18
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Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die
Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ), da das Urteil nicht Bundesrecht
entspricht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO), der Senat jedoch mangels
vom FG getroffener Feststellungen nicht selbst über die
Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids entscheiden
kann.
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1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen,
dass die Anfechtung gläubigerbenachteiligender
Rechtshandlungen wegen Ansprüchen aus dem
Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens
gemäß § 191 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO i.V.m.
§§ 1 ff. AnfG durch Duldungsbescheid erfolgt, soweit sie
nicht im Wege der Einrede (§ 9 AnfG) geltend zu machen ist.
Ein Wahlrecht, ob es einen Duldungsbescheid erlässt oder eine
auf das AnfG gestützte Klage erhebt, hat das FA nicht, weshalb
auch diesbezügliche Ermessenserwägungen des FA
entbehrlich waren. Soweit der Senat früher anders entschieden
hat (Senatsbeschluss vom 01.12.2005 - VII B 95/05, BFH/NV 2006, 701
= SIS 06 14 82), hält er hieran nicht fest; soweit eine
Klarstellung erforderlich sein sollte (vgl. Senatsurteil vom
23.10.2018 - VII R 44/17, BFHE 262, 330, BStBl II 2019, 142 = SIS 18 20 66, Rz 17), stellt er dies klar. Er schließt sich der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) an (Urteil des BVerwG vom
25.01.2017 - 9 C 30/15, BStBl II 2018, 116 = SIS 17 06 57, Neue
Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht - NZI - 2017,
354; BGH-Beschlüsse vom 21.09.2006 - IX ZB 187/05, Zeitschrift
für das gesamte Familienrecht 2006, 1836, und vom 27.07.2006 -
IX ZB 141/05, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und
Insolvenzpraxis - ZIP - 2006, 1603; vgl. auch Jatzke in Gosch, AO
§ 191 Rz 14; a.A. Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl., § 191
Rz 10).
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2. Die allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen
der §§ 1 und 2 AnfG sind ausweislich der Vorentscheidung,
die insoweit nicht zu beanstanden ist, im Streitfall
erfüllt.
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Das FA war anfechtungsberechtigter
Gläubiger und der Steuerschuldner Schuldner i.S. der
§§ 1 und 2 AnfG. Die Zwangsvollstreckung in das
Vermögen des Steuerschuldners hat nicht zu einer
vollständigen Befriedigung des FA geführt. Dies wird im
Streitfall auch dadurch belegt, dass der Steuerschuldner eine
eidesstattliche Versicherung abgegeben hat (was nicht erforderlich
ist, vgl. Senatsbeschluss vom 28.05.2003 - VII B 106/03, BFH/NV
2003, 1146 = SIS 03 36 78; Jatzke, a.a.O., § 191 Rz 14). Dass
gegenüber dem Steuerschuldner ein Insolvenzverfahren
eröffnet wurde, hat das FG nicht festgestellt.
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22
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a) Die bestandskräftig festgesetzten
Steuerschulden waren fällig und vollstreckbar. Es bestehen
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Forderungen des FA im
maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der
Einspruchsentscheidung am 08.06.2015 (vgl. Senatsurteile vom
24.02.1987 - VII R 23/85, BFH/NV 1987, 283, und vom 14.07.1981 -
VII R 49/80, BFHE 133, 501, BStBl II 1981, 751 = SIS 81 24 46; s.a.
Senatsurteil vom 30.03.2010 - VII R 22/09, BFHE 229, 29, BStBl II
2011, 327 = SIS 10 18 75, insoweit nicht überholt) etwa durch
Zahlung oder Zahlungsverjährung erloschen waren. Denn das FA hat im
November 2010 beim Steuerschuldner eine Kontenpfändung
vorgenommen, die gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3,
Abs. 3 AO i.V.m. § 228 Satz 2 AO zu einer Unterbrechung
geführt hat, so dass die Zahlungsverjährung nicht vor dem
31.12.2015 eintreten konnte. Der Erlass des Duldungsbescheids
gegenüber dem Kläger im Jahr 2013 hat eine weitere
Unterbrechung der Zahlungsverjährung bewirkt. Somit konnte
gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 AO i.V.m.
