1
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2001 zur
Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger war zum
einen als Arbeitnehmer tätig; ferner betrieb er einen
Einzelhandel mit Spielwaren. Seinen Gewinn ermittelte er durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die Klägerin war in dem
Einzelhandel unentgeltlich tätig.
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Von der Gründung des Betriebs im Jahr
1994 bis zum Streitjahr 2001 erwirtschaftete der Kläger - mit
Ausnahme eines kleinen Gewinns im Jahr 1999 - ausschließlich
Verluste, die sich abzüglich des Gewinns bis 2001 auf
insgesamt 362.611 DM beliefen. Das Gesamtergebnis der betrieblichen
Tätigkeit von 1994 bis 2006 betrug ./. 205.566 EUR. Zwischen
den Beteiligten besteht nach Durchführung einer
Außenprüfung Einvernehmen, dass die in den
Veranlagungszeiträumen bis einschließlich 2000
erwirtschafteten Verluste der Besteuerung zugrunde zu legen sind,
danach aber die Einkunftserzielungsabsicht entfallen ist. Die
Kläger wurden entsprechend veranlagt. Streitig ist im
vorliegenden Verfahren allein noch, ob der Kläger verpflichtet
war, im Zeitpunkt des Strukturwandels zur Liebhaberei von der
Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum
Betriebsvermögensvergleich überzugehen und einen
entsprechenden Übergangsgewinn zu versteuern.
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3
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Der Kläger hatte seinen zum 31.12.2000
vorhandenen Warenbestand für insgesamt 285.385 DM netto
erworben. Diese Beträge hatte er - zuzüglich der jeweils
gezahlten Vorsteuer - während der Zeit der
einkommensteuerrechtlichen Relevanz seines Betriebs als
Betriebsausgaben abgezogen.
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Der Prüfer vertrat die Auffassung, zum
1.1.2001 sei ein Übergangsgewinn anzusetzen, den er wie folgt
ermittelte:
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Einkaufspreise des zum 31.12.2000
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vorhandenen Warenbestands
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285.385 DM
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./.
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Bewertungsabschlag von 25 %
wegen Überalterung des Bestands
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./. 71.347 DM
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=
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Wert des Warenbestands
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214.038 DM
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+
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als Betriebsausgabe behandelte
Umsatzsteuer
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+ 7.949 DM
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./.
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Warenverbindlichkeiten
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./. 115.154 DM
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=
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Übergangsgewinn
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106.833 DM
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Diesen Betrag setzte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) in dem angefochtenen
geänderten Einkommensteuerbescheid 2001 vom 16.12.2008 als
Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Ursprünglich hatte der
Kläger für 2001 einen Verlust von ./. 17.316 DM
ermittelt. Verfahrensrechtlich wurde der Änderungsbescheid auf
§ 165 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO)
gestützt.
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6
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Im Einspruchsverfahren brachten die
Kläger u.a. vor, es gebe keine Rechtsgrundlage für den
zwangsweisen Wechsel der Gewinnermittlungsart anlässlich des
Strukturwandels zur Liebhaberei. Jedenfalls der vom FA angenommene
Zeitpunkt für den Ansatz eines Übergangsgewinns sei
fehlerhaft: Wenn überhaupt, dann sei ein solcher Gewinn im
letzten Jahr der einkommensteuerrechtlichen Relevanz des Betriebs -
hier: im Veranlagungszeitraum 2000 - anzusetzen. Keinesfalls
könne er aber zu einem Zeitpunkt erfasst werden, in dem gar
keine Gewinnerzielungsabsicht mehr bestanden habe.
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7
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Um dem letztgenannten Einwand der
Kläger zu begegnen, nahm das FA in der Einspruchsentscheidung
vom 15.8.2012 an, die Einkunftserzielungsabsicht habe bis
einschließlich 1.1.2001 fortbestanden. Dementsprechend
berücksichtigte es für 2001 neben dem
Übergangsgewinn einen laufenden Verlust von 48 DM (1/365 des
vom Kläger für das Gesamtjahr 2001 ermittelten Verlusts
von ./. 17.316 DM). In diesem Umfang hatte der Einspruch Erfolg; im
Übrigen wies das FA ihn zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage in
Bezug auf das verbleibende Streitjahr 2001 statt (EFG 2015, 11 =
SIS 14 31 31). Das FA könne sich nicht darauf berufen, dass in
Fällen der Betriebsaufgabe ein Übergang zum
Betriebsvermögensvergleich vorzunehmen sei, weil der
Strukturwandel zur Liebhaberei nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung gerade keine Betriebsaufgabe darstelle. Die in
diesem Zeitpunkt vorhandenen stillen Reserven müssten
allerdings gemäß § 8 der Verordnung über die
gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180
Abs. 2 AO (VO zu § 180 Abs. 2 AO) vom 19.12.1986 (BGBl I 1986,
2663) festgehalten und bei einem späteren gewinnrealisierenden
Vorgang aufgelöst werden. Danach sei zwar ein Übergang
zum Betriebsvermögensvergleich erforderlich; der daraus
resultierende Übergangsgewinn sei aber nicht bereits im
Zeitpunkt des Strukturwandels, sondern erst bei der
tatsächlichen Aufgabe oder Veräußerung des
Liebhabereibetriebs als nachträgliche Einkünfte aus
Gewerbebetrieb zu versteuern.
