1. Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 4.8.2016 6 K
113/16 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten dieses Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
2. Auf die Revision des Beklagten wird das
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 4.8.2016 6 K
113/16 aufgehoben, soweit das Finanzgericht der Klage stattgegeben
hat.
Die Sache wird insoweit an das Niedersächsische Finanzgericht
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens des Beklagten übertragen.
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I. Die Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist
eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts mit einer Niederlassung
in den Niederlanden. Gesellschafter und Geschäftsführer
(„director“) sind S und Y. S gehört nicht zu dem
Personenkreis des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes
(StBerG). Y war in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als
Steuerberater bestellt gewesen. Seine Bestellung wurde im Jahr 2000
wegen Vermögensverfalls bestandskräftig
widerrufen.
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Die Klägerin berät in Deutschland
zahlreiche Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten und tritt als
deren Bevollmächtigte auf. Nach Auskunft der zuständigen
Steuerberaterkammer ... u.a. vom 29.5.2013 und vom 13.5.2014 sind
weder die Klägerin noch S und Y gemäß § 3a
StBerG in deren Berufsregister eingetragen. Die Klage der
Klägerin gegen die Steuerberaterkammer auf vorübergehende
Eintragung in das Berufsregister nach § 3a Abs. 3 StBerG wurde
rechtskräftig abgewiesen.
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Die Klägerin reichte als
Bevollmächtigte der Z Ltd. im Dezember 2015 beim Beklagten,
Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) den
Fragebogen zu deren steuerlichen Erfassung nebst Unterlagen und
eine Vollmacht der Z Ltd. mit dem Betreff „Kommunikation mit
dem Finanzamt ...“ (= FA) ein. Die Vollmacht berechtigt u.a.
zur außergerichtlichen Vertretung vor Finanzbehörden und
zur Einlegung und Rücknahme von Rechtsbehelfen.
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Durch Bescheid vom 14.12.2015 wies das FA
die Klägerin gemäß § 80 Abs. 5 der
Abgabenordnung in der bis einschließlich 2016 geltenden
Fassung (AO) als Bevollmächtigte und Beistand in den
Steuersachen ihrer Auftraggeberin, der Z Ltd., mit Wirkung für
alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der
Z Ltd. in seinem Zuständigkeitsbereich zurück.
Gleichzeitig wies das FA die Z Ltd. auf die Zurückweisung hin.
Zur Begründung führte das FA aus, die Klägerin sei
nicht befugt, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen
zu leisten. Der Einspruch blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) wies die auf
Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 14.12.2015
gerichtete Klage als unbegründet ab, da der Bescheid nicht
nichtig sei. Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Aufhebung des
Bescheids und des „Einspruchsbescheids“ vom 11.3.2016
gab das FG mit der Begründung statt, § 80 Abs. 5 AO lasse
die Zurückweisung nur für das jeweilige Verfahren und den
jeweiligen Verfahrensabschnitt zu, nicht aber für alle
anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren eines
Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich eines Finanzamts.
Das Urteil des FG ist in EFG 2017, 92 = SIS 17 00 81
veröffentlicht.
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Die Klägerin legte gegen das Urteil
des FG mit einem von Y unterzeichneten Schriftsatz Revision ein.
Zur Begründung führte sie aus, sie könne die
Revision selbst einlegen. Sie habe jährlich die Meldung nach
§ 3a StBerG an die Steuerberaterkammer ... erstattet und sei
daher in Deutschland zur geschäftsmäßigen
Hilfeleistung in Steuersachen berechtigt. S und Y seien zudem
Advocates nach dem Recht Großbritanniens und damit
europäische Rechtsanwälte im Sinne des Gesetzes über
die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in
Deutschland (EuRAG). Die Revision müsse auch in der Sache
selbst Erfolg haben. Der Zurückweisungsbescheid sei
rechtswidrig und nichtig.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Angelegenheit an das FG zur
erneuten Verhandlung und Beweiserhebung
zurückzuverweisen,
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hilfsweise, unter Änderung der
Vorentscheidung den Zurückweisungsbescheid unter Feststellung
dessen Nichtigkeit aufzuheben,
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weiter hilfsweise, ihn als rechtswidrig
aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision der
Klägerin als unzulässig zu verwerfen, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Es habe die Zurückweisung der
Klägerin mit Wirkung für alle anhängigen und
zukünftigen Verwaltungsverfahren der Z Ltd. in seinem
Zuständigkeitsbereich aussprechen dürfen.