§ 228 Satz 2 AO jedenfalls bis zum 31.12.2018 keine
Zahlungsverjährung eintreten. Denn auch der Erlass von
Duldungsbescheiden kann gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1
Nr. 3 AO die Zahlungsverjährung gegenüber dem
Steuerschuldner unterbrechen (Boeker in Hübschmann/
Hepp/Spitaler - HHSp -, § 191 AO Rz 224; Blesinger, Haftung
und Duldung im Steuerrecht, 2005, Abschn. 10.5, S. 220 f.; Nacke,
Die Haftung für Steuerschulden, 4. Aufl., 2017, Rz 7.80),
selbst wenn sie diesem nicht bekannt gegeben werden (Boeker,
a.a.O., § 191 Rz 224, unter Hinweis auf das eine
Pfändungsverfügung betreffende Senatsurteil vom
21.11.2006 - VII R 68/05, BFHE 215, 70, BStBl II 2007, 291 = SIS 07 03 25). Der Erlass eines Duldungsbescheids entspricht insoweit
einer Vollstreckungsmaßnahme i.S. des § 231 Abs. 1 Satz
1 Nr. 3 AO (so etwa Blesinger, a.a.O., Abschn. 10.5, S. 220 f.;
Nacke, a.a.O., Rz 7.80; vgl. aber auch Klein/Rüsken, a.a.O.,
§ 231 Rz 16, allerdings ohne explizit Duldungsbescheide zu
erwähnen). Dafür spricht der Sinn und Zweck der
Duldungsinanspruchnahme, welche die Vollstreckung auf unter
bestimmten Umständen weggegebene
Vermögensgegenstände ausdehnt. Auch wäre es schwer
nachvollziehbar, wenn bereits Ermittlungen der Finanzbehörde
nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Schuldners, die
diesem nach herrschender Meinung nicht bekanntgegeben werden
müssen, die Verjährung des Anspruchs unterbrechen
könnten (§ 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO), nicht aber der
Erlass eines Duldungsbescheids.
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23
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Die Duldungsverpflichtung erstreckt sich auch
auf Zinsen, Säumniszuschläge und sonstige steuerliche
Nebenleistungen (§ 191 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. §§ 37
Abs. 1, 3 Abs. 4 AO). Soweit der Duldungsbescheid Zinsen und
Säumniszuschläge für Zeiträume ab dem
31.12.2009 betrifft (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 25.04.2018 - IX B 21/18, BFHE 260, 431, BStBl II 2018,
415 = SIS 18 06 23; vom 03.09.2018 - VIII B 15/18, BFH/NV 2018,
1279 = SIS 18 16 86; vom 04.07.2019 - VIII B 128/18, BFH/NV 2019,
1060 = SIS 19 12 30; vom 20.02.2018 - IX R 42/17; vom 19.01.2018 -
VIII R 36/16, und vom 20.12.2017 - X R 15/17, zu
Säumniszuschlägen Senatsbeschluss vom 14.04.2020 - VII B
53/19, n.n.; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF -
vom 14.12.2018, IV A 3 - S 0465/18/10005-01, BStBl I 2018, 1393 =
SIS 18 20 52, ergänzt durch BMF-Schreiben vom 27.11.2019, IV A
3 - S 0465/19/ 10004:001, BStBl I 2019, 1266 = SIS 19 18 18), wird
für den zweiten Rechtsgang auf § 251 Abs. 2 Satz 1 AO
i.V.m. § 79 Abs. 2 des Gesetzes über das
Bundesverfassungsgericht sowie auf die derzeit noch anhängigen
Verfahren des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) 1 BvR 2237/14 und
1 BvR 2422/17 hingewiesen; auch insoweit entspricht der Erlass
eines Duldungsbescheids einer Vollstreckungsmaßnahme (vgl.
allgemein etwa BVerfG-Beschluss vom 06.12.2005 - 1 BvR 1905/02,
BVerfGE 115, 51 = SIS 05 49 15, unter II.1.a, II.1.b bb, II.2.c;
Jatzke in HHSp, § 251 AO Rz 30 ff.; Klein/Werth, AO, 15.
Aufl., § 251 Rz 5, § 256 Rz 2). Im Übrigen kann der
durch Duldungsbescheid in Anspruch genommene Anfechtungsgegner
(hier der Kläger) gegen den seiner Inanspruchnahme
zugrundeliegenden Steuer- oder Haftungsbescheid keine Einwendungen
erheben, die der Schuldner bereits verloren hat (Rechtsgedanke des
§ 256 AO; Senatsurteil vom 01.03.1988 - VII R 109/86, BFHE
152, 321, BStBl II 1988, 408 = SIS 88 10 46, Rz 14 ff.,
m.w.N.).
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b) Der Steuerschuldner hat Rechtshandlungen
i.S. des § 1 AnfG vorgenommen.
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aa) Eine Rechtshandlung im Sinne dieser
Vorschrift ist jedes rechtliche oder tatsächliche Handeln oder
Unterlassen, das rechtliche Folgen hat bzw. rechtliche Wirkungen
auslöst (vgl. Senatsurteile vom 25.04.2017 - VII R 31/15,
BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, Rz 11, und vom 02.11.2010 - VII R
6/10, BFHE 231, 488, BStBl II 2011, 374 = SIS 11 01 56; Huber,
AnfG, 11. Aufl. 2016, § 1 Rz 5 ff., 32 ff.; Jatzke, a.a.O.,
§ 191 Rz 15). Nach Sinn und Zweck des Gesetzes genügt es
für die Annahme einer Rechtshandlung, dass das Gesetz an die
konkrete Willensbetätigung eine Rechtswirkung knüpft.
