Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 10.01.2018 - 1 K 1142/16
aufgehoben, soweit der Klage stattgegeben wurde.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Unter Aufhebung der Kostenentscheidung des
Finanzgerichts werden die Kosten des gesamten Verfahrens der
Klägerin auferlegt.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) betreibt eine Photovoltaikanlage (Solarpark), die
Strom in das öffentliche Netz einspeist. Der Solarpark hat
eine maximale DC-Gesamtleistung (Gleichstrom) von ... Kilowatt
peak. Er ist an das Hochspannungsnetz des lokalen
Verteilernetzbetreibers angeschlossen, in das die erzeugte Energie
mit einer AC-Spannung (Wechselstrom) von 110 Kilovolt (kV)
eingespeist werden muss. Die im Solarpark erzeugte DC-Spannung wird
daher mit Hilfe von Wechselrichtern ausgangsseitig in ca. 360 Volt
AC umgewandelt. Zunächst wird die Spannung direkt am
Wechselrichter mit einem Mittelspannungstrafo auf eine
Mittelspannung von 20 kV gebracht und anschließend in einem
neun km entfernten Umspannwerk der Klägerin mit einem
Hochspannungstrafo auf 110 kV erhöht.
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Mit Entlastungsanmeldung vom 20.11.2014
beantragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine
Steuerentlastung für Strom zur Stromerzeugung gemäß
§ 12a der Verordnung zur Durchführung des
Stromsteuergesetzes (StromStV) für den Zeitraum vom 1.1.2013
bis zum 20.10.2013 in Höhe von 1.348,78 EUR. Dies lehnte der
Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA - ) mit
Bescheid vom 26.1.2015 ab, weil der Stromerzeugungsvorgang im
technischen Sinn mit der Entstehung des Stroms in den
Photovoltaik-Modulen abgeschlossen sei und Transformations- und
Umspannanlagen sowie Wechselrichter einschließlich deren
Beheizung oder Kühlung nicht begünstigt seien.
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Mit Bescheid vom 21.4.2016 gewährte
das HZA eine Steuerentlastung in Höhe von 146,58 EUR für
die in den Wechselrichtern verbrauchte Strommenge. Im Übrigen
wies es den Einspruch zurück.
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Das Finanzgericht urteilte, die
Klägerin habe einen Anspruch auf die Entlastung von der
Stromsteuer für die in den Transformations- und Umspannanlagen
verbrauchte Strommenge. In die Begünstigung seien solche
Neben- und Hilfseinrichtungen einzubeziehen, ohne die eine
Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden könne. Die
Produktion der Klägerin in der Photovoltaikanlage sei darauf
ausgerichtet, Strom in das öffentliche Energieversorgungsnetz
einzuspeisen, was in technischer Hinsicht nur möglich sei,
wenn der erzeugte Strom zuvor von der Niederspannung auf eine
Hochspannung von 110 kV gebracht werde. Es bestehe zwar
grundsätzlich auch die Möglichkeit, Strom in ein
Niederspannungsnetz einzuspeisen. Jedoch seien
Niederspannungsanlagen nicht in der Lage, die Menge des von einer
größeren gewerblichen Photovoltaikanlage produzierten
Stroms aufzunehmen. Die Einspeisung des Stroms in ein etwaiges
Niederspannungsnetz könne von der Klägerin zudem weder
technisch noch wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden.
Darüber hinaus sei die Baugenehmigung mit einem
Übergabepunkt zu 110 kV erteilt worden. Schließlich
werde ein Teil des Inputs besteuert, wenn der zum Betrieb der
Transformations- und Umspannanlage verbrauchte Strom nicht
steuerfrei gestellt würde.
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Das HZA begründet seine Revision
dahingehend, „im technischen Sinne verbraucht“
gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV werde nur der
Strom, ohne den die Stromerzeugungsanlage technisch nicht
ordnungsgemäß betrieben werden könne. Anlagen oder
Anlagenbestandteile, denen im Hinblick auf den Herstellungsprozess
von Strom keine betriebsnotwendige Bedeutung zukomme, schieden
somit für die Gewährung der Begünstigung aus.