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II. Die Revision der Klägerin ist
unzulässig und war daher zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Klägerin hat den beim
Bundesfinanzhof (BFH) bestehenden Vertretungszwang nicht
beachtet.
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1. Nach § 62 Abs. 4 Satz 1 FGO
müssen sich die Beteiligten vor dem BFH durch
Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch
für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem BFH
eingeleitet wird (§ 62 Abs. 4 Satz 2 FGO).
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a) Als Bevollmächtigte sind
gemäß § 62 Abs. 4 Satz 3 FGO nur die in § 62
Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichneten Personen und Gesellschaften
zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des § 62
Abs. 4 Satz 3 FGO zur Vertretung berechtigt ist, kann sich
gemäß § 62 Abs. 4 Satz 5 FGO selbst vertreten.
Für Behörden und juristische Personen des
öffentlichen Rechts gelten die Sondervorschriften des §
62 Abs. 4 Satz 4 FGO.
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Von § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichnet
werden Rechtsanwälte, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte
Buchprüfer sowie Gesellschaften i.S. des § 3 Nr. 2 und 3
StBerG, die durch solche Personen handeln. Den Rechtsanwälten
gleichgestellt sind gemäß § 2 Abs. 1 EuRAG i.V.m.
§§ 1, 3 Abs. 1 und 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung
(BRAO) niedergelassene europäische Rechtsanwälte. Ein
niedergelassener europäischer Rechtsanwalt ist nach § 2
Abs. 1 EuRAG ein europäischer Rechtsanwalt, der auf Antrag in
die für den Ort seiner Niederlassung zuständige
Rechtsanwaltskammer aufgenommen wurde (§ 3 EuRAG).
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Gesellschaften i.S. des § 3 Nr. 2 und 3
StBerG sind Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner
ausschließlich die in § 3 Nr. 1 StBerG genannten
Personen (Steuerberater, Steuerbevollmächtigte,
Rechtsanwälte, niedergelassene europäische
Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte
Buchprüfer) sind, sowie Steuerberatungsgesellschaften,
Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
und Buchprüfungsgesellschaften. Steuerberatungsgesellschaften
bedürfen nach § 32 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 49
ff. StBerG der Anerkennung. Die Anerkennung setzt nach § 32
Abs. 3 Satz 2 StBerG u.a. voraus, dass die Gesellschaft von
Steuerberatern verantwortlich geführt wird.
Rechtsanwaltsgesellschaften bedürfen der Zulassung
gemäß §§ 59c ff. BRAO.
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b) Die Klägerin kann sich nicht nach
§ 62 Abs. 4 Satz 5 FGO beim BFH selbst vertreten. Sie
erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 62 Abs. 4 Satz 3
i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO. Sie ist keine Gesellschaft i.S. des
§ 3 Nr. 2 oder 3 StBerG. Sie ist nicht als
Steuerberatungsgesellschaft anerkannt und nicht als
Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen. Dass es sich bei S und Y um
niedergelassene europäische Rechtsanwälte handle, bringt
die Klägerin nicht vor und ist auch nicht ersichtlich.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sind Advocates nach dem
Recht Großbritanniens, die keine niedergelassenen
europäischen Rechtsanwälte i.S. der §§ 2, 3
EuRAG sind, beim BFH nicht vertretungsbefugt. Davon abgesehen hat
die Klägerin ihr Vorbringen, S und Y seien solche Advocates,
nicht belegt.
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c) Die Klägerin kann sich im vorliegenden
Zusammenhang nicht auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union -
AEUV - ) berufen.