Rechtliche Folgen in diesem Sinn liegen auch dann vor, wenn das
Handeln oder Unterlassen dem Erwerber nur eine formelle
Rechtsstellung bzw. eine Buchposition verschafft (vgl. Senatsurteil
in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57; vgl. auch BGH-Urteil vom
09.12.1993 - IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298 - insoweit nicht
überholt - zu § 7 AnfG a.F., der § 11 AnfG n.F.
entspricht, und Senatsbeschluss vom 17.01.2000 - VII B 282/99,
BFH/NV 2000, 857 = SIS 00 56 45; MüKoAnfG/Kirchhof, 1. Aufl.
2012, § 11 Rz 64). Auch die Nichtigkeit einer Rechtshandlung
schließt deren Anfechtbarkeit nicht aus (vgl. BGH-Urteil vom
04.03.1999 - IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96, unter III.2.a, zur
Konkursordnung - KO - ); es ist dann allerdings besonders zu
prüfen, ob trotz der Unwirksamkeit eine objektive
Gläubigerbenachteiligung eingetreten ist (vgl. etwa BGH-Urteil
in BGHZ 141, 96, unter III.2.a, zur KO; MüKoAnfG/Kirchhof,
a.a.O., § 1 Rz 25).
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26
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Auch die Übertragung einer formellen
Rechtsposition durch Einzahlung auf ein als Eigen-, nicht als
Anderkonto geführtes Bankkonto eines anderen sowie die
Aufforderung an einen Drittschuldner, mit schuldbefreiender Wirkung
auf ein derartiges Konto zu leisten, stellt eine Rechtshandlung
i.S. des § 1 AnfG dar (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297
= SIS 17 15 57).
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bb) Im Streitfall hat der Steuerschuldner nach
diesen Grundsätzen Rechtshandlungen i.S. des § 1 Abs. 1
AnfG vorgenommen, indem er seine Geschäftspartner und Kunden
(Drittschuldner) angewiesen hat, auf das Konto des Klägers zu
überweisen oder darauf einzuzahlen, und damit dafür
gesorgt hat, dass jedenfalls im Außenverhältnis
Forderungen des Kontoinhabers - des Klägers - gegen die Bank
entstanden sind.
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c) Die für eine Anfechtung nach
§§ 1 ff. AnfG erforderliche objektive
Gläubigerbenachteiligung liegt vor.
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aa) Ob eine objektive
Gläubigerbenachteiligung vorliegt, ist isoliert mit Bezug auf
die Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der
Passiva des Schuldners zu beurteilen. Eine Vorteilsausgleichung
findet dabei grundsätzlich nicht statt; zu
berücksichtigen sind lediglich solche Folgen, die an die
angefochtene Rechtshandlung selbst anknüpfen (Senatsurteil in
BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, Rz 12, m.w.N.). Die Feststellung
der gläubigerbenachteiligenden Wirkung unterscheidet sich
insoweit von der Feststellung der (Un-)Entgeltlichkeit; jedoch
setzen beide keine dauerhafte Entreicherung des Schuldners oder
dauerhafte Bereicherung des Anfechtungsgegners voraus
(Umkehrschluss zu § 11 Abs. 2 AnfG; Senatsurteil in BFH/NV
2017, 1297 = SIS 17 15 57, Rz 12, m.w.N.).
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Wird ein pfändbarer Auszahlungsanspruch
gegen ein Kreditinstitut oder sonstige Drittschuldner in ein formal
einem Dritten zustehendes Kontoguthaben überführt, liegt
regelmäßig eine Gläubigerbenachteiligung vor. Ob
die Drittschuldner Kenntnis davon haben, auf wessen Namen das Konto
geführt wird, ist nicht von Belang. Auch eine etwaige
Rechtsgrundlosigkeit der an den Kontoinhaber bewirkten Zahlungen
steht einer Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen
(BGH-Urteil vom 07.09.2017 - IX ZR 224/16, DB 2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 11). Durch die anschließende Auszahlung an den
Schuldner, d.h. den Umtausch des auf den Namen eines Dritten
lautenden Kontoguthabens in einen für die Gläubiger nur
schwer ausfindig zu machenden Bargeldbetrag oder durch die
Weiterüberweisung an einen anderen Gläubiger wird die
Gläubigerbenachteiligung nicht rückgängig gemacht
(vgl. BGH-Urteile vom 26.04.2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 = SIS 12 25 35, Rz 12, und in DB 2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 11).
