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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger), der mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen
veranlagt wird, erzielte im Streitjahr (2006) Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit, Renten sowie aus Vermietung und
Verpachtung. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
beruhten auf der Vermietung von insgesamt drei Eigentumswohnungen.
Die Wohnung in A hatte der Kläger im Jahr 2000 erworben. Die
Wohnungen in B hatte er gemeinsam mit seiner Ehefrau im Jahr 1997
erworben. Alle drei Wohnungen waren fremdfinanziert. Die
Mieteinnahmen waren nicht ausreichend, um die laufenden Kosten
einschließlich der Annuitäten für die aufgenommenen
Darlehen zu decken. Dies war zumindest mitursächlich für
die Zahlungsschwierigkeiten des Klägers, die dazu
führten, dass für die Wohnung in A am 10.12.2004 die
Zwangsversteigerung und am 27.1.2005 die Zwangsverwaltung
angeordnet wurde. Für die Wohnungen in B wurde die
Zwangsverwaltung am 28.2.2005 und die Zwangsversteigerung am
3.3.2005 angeordnet. Darüber hinaus wurde auf Antrag des
Klägers am 24.3.2005 über sein Vermögen das
Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet.
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Die Eigentumswohnung in A wurde am
25.1.2006, die Wohnungen in B wurden am 12.6.2006 außerhalb
des Insolvenzverfahrens versteigert.
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Der Insolvenztreuhänder erzielte
Einnahmen in Höhe von ca. 140.000 EUR, wobei ca. 133.200 EUR
aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers resultierten. Es
handelte sich hierbei um pfändbare Anteile des
Arbeitseinkommens und eine Vorruhestands-Abfindung. Diesen
Einnahmen standen nach dem endgültigen Schlussverzeichnis
Insolvenzforderungen in Höhe von ca. 575.000 EUR
gegenüber, die aus den Versteigerungserlösen nicht
gedeckt werden konnten. Darin enthalten waren Forderungen der die
Eigentumswohnungen finanzierenden Banken in Höhe von ca.
384.000 EUR. Nach Vollzug der Schlussverteilung wurde das
Insolvenzverfahren am 25.4.2007 aufgehoben. Der
Insolvenztreuhänder erhielt für seine Tätigkeit im
Insolvenzverfahren aus der Masse eine nach der Höhe der
erzielten Einnahmen berechnete Vergütung in Höhe von
28.272,83 EUR.
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Dem Kläger wurde nach Ablauf der sog.
Wohlverhaltensphase durch Beschluss vom 29.7.2011
Restschuldbefreiung erteilt. Für seine Tätigkeit in
diesem Verfahren erhielt der Treuhänder eine weitere
Vergütung in Höhe von 3.514,21 EUR.
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Die Einkommensteuererklärung des
Klägers für das Streitjahr enthielt keine Anlage V und
führte zu einer erklärungsgemäßen Veranlagung.
Mit dem Einspruch begehrte der Kläger, die an den
Treuhänder gezahlte Vergütung entweder als Werbungskosten
oder als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) wies den
Einspruch als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt
und berücksichtigte die an den Insolvenztreuhänder
gezahlte Vergütung als außergewöhnliche Belastung
nach § 33 EStG.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
Köln vom 23.5.2013 6 K 2216/08 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ). Die Vergütung des Insolvenztreuhänders ist
weder bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung noch
als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG
zu berücksichtigen.
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1. Das FG hat die
Insolvenztreuhändervergütung zu Recht nicht als
Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus
Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
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Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind
Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung
von Einnahmen. Zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen
Einnahmen muss ein Veranlassungszusammenhang bestehen. Eine
derartige Veranlassung liegt vor, wenn (objektiv) ein
wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und
Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die
Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung
getätigt werden. Maßgeblich ist, ob bei wertender
Beurteilung das auslösende Moment für das Entstehen der
Aufwendungen der einkommensteuerrechtlich relevanten
Erwerbssphäre zuzuordnen ist (z.B. Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.10.2015 IX R 35/14, BFHE 252, 34,
BStBl II 2016, 210 = SIS 16 00 95; vom 8.4.2014 IX R 45/13, BFHE
244, 442, BStBl II 2015, 635 = SIS 14 13 88; vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1,
BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37).