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9
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Mit seiner Revision rügt das FA, das
FG habe übersehen, dass der Übergang zur Liebhaberei -
auch wenn es sich nicht um eine Betriebsaufgabe handele - nach den
von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten
Grundsätzen eine der Betriebsaufgabe ähnliche Wirkung
habe. Ein Übergangsgewinn sei schon deshalb anzusetzen, weil
beide Gewinnermittlungsarten zum selben Totalgewinn führen
müssten. Rechtsgrundlage für die vorzunehmenden
Gewinnkorrekturen sei daher § 4 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG), der es erfordere, den
Steuerpflichtigen so zu stellen, als habe er von Anfang an
bilanziert.
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Der vom FG herangezogene § 8 der VO zu
§ 180 Abs. 2 AO sei im Streitfall nicht einschlägig. Der
Regelungsbereich dieser Vorschrift beschränke sich auf
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Betrieb des
Klägers aber kaum vorhanden gewesen seien. Auch würden in
dieser Regelung nur stille Reserven angesprochen. Im Streitfall
gehe es aber nicht um stille Reserven des Warenbestands - dieser
sei vielmehr in seinem Wert gegenüber den Anschaffungskosten
gesunken -, sondern um die Rückgängigmachung eines
vorgezogenen Betriebsausgabenabzugs, der noch nicht zu einer
tatsächlichen Vermögensminderung geführt habe. Der
bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung lasse sich nur
entnehmen, dass die Erfassung vorhandener stiller Reserven auch
nach dem Übergang zur Liebhaberei zulässig sei. Hingegen
existiere nach Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht keine
Rechtsgrundlage für den Ausgleich solcher gewinnmindernder
Effekte, die sich aus den Besonderheiten der
Einnahmen-Überschuss-Rechnung ergäben.
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Für die erforderliche Gleichbehandlung
der Gewinnermittlungsarten beim Übergang eines Betriebs zur
Liebhaberei gebe es drei Möglichkeiten:
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Der Übergangsgewinn könne auf der
Grundlage der tatsächlichen Anschaffungskosten der vorhandenen
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens ermittelt werden.
Etwaige Wertminderungen (Teilwertabschreibungen) seien nur bei
Vorlage einer vom Steuerpflichtigen erstellten Übergangsbilanz
zu berücksichtigen, an der es vorliegend fehle. Diese Variante
würde im Streitfall zu einem höheren als dem vom FA
angesetzten Übergangsgewinn führen.
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Einfacher und für den
Steuerpflichtigen günstiger sei demgegenüber die vom FA
gewählte Verfahrensweise, bei der Ermittlung des
Übergangsgewinns bereits eingetretene Wertminderungen des
Umlaufvermögens pauschal im Schätzungswege gewinnmindernd
zu berücksichtigen.
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-
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Schließlich bliebe die
Möglichkeit, vom Ansatz eines Übergangsgewinns im
Zeitpunkt des Strukturwandels abzusehen. Dann müsste aber
für jedes einzelne Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens im
Zeitpunkt der Verwirklichung eines Realisationstatbestands
(Veräußerung, Entnahme, Untergang oder Wertloswerden des
Wirtschaftsguts; Veräußerung oder Aufgabe des
Liebhabereibetriebs) der zum Übergangszeitpunkt ermittelte
gemeine Wert besteuert werden. Dies wäre äußerst
kompliziert, weil nicht nur eine Vielzahl von Vorgängen zu
betrachten, sondern auch danach zu differenzieren wäre, ob das
jeweilige Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Übergangs zur
Liebhaberei bereits vorhanden gewesen sei oder nicht. Da der exakte
Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei in der Praxis
regelmäßig erst viele Jahre später erkennbar werde,
wären genaue Feststellungen zum gemeinen Wert der in diesem
Zeitpunkt vorhandenen Wirtschaftsgüter nicht mehr
möglich, so dass auf grobe Schätzungen ausgewichen werden
müsste.
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Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile
stelle die vom FA praktizierte Handhabung daher nicht nur sicher,
dass unabhängig von der Gewinnermittlungsart derselbe
Totalgewinn der Einkommensteuer unterworfen werde. Sie vermeide
darüber hinaus auch umfangreiche Ermittlungen, die ansonsten
über viele Jahre hinweg zu einer nicht überschaubaren
Anzahl von Realisationstatbeständen in Bezug auf den
vorhandenen Warenbestand erforderlich würden.
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Wäre der Übergangsgewinn mit dem
FG erst zu einem späteren Zeitpunkt - nach Wegfall der
Gewinnerzielungsabsicht - zu erfassen, könnte er zudem nicht
mehr der Gewerbesteuer unterworfen werden, weil es dann an einem
tauglichen Steuergegenstand i.S. des § 2 Abs. 1 des
Gewerbesteuergesetzes fehle.