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bb) Nach diesen Grundsätzen hatten die
vom Steuerschuldner bewirkten Einzahlungen oder Überweisungen
der ihm zustehenden Geldbeträge auf das Konto des Klägers
eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge, da die
Gläubiger des Steuerschuldners das Guthaben nicht mehr ohne
Weiteres aufgrund eines gegen diesen gerichteten
Vollstreckungstitels pfänden konnten (ebenso Senatsurteil in
BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57, m.w.N.). Denn jedenfalls im
Außenverhältnis bestanden nur noch Forderungen des
Klägers gegen die Bank. Somit liegt trotz des (behaupteten und
durch Abhebungen oder Weiterüberweisungen angeblich auch
realisierten) Herausgabeanspruchs des Steuerschuldners keine reine
Vermögensumschichtung vor (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2017,
1297 = SIS 17 15 57), sondern eine Rechtshandlung mit
gläubigerbenachteiligender Wirkung.
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3. Die Annahme des FG, die Anfechtung des FA
erfülle die Voraussetzungen einer sogenannten
Schenkungsanfechtung gemäß § 4 Abs. 1 AnfG, ist
nicht schlüssig begründet. Die Vorentscheidung entspricht
in Bezug auf die Feststellung der Unentgeltlichkeit i.S. des §
4 Abs. 1 AnfG und der Wissenszurechnung gemäß § 11
Abs. 2 Satz 2 AnfG, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 166 Abs. 1
BGB nicht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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a) Nach § 4 Abs. 1 AnfG ist eine
unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, wenn sie nicht
früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden
ist.
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aa) Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn sich
der Schuldner auf Kosten seiner Gläubiger objektiv freigiebig
zeigt (BGH-Urteil vom 27.06.2019 - IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 =
SIS 20 03 79, Rz 85). Die Schenkungsanfechtung hat keine
subjektiven Voraussetzungen. Es sind weder eine
Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners noch eine
Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon erforderlich (BGH-Urteil
vom 25.06.1992 – IX ZR 4/91, DB 1992, 1976, ZIP 1992, 1089,
Rz 17). Die Unentgeltlichkeit braucht auch nicht vereinbart worden
zu sein (BGH-Urteile vom 15.12.2016 - IX ZR 113/15, NZI 2017, 151,
Rz 11, m.w.N., und vom 29.11.1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98,
unter II.2.b). Entscheidend ist, ob den Empfänger objektiv
eine (Gegen-)Leistungsverpflichtung trifft und ob insoweit ein die
Leistung des Schuldners ausgleichender Vermögenswert vorliegt.
Dies ist der Fall, wenn der Zuwendungsempfänger einen objektiv
gleichwertigen Gegenwert für die erhaltene Zuwendung zu
erbringen hat (BGH-Urteil vom 20.04.2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214,
350, Rz 11, m.w.N.).
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Eine Leistung des Schuldners, die unmittelbar
einen Bereicherungs- oder Herausgabeanspruch begründet, ist
regelmäßig nicht nach § 4 Abs. 1 AnfG anfechtbar
(sondern gegebenenfalls nach § 3 Abs. 1 und 2 AnfG a.F. bzw.
§ 3 Abs. 1 und 4 AnfG n.F.). Denn auch ohne vertragliche
Vereinbarung einer Gegenleistung fehlt es an einer für die
objektive Unentgeltlichkeit erforderlichen kompensationslosen
Minderung des schuldnerischen Vermögens, wenn von Anfang an
feststeht, dass der Empfänger die Leistung des Schuldners auf
andere Art und Weise auszugleichen hat (BGH-Urteil in BGHZ 214,
350, Rz 12 f., m.w.N. zu § 134 Abs. 1 der Insolvenzordnung -
InsO - ). Ist der Empfänger von vornherein einem
Bereicherungsanspruch ausgesetzt, fehlt es an einem
endgültigen, vom Empfänger nicht auszugleichenden,
freigiebigen Vermögensverlust des Schuldners. Der Senat
schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BGH zu §
134 Abs. 1 InsO an (vgl. zu § 134 Abs. 1 InsO BGH-Urteile in
BGHZ 214, 350, Rz 13, m.w.N., in DB 2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz
15 ff., 19 f., und vom 23.01.2014 - IX ZR 15/13, Rz 6, juris;
Urteil des FG Münster vom 07.05.2014 - 6 K 1062/13 AO, EFG
2014, 1273 = SIS 14 18 02, Rz 31; Huber, Anfechtungsgesetz, 11.
Aufl. 2016, § 4 Rz 22, Entgeltlichkeit jedenfalls im Fall der
„Doppeltreuhand“; Jaeger/Henckel, InsO, 1. Aufl.
2008, § 134 Rz 10: Für die Annahme der Entgeltlichkeit
kann genügen, dass der Schuldner seine Leistung
zurückfordern oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen kann).
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Den Anfechtungsgläubiger trifft die
Feststellungslast dafür, dass eine im Sinne dieser
Grundsätze objektiv unentgeltliche Leistung des Schuldners
vorliegt.