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aa) Nach Art. 56 Abs. 1 AEUV sind die
Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb
der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in
einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des
Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe der
dem Art. 56 AEUV folgenden Bestimmungen verboten. Dienstleistungen
im Sinne der Verträge sind gemäß Art. 57 Abs. 1
AEUV Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden,
soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und
Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen
unterliegen. Als Dienstleistungen gelten insbesondere gewerbliche
Tätigkeiten, kaufmännische Tätigkeiten,
handwerkliche Tätigkeiten und freiberufliche Tätigkeiten.
Das Wesensmerkmal des Entgelts besteht darin, dass es die
wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung
darstellt, wobei die Gegenleistung in der Regel zwischen dem
Erbringer und dem Empfänger der Leistung vereinbart wird
(Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Freskot vom
22.5.2003 C-355/00, EU:C:2003:298, Rz 55, m.w.N.).
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bb) Die Einlegung von Rechtsmitteln bei
Gericht im eigenen Namen ist danach keine unter die
Dienstleistungsfreiheit fallende Dienstleistung. Zum einen fehlt es
an einem Dienstleistungsempfänger. Es handelt sich nicht um
eine Dienstleistung gegenüber dem Gericht, sondern um ein
Handeln im eigenen Interesse. Zum anderen erfolgt dieses Handeln
auch nicht gegen Entgelt. Der freie Dienstleistungsverkehr
innerhalb der Union ist somit nicht betroffen.
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cc) Mit der Einlegung der Revision beim BFH im
eigenen Namen hat die Klägerin somit keine Dienstleistung i.S.
der Art. 56, 57 AEUV erbracht.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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3. Der Senat entscheidet über die
Revision der Klägerin abweichend von § 126 Abs. 1 FGO,
wonach eine unzulässige Revision durch Beschluss zu verwerfen
ist, durch Urteil; denn das FA hat eine zulässige Revision
eingelegt, über die durch Urteil zu entscheiden ist (vgl.
BFH-Urteil vom 21.6.2012 IV R 42/11, BFH/NV 2012, 1927 = SIS 12 29 61, Rz 27, m.w.N.).
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III. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit das FG der
Klage stattgegeben hat, und insoweit zur Zurückverweisung der
Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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1. Das FG hat zu Unrecht angenommen, § 80
Abs. 5 AO lasse die Zurückweisung nur für das jeweilige
Verfahren und den jeweiligen Verfahrensabschnitt zu, nicht aber
für alle anhängigen und künftigen
Verwaltungsverfahren eines Steuerpflichtigen im
Zuständigkeitsbereich eines Finanzamts.
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a) § 80 Abs. 5 AO enthält in seinem
Wortlaut nicht die vom FG vorgenommene Einschränkung. Nach der
Vorschrift sind Bevollmächtigte und Beistände
zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe
in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein; dies gilt nicht
für Notare und Patentanwälte.
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b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
der systematischen Stellung des § 80 Abs. 5 AO. Die Vorschrift
ist Bestandteil des mit „Bevollmächtigte und
Beistände“ überschriebenen § 80 AO, der im
Dritten Teil der AO „Allgemeine
Verfahrensvorschriften“ und dort im Ersten Abschnitt
„Verfahrensgrundsätze“ enthalten ist.
Diesem systematischen Zusammenhang lässt sich nicht entnehmen,
dass die Zurückweisung auf das jeweilige Verfahren und den
jeweiligen Verfahrensabschnitt beschränkt werden muss.
Aufgrund des systematischen Zusammenhangs zwischen der vom
Steuerpflichtigen erteilten Vollmacht und der Zurückweisung
des Bevollmächtigten ist § 80 Abs. 5 AO vielmehr so zu
verstehen, dass sich die Zurückweisung jedenfalls dann auf
alle anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren eines
Steuerpflichtigen im Zuständigkeitsbereich eines Finanzamts
beziehen darf (und aufgrund des zwingenden Charakters des § 80
Abs. 5 AO auch beziehen muss), wenn sie von der vom
Steuerpflichtigen erteilten Vollmacht (§ 80 Abs. 1 AO) umfasst
werden. Die Vollmacht kann beispielsweise auf die laufend
veranlagten Steuern oder einen bestimmten Veranlagungszeitraum
beschränkt werden (BFH-Urteil vom 19.10.1994 II R 131/91,
BFH/NV 1995, 475; BFH-Beschluss vom 16.1.2001 XI B 14/99, BFH/NV
2001, 888 = SIS 01 66 08), muss dies aber nicht.