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Auch sei die Entscheidung des FG
widersprüchlich: Es habe zwar einerseits ausgeführt, ein
Übergang zum Betriebsvermögensvergleich sei erforderlich;
der sich daraus ergebende Gewinn solle aber erst bei
vollständiger Veräußerung oder Aufgabe des
Liebhabereibetriebs anzusetzen sein. Damit löse das FG den
wirtschaftsgutbezogen ermittelten Übergangsgewinn von dem
gewinnrealisierenden Vorgang und verletze dadurch das
Leistungsfähigkeitsprinzip. Selbst wenn man dem FG in seiner
Grundannahme folge, müsse jedenfalls bei der
Veräußerung oder Entnahme einzelner Waren nach dem
1.1.2001 der insoweit anfallende Übergangsgewinn angesetzt
werden. Diese Veräußerungen und Entnahmen hätte das
FG ermitteln und den sich hieraus ergebenden Gewinn ansetzen
müssen. Da der in der Gewinnermittlung ausgewiesene Wert der
im Jahr 2001 veräußerten und entnommenen Waren deutlich
oberhalb des vom Kläger angesetzten Wertes seines zum
31.12.2000 vorhandenen Warenbestands gelegen habe, sei davon
auszugehen, dass der weitaus größte Teil dieses
Warenbestands bereits im Jahr 2001 veräußert worden sei.
Dies hätte zum Ansatz eines erheblichen anteiligen
Übergangsgewinns führen müssen.
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16
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Das FA beantragt sinngemäß, das
angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Einkommensteuer 2001
betrifft, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
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Es fehle an einer Rechtsgrundlage für
den Ansatz eines Übergangsgewinns beim Wegfall der
Einkunftserzielungsabsicht. § 8 der VO zu § 180 Abs. 2 AO
beziehe sich zum einen nicht auf das Umlaufvermögen; zum
anderen sei dort nicht von der Ermittlung eines
Übergangsgewinns die Rede. Aus der bisherigen Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den im Zeitpunkt des Übergangs
zur Liebhaberei eintretenden Rechtsfolgen lasse sich für den
Streitfall nichts ableiten. Manche Aussagen dieser Rechtsprechung
seien zudem eher kryptisch, insbesondere zu der Frage, welche Art
von Vermögen nach diesem Zeitpunkt vorliegen solle.
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II. Die Revision des FA bezieht sich nur
auf das Streitjahr 2001. Zwar sind im Rubrum der
Revisionseinlegungsschrift auch die Einkommensteuerbescheide 2004
und 2006 genannt, die im Klageverfahren ebenfalls angefochten
waren. In der Revisionsbegründung hat das FA sich aber auf die
Einkommensteuer 2001 beschränkt.
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20
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Dies ist nicht als - kostenpflichtige -
Teilrücknahme des Rechtsmittels anzusehen, sondern als von
Anfang an lediglich beschränkte Anfechtung des
finanzgerichtlichen Urteils (für Nichtzulassungsbeschwerden
BFH-Beschluss vom 26.2.2008 VIII B 194/06, BFH/NV 2008, 952 = SIS 08 21 12, unter II.1.; für Revisionen Senatsurteil vom
9.12.2014 X R 4/11, BFH/NV 2015, 853 = SIS 15 10 92, Rz 37,
m.w.N.). Denn erst in der Rechtsmittelbegründungsschrift wird
die Stellung eines Antrags - und damit die Erklärung,
inwieweit das Urteil angefochten wird (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 1
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) - verlangt.
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21
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III. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Umfang seiner
Anfechtung und insoweit zur Zurückverweisung der Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 FGO).
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22
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Der Senat hält an den Grundsätzen
der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, wonach
der Strukturwandel zur Liebhaberei nicht als Betriebsaufgabe
anzusehen ist und die bisher zum Betriebsvermögen
gehörenden Wirtschaftsgüter nicht schon wegen des
Strukturwandels aus dem Betriebsvermögen ausscheiden (dazu
unten 1.). Eine Rechtsgrundlage für einen zwangsweisen Wechsel
der Gewinnermittlungsart im Zeitpunkt des Strukturwandels besteht
nicht (unten 2.). Aus dem Grundsatz, dass sich aus einer bestimmten
betrieblichen Betätigung unabhängig von der
Gewinnermittlungsart auf die Dauer gesehen derselbe Totalgewinn
ergeben muss, folgt allerdings, dass die Verwirklichung eines
Realisationsakts in Bezug auf diejenigen Wirtschaftsgüter des
Umlaufvermögens, die im Zeitpunkt des Strukturwandels bereits
vorhanden waren und deren Anschaffungskosten der Steuerpflichtige
in Fällen der Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung steuerwirksam als
Betriebsausgaben abgezogen hatte, dem Grunde nach einen
Steuertatbestand darstellt (unten 3.). Der Höhe nach ist
derjenige Betrag zu versteuern, der für das jeweilige
Wirtschaftsgut in eine zum Zeitpunkt des Strukturwandels zur
Liebhaberei aufgestellte Übergangsbilanz einzustellen gewesen
wäre (unten 4.).