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Spricht der objektive Geschehensablauf
für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung, macht der
Anfechtungsgegner jedoch geltend, dass bereits bei der vom
(Steuer-)Schuldner erbrachten oder veranlassten Leistung (bei der
Einzahlung auf das Konto) die Unentgeltlichkeit (nicht die
objektive Gläubigerbenachteiligung, vgl. BGH-Urteil in DB
2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 11) unmittelbar ausgeschlossen war,
trägt er dafür die Beweislast (zum
„Sphärengedanken“ vgl. etwa auch BGH-Urteil
vom 20.10.2005 - IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387). Dies kommt z.B. in
Betracht, wenn von Anfang an ein (verdecktes)
„Treuhandverhältnis“ vorlag oder sonstige
Herausgabe- oder Erstattungsansprüche (vgl. BGH-Urteil in DB
2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 15 ff., 19 f.) in Höhe des
Zuflusses bestanden haben (BFH-Urteil vom 05.03.1980 - II R 148/76,
BFHE 130, 179, BStBl II 1980, 402 = SIS 80 02 17, unter 2., zum
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz). Gelingt dem
Anfechtungsgegner dieser Nachweis, sind gegebenenfalls die
Anfechtungstatbestände des § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AnfG
n.F. (§ 3 Abs. 2 AnfG a.F.) zu prüfen (vgl. Senatsurteil
in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57).
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38
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Gelingt dem Anfechtungsgegner nicht der
Nachweis, dass von Anfang an Herausgabe- oder
Erstattungsansprüche des Schuldners bestanden haben, und ist
deshalb von Unentgeltlichkeit auszugehen, trägt der
Anfechtungsgegner außerdem die Darlegungs- und Beweislast
für eine etwaige Entreicherung i.S. des § 11 Abs. 2 Satz
1 AnfG (vgl. BGH-Versäumnisurteil vom 17.12.2009 - IX ZR
16/09, NZI 2010, 295, unter II.2.c bb, zu § 143 Abs. 2 Satz 1
InsO).
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39
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Hingegen ist der Anfechtungsgläubiger
dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass der
Anfechtungsgegner gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 AnfG
wusste oder wissen musste, dass die unentgeltliche Leistung die
Gläubiger des Steuerschuldners benachteiligte (vgl. BGH-Urteil
vom 08.09.2016 - IX ZR 151/14 = SIS 16 28 49, NZI 2017, 71 zu
§ 143 Abs. 2 Satz 2 InsO). § 11 Abs. 2 Satz 2 AnfG
enthält, anders als § 3 Abs. 2 AnfG (§ 3 Abs. 4 AnfG
n.F.), keine gesetzlich angeordnete Beweislastumkehr zu Lasten
nahestehender Personen (Huber, a.a.O., § 11 Rz 53; ebenso zu
§ 143 Abs. 2 Satz 2 InsO; Urteil des Oberlandesgerichts - OLG
- Dresden vom 29.06.2016 - 13 U 1665/15, Zeitschrift für
Verbraucher und Privatinsolvenz 2018, 492; Urteil des OLG Rostock
vom 17.12.2007 - 3 U 99/07, NZI 2008, 438; a.A. Urteil des OLG
Düsseldorf vom 31.05.2001 - 12 U 195/00, NZI 2001, 477). Dass
die unentgeltliche Leistung einer nahestehenden Person zugewandt
wurde, kann jedoch bei der Beweiswürdigung von Bedeutung sein
(vgl. Huber, a.a.O., § 11 Rz 53). Sind dem Anfechtungsgegner
Umstände bekannt, die mit auffallender Deutlichkeit dafür
sprechen und deren Kenntnis auch einem Empfänger mit
durchschnittlichem Erkenntnisvermögen ohne gründliche
Überlegung die Annahme nahe legt, dass die Befriedigung der
Gläubiger infolge der Freigiebigkeit verkürzt ist, muss
er den Umständen nach wissen, dass die empfangene Leistung die
Gläubiger benachteiligt (vgl. BGH-Urteil in NZI 2017, 71). Im
Übrigen kann auch die Zurechnung des Wissens des Vertreters
gemäß § 166 Abs. 1 BGB analog in Betracht
kommen.
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bb) Im Streitfall hat das FG nicht in sich
widerspruchsfrei begründet, weshalb es von einer
unentgeltlichen Leistung des Steuerschuldners an den Kläger
ausgeht.
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41
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Nach den zwischen den Beteiligten insoweit
unstreitigen Feststellungen des FG steht zwar fest, dass sich der
Steuerschuldner auf Kosten seiner Gläubiger objektiv
freigiebig gezeigt hat, indem er Einzahlungen und
Überweisungen der Drittschuldner auf das Bankkonto des
Klägers veranlasst hat. Denn das Bankguthaben war jedenfalls
nach außen hin objektiv allein dem Kläger zuzurechnen,
da bei Einzel- bzw. Eigenkonten die widerlegbare Tatsachenvermutung
gilt, dass derjenige, der ein Konto auf seinen Namen errichtet,
auch der Inhaber der Forderung ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
29.06.2016 - II R 41/14, BFHE 254, 64, BStBl II 2016, 865 = SIS 16 17 67, Rz 17, und vom 26.01.2011 - VIII R 14/10, BFH/NV 2011, 1512
= SIS 11 26 17, Rz 22).
