Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 19.5.2011 10 K 4126/09 = SIS 11 25 61 aufgehoben.
Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom
17.3.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.11.2009 wird
dergestalt geändert, dass weitere Betriebsausgaben in
Höhe von 2.689,74 EUR berücksichtigt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Steuerberechnung wird dem Beklagten
übertragen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger
zu 75 %, der Beklagte zu 25 %. Die Kosten des Revisionsverfahrens
tragen der Kläger zu 30 %, der Beklagte zu 70 %.
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) erzielte im Streitjahr 2006 mit einem
Reparaturbetrieb Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
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Der Kläger hatte ein Einfamilienhaus
angemietet, davon eine Teilfläche als Gewerbefläche, eine
weitere Teilfläche zu privaten Zwecken, wo er mit seiner
Familie (Ehefrau und zwei Kinder) lebt. In einem der gewerblich
angemieteten Räume erledigte er die Büroangelegenheiten
seines Gewerbebetriebs. Ein Teil dieses Raumes war mit einem
Schreibtisch und Büroregalen ausgestattet. In einem anderen
Teil desselben Raumes, abgetrennt durch ein Regal, standen ein
Sofa, ein Couchtisch sowie ein Esstisch mit mehreren Stühlen
und ein Fernseher.
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In seinem Betriebsvermögen hielt der
Kläger einen VW-Transporter T4 mit zwei Sitzen. Dessen
Fahrgastzelle war durch eine Metallwand von der fensterlosen
Ladefläche abgetrennt, auf der die Werkzeuge des Klägers
untergebracht waren.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte für den Raum keinerlei
Betriebsausgaben und setzte eine PKW-Nutzungsentnahme nach der 1
%-Regel gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2.689,74 EUR
an.
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Im Klageverfahren begehrte der Kläger,
die Kosten für den Raum in Höhe von 8.833 EUR brutto als
Betriebsausgaben zu berücksichtigen und die 1 %-Regelung nicht
anzuwenden. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit dem in EFG
2011, 1410 = SIS 11 25 61 veröffentlichten Urteil teilweise
stattgegeben. Nachdem mittlerweile unstreitig sei, dass der
fragliche Raum einerseits im Büroteil zu betrieblichen
Zwecken, andererseits im Übrigen durch die Familie auch privat
genutzt werde, seien nach Fortfall des allgemeinen Aufteilungs- und
Abzugsverbots durch den Beschluss des Großen Senats des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.9.2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl
II 2010, 672 = SIS 10 00 37) die Aufwendungen aufzuteilen. Mangels
anderweitigen Maßstabs seien dabei mit dem BFH-Urteil vom
24.2.2011 VI R 12/10 (BFHE 233, 123, BStBl II 2011, 796 = SIS 11 16 27) antragsgemäß die Aufwendungen für diesen Raum
zur Hälfte als Betriebsausgaben zu berücksichtigen,
allerdings begrenzt auf den Betrag von 1.250 EUR.
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Die Anwendung der 1 %-Regel auf das
Fahrzeug im Betriebsvermögen sei nicht möglich, da es
für eine private Nutzung schon mangels ausreichender
Sitzplätze für Privatfahrten mit der Familie nicht
brauchbar gewesen sei. Darüber hinaus sei es nicht plausibel,
dass der Kläger regelmäßig die Ladefläche
seines Transporters für private Besorgungen leergeräumt
habe. Es sei glaubhaft, dass private (Familien-)Fahrten
ausschließlich mit dem weiteren, auf den Kläger privat
zugelassenen PKW durchgeführt worden seien.
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Mit der Revision macht das FA geltend, die
Aufteilung der Aufwendungen für den teilweise betrieblich oder
beruflich und teilweise privat genutzten Raum sei unzulässig,
da ein gemischt genutztes Zimmer kein Arbeitszimmer i.S. des §
4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sein könne. Die Würdigung des
FG, das Fahrzeug sei für die private Nutzung ungeeignet
gewesen, sei nicht nachvollziehbar und verstoße gegen
Denkgesetze. Die Feststellungen trügen die Schlussfolgerungen
nicht. Auch mit einem Zweisitzer seien alltägliche
Erledigungen (Einkäufe, Personentransporte) möglich, auch
bei fensterloser Ladefläche, zumal den Feststellungen nicht zu
entnehmen sei, was für Werkzeuge welchen Umfangs auf der
Ladefläche transportiert würden und welchen Umfang dies
einnehme.
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Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Das FG-Urteil entspreche hinsichtlich der
Raumkosten der aktuellen Rechtsprechung und hinsichtlich des
Fahrzeugs den tatsächlichen Umständen. Die
Überlegung, auch ein Zweisitzer sei privat einsetzbar,
müsste zur Anwendung der 1 %-Regelung sogar bei LKW
führen. Ein etwaiger Anscheinsbeweis sei jedenfalls durch den
Vortrag des Klägers widerlegt.
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Das Bundesministerium der Finanzen ist dem
Verfahren beigetreten und unterstützt das Vorbringen des FA
hinsichtlich der Raumkosten, hat jedoch keinen Antrag
gestellt.
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Mit Beschluss vom 28.3.2014 hat der Senat
nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251
der Zivilprozessordnung das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf
das bei dem Großen Senat des BFH anhängige Verfahren GrS
1/14 (Vorlagebeschluss des IX. Senats des BFH vom 21.11.2013 IX R
23/12, BFHE 243, 563, BStBl II 2014, 312 = SIS 14 01 54)
angeordnet. Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom
27.7.2015 GrS 1/14 (BFHE 251, 408 = SIS 16 00 96) über die
Vorlagefrage entschieden.