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23
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Das FG hat zwar teilweise von diesen
Grundsätzen ausgehen wollen, dabei aber übersehen, dass
nicht nur die Veräußerung oder Aufgabe des gesamten
(Liebhaberei-)Betriebs, sondern auch die Veräußerung
oder Entnahme eines einzelnen Wirtschaftsguts als Realisationsakt
anzusehen ist, der die vorstehend genannten Rechtsfolgen
auslöst. Zur Aufklärung, ob bzw. in welchem Umfang es im
Betrieb des Klägers im Streitjahr 2001 zu derartigen
Realisationsakten gekommen ist, geht die Sache an das FG
zurück (unten 5.).
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1. Nach ständiger Rechtsprechung des IV.
Senats des BFH (ausführlich Entscheidungen vom 6.7.1978 IV B
59/76, BFHE 125, 450, BStBl II 1978, 626 = SIS 78 03 43, unter 2.b,
und vom 29.10.1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 =
SIS 82 25 60, unter 2.; ferner Urteile vom 12.11.1992 IV R 41/91,
BFHE 170, 311, BStBl II 1993, 430 = SIS 93 11 11, unter 2.c; vom
23.11.1995 IV R 36/94, BFH/NV 1996, 398, unter 1.c; vom 18.5.2000
IV R 27/98, BFHE 192, 287, BStBl II 2000, 524 = SIS 00 10 69, unter
1.e, und vom 5.5.2011 IV R 48/08, BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792
= SIS 11 23 97, unter II.5.c), aber auch nach der Rechtsprechung
des erkennenden Senats (Urteil vom 15.5.2002 X R 3/99, BFHE 199,
241, BStBl II 2002, 809 = SIS 02 95 19, unter II.4.a), handelt es
sich beim Übergang („Strukturwandel“) von
einem einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsbetrieb zu einem
Liebhabereibetrieb nicht um eine gewinnrealisierende
Betriebsaufgabe. Tragend hierfür ist nach der angeführten
Rechtsprechung - neben anderen Argumenten -, dass der betriebliche
Organismus bestehen bleibt und insbesondere die Verknüpfung
der Wirtschaftsgüter mit dem Betrieb nicht gelöst
wird.
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Daraus folgt zugleich, dass die weiterhin in
dem - nun nicht mehr einkommensteuerrelevanten - Betrieb genutzten
Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen bleiben (zutreffend
BFH-Urteil in BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60,
unter 3.; Wüllenkemper, EFG 2015, 14, und in EFG 2015, 1433;
Steinhauff in Bordewin/ Brandt, § 4 EStG Rz 1545; unklar
demgegenüber noch Senatsurteil in BFHE 199, 241, BStBl II
2002, 809 = SIS 02 95 19, unter II.4.b).
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26
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Allerdings sind Wertänderungen des
Betriebsvermögens, die während der Zeit der Liebhaberei
eintreten, einkommensteuerrechtlich irrelevant (BFH-Urteil in BFHE
134, 339, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60, unter 3.a; Urteil des
FG Düsseldorf vom 16.10.2014 11 K 1509/14 E, EFG 2015, 1431 =
SIS 15 24 38, Rev. X R 15/15).
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Diese Beurteilung führt zu einer
Festschreibung des im Zeitpunkt des Strukturwandels vorhandenen
Betriebsvermögens. Die in diesem Zeitpunkt existenten stillen
Reserven, die noch der Auflösung harren, sind - erst und genau
dann - als nachträgliche betriebliche Einkünfte zu
versteuern, wenn sie durch Veräußerung oder Entnahme des
betreffenden Wirtschaftsguts oder durch Veräußerung oder
Aufgabe des Liebhabereibetriebs realisiert werden
(BFH-Entscheidungen in BFHE 125, 450, BStBl II 1978, 626 = SIS 78 03 43, unter 2.b bb; in BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60, unter 3.a; in BFHE 199, 241, BStBl II 2002, 809 = SIS 02 95 19, unter II.4.b, und in BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792 = SIS 11 23 97, unter II.5.c).
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28
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Die Vorschrift des § 8 VO zu § 180
Abs. 2 AO lässt - ungeachtet ihres auf stille Reserven des
Anlagevermögens beschränkten Anwendungsbereichs -
erkennen, dass sich der Verordnungsgeber den Grundsätzen
dieser Rechtsprechung angeschlossen hat.
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2. Es besteht keine Rechtsgrundlage für
einen zwangsweisen Wechsel der Gewinnermittlungsart im Zeitpunkt
des Strukturwandels, der eine Steuerpflicht eines
Übergangsgewinns nach sich ziehen würde.
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a) Ein Übergangsgewinn ist dann zu
ermitteln und zu versteuern, wenn ein Steuerpflichtiger freiwillig
oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung (z.B.
Übersteigen einer der in § 141 AO genannten Grenzen) von
der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum
Betriebsvermögensvergleich übergeht. Die vorzunehmenden
Gewinnkorrekturen sind zwar nicht ausdrücklich im Gesetz
geregelt, rechtfertigen sich aber aus der Systematik des Gesetzes,
weil sich Geschäftsvorfälle weder doppelt noch
überhaupt nicht auswirken dürfen (BFH-Urteile vom
1.7.1981 I R 134/78, BFHE 134, 20, BStBl II 1981, 780 = SIS 82 01 12, unter 1., und vom 13.9.2001 IV R 13/01, BFHE 196, 546, BStBl II
2002, 287 = SIS 02 02 51, unter II.2.).