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42
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Da das FG im Ergebnis von einer
unentgeltlichen Leistung des Steuerschuldners an den Kläger
ausgegangen ist, hätte es - im Anschluss an die Feststellung,
dass der objektive Geschehensablauf für das Vorliegen einer
freigebigen Zuwendung spricht - außerdem feststellen
müssen, dass der Kläger den bereits bei der Einzahlung
auf das Konto bestehenden, unmittelbaren Ausschluss der
Unentgeltlichkeit nicht nachgewiesen hat. Dies hat das FG jedoch
allenfalls für einzelne Beträge angenommen, die zugunsten
des Klägers verausgabt wurden. Im Wesentlichen ging es - dem
Vortrag des Klägers folgend - davon aus, dass der
Steuerschuldner die Beträge ohne die Notwendigkeit einer
Genehmigung oder Billigung durch den Kläger sofort wieder
abheben oder weiterüberweisen durfte (was er aufgrund der
Vollmacht auch konnte). Dies kommt insbesondere dann in Betracht,
wenn dem Steuerschuldner von Anfang an ein Herausgabeanspruch gegen
den Kläger zustand. Geht man davon aus, dass der Kläger
schon bei der Gutschrift zur Herausgabe der Gelder an den
Steuerschuldner verpflichtet war und diesem die Gelder durch
Abhebung oder Weiterüberweisung zugeflossen sind, hätte
das FG nach den dargestellten Rechtsgrundsätzen zwar eine
Gläubigerbenachteiligung, aber keinen unentgeltlichen Erwerb
des Klägers i.S. des § 4 Abs. 1 AnfG annehmen
dürfen.
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b) Auch die Ausführungen der
Vorentscheidung zu § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AnfG,
§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 166 BGB halten einer
rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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aa) § 166 BGB ist zwar, wie das FG
zutreffend angenommen hat, auch im Bereich des Anfechtungsrechts
grundsätzlich entsprechend anwendbar (vgl. etwa Senatsurteil
vom 22.06.2004 - VII R 16/02, BFHE 206, 217, BStBl II 2004, 923 =
SIS 04 35 58, Rz 16, vgl. aber Rz 21 ff. in Bezug auf
Minderjährige). Jedoch begründet allein die Erteilung
einer (Vorsorge-)Vollmacht nicht stets eine Wissenszurechnung
gemäß § 166 BGB analog (vgl. etwa Urteil des FG
Münster vom 18.06.2019 - 2 K 1290/18 AO, EFG 2019, 1496 = SIS 19 12 60, Rz 48 ff.; inzident Senatsbeschluss vom 02.12.2011 - VII
B 43/11, BFH/NV 2012, 743 = SIS 12 10 38, Rz 6; BGH-Urteile in DB
2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 28, für die gesetzlichen
Vertreter einer beschränkt geschäftsfähigen
Kontoinhaberin, und vom 18.06.1998 - IX ZR 311/95, ZIP 1998, 1539).
Die Anweisung des Schuldners an Dritte (Drittschuldner), auf ein
Konto einzuzahlen, für das man (zufällig) Kontovollmacht
hat, ist für sich genommen kein Handeln als Vertreter des
Kontoinhabers, denn für eine derartige Anweisung an die
Drittschuldner benötigt man keine Vertretungsbefugnis und auch
keine Kontovollmacht (vgl. auch BGH-Urteil in DB 2017, 2279 = SIS 17 21 41, Rz 28).
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Die Zurechnung des Wissens eines Vertreters
setzt voraus, dass der Schuldner bei der anfechtbaren
Rechtshandlung (auch) in Vertretung für den Anfechtungsgegner
gehandelt hat (vgl. Senatsurteil in BFHE 206, 217, BStBl II 2004,
923 = SIS 04 35 58) oder zumindest allgemein mit der Erledigung
bestimmter Angelegenheiten betraut war (vgl. BGH-Urteil vom
25.03.1982 - VII ZR 61/80, BGHZ 83, 293). Deshalb kommt der
Rechtsgedanke des § 166 BGB insbesondere dann zum Tragen, wenn
der Kontoinhaber dem Schuldner das Konto unter Erteilung einer
Kontovollmacht für die Abwicklung von dessen
Geldgeschäften überlassen oder bewusst die Augen vor
einer derartigen Nutzungsmöglichkeit verschlossen hat (vgl.
etwa Urteil des OLG Köln vom 12.01.1998 - 16 U 72/97, NJW
1998, 2909; Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57).
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bb) Im Streitfall hat das FG dem Kläger
das Wissen des Steuerschuldners in Bezug auf § 11 Abs. 2 Satz
2 AnfG, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 166 Abs. 1 BGB wegen
der bloßen Erteilung der Kontovollmacht zugerechnet.