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II. Nach der Entscheidung des Großen
Senats des BFH über die Vorlagefrage ist die Verfahrensruhe
beendet und das Verfahren fortzusetzen. Auf die Revision des FA ist
das Urteil des FG gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FGO aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen, soweit sie die Raumkosten
betrifft. Hinsichtlich der 1 %-Regelung hat das FG-Urteil
Bestand.
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1. Die Kosten für den zur Erledigung der
Büroangelegenheiten des Gewerbebetriebs genutzten Raum sind
nicht abziehbar.
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a) Nach § 4 Abs. 4 EStG sind
Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst
sind. Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre
des Steuerpflichtigen eingebundenen Raum jedoch, der sowohl zur
Erzielung von Einkünften als auch - in mehr als nur
untergeordnetem Umfang - zu privaten Zwecken genutzt wird, sind
insgesamt auch nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht
abziehbar (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 251,
408 = SIS 16 00 96, unter D.). Das gilt auch für Zimmer, die
im Wege einer räumlichen Aufteilung mit einer
„Arbeitsecke“ zur Erzielung von Einnahmen und in
der übrigen Fläche zu privaten Wohnzwecken genutzt werden
(ebenda, unter D.2.b cc (3)).
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b) Nach den nicht mit Revisionsrügen
angegriffenen und daher nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden
Feststellungen des FG hat der Kläger den in Rede stehenden
Raum lediglich mit einer Arbeitsecke betrieblich und im
Übrigen privat genutzt. Die Abtrennung durch ein Regal
genügt nicht, um aus dem einheitlichen Raum zwei Räume zu
machen. Die Berücksichtigung der Aufwendungen als
Betriebsausgaben kommt daher nicht in Betracht.
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2. Es ist jedoch kein Vorteil aus einer
privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs nach der 1 %-Regelung
anzusetzen.
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a) Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist
die private Nutzung eines Kfz, das zu mehr als 50 % betrieblich
genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des
inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung
zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung
einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen, wenn nicht (Satz 3)
ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorliegt. Ausgenommen
sind Kfz, für die der Erfahrungssatz, sie würden
typischerweise nicht nur vereinzelt und gelegentlich für
private Zwecke genutzt werden, nicht gilt. Das betrifft namentlich
LKW und Zugmaschinen, wobei allerdings nicht die Klassifizierung
des Kfz-Steuerrechts und des Straßenverkehrsrechts
maßgebend ist (vgl. Senatsurteil vom 13.2.2003 X R 23/01,
BFHE 201, 499, BStBl II 2003, 472 = SIS 03 23 21, unter II.1.d und
II.2.b bb). Maßgebend ist, ob das betreffende Fahrzeug
aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung
typischerweise so gut wie ausschließlich zur Beförderung
von Gütern bestimmt ist, da derartige Fahrzeuge allenfalls
gelegentlich und ausnahmsweise auch für private Zwecke
eingesetzt werden (BFH-Urteil vom
18.12.2008 VI R 34/07, BFHE 224, 108, BStBl II 2009, 381 = SIS 09 05 14, unter II.b).
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b) Das FG ist diesen rechtlichen
Maßstäben gefolgt und in tatsächlicher Hinsicht in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender und damit den Senat nach
§ 118 Abs. 2 FGO bindender Weise davon ausgegangen, dass das
Fahrzeug des Klägers tatsächlich zur privaten Nutzung
nicht bestimmt war. Der Schluss von der Existenz lediglich zweier
Sitze auf eine typischerweise fehlende Zweckbestimmung des
Fahrzeugs zur privaten Nutzung ist kein Verstoß gegen
Denkgesetze. Er beruht vielmehr auf einem zutreffenden
Verständnis des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals der
fehlenden privaten Zweckbestimmung. Der BFH hat nicht etwa
gefordert, dass nach Beschaffenheit und Einrichtung des Fahrzeugs
die private Nutzung denklogisch ausgeschlossen wäre, sondern
nur verlangt, dass das Fahrzeug typischerweise dieser nicht dient.
Diese Schlussfolgerung ist bei einem Zweisitzer, der nicht deshalb
als Zweisitzer gestaltet ist, weil er Sportwagencharakter
hätte, sondern deshalb, weil er für den Lastentransport
hergerichtet ist, denklogisch fehlerfrei. Mit der Überlegung,
dass sich auch ein zweisitziges Fahrzeug grundsätzlich
für private Besorgungen einsetzen lässt, wäre jeder
beliebig große LKW, im Prinzip jedes Fahrzeug auch privat
einsetzbar, die o.g. einschränkende Rechtsprechung
obsolet.
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Vielmehr entspricht die Entscheidung des FG
nach Begründung und Ergebnis der Entscheidung des BFH in BFHE
224, 108, BStBl II 2009, 381 = SIS 09 05 14. Danach galt ein Opel
Combo, der ähnlich wie das klägerische Fahrzeug durch
lediglich zwei Sitzplätze und eine Abtrennung der fensterlosen
Ladefläche charakterisiert war, dabei sogar deutlich kleiner
ist, als typischerweise nicht zum privaten Gebrauch geeignet. Auch
wenn der VI. Senat Bedenken dagegen hegte, mit dem X. Senat die
kraftfahrzeugsteuerliche und verkehrsrechtliche Einstufung des
Fahrzeugs für unmaßgeblich zu erachten, hat er sich doch
nicht in tragender Weise auf die Einstufung des Opel Combo als LKW
gestützt.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136
Abs. 1 FGO und beruht auf der Verschiedenheit der Streitwerte in
den beiden Instanzen.
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