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c) Dieses Verständnis des § 80 Abs.
5 AO entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Diese soll
der unbefugten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in
Steuersachen sowohl im Interesse der Steuerpflichtigen als auch der
Finanzverwaltung entgegenwirken. Dieses Ziel könnte nur sehr
eingeschränkt erreicht werden, wenn sich die
Zurückweisung jeweils nur auf das konkrete Verfahren und den
konkreten Verfahrensabschnitt beziehen würde. Da nach §
80 Abs. 8 Satz 2 AO lediglich Verfahrenshandlungen, die der
zurückgewiesene Bevollmächtigte oder Beistand nach der
Zurückweisung vornimmt, unwirksam sind, könnte er bei
einem solchen engen Verständnis des § 80 Abs. 5 AO trotz
ggf. wiederholter Zurückweisung weiterhin zahlreiche
Verfahrenshandlungen in anderen Verfahren oder
Verfahrensabschnitten (etwa anderer Veranlagungs- oder
Voranmeldungszeitraum, andere Steuerart, Einspruchsverfahren)
für den Vollmachtgeber wirksam vornehmen und so die unbefugte
geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen für
diesen in großem Umfang fortsetzen. Dies wäre mit Sinn
und Zweck des § 80 Abs. 5, 8 Satz 2 AO unvereinbar.
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d) Etwas anderes kann auch nicht der in §
7 StBerG vorgesehenen Befugnis des zuständigen Finanzamts zur
Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen entnommen werden.
Diese Untersagung ist zwar unter den in der Vorschrift bestimmten
Voraussetzungen möglich, hat aber nicht dieselbe Wirkung wie
die Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO und kann daher eine
Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO nicht ersetzen.
Lediglich die Zurückweisung hat zur Folge, dass die danach
vorgenommenen Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen
Bevollmächtigten oder Beistands unwirksam sind (§ 80 Abs.
8 Satz 2 AO). § 7 StBerG sieht diese Rechtsfolge für eine
Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen nicht vor. Die
Untersagung der Hilfeleistung in Steuersachen kann nur mit
Zwangsmitteln (Zwangsgeld, § 159 StBerG i.V.m. § 249 Abs.
1 Satz 1, §§ 328 f. AO) und Geldbußen (§ 160
StBerG) durchgesetzt werden. Bei ausländischen Gesellschaften
ohne Niederlassung im Inland ist eine solche zwangsweise
Durchsetzung zumindest mit besonderen Schwierigkeiten
verbunden.
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e) Die weite Auslegung des § 80 Abs. 5 AO
entspricht jedenfalls für den Fall einer nicht
eingeschränkten Vollmacht der durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes
zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016 (BGBl I
2016, 1679) getroffenen, nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes am
1.1.2017 in Kraft getretenen Neuregelung der Zurückweisung von
Bevollmächtigten, die geschäftsmäßig Hilfe in
Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. § 80 Abs. 7
Satz 1 AO n.F. schreibt nunmehr ausdrücklich vor, dass ein
Bevollmächtigter, soweit er geschäftsmäßig
Hilfe in Steuersachen leistet, ohne dazu befugt zu sein, mit
Wirkung für alle anhängigen und künftigen
Verwaltungsverfahren des Vollmachtgebers im
Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörde
zurückzuweisen ist.