Lediglich ergänzend hat es erwähnt, dass auch dann, wenn
der Kontoinhaber, der einem Dritten Verfügungsgewalt über
sein Konto eingeräumt hat, jede Überwachung der
Kontenbewegungen unterlässt, die verschärfte Haftung
gemäß § 819 BGB eintritt. Jedoch hat es
diesbezüglich keine Feststellungen getroffen. Im Übrigen
hat es sich weder mit der Frage befasst, ob die Kontobewegungen
über die Jahre hinweg darauf schließen lassen, dass der
Kläger sein Konto selbst aktiv genutzt hat, noch mit der
behaupteten Rolle der Mutter bei der Abwicklung des Geldverkehrs
auf dem Konto.
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c) Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.
Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO), da der
Senat im Hinblick darauf, dass das FG im Wesentlichen nur den
Vortrag der Beteiligten wiedergegeben und kaum eigene
Feststellungen getroffen hat, nicht selbst in der Sache entscheiden
kann.
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4. Im zweiten Rechtsgang wird das FG die
genannten Anfechtungstatbestände erneut zu prüfen
haben.
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a) Kommt das FG in Bezug auf § 4 Abs. 1
AnfG erneut zu der Auffassung, dass der objektive Geschehensablauf
für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung des
Steuerschuldners an den Kläger spricht, wird dieser
Umstände nachzuweisen haben, welche die von ihm behauptete
Unentgeltlichkeit ausschließen. Wenn dem Kläger das
nicht gelingen sollte, müsste er nachweisen, dass er - wie er
bisher gleichfalls lediglich behauptet hat - (vollumfänglich)
entreichert ist. Die Annahme, der Kläger habe mit den
Abhebungen und Überweisungen von dem Konto nichts zu tun
gehabt, beruht entscheidend auf der Annahme des FG, der Kläger
sei auch im Jahr 2011 noch auf seine Fußballkarriere
konzentriert gewesen. Dabei hat das FG jedoch das Schreiben des
Prozessbevollmächtigten vom 25.09.2015 (Bl. 37 der FG-Akte,
auf die das FG Bezug genommen hat) übersehen, wonach der
Kläger allenfalls bis Juni 2010 als Fußballspieler
tätig war.
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In Bezug auf § 11 Abs. 2 Sätze 1 und
2 AnfG, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 166 BGB ist
widerspruchsfrei darzustellen, weshalb sich der Kläger das
Wissen seiner Eltern gemäß § 166 BGB zurechnen
lassen musste. Die bloße Erteilung einer
(Vorsorge-)Kontovollmacht genügt für die Zurechnung
gemäß § 166 BGB nicht.
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Auf § 166 BGB kommt es allerdings nicht
an, wenn das FG im zweiten Rechtsgang unter Berücksichtigung
anerkannter Beweisanzeichen, Indiztatsachen und
Erfahrungssätze (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57) zu der Auffassung kommen sollte, dass der Kläger
selbst bösgläubig war.
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b) Das Urteil kann - auch wenn das FG im
zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis kommen sollte, dass keine oder
eine nur teilweise unentgeltliche Leistung i.S. des § 4 Abs. 1
AnfG vorliegt - dennoch auch im Übrigen ganz oder teilweise
richtig sein. Denn die Argumentation, mit der das FG die sogenannte
Vorsatzanfechtung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG
abgelehnt hat, ist unschlüssig.
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aa) Nach dieser Vorschrift ist eine
Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn
Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine
Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der
Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Die Darlegung der
Kenntnis des Anfechtungsgegners (des „anderen
Teils“) wird durch anerkannte Beweisanzeichen bzw.
Indiztatsachen und Erfahrungssätze erleichtert (vgl.
Senatsurteil in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57). Im Streitfall
hat das FA die Anfechtung ausdrücklich auch auf diese Norm
gestützt, was allerdings nach der Senatsrechtsprechung nicht
zwingend notwendig ist (vgl. Senatsurteile in BFH/NV 2017, 1297 =
SIS 17 15 57, und in BFHE 133, 501, BStBl II 1981, 751 = SIS 81 24 46). Ist der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG bereits aus
anderen Gründen erfüllt und kommt es deshalb nicht auf
die Vermutungsregel des § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG an, ist es
nicht erheblich, ob der Kläger wusste, dass dem
Steuerschuldner die Zahlungsunfähigkeit drohte (Senatsurteil
in BFH/NV 2017, 1297 = SIS 17 15 57).
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bb) Das FG hat - wohl unter dem Eindruck der
Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung -
angenommen, dass dieser sich auf seine Karriere als
Profifußballer konzentriert, auswärts gewohnt, seinen
Wohnsitz häufig gewechselt und deshalb im Jahr 2011 von den
Geschäften seiner Eltern und deren Zahlungsschwierigkeiten
nichts mitbekommen habe (Vorentscheidung in EFG 2019, 227, Rz 92
ff.).
