd) Der im Einspruchs - und Klageverfahren
erhobene Einwand der Klägerin, der Verkauf sei auf fremde
Rechnung erfolgt, rechtfertigt schon deshalb keine andere
Beurteilung, weil das FG tatsächlich festgestellt hat, dass
die Kaufpreise auf Bankkonten der Klägerin gezahlt worden
sind.
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ee) Dass die Klägerin mit den
Verkäufen keinen Gewinn erzielt haben will, spielt für
die Umsatzsteuer keine Rolle (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG und
EuGH-Urteil Finanzamt Freistadt Rohrbach
Urfahr, EU:C:2013:413, HFR 2013, 752 = SIS 13 17 61, Rz
25).
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ff) Nicht gegen die Einstufung der
Verkäufe als wirtschaftliche Tätigkeit spricht, dass das
FG keinen Wareneinkauf der Klägerin mit dem für eine
richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Grad an
Gewissheit feststellen konnte; denn ein Wareneinkauf durch den
Unternehmer in Veräußerungsabsicht ist gemäß
den Ausführungen unter II.3.a und b nicht erforderlich und
findet überdies bei der Veräußerung fremder
Gegenstände naturgemäß nicht statt.
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gg) Auch der Hinweis der Klägerin auf die
begrenzte Dauer ihrer Tätigkeit führt zu keiner anderen
Beurteilung. Zwar spricht die kurze Dauer einer Tätigkeit
gegen deren Nachhaltigkeit; trotz kurzer Dauer ist jedoch von einer
nachhaltigen Tätigkeit auszugehen, wenn eine Person innerhalb
der kurz bemessenen Zeit planmäßig, wiederholt und
intensiv am Marktgeschehen teilgenommen hat (vgl. BFH-Urteil vom
27.10.1993 XI R 86/90, BFHE 172, 549, BStBl II 1994, 274 = SIS 94 02 32, unter 1. zu einem Karnevalsprinzen). Dies ist hier der Fall;
denn das FG hat auf Seite 14 und 15 des Urteils festgestellt, die
Klägerin sei planmäßig tätig gewesen und ihre
Tätigkeit habe einen erheblichen Organisationsaufwand
erfordert. Außerdem wurden mindestens 140 Pelzmäntel
geliefert, wie das FG auf Seite 4 des Urteils festgestellt hat.
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e) Soweit das FG im Rahmen seiner Beurteilung
auf die Feststellungslast des FA hingewiesen hat, ist die Anwendung
der Regeln über die Feststellungslast lediglich
„ultima ratio“; vorher ist zunächst u.a.
der - auch im Streitfall bedeutsame (vgl. Urteil des
Niedersächsischen FG vom 16.9.2010 16 K 315/09, juris = SIS 11 24 50, Rz 29 f.) - Grundsatz der Beweisnähe zu
berücksichtigen (vgl. grundlegend BFH-Urteile vom 15.2.1989 X
R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462 = SIS 89 15 53; vom
23.3.2011 X R 44/09, BFHE 233, 297, BStBl II 2011, 884 = SIS 11 23 90).
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4. Die Sache ist spruchreif.
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a) Die Tätigkeit der Klägerin ist
aus den unter II.3. genannten Gründen als unternehmerische
Tätigkeit anzusehen, so dass sie die Lieferungen der
Pelzmäntel im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt hat.
Der Senat darf diese Würdigung trotz § 118 Abs. 2 FGO
selbst vornehmen, weil das FG die dafür maßgeblichen
Tatsachen festgestellt hat (vgl. dazu allgemein BFH-Urteil vom
16.6.2015 XI R 1/14, www.bundesfinanzhof.de/ entscheidungen, Rz 38,
m.w.N.).
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b) Sonstige Rechtsfehler des FA im Rahmen der
Festsetzung der Umsatzsteuer sind nicht ersichtlich. Insbesondere
ist bei der Klägerin nach dem vom FG festgestellten
Sachverhalt kein Vorsteuerabzug aus einem Wareneinkauf zu
berücksichtigen, da die Pelzmäntel nach den
tatsächlichen Feststellungen des FG von der Schwiegermutter
der Klägerin lange vor den Streitjahren zu privaten Zwecken
erworben wurden. Die Anwendung des § 25a UStG scheidet schon
deshalb aus, weil die Klägerin angegeben hat, dass über
die Anschaffungen in den Jahren 1960 bis 1985 keine Unterlagen mehr
existieren, so dass nicht festgestellt werden kann, ob die
Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG vorliegen.
Angesichts der Größenordnung der Umsätze findet die
Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) keine Anwendung.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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