Transformations- und Umspannanlagen gehörten nicht mehr zur
Stromerzeugungseinheit, da der erzeugte Strom unmittelbar und ohne
vorherige Umspannung für den Netztransport zur eigenen
Verwendung, aber auch zu Stromleistungen an Dritte verwendet werden
könne. Es bestehe auch die Möglichkeit, Strom in ein
Niederspannungsnetz einzuspeisen. Da von einem einzigen
Versorgungsnetz auszugehen sei, das nicht in verschiedene Teilnetze
aufgespalten werden könne, sei fraglich, welche
Transformations- und Umspannanlagen noch der Stromerzeugung
zuzuordnen wären. Transformatoren würden weiterhin auch
in Betrieben eingesetzt, die keine Stromerzeugungsanlagen
betrieben, um den Strom auf bedarfsgerechte Spannungen zu bringen.
Die Transformations- und Umspannanlagen der Klägerin seien
zudem nur erforderlich, um den überregionalen Transport des
erzeugten Stroms möglichst verlustfrei zu gewährleisten.
Darüber hinaus sei der reine Produktionsprozess von Strom zum
Zeitpunkt der Stromumwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom
bereits abgeschlossen. Ferner handele es sich bereits bei
(Niederspannungs-)Gleichstrom um eine Ware i.S. der Kombinierten
Nomenklatur (KN) und um einen Steuergegenstand. Dass bestimmte
Anlagenteile für eine Stromerzeugungsanlage erforderlich
seien, um diese wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben, sei
sicherlich zutreffend, aber für die stromsteuerrechtliche
Beurteilung ohne Bedeutung.
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Das HZA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage auch
insoweit abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Die Transformation des
Niederspannungs-Wechselstroms in Mittelspannung und dann in
Hochspannung sei für die Einspeisung des Stroms in das
öffentliche Netz erforderlich. Erst durch diese Einspeisung
entstehe aus dem in den Solarmodulen produzierten und in den
Wechselrichtern umgewandelten Strom aus dem Versorgungsnetz zu
entnehmender steuerpflichtiger Strom. Der Herstellungsprozess sei
somit erst mit der Einspeisung in das öffentliche Netz
abgeschlossen. Besteuerte man den Strom, der dafür eingesetzt
werde, dass der Strom dem Endverbraucher zugänglich gemacht
werde, führte dies zu einer Doppelbesteuerung. Der
Trafostation und dem Umspannwerk komme eine im Hinblick auf die
Stromerzeugung betriebsnotwendige Bedeutung zu. Da der
Stromverbrauch in der Trafostation und dem Umspannwerk mit der
Herstellung des Erzeugnisses Hochspannungs-Wechselstrom im
Zusammenhang stehe, sei die Entstehung der Stromsteuer nach der
Richtlinie (EG) 2003/96 des Rates vom 27.10.2003 zur
Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur
Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom -
EnergieStRL - (Amtsblatt der Europäischen Union 2003, Nr. L
283/51) ausgeschlossen. Außerdem sei nach der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs (BFH) der Umfang des stromsteuerrechtlichen
Herstellerprivilegs nach dem konkreten Produkt „Strom“
zu bestimmen, das der Hersteller in seinem Betrieb erzeuge und auf
dem Markt anbiete. In Fortführung der BFH-Rechtsprechung
müsse neben der Wechselstromerzeugung auch die Erzeugung von
Hochspannungs-Wechselstrom steuerfrei sein. Denn
Niederspannungs-Wechselstrom sei für sie - die Klägerin -
weder tatsächlich noch nach ihren vertraglichen
Verpflichtungen als Ware handelbar.
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II. Die Revision ist begründet und
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit der
Klage stattgegeben wurde, und zur Abweisung der Klage auch insoweit
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Das angefochtene Urteil verletzt insoweit Bundesrecht (§
118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat für die im Jahr
2013 in ihren Transformations- bzw. Umspannanlagen für die
Transformation des Niederspannungs-Wechselstroms auf die für
das öffentliche Energieversorgungsnetz erforderliche Mittel-
bzw. Hochspannung verbrauchten Strommengen keinen Anspruch auf
Entlastung von der Stromsteuer nach § 12a Abs. 1 Satz 1
StromStV i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes in
der hier maßgeblichen Fassung (StromStG).
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1. Nach § 12a Abs. 1 Satz 1 StromStV wird
auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich nach §
3 StromStG versteuerten Strom gewährt, der zur Stromerzeugung
gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG entnommen worden
ist. Entlastungsberechtigt ist gemäß § 12a Abs. 2
StromStV derjenige, der den Strom entnommen hat. Zur Stromerzeugung
entnommen wird nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV Strom, der u.a.
in den Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit
insbesondere zur Wasseraufbereitung, Dampferzeugerwasserspeisung,
Frischluftversorgung, Brennstoffversorgung oder Rauchgasreinigung
zur Erzeugung von Strom im technischen Sinne verbraucht wird.