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Dabei hat das FG, wie bereits erwähnt,
übersehen, dass der Kläger nach seinem Vortrag (nur) bis
Juni 2010 als (semiprofessioneller, vgl. Urteil S. 6)
Fußballspieler tätig war. Das FG konnte deshalb nicht
davon ausgehen, dass der Kläger auch noch im Jahr 2011
völlig auf seine Fußballkarriere konzentriert war. Die
Kontobewegungen (u.a. Gehalt) lassen ganz im Gegenteil darauf
schließen, dass der Steuerschuldner und der Kläger
(spätestens) ab Juni 2010 Kontakt in geschäftlichen
Angelegenheiten hatten und dass der Steuerschuldner bereits ab
September 2010 - beginnend zu der Zeit, in der der Kläger die
Kontoauszüge angeblich Vermietern vorlegen wollte - die
Notwendigkeit sah, sich das Konto zu „leihen“.
Dass der Kläger selbst ab Herbst 2010 einen Gewerbebetrieb
geführt und Rechnungen gestellt habe, wurde weder vom FG
festgestellt noch von den Beteiligten vorgetragen. Wenn der
Kläger außerdem als Strohmann des Steuerschuldners
für diesen Wohnungen erworben haben sollte (weil angesichts
dessen hoher Verschuldung beim Erwerb in seinem eigenen Namen die
Gefahr eines Zugriffs der Gläubiger bestanden hätte), ist
die Annahme, der Kläger sei in keiner Weise in die
Geschäfte des Steuerschuldners involviert gewesen und habe von
dessen finanziellen Schwierigkeiten bzw. den Schwierigkeiten seiner
Eltern nichts mitbekommen, nicht nachvollziehbar. Nach Aktenlage
wohnte der Kläger ab 2005 zumindest in derselben Stadt wie
seine Eltern, möglicherweise sogar zeitweise (2010/2011) in
derselben Wohnung, wo er auch gemeldet war und wohin er seine Post
bzw. die Kontoauszüge schicken ließ.
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cc) Im zweiten Rechtsgang wird das FG diese
Umstände aufzuklären und unter Berücksichtigung der
Senatsrechtsprechung, wonach die Darlegung der Kenntnis des
Anfechtungsgegners (des „anderen Teils“) durch
anerkannte Beweisanzeichen bzw. Indiztatsachen und
Erfahrungssätze erleichtert wird (vgl. Senatsurteil in BFH/NV
2017, 1297 = SIS 17 15 57), erneut zu würdigen haben. Da das
FG im ersten Rechtsgang kaum eigene Feststellungen getroffen hat
und insbesondere Feststellungen zur Tätigkeit des Klägers
sowie der Kontonutzung ab Sommer 2010 völlig fehlen, die
Kontoauszüge, die hier nur in Auszügen vorliegen
(diejenigen des Jahres 2011 fehlen weitgehend), vom FG nicht
ausgewertet wurden und da sich auch den Akten nicht entnehmen
lässt, wann der Kläger für seinen Vater
(möglicherweise als „Strohmann“) Wohnungen
gekauft hat, kann der Senat nicht in der Sache selbst
entscheiden.
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c) Da der Kläger gemäß §
3 Abs. 2 Satz 1 AnfG bzw. § 3 Abs. 4 Satz 1 AnfG n.F. i.V.m.
§ 138 Abs. 1 Nr. 2 InsO als dessen Sohn eine dem
Steuerschuldner nahestehende Person ist, kann sich das Urteil
zumindest hinsichtlich der Gutschriften in der Zeit vom 17.11.2011
bis zum 09.12.2011 in Höhe von insgesamt 76.244 EUR, für
welche die Zwei-Jahres-Frist des § 3 Abs. 2 Satz 2 AnfG
(§ 3 Abs. 4 Satz 2 AnfG n.F.) gewahrt ist, aus anderen
Gründen als richtig darstellen. Jedoch gilt § 3 Abs. 2
AnfG (§ 3 Abs. 4 AnfG n.F.) ausdrücklich nur für
entgeltliche Verträge. Es ist nicht erkennbar, dass der
Gesetzgeber unentgeltliche Verträge unter nahestehenden
Personen in diese Vorschrift einbeziehen wollte, denn dann
würde die vom Gesetzgeber vorgesehene Privilegierung des
§ 11 Abs. 2 Satz 1 AnfG teilweise konterkariert.
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Im Streitfall kann dahinstehen, ob dann, wenn
lediglich unklar ist, ob Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit
vorliegt, eine Wahlfeststellung möglich ist, da, wie
ausgeführt, auch Aufklärungsbedarf in Bezug auf § 11
Abs. 2 Sätze 1 und 2 AnfG besteht.
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5. Im Übrigen sieht der Senat im Hinblick
darauf, dass die Sache ohnehin neu verhandelt und entschieden
werden muss, von weiteren Ausführungen ab.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
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