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2. Nach diesen Grundsätzen ist die
Vergütung des Insolvenztreuhänders insgesamt dem
Privatbereich des Klägers zuzuordnen und kann deshalb nicht -
auch nicht anteilig - als Werbungskosten bei den Einkünften
aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.
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Zwar war im Streitfall die Finanzierung der
Eigentumswohnungen mitursächlich für die
Zahlungsschwierigkeiten des Klägers und damit für die
spätere Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit
den entsprechenden Kostenfolgen, u.a. der
Insolvenztreuhändervergütung. Objektiv bestand danach ein
wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Erzielung von Einnahmen
aus Vermietung und Verpachtung und den streitigen Aufwendungen.
Jedoch hat der Kläger die Aufwendungen nicht zur
Förderung der Nutzungsüberlassung getätigt. Die
Durchführung eines Insolvenzverfahrens dient dazu, die
Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen,
indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös
verteilt wird (§ 1 der Insolvenzordnung - InsO - ). Ferner
erhält der redliche Schuldner die Chance, sich von seinen
Schulden zu befreien (§ 1 i.V.m. §§ 287 Abs. 1, 305
InsO). Das Verbraucherinsolvenzverfahren betrifft damit die
wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen als Person und
mithin die private Lebensführung, indem es eine geordnete
Befriedigung der Gläubiger für den Fall ermöglicht,
dass das Einkommen und Vermögen nicht zu deren
vollständiger Befriedigung ausreicht. Bei der erforderlichen
wertenden Beurteilung kommt diesem privaten Umstand - die
Schuldentilgung ist dem Vermögensbereich des Steuerpflichtigen
zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 7.8.1990 IX R 139/86, BFH/NV 1991,
94) - das entscheidende Gewicht zu. Er ist das
„auslösende Moment“ für das Entstehen
der getätigten Aufwendungen, welche damit insgesamt der
Privatsphäre und nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten
Erwerbssphäre zuzuordnen sind. Die Aufwendungen hierfür
sind daher auch dann nicht bei der Einkünfteermittlung
abziehbar, wenn - wie im Streitfall zu den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung - Bezüge zu einzelnen
Einkunftsarten vorliegen (im Ergebnis gl.A. Rößler, FR
1999, 1357; a.A. Müller, Deutsches Steuer-Zeitung 1999,
645).
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3. Die Aufwendungen waren auch nicht als
außergewöhnliche Belastung gemäß § 33
EStG zu berücksichtigen.
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Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die
Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen
zwangsläufig größere Aufwendungen als der
überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher
Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen
Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche
Belastungen). Aufwendungen sind in diesem Sinne zwangsläufig,
wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen,
tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen
kann, soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen
angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1
EStG). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die vorstehend
aufgezählten Gründe von außen derart auf die
Entschließung des Steuerpflichtigen einwirken, dass er ihnen
nicht auszuweichen vermag (vgl. BFH-Urteile vom 19.5.1995 III R
12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774 = SIS 95 22 04, und vom