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Für Fälle der
Betriebsveräußerung ist der - vorherige - Übergang
zum Betriebsvermögensvergleich ausdrücklich in § 16
Abs. 2 Satz 2 EStG angeordnet (vgl. hierzu BFH-Urteil vom
23.11.1961 IV 98/60 S, BFHE 74, 535, BStBl III 1962, 199 = SIS 62 01 31).
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Auch wenn die vorgenannte Vorschrift nicht
unmittelbar auf Fälle der Betriebsaufgabe anwendbar ist, gilt
hier für die Ermittlung des Übergangsgewinns im Ergebnis
dasselbe wie bei einer Betriebsveräußerung (BFH-Urteile
vom 10.7.1973 VIII R 34/71, BFHE 110, 137, BStBl II 1973, 786 = SIS 73 04 29; vom 13.10.1989 III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II
1990, 287 = SIS 90 06 07, unter II.2.c, und vom 28.10.2009 I R
99/08, BFHE 227, 83, BStBl II 2011, 1019 = SIS 10 00 35, unter
B.I.1.).
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33
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Ebenso ist bei einer Einbringung, die nicht
zum Buchwert vorgenommen wird, ein Wechsel zum
Betriebsvermögensvergleich samt Ansatz eines entsprechenden
Übergangsgewinns vorzunehmen (BFH-Urteil vom 14.11.2007 XI R
32/06, BFH/NV 2008, 385 = SIS 08 11 38, unter II.1.d aa).
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b) Mit den vorstehend dargestellten
Fallgestaltungen ist der Strukturwandel zur Liebhaberei nicht
vergleichbar.
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Insbesondere handelt es sich gerade nicht um
eine Betriebsaufgabe, so dass auch die für Betriebsaufgaben
vorgesehenen Rechtsfolgen grundsätzlich nicht herangezogen
werden können. Der - mit dem Strukturwandel zur Liebhaberei
eher vergleichbare - Strukturwandel von einem gewerblichen zu einem
land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führt nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls nicht zur
Aufdeckung stiller Reserven, und zwar auch insoweit nicht, als
stille Reserven des Grund und Bodens nach der bis zum 30.6.1970
geltenden Rechtslage (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG a.F.) nur bei
Gewinnermittlung nach § 5 EStG, nicht aber bei anderen
Gewinnermittlungsarten steuerverstrickt waren. In diesem Fall waren
die während der Zeit der Gewinnermittlung nach § 5 EStG
entstandenen stillen Reserven festzuschreiben und bei einem
späteren, auf den Grund und Boden bezogenen Realisationsakt zu
versteuern (zum Ganzen BFH-Beschluss vom 7.10.1974 GrS 1/73, BFHE
114, 189, BStBl II 1975, 168 = SIS 75 00 97). Ebenso führte
der Übergang von der Gewinnermittlung nach § 5 EStG zur
Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht zur sofortigen Aufdeckung
der stillen Reserven des Grund und Bodens (BFH-Urteil vom
21.11.1973 I R 252/71, BFHE 111, 83, BStBl II 1974, 314 = SIS 74 01 71).
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36
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c) Dem FA und einzelnen Stimmen in der
Literatur (so wohl Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler,
§ 180 AO Rz 613; Kanzler, FR 1999, 225, 241, und in
Herrmann/Heuer/Raupach, Vor §§ 4 - 7 EStG Rz 80) ist
nicht darin zu folgen, dass § 8 der VO zu § 180 Abs. 2 AO
einen Übergang zum Betriebsvermögensvergleich im
Zeitpunkt des Strukturwandels anordnet. Zwar ist nach dieser
Regelung der „Unterschiedsbetrag“ (stille
Reserven) für jedes Wirtschaftsgut des Anlagevermögens
„unabhängig von der Gewinnermittlungsart“
gesondert festzustellen. Gerade beim Anlagevermögen - auf das
sich der Anwendungsbereich der rein verfahrensrechtlichen
Vorschrift des § 8 der VO zu § 180 Abs. 2 AO
beschränkt - ist die einkommensteuerliche Behandlung der
Anschaffungskosten aber unabhängig von der
Gewinnermittlungsart: Sowohl beim Betriebsvermögensvergleich
als auch bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung können die
Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter nicht sofort als
Betriebsausgaben abgezogen werden. Vielmehr wirken sich nur die
AfA-Beträge ertragsteuerlich aus (so ausdrücklich §
4 Abs. 3 Satz 3, § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). In Bezug auf
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens hat ein Wechsel der
Gewinnermittlungsart daher regelmäßig keine
Auswirkungen. Mangels derartiger Auswirkungen kann daher nicht
angenommen werden, dass eine Vorschrift, die sich - wie § 8
der VO zu § 180 Abs. 2 AO - auf Wirtschaftsgüter des
Anlagevermögens beschränkt, einen Wechsel der
Gewinnermittlungsart anordnen will. Im Übrigen dient diese
Regelung - wie unter 3.d noch näher darzustellen sein wird -
nur der Schaffung verfahrensrechtlicher Erleichterungen bei der
Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum
Strukturwandel zur Liebhaberei, will die materiell-rechtlichen
Grundsätze dieser Rechtsprechung, die gerade keinen sofortigen
Ansatz eines Übergangsgewinns vorsehen, aber nicht
erweitern.