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a) Der Wortlaut der Vorschrift, die eine nicht
als abschließend zu betrachtende Aufzählung von Neben-
und Hilfsanlagen enthält, legt nahe, dass nur die Strommengen
von der Steuer befreit sind, deren Verwendung in einem engen
Zusammenhang mit der eigentlichen Stromerzeugung steht
(„im technischen Sinne“). Deshalb sind solche
Neben- und Hilfseinrichtungen in die Begünstigung mit
einzubeziehen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben
werden kann. Nicht der Stromerzeugung dienen dagegen Anlagen, die
bei isolierter Betrachtung des Anlagenbetriebs nicht erforderlich
sind, um die Stromerzeugung aufrechtzuerhalten, denen also im
Hinblick auf die Stromerzeugung keine betriebsnotwendige Bedeutung
zukommt (Senatsurteil vom 6.10.2015 - VII R 25/14, BFHE 251, 563,
ZfZ 2016, 49 = SIS 15 29 03; vgl. auch Senatsurteil vom 13.12.2011
- VII R 73/10, BFHE 237, 478, ZfZ 2012, 106 = SIS 12 06 38).
Letzteres betrifft, wie der Senat entschieden hat, beispielsweise
Anlagen zur Herstellung von Energieerzeugnissen (z.B.
Biogasanlagen), die zur Verstromung eingesetzt werden sollen
(Senatsbeschluss vom 9.9.2011 - VII R 75/10, BFHE 235, 89, ZfZ
2011, 334 = SIS 11 34 45), und Anlagen zur Beleuchtung und
Klimatisierung von Sozialräumen (Senatsurteil in BFHE 237,
478, ZfZ 2012, 106 = SIS 12 06 38). Dieses Verständnis des
§ 12a Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV wird durch
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG vorgegeben, aus dem sich ebenfalls
das Erfordernis einer zielgerichteten Entnahme des Stroms
„zur“ Stromerzeugung entnehmen lässt.
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Auch die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 14
Abs. 1 Buchst. a EnergieStRL („bei der
Stromerzeugung“, „used to produce
electricity“, „utilisés pour produire de
l’électricité“) sprechen dagegen, der
eigentlichen Stromerzeugung nachgelagerte oder ihr sonst nicht
zuzurechnende Prozesse steuerlich zu privilegieren. § 9 Abs. 1
Nr. 2 StromStG kann daher richtlinienkonform nur dahin ausgelegt
werden, dass die Steuerbefreiung nur für solchen Strom zu
gewähren ist, der zur eigentlichen Stromerzeugung entnommen
wird.
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b) Zwar sind nach der Rechtsprechung des
erkennenden Senats neben den in § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV
genannten Anlagenbestandteilen auch solche Einrichtungen in die
Steuerbegünstigung einzubeziehen, ohne die eine
Stromerzeugungsanlage nach den atomrechtlichen, gewerberechtlichen,
umweltrechtlichen, wasserrechtlichen oder arbeitsrechtlichen
Vorschriften oder Auflagen überhaupt nicht betrieben werden
kann. Denn auch solche Anlagen sind zur Aufrechterhaltung der
Fähigkeit, Strom zu erzeugen, erforderlich (Senatsurteil in
BFHE 251, 563, ZfZ 2016, 49 = SIS 15 29 03, m.w.N.). Diese
Rechtsprechung darf jedoch nicht dahin missverstanden werden, dass
verwaltungsrechtliche Vorgaben die Reichweite der
Stromsteuerentlastung bestimmten. Vielmehr ist auch in diesen
Fällen ein enger Zusammenhang zum technischen Vorgang der
Stromerzeugung unabdingbar. Ansonsten würde die Steuerfreiheit
unionsrechtswidrig auf Anlagenbestandteile ausgedehnt, die auch bei
anderen Anlagen, die nicht der Stromerzeugung dienen, vorhanden
sein können (z.B. Sozialräume). Abgesehen davon wäre
eine uneingeschränkte Berücksichtigung nationaler
Regelungen aus den genannten Rechtsbereichen mit den Zielen der
EnergieStRL, insbesondere mit dem Ziel einer Angleichung der
Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom im
Interesse eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts,
nicht zu vereinbaren.
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c) Die Steuerfreiheit gemäß §
9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG ist darüber hinaus auf die Erzeugung
von Strom beschränkt.
