Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 05.09.2017 - 6 K 2010/16 K,
G wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
1
|
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist ein gemeinnütziger Verein zur Selbsthilfe
von und für Personen, die an der X-Krankheit leiden. Dem
Zweckbetrieb „Veranstaltung wissenschaftlicher
Kongresse“ ordnete er auch Einnahmen aus der Vermietung von
Informationsständen an Pharmaunternehmen (Standmieten)
zu.
|
|
|
2
|
Demgegenüber ging der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) in den
Körperschaftsteuerbescheiden 2013 und 2014 vom 26.1.2015 davon
aus, dass die Einnahmen aus der Standvermietung nicht
zweckbetriebszugehörig seien. Dies legte er auch den
Gewerbesteuermessbescheiden 2013 und 2014 vom 6.2.2015 zugrunde.
Die Einsprüche hatten keinen Erfolg.
|
|
|
3
|
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage
teilweise statt. Nach dem in EFG 2017, 1725 = SIS 17 23 04
veröffentlichten Urteil gehört die Standvermietung zwar
nicht zu einem Zweckbetrieb, kann aber nach § 64 Abs. 6 Nr. 1
der Abgabenordnung (AO) pauschal besteuert werden.
|
|
|
4
|
Hiergegen wendet sich das FA mit der
Revision. § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO sei nicht anwendbar, da es
für den Begriff der Werbung kennzeichnend sei, dass die
gemeinnützige Körperschaft selbst Werbung betreibe, so
dass es nicht ausreiche, Ausstellern Werbung für sich selbst
zu ermöglichen. Es solle nur für konkret benannte
Bereiche eine Überbesteuerung vermieden werden. Zudem sei der
erforderliche Zusammenhang nicht gegeben. Es habe sich um
Laienveranstaltungen gehandelt. Überdies liege ein
Verstoß gegen § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die
Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens - Heilmittelwerbegesetz -
(HeilMWerbG) vor. Die Aussteller seien Hersteller von
verschreibungspflichtigen Medikamenten gewesen.
|
|
|
5
|
Das FA beantragt, das Urteil des FG
insoweit aufzuheben, als es der Klage stattgegeben hat und die
Klage auch insoweit abzuweisen.
|
|
|
6
|
Der Kläger hat keinen
ausdrücklichen Antrag gestellt. Er macht geltend, dass
Standmieten und Sponsoring einem Zweckbetrieb zuzurechnen seien. Er
erfülle damit unmittelbare Satzungszwecke. Ein Gebot
kostendeckender Entgelte bestehe nicht. Andere Anbieter auf diesem
Markt gebe es nicht. Beim Sponsoring fehle es schon an einem
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Zumindest stünden die
Einnahmen aus den Standmieten und aus dem Sponsoring in einem
unmittelbaren Zusammenhang mit einem Zweckbetrieb.
|
|
|
7
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Vermietung der
Informationsstände ist zwar kein Zweckbetrieb nach § 65
AO; sie erfüllt aber die Voraussetzungen für die
pauschale Besteuerung nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO. Das FG hat
den Gewinn aus der Werbung durch Vermieten der Standflächen
bei den Kongressen zutreffend mit 15 % der Einnahmen der
Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbeträgen
für die Streitjahre (2013, 2014) zugrunde gelegt.
|
|
|
8
|
1. Der Kläger unterhielt mit der
Vermietung der Standflächen bei den Kongressveranstaltungen
keinen Zweckbetrieb nach § 65 AO.
|
|
|
9
|
a) Ein Zweckbetrieb liegt gemäß
§ 65 AO vor, wenn der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu
dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen
Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO),
diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht
werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche
Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben
derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem
Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der
steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3
AO). Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei
Voraussetzungen erfüllt sein (Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 30.11.2016 - V R 53/15, BFHE 255, 513, BStBl II 2017,
1224 = SIS 16 28 00, Rz 16).
|
|
|
10
|
b) Im Streitfall diente die Vermietung von
Standflächen in ihrer Gesamtrichtung nicht der Verwirklichung
satzungsmäßiger gemeinnütziger Aufgaben des
Klägers, sondern der Beschaffung zusätzlicher Mittel
für seine Tätigkeit. Das FG konnte hierfür darauf
abstellen, dass der Kläger die Standplätze zu einem weit
über den eigenen Kosten liegenden Entgelt überlassen
hatte.
|
|
|
11
|
Soweit der Kläger hiergegen einwendet,
ohne Standmieten sei ihm die Erfüllung seiner
satzungsmäßigen Aufgaben nicht möglich, versteht
der erkennende Senat den schriftlichen Vortrag des in der
mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Klägers
dahingehend, dass er sich damit nur gegen den Angriff des FA gegen
die teilweise Klagestattgabe durch das FG wendet, nicht aber, dass
er eine weitergehende Klagestattgabe erreichen will.