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37
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d) Auch die vom FA in der
Revisionsbegründung dargestellten - im Ansatz durchaus
nachvollziehbaren - Praktikabilitätsüberlegungen
können nicht dazu führen, im Zeitpunkt des
Strukturwandels zur Liebhaberei auch ohne gesetzliche Grundlage
einen Wechsel der Gewinnermittlungsart samt sofortiger Versteuerung
eines Übergangsgewinns zu erzwingen. Sollte sich die - aus der
bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie deren
Aufnahme in § 8 VO zu § 180 Abs. 2 AO abgeleitete -
Handhabung durch den erkennenden Senat (dazu unten 3.) in der
Praxis als zu kompliziert erweisen, wäre es Sache des Gesetz-
bzw. Verordnungsgebers, ggf. eine ausdrückliche
Rechtsgrundlage zu schaffen. Allerdings wird ein vergleichbares
Verfahren in Bezug auf stille Reserven des Betriebsvermögens
seit Jahrzehnten praktiziert. Die höchstrichterliche
Rechtsprechung ist insoweit ausdrücklich davon ausgegangen,
dass es „geeignete Maßnahmen, die sowohl für
den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung
zumutbar sind“ (BFH-Urteil in BFHE 134, 339, BStBl II
1982, 381 = SIS 82 25 60, unter 3.a), geben müsse.
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3. Die Verwirklichung eines Realisationsakts
in Bezug auf diejenigen Wirtschaftsgüter des
Umlaufvermögens, die im Zeitpunkt des Strukturwandels bereits
vorhanden waren und deren Anschaffungskosten der Steuerpflichtige
in Fällen der Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung steuerwirksam als
Betriebsausgaben abgezogen hatte, stellt dem Grunde nach einen
Steuertatbestand gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15
Abs. 1 EStG dar.
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a) Nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung will die Vorschrift des
§ 4 Abs. 3 EStG keinen abweichenden Gewinnbegriff aufstellen,
sondern lediglich eine Erleichterung bei der Gewinnermittlung
schaffen. Im Ganzen und auf Dauer gesehen müssen daher beide
Gewinnermittlungsarten zu demselben Gesamtergebnis führen
(BFH-Urteil in BFHE 74, 535, BStBl III 1962, 199 = SIS 62 01 31).
In anderen Entscheidungen ist diese Grundaussage mit leicht
einschränkenden Zusätzen wie „im Rahmen des
Möglichen“ (BFH-Urteil in BFHE 110, 137, BStBl II
1973, 786 = SIS 73 04 29) oder „zu im Wesentlichen
gleichen Ergebnissen führen“ (BFH-Urteile vom
24.10.1972 VIII R 32/67, BFHE 108, 39, BStBl II 1973, 233 = SIS 73 01 28, und in BFHE 134, 20, BStBl II 1981, 780 = SIS 82 01 12)
versehen worden.
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b) Stille Reserven, die in einem bestimmten
Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Strukturwandels zur Liebhaberei
vorhanden waren, sind nach den vorstehend unter 1. dargestellten
Grundsätzen auch nach Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht
zu versteuern, wenn in Bezug auf das jeweilige Wirtschaftsgut ein
Realisationsakt verwirklicht wird. Dies beruht - nach der
hierfür im Urteil in BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60 (unter 3.a) ausdrücklich gegebenen Begründung -
darauf, dass das System des EStG zwar auf der einen Seite die
Bildung stiller Reserven gestattet oder sogar erzwingt, auf der
anderen Seite aber die steuerliche Erfassung der angesammelten
stillen Reserven bei ihrer späteren Aufdeckung erfordert. Auch
dieser Rechtsprechung liegt daher der Gedanke der Ermittlung des
richtigen Totalergebnisses für die Gesamtdauer der
betrieblichen Betätigung zugrunde.
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c) Dem FA ist zwar darin zuzustimmen, dass es
sich bei dem sofortigen Betriebsausgabenabzug der für
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens aufgewendeten
Anschaffungskosten in Fällen der Gewinnermittlung nach §
4 Abs. 3 EStG nicht um die Bildung von stillen Reserven im engeren
Sinne handelt. Sowohl der wirtschaftliche Gehalt als auch die
einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen beider Vorgänge sind
aber vergleichbar: In beiden Fällen wird ein Wirtschaftsgut
des Betriebsvermögens einkommensteuerrechtlich zunächst
nicht mit seinem tatsächlichen Wert angesetzt. Vielmehr findet
eine (Nach-)Versteuerung der stillen Reserven (in Fällen
„echter“ stiller Reserven) bzw. der
Anschaffungskosten (in Fällen der
Einnahmen-Überschuss-Rechnung) erst dann statt, wenn in Bezug
auf das jeweilige Wirtschaftsgut ein Realisationsakt verwirklicht
wird.