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aa) Bei dem Steuergegenstand Strom handelt es
sich - in Übereinstimmung mit den Vorgaben aus Art. 2 Abs. 2
und Abs. 5 Unterabs. 1 EnergieStRL - gemäß § 1 Abs.
1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 StromStG um elektrischen Strom der Pos. 2716
KN in der am 1.1.2002 geltenden Fassung. Die Pos. 2716 KN erfasst
gleichermaßen Wechsel- und Gleichstrom. Wie die Bezugnahme
auf den Zolltarif belegt, beabsichtigte der Gesetzgeber bei der
Bestimmung des Steuergegenstands keine weitere Differenzierung nach
verschiedenen Stromarten. Dementsprechend hat der Senat mit Urteil
vom 19.6.2012 - VII R 49/11 (Leitsätze in juris) entschieden,
es handele sich bei Strom (§ 1 Abs. 1 StromStG i.V.m. Pos.
2716 KN) um eine Ware.
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Auch eine Differenzierung nach Spannungsebenen
kommt nicht in Betracht. Für die Bestimmung des
Steuergegenstands ist es unbeachtlich, welche Ausgangsspannung dem
Strom zugrunde liegt. Denn die Spannung wird weder in der
EnergieStRL noch im StromStG angesprochen und bleibt auch bei der
Höhe der Steuersätze außer Betracht, die allein
nach Megawattstunden bemessen werden (vgl. Art. 10 Abs. 1 i.V.m.
Anhang I Tabelle C EnergieStRL).
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Ausgehend von einer systematischen Betrachtung
der genannten Vorschriften gehören nur solche Vorgänge
zur Stromerzeugung, mit denen ein von Pos. 2716 KN erfasstes
Erzeugnis hervorgebracht wird. Weitere Bearbeitungen dieses
Erzeugnisses oder Veränderungen der Stromqualität nach
der Entstehung des Steuergegenstands gehören nicht mehr zur
Stromerzeugung, auch wenn sie darauf abzielen, die
Marktfähigkeit des Stroms zu erreichen. Dementsprechend
entsteht kein neuer Steuergegenstand, wenn die Spannung von bereits
vorhandenem Gleich- oder Wechselstrom verändert wird, da die
elektrische Spannung für die Bestimmung des Steuergegenstands
nicht von Bedeutung ist. Auf die Möglichkeit, den Strom in ein
Hochspannungsnetz einspeisen zu können, kommt es in diesem
Zusammenhang ebenfalls nicht an.
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bb) Auch ein Vergleich des § 9 Abs. 1 Nr.
2 StromStG mit dem im Energiesteuerrecht geltenden
Herstellerprivileg spricht dafür, Prozesse, die der
eigentlichen Stromerzeugung nachgelagert sind, nicht steuerfrei zu
stellen. Gemäß § 53 Abs. 1 des
Energiesteuergesetzes (EnergieStG) wird eine Steuerentlastung
für Energieerzeugnisse gewährt, die zur Stromerzeugung in
näher bestimmten ortsfesten Anlagen verwendet worden sind.
Nach § 53 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG gelten Energieerzeugnisse
nur dann als zur Stromerzeugung verwendet, soweit sie in der
Stromerzeugungsanlage unmittelbar am Energieumwandlungsprozess
teilnehmen. Dagegen gehören nachgeschaltete
Abluftbehandlungsanlagen nicht zum Herstellungsprozess (§ 53
Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EnergieStG). Da § 53 EnergieStG - genauso
wie § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG - der Umsetzung von Art. 14 Abs.
1 Buchst. a EnergieStRL dient, liegt es nahe, den beiden
Vorschriften ein gleiches Verständnis des
Stromerzeugungsprozesses zugrunde zu legen.
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d) Eine Besonderheit stellt lediglich die
Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom dar. Diese hat der
erkennende Senat als steuerbegünstigt angesehen, obwohl es
sich auch bei Gleichstrom bereits um einen Steuergegenstand i.S.
des § 1 Abs. 1 Satz 1 StromStG handelt. Allerdings liegt nach
der Umwandlung von Gleich- in Wechselstrom nach wie vor ein
Steuergegenstand der Pos. 2716 KN vor, der zur Erzeugung
mechanischer oder thermischer Energie verwendet und damit einer
eliminierenden Nutzung zugeführt werden kann. Darüber
hinaus war in dem vom Senat entschiedenen Fall eine Einspeisung in
das öffentliche Stromnetz aus technischen Gründen nur in
Form von Wechselstrom möglich, weil dieses im
streitentscheidenden Zeitpunkt auf der Grundlage von Wechselstrom
betrieben wurde (vgl. Senatsurteil in BFHE 251, 563, ZfZ 2016, 49 =
SIS 15 29 03). Kann jedoch eine Steuerentstehung durch Entnahme aus
dem Versorgungsnetz nur herbeigeführt werden, wenn in dieses
Wechselstrom eingespeist wird, käme das Herstellerprivileg in
Photovoltaikanlagen praktisch nicht zum Tragen, wenn nur die
erstmalige Erzeugung von Strom gleich welcher Art nach Art. 14 Abs.