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f) Für die Auslegung des § 80 Abs. 5
AO in der bis einschließlich 2016 geltenden Fassung ist nicht
der Meinung zu folgen, die Zurückweisung des
Bevollmächtigten gemäß § 80 Abs. 5 AO sei auf
das jeweilige Verfahren und den jeweiligen Verfahrensabschnitt zu
beschränken, auch wenn diese Auffassung in der Rechtsprechung
und in der Literatur (Urteile des Niedersächsischen FG vom
26.11.2009 6 K 530/08, EFG 2010, 541 = SIS 10 10 00, und vom
26.11.2009 6 K 273/08, DStRE 2010, 1141 = SIS 10 23 93 - vom BFH
insoweit wegen einer engeren Auslegung der
Zurückweisungsbescheide jeweils aufgehoben durch Urteile vom
21.7.2011 II R 6/10, BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906 = SIS 11 28 14, und vom 21.7.2011 II R 7/10, BFH/NV 2011, 1835 = SIS 11 32 94 -
; Urteil des FG Köln vom 20.1.2010 7 K 4391/07, EFG 2010, 895
= SIS 10 14 56; Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 21.9.1984 12 CS 84 A. 1958, Bayerische Verwaltungsblätter
1984, 724 zu § 13 Abs. 5 Satz 1 des Zehnten Buches
Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz
- a.F.; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rz
441; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 80 AO Rz 97; Klein/Rätke, AO,
13. Aufl., § 80 Rz 48; Dumke in Schwarz/Pahlke, AO, § 80
Rz 64; Koenig/Wünsch, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 80 Rz
106; Wackerbeck, EFG 2017, 95) vertreten wird.
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g) Der angefochtene Bescheid vom 14.12.2015
ist demgemäß nicht deshalb rechtswidrig, weil das FA die
Klägerin als Bevollmächtigte und Beistand in den
Steuersachen ihrer Auftraggeberin, der Z Ltd., mit Wirkung für
alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der
Z Ltd. in seinem Zuständigkeitsbereich zurückgewiesen
hat. Die vorgelegte Vollmacht der Z Ltd. ist nicht auf ein
bestimmtes Verfahren oder einen bestimmten Verfahrensabschnitt
beschränkt. Ihr Anwendungsbereich ist lediglich insofern
eingeschränkt, als sie nur gegenüber dem FA und nicht
auch gegenüber anderen Finanzbehörden gilt. Das hat das
FA dadurch berücksichtigt, dass es die Zurückweisung der
Klägerin lediglich für Verwaltungsverfahren der Z Ltd. in
seinem Zuständigkeitsbereich vorgenommen hat.
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h) Ob § 80 Abs. 7 Satz 1 AO n.F. nach der
in § 1 Abs. 11 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung
(Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 18.7.2016) getroffenen
Übergangsregelung auf vor dem 1.1.2017 ergangene, zu diesem
Zeitpunkt aber noch nicht bestandskräftige
Zurückweisungsbescheide anwendbar ist, kann danach auf sich
beruhen.
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i) Da das FG von einer anderen Ansicht
ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
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2. Die Sache ist nicht spruchreif. Aufgrund
der vom FG getroffenen Feststellungen kann nicht entschieden
werden, ob die Klägerin beim Erlass des
Zurückweisungsbescheids vom 14.12.2015 nach den im BFH-Urteil
vom 19.10.2016 II R 44/12 (BFHE 255, 367 = SIS 16 25 08)
dargelegten Grundsätzen zur geschäftsmäßigen
Hilfe in Steuersachen gegenüber der Z Ltd. befugt war. Das FG
wird nunmehr entsprechende Feststellungen nachzuholen haben. Die
Neufassung von § 3a Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG
durch Art. 36 Nr. 2 Buchst. a, Buchst. b Doppelbuchst. cc des
Gesetzes vom 18.4.2016 (BGBl I 2016, 886) muss dabei
unberücksichtigt bleiben; denn für die Prüfung der
Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 14.12.2015 kommt es auf
die Sach- und Rechtslage bei Ergehen des Bescheids an (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 255, 367 = SIS 16 25 08, Rz 12, 27, 44, 47 f.,
67). Die Neufassung von § 3a Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 3 Nr.
7 StBerG ist gemäß Art. 38 des Gesetzes vom 18.4.2016 am
Tag nach der Verkündung dieses Gesetzes, also am 23.4.2016, in
Kraft getreten; sie wirkt nicht zurück. Gleiches gilt auch
für § 3a Abs. 2 Satz 6 StBerG, der durch Art. 36 Nr. 2
Buchst. b Doppelbuchst. dd des Gesetzes vom 18.4.2016
eingefügt wurde.
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3. Die Übertragung der Entscheidung
über die Kosten des Revisionsverfahrens des FA auf das FG
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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