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Diese Vergleichbarkeit des wirtschaftlichen
Gehalts und der einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen - unter
Heranziehung des Gesichtspunkts, dass der Totalgewinn einer
betrieblichen Betätigung auf die Dauer gesehen unabhängig
von der Gewinnermittlungsart sein muss - rechtfertigt und gebietet
es, beide Lebenssachverhalte hinsichtlich der aufgrund eines
Strukturwandels zur Liebhaberei zu ziehenden Rechtsfolgen
gleichzubehandeln. Ebenso wie „echte“ stille
Reserven nicht bereits geballt mit dem Strukturwandel, sondern erst
im Zeitpunkt eines späteren, auf das jeweilige Wirtschaftsgut
bezogenen Realisationsakts zu versteuern sind, sind - erst und
genau - in diesem Zeitpunkt auch diejenigen Rechtsfolgen zu ziehen,
die in Fällen der Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung der Herstellung der
Totalgewinngleichheit dienen.
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Dass Ereignisse, die erst nach dem Wegfall der
Einkunftserzielungsabsicht eintreten, ertragsteuerrechtlich
gleichwohl relevant sein können, zeigt nicht nur die
dargestellte Rechtsprechung zur Realisierung
„echter“ stiller Reserven, sondern auch der
Umstand, dass Schuldzinsen, die auf einen Schuldenüberhang
entfallen, auch insoweit abgezogen werden können, als sie erst
nach dem Übergang zur Liebhaberei entstehen (dazu noch unten
5.c).
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d) Die in § 8 der VO zu § 180 Abs. 2
AO vorgenommene Beschränkung auf Wirtschaftsgüter des
Anlagevermögens steht dem nicht entgegen. Mit dieser
Vorschrift hat der Verordnungsgeber sich ausdrücklich der -
vorstehend unter 1. dargestellten - materiell-rechtlichen
Beurteilung des Strukturwandels zur Liebhaberei durch die
höchstrichterliche Rechtsprechung anschließen wollen;
die darin angeordnete gesonderte Feststellung bestimmter Werte
dient nur der verfahrensrechtlichen Handhabung und der
Rechtssicherheit (amtliche Begründung vom 28.10.1986, BRDrucks
493/86, 12 f.; Wüllenkemper, EFG 2015, 1433). Die Existenz
dieser Verordnung ändert indes nichts an der
materiell-rechtlichen Behandlung der stillen Reserven. Diese ergibt
sich vielmehr aus den dargestellten allgemeinen Grundsätzen,
die die Rechtsprechung nicht allein für Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens, sondern für sämtliche
Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens herangezogen hat
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60, unter 3.a).
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e) Auch der - vom FA angeführte -
Umstand, dass es nach dem Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht an
einem Steuergegenstand der Gewerbesteuer fehlt und die nunmehr
gleichwohl anfallenden positiven einkommensteuerlichen Ergebnisse
nicht mehr der Gewerbesteuer unterliegen, steht dem gefundenen
Ergebnis nicht entgegen.
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Zum einen gehört es ausdrücklich
nicht zum Inhalt des Grundsatzes der Totalgewinngleichheit, dass
sämtliche Geschäftsvorfälle in identischer Weise
auch bei der Gewerbesteuer erfasst werden (BFH-Urteil vom 4.12.2012
VIII R 41/09, BFHE 239, 437, BStBl II 2014, 288 = SIS 13 04 86, Rz
29). So darf die Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung auch dann beibehalten werden,
wenn es weder zu einer Betriebsveräußerung noch zu einer
Betriebsaufgabe kommt, sondern ein Betrieb schlicht eingestellt
wird. Dies hat zur Folge, dass Zahlungen, die erst nach einer
solchen Betriebseinstellung zufließen, nicht mehr der
Gewerbesteuer unterliegen (BFH-Urteil in BFHE 110, 137, BStBl II
1973, 786 = SIS 73 04 29).
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Zum anderen dürfte ein Betrieb, der
zunächst - einkommen- und gewerbesteuerrechtlich relevante -
Anlaufverluste erzielt hat und dann in die Liebhaberei
übergeht, gewerbesteuerlich einen so hohen Verlustvortrag
aufgebaut haben, dass die gewerbesteuerliche Nichterfassung der
Nachversteuerung der Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter
des Umlaufvermögens in der Praxis nicht zu einem
tatsächlichen Ausfall an erzielbarem Gewerbesteueraufkommen
führt.
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4. Der Höhe nach ist im Zeitpunkt der
Verwirklichung eines Realisationsaktes derjenige (Netto-)Betrag als
nachträgliche Betriebseinnahme (§ 24 Nr. 2 i.V.m. §
15 Abs. 1 EStG) anzusetzen, der für das einzelne
Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens zum Zeitpunkt des
Strukturwandels zur Liebhaberei in eine Übergangsbilanz
einzustellen gewesen wäre. Daraus folgt, dass solche
Wertminderungen, die bereits vor dem Strukturwandel zur Liebhaberei
eingetreten sind, zugunsten des Steuerpflichtigen
berücksichtigt werden. Später eintretende
Wertänderungen sind steuerlich indes irrelevant.