Unabhängig von der Frage der Auslegung seines Vortrages kommt
aber die Annahme eines Zweckbetriebs nicht in Betracht, da aus dem
Überschreiten der Kostendeckung auf den für § 65 AO
schädlichen Hauptzweck der Mittelbeschaffung zu
schließen ist. Denn die Annahme eines Zweckbetriebs i.S. von
§ 65 AO kommt nicht in Betracht, wenn die Tätigkeit in
ihrer Gesamtheit selbst nicht der Zweckerreichung, sondern
lediglich zur Mittelbeschaffung dient (BFH-Urteil vom 5.8.2010
– V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl II 2011, 191 = SIS 10 39 04, Rz 31).
|
|
|
12
|
2. Das FG hat zudem zutreffend die Anwendung
von § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO bejaht.
|
|
|
13
|
a) Nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO kann bei
einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der
sich aus Werbung für Unternehmen ergibt, die im Zusammenhang
mit der steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich
Zweckbetrieben stattfindet, der Besteuerung ein Gewinn von 15 % der
Einnahmen zugrunde gelegt werden.
|
|
|
14
|
b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der
Kläger wirbt i.S. von § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO durch
Vermietung der Standflächen im Zusammenhang mit seiner
steuerbegünstigten Tätigkeit.
|
|
|
15
|
aa) Der Wortlaut des § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO
lässt offen, wer die Werbeleistung aktiv erbringen muss und
lässt somit auch die Auslegung zu, dass passive
Duldungsleistungen ausreichen. Dies wird durch den Normzweck und
die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Bei der
Werbung kann es sich nach der amtlichen Gesetzesbegründung (s.
BTDrucks 14/4626, S. 7) insbesondere um Banden- oder Trikotwerbung
handeln. Dem ist die im Streitfall vorliegende Vermietung von
Standflächen gleichzustellen. Denn auch bei der Bandenwerbung
ist nicht danach zu unterscheiden, ob die steuerbegünstigte
Körperschaft die Banden mit selbst erstelltem Werbematerial
bestückt oder die Bandenfläche überlässt, damit
der Leistungsempfänger sein eigenes Werbematerial anbringt.
Beide Fälle erfüllen den mit der Vorschrift verfolgten
Zweck der Vermeidung einer Überbesteuerung. Dabei ist auch zu
berücksichtigen, dass die Gefahr einer Überbesteuerung
bei einer bloßen Überlassung aufgrund der dann
geringeren Kosten sogar noch verstärkt droht (vgl. auch zur
Standvermietung an Unternehmen zur Selbstdarstellung oder
Produktwerbung Schmidt/Fritz, DB 2001, 2062, 2064).
|
|
|
16
|
bb) Die Werbung bei den
Zweckbetriebsveranstaltungen stand mit diesen und damit mit der
steuerbegünstigten Tätigkeit im Zusammenhang.
Pharmaunternehmen wären ohne Durchführung des Kongresses
nicht bereit gewesen, die vereinbarten Beträge zu bezahlen.
Zudem sind die Kosten des Kongresses und damit die Anmietung von
Räumlichkeiten für den Kongress etc. durch diesen
veranlasst.
|
|
|
17
|
cc) Die Einwendungen des FA hiergegen greifen
nicht durch. Soweit das FA darauf hinweist, nach der
Gesetzesbegründung müsse es für die Werbung
unabdingbare Geschäftsgrundlage sein, dass die
steuerbegünstigte Veranstaltung stattfinde, liegt diese
Voraussetzung nach den Verhältnissen des Streitfalls vor. Denn
die unabdingbare Geschäftsgrundlage erfordert nur den nach dem
Wortlaut des § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO erforderlichen Zusammenhang.
Dass dieselbe Werbung in einem anderen Kontext auch ohne
steuerbegünstigte Tätigkeit erfolgen kann, ist als
hypothetische Überlegung ohne Bedeutung.
|
|
|
18
|
Zudem kommt es auf das Werbeverbot nach §
10 Abs. 1 HeilMWerbG nicht an, da dieses einer bloßen
Informationsverschaffung an Interessierte nicht entgegensteht (vgl.
z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.10.2011 – I ZR
223/06, MultiMedia und Recht 2012, 370). Selbst wenn ein
Verstoß gegen diese Vorschrift vorläge, wäre dies
nach § 40 AO unbeachtlich.
|
|
|
19
|
3. Über die Frage des Sponsorings ist
nicht zu entscheiden, da sich der erstinstanzliche Klageantrag auf
die steuerlichen Auswirkungen der Standmieten beschränkte.
|
|
|
20
|
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|