23.5.2001 III R 33/99, BFH/NV 2001, 1391 = SIS 01 77 28).
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Hat der Steuerpflichtige durch sein Verhalten
die entscheidende Ursache für die geltend gemachten
Aufwendungen selbst gesetzt, kann er sich nicht darauf berufen, er
habe sich in einer Zwangslage befunden (vgl. BFH-Urteile vom
9.5.1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596 = SIS 96 23 02, und in BFH/NV 2001, 1391 = SIS 01 77 28; Senatsurteil vom
19.11.2015 VI R 38/14, BFH/NV 2016, 902 = SIS 16 09 75). Denn es
kommt darauf an, ob das der Zahlungsverpflichtung als wesentliche
Ursache zugrunde liegende Ereignis als solches für den
Steuerpflichtigen zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFH/NV 2001,
1391 = SIS 01 77 28). Daher steht es der Abziehbarkeit von
außergewöhnlichen Belastungen entgegen, wenn den
Steuerpflichtigen ein Verschulden an der Entstehung der
Aufwendungen trifft (Senatsurteile in BFH/NV 2016, 902 = SIS 16 09 75; vom 29.3.2012 VI R 70/10, BFHE 237, 90, BStBl II 2012, 572 =
SIS 12 15 36; BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1391 = SIS 01 77 28). Denn
er hat dann durch sein Verhalten die entscheidende Ursache für
die geltend gemachten Aufwendungen selbst gesetzt und kann sich
daher nicht darauf berufen, er habe sich in einer Zwangslage
befunden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596 =
SIS 96 23 02, und in BFH/NV 2001, 1391 = SIS 01 77 28; Senatsurteil
in BFH/NV 2016, 902 = SIS 16 09 75).
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4. Das FG ist unter Zugrundelegung der -
mittlerweile aufgegebenen (vgl. Senatsurteil vom 18.6.2015 VI R
17/14, BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800 = SIS 15 18 42) -
Grundsätze des Senatsurteils vom 12.5.2011 VI R 42/10 (BFHE
234, 30, BStBl II 2011, 1015 = SIS 11 22 60) zur Abziehbarkeit von
Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu dem
Ergebnis gelangt, die Insolvenztreuhändervergütung sei
als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG
anzuerkennen. Für die Entscheidung des Streitfalls kann
offenbleiben, ob Kosten eines Insolvenzverfahrens den Aufwendungen
für einen Zivilprozess gleichzustellen sind. Denn die im
Streitfall geltend gemachte Vergütung des
Insolvenztreuhänders ist bereits nach den angeführten -
auch für Zivilprozesskosten geltenden - allgemeinen
Grundsätzen nicht nach § 33 EStG steuermindernd zu
berücksichtigen.
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Im Streitfall hat der Kläger die Ursache
für die streitigen Aufwendungen selbst gesetzt. Ihn trifft
aufgrund der gewählten Gestaltung beim Erwerb der
Eigentumswohnungen ein Verschulden am Eintreten der
Überschuldung und mithin der Notwendigkeit eines
Insolvenzverfahrens mit entsprechenden Kostenfolgen. Denn nach den
Feststellungen des FG war für die Zahlungsschwierigkeiten des
Klägers zumindest mitursächlich, dass alle drei
vermieteten Wohnungen fremdfinanziert waren und die Mieteinnahmen
nicht ausreichten, um die laufenden Kosten einschließlich der
Annuitäten für die aufgenommenen Darlehen zu decken.
Damit hatte sich der Kläger auf eine Vertragsgestaltung
eingelassen, die konkret in der Weise risikobehaftet war, dass die
Investitionen sich bereits auf der Grundlage der wirtschaftlichen
Lage bei Abschluss der Verträge nicht trugen. Mit den
Zahlungsschwierigkeiten hat sich demnach ein Risiko verwirklicht,
das schon in der konkreten Gestaltung bei Vertragsabschluss
angelegt und nicht etwa auf später eingetretene
unvorhersehbare Umstände zurückzuführen war. Es
beruhte vielmehr wesentlich auf der vom Kläger eingegangenen
Gestaltung. Hat sich der Steuerpflichtige aber auf eine
vertragliche und wirtschaftliche Gestaltung eingelassen, die
konkret mit Unsicherheiten behaftet ist, deren Risiken sich
später realisieren, so hat er die wesentliche Ursache für
die hierdurch entstandenen Aufwendungen selbst gesetzt. Sie sind
daher nicht zwangsläufig i.S. des § 33 EStG.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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