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Anders als das FA meint, ist eine Korrektur
umsatzsteuerlicher Auswirkungen auf die Einkommensteuer
grundsätzlich nicht erforderlich. Zwar konnte der Kläger
während des Bestehens seines Erwerbsbetriebs im Zeitpunkt der
Bezahlung des Einkaufspreises der erworbenen Wirtschaftsgüter
nicht nur die Netto-Anschaffungskosten, sondern auch die gezahlte
Vorsteuer als Betriebsausgaben abziehen. Die daraus resultierende
Vorsteuererstattung musste er aber im Zeitpunkt ihres Zuflusses
(bzw. der Verrechnung mit zu zahlender positiver Umsatzsteuer) als
Betriebseinnahme versteuern. In Bezug auf die Umsatzsteuer kann
eine Korrektur nur insoweit geboten sein, als
Vorsteuerbeträge, die im letzten Voranmeldungszeitraum vor dem
Eintritt in die Liebhaberei gezahlt wurden, sich als
Betriebsausgaben ausgewirkt haben, der Kläger die daraus
resultierende Vorsteuererstattung aber erst nach Eintritt in die
Liebhaberei vereinnahmt und daher nicht mehr als Betriebseinnahme
erfasst hat.
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5. Das angefochtene Urteil entspricht nicht in
vollem Umfang diesen Grundsätzen. Zwar hat das FG zu Recht den
Ansatz eines Übergangsgewinns im Zeitpunkt des Strukturwandels
abgelehnt. Es hat aber übersehen, dass nicht nur die
Veräußerung oder Aufgabe des gesamten
(Liebhaberei-)Betriebs, sondern auch die Veräußerung
oder Entnahme eines einzelnen Wirtschaftsguts als Realisationsakt
anzusehen ist, der die vorstehend unter 3. und 4. beschriebenen
Rechtsfolgen auslöst.
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a) Die Sache ist nicht spruchreif, da es
angesichts der umfangreichen, vom Kläger für das
Streitjahr 2001 erklärten Betriebseinnahmen naheliegt, dass
bereits im Jahr 2001 ein großer Teil des im Zeitpunkt des
Wegfalls der Gewinnerzielungsabsicht vorhandenen Warenbestands
veräußert bzw. entnommen worden ist. Das FG wird im
zweiten Rechtsgang aufklären, in welchem Umfang diese
Veräußerungen oder Entnahmen sich auf
Wirtschaftsgüter beziehen, die beim Eintritt in die
Liebhaberei bereits vorhanden und deren Anschaffungskosten als
Betriebsausgaben abgesetzt worden waren. In Bezug auf diese
Wirtschaftsgüter wären im Streitjahr 2001
nachträgliche Betriebseinnahmen in dem vorstehend unter 4.
genannten Umfang anzusetzen. Dabei bestehen im Streitfall keine
Bedenken, einen Wertverfall, der im Zeitpunkt des Strukturwandels
im Vergleich zu den historischen Anschaffungskosten der Waren
eingetreten war - ebenso wie der Betriebsprüfer - mittels
eines pauschalen Wertabschlags zu berücksichtigen.
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b) Ebenso wie der Steuerpflichtige die
Möglichkeit hat, im Zeitpunkt des Strukturwandels zur
Liebhaberei - freiwillig - die Betriebsaufgabe zu erklären
(vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381 = SIS 82 25 60, unter 3.b), so hat er auch das Recht, auf den Zeitpunkt des
Strukturwandels zum Betriebsvermögensvergleich
überzugehen und einen Übergangsgewinn zu ermitteln. Dies
würde eine vereinfachende Wirkung für die Folgejahre
entfalten. Hiervon hat der Kläger im Streitfall bisher keinen
Gebrauch gemacht, kann dies aber ggf. noch nachholen, soweit ein
entsprechender Übergangsgewinn verfahrensrechtlich noch
erfasst werden könnte.
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c) Nach ständiger Rechtsprechung des
erkennenden Senats (Urteile in BFHE 199, 241, BStBl II 2002, 809 =
SIS 02 95 19; vom 31.7.2002 X R 48/99, BFHE 200, 504, BStBl II
2003, 282 = SIS 03 13 45, unter II.3.; vom 21.7.2004 X R 33/03,
BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063 = SIS 04 39 54, unter II.3.b bb,
und vom 17.11.2004 X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336 =
SIS 05 16 27, unter II.2.), der sich auch der XI. Senat des BFH
angeschlossen hat (BFH-Urteil vom 15.11.2006 XI R 58/04, BFH/NV
2007, 434 = SIS 07 06 84, unter II.2.), sind Schuldzinsen auch nach
dem Übergang zur Liebhaberei abziehbar, soweit die
entsprechenden Verbindlichkeiten nicht aus dem in diesem Zeitpunkt
vorhandenen aktiven Betriebsvermögen hätten getilgt
werden können.
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Da in der Gewinnermittlung des Klägers
Schuldzinsen ausgewiesen sind, wird das FG zu klären haben, ob
im Betrieb des Klägers im Zeitpunkt des Strukturwandels ein
entsprechender Schuldenüberhang bestanden hat.
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Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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