1 Buchst. a EnergieStRL steuerlich begünstigt würde. Der
Ausschluss von Photovoltaikanlagen vom Herstellerprivileg
widerspräche dem Ziel des Richtliniengebers, die Erfordernisse
des Umweltschutzes zu berücksichtigen (vgl.
Erwägungsgrund 6 der EnergieStRL).
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Ausgehend vom Sinn und Zweck der EnergieStRL
hielt und hält es der Senat daher für geboten, § 9
Abs. 1 Nr. 2 StromStG richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der
Verbrauch von Strom in Wechselrichtern steuerfrei ist. Soweit der
Senat darauf hingewiesen hat, dass der Umfang des
stromsteuerrechtlichen Herstellerprivilegs nach dem Produkt zu
bestimmen sei, das der Hersteller in seinem Betrieb erzeuge und auf
dem Markt anbiete, ist dies im Zusammenhang mit dem beurteilten
Sachverhalt und dem Sinn und Zweck der EnergieStRL zu sehen.
Über weitere Behandlungen des Stroms, wie die Veränderung
der Spannung, hatte der Senat dagegen nicht zu entscheiden, weshalb
er - anders als die Klägerin offenbar meint - keine Aussage
dahin getroffen hat, dass jeglicher Stromverbrauch, der zur
Erzeugung des vom Unternehmer angestrebten marktfähigen
Produkts verwendet wird, steuerfrei ist.
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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind
die Transformations- und Umspannanlagen der Klägerin keine
Neben- und Hilfsanlagen i.S. des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV
und der dort verbrauchte Strom ist nicht gemäß § 9
Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Stromsteuer befreit.
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Die Umspannung des zuvor erzeugten Stroms auf
Mittel- bzw. Hochspannung dient nach den oben dargestellten
Grundsätzen nicht mehr der Stromerzeugung, weil der
Steuergegenstand Strom nach einer richtlinienkonformen Auslegung
des § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG spätestens mit der
Herstellung des Wechselstroms vorliegt und der Herstellungsprozess
im technischen Sinn damit abgeschlossen ist. Die Veränderung
der Spannung stellt lediglich eine Weiterverarbeitung des
Steuergegenstands dar, die als nachgelagerter Vorgang nicht mehr
der Stromerzeugung zuzurechnen ist. Den Transformations- und
Umspannanlagen der Klägerin kommt demnach keine
betriebsnotwendige Bedeutung zu. Denn maßgeblich ist nicht,
welches Produkt der Hersteller aus unternehmerischen Gründen
verkaufen will oder welche Anforderungen des Netzbetreibers er
erfüllen muss, sondern welche Herstellungsvorgänge zur
Erzeugung eines von Pos. 2716 KN erfassten Erzeugnisses im
technischen Sinn erforderlich sind und in einem engen Zusammenhang
zum eigentlichen Stromerzeugungsprozess stehen.
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Auch eine eventuell mit einem
Übergabepunkt von 110 kV erteilte Baugenehmigung rechtfertigt
nicht die Steuerbefreiung des zur Erhöhung der Spannung
verbrauchten Stroms, weil eine auf nationalem Recht beruhende
Baugenehmigung keinen Einfluss auf die Auslegung von Unionsrecht
haben kann. Steuerbefreiungen nach der EnergieStRL sind zudem
autonom und eng auszulegen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - Cristal Union vom 7.3.2018 -
C-31/17, EU:C:2018:168, Rz 21 und 25, ZfZ 2018, 104 = SIS 18 02 40).
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3. Der Senat hält die von ihm
vorgenommene Auslegung des einschlägigen Unionsrechts für
eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des
EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil C.I.L.F.I.T. vom
6.10.1982 - 283/81, EU:C:1982:335, Slg. 1982, 3415).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO. Aufgrund des Grundsatzes der Einheitlichkeit der
Kostenentscheidung hatte der Senat über die Kosten des
gesamten Verfahrens zu entscheiden.
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