1
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I. Die Eheleute B und C waren alleinige
Kommanditisten der A-KG mit einer Kommanditeinlage von insgesamt
500.000 EUR. Komplementärin ohne Beteiligung am
Gesellschaftsvermögen war die A-GmbH. Im Eigentum der A-KG
standen insgesamt 13 Grundstücke.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
18.11.2008 schenkten B und C u. a. die Kommanditanteile an der A-KG
und die Geschäftsanteile an der A-GmbH im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge ihren Söhnen D und E. D erhielt eine
Kommanditeinlage von 283.000 EUR, E von 217.000 EUR. D und E
verpflichteten sich wechselseitig und gegenüber ihren Eltern,
sich zeitnah nach der Schenkung in der Weise auseinanderzusetzen,
dass fünf Grundstücke der A-KG in eine GmbH & Co. KG
unter der Firma F-KG eingebracht werden, deren alleiniger
Kommanditist D sein sollte, die übrigen acht Grundstücke
(sieben wirtschaftliche Einheiten) in eine GmbH & Co. KG unter der
Firma G-KG, deren alleiniger Kommanditist E sein sollte. D und E
bestellten C ein lebenslängliches, unentgeltliches
Nießbrauchrecht an den geschenkten Kommanditanteilen.
Gegenüber B verpflichteten sie sich zur Zahlung
lebenslänglicher Leibrenten. C verstarb am 09.12.2008 und
wurde durch B, D und E in Erbengemeinschaft beerbt. Im Jahr 2009
wurde die A-KG umfirmiert in F-KG.
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Durch notariell beurkundete Verträge
vom 03.07.2012 setzten sich D und E auseinander. D übertrug
seinen Kommanditanteil an der F-KG gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten auf die 2011 gegründete D-KG, deren
alleiniger Kommanditist er wurde. E übertrug seinen
Kommanditanteil an der F-KG gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten auf die ebenfalls 2011 gegründete
Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), deren
alleiniger Kommanditist er wurde. An der F-KG waren somit die D-KG
mit 56,6 % und die Klägerin mit 43,4 % beteiligt. In einer
darauf folgenden Urkunde beendeten die D-KG und die Klägerin
die F-KG und schlossen einen „Auseinandersetzungs- und
Einbringungsvertrag“, um die Abwicklung im Wege der
Realteilung vorzunehmen. Die im Gesellschaftsvermögen der F-KG
befindlichen Grundstücke wurden entsprechend den
Beteiligungsverhältnissen auf die D-KG und die Klägerin
übertragen. Die Klägerin erhielt die sieben
wirtschaftlichen Einheiten, die nach dem Schenkungsvertrag vom
18.11.2008 für die Gesellschaft des E vorgesehen
waren.
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Nach gesonderter Feststellung der
Grundbesitzwerte der auf die Klägerin übertragenen
wirtschaftlichen Einheiten setzte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) mit Bescheid vom
19.02.2013 gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest.
In der Anlage zum Bescheid waren die von der D-KG erworbenen
wirtschaftlichen Einheiten aufgeführt. Am 18.03.2013
erließ das FA gegenüber der Klägerin unter Berufung
auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) einen
Änderungsbescheid, in dem es die sieben für die
Gesellschaft des E vorgesehenen wirtschaftlichen Einheiten erfasste
und von einer anteiligen Steuerbefreiung in Höhe von 43,4 %
gemäß § 6 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes
(GrEStG) ausging.
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Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Das FA stützte den Änderungsbescheid nunmehr auf §
129 AO. Die Übertragung der Anteile an der A-KG auf D und E im
Jahr 2008 sei nach § 1 Abs. 2a GrEStG grunderwerbsteuerbar,
aber als Schenkung gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
steuerfrei. Die nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG steuerbaren
Auflagen (Nießbrauch und Leibrente) seien nach § 3 Nr. 6
Satz 1 GrEStG steuerfrei. Die Umfirmierung der A-KG in F-KG im
Jahre 2009 sei nicht grunderwerbsteuerbar. Die
Anteilsübertragungen vom 03.07.2012 seien nach § 1 Abs.
2a GrEStG steuerbar, aber nach § 6 Abs. 3 GrEStG steuerfrei.
Jedoch sei die anschließende Übertragung der
Grundstücke auf die Klägerin nur in Höhe ihrer
Beteiligung an der F-KG von 43,4 % steuerbefreit nach § 6 Abs.
3 GrEStG. Es liege weder eine Schenkung nach § 3 Nr. 2 GrEStG
noch eine Nachlassteilung nach § 3 Nr. 3 GrEStG vor noch
könne § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG mangels
Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den beteiligten
Rechtsträgern angewandt werden. Eine Befreiung ergebe sich
auch nicht aus interpolierender Betrachtung. Der tatsächlich
verwirklichte Grundstückserwerb sei kein abgekürzter,
sondern ein verlängerter Weg. An die Nichterfüllung der
Auflage seien keinerlei ernstliche Folgen geknüpft gewesen.
Tatsächlich hätten D und E, statt die Auflage direkt zu
erfüllen, eine Auseinandersetzung unter ertragsteuerlichen
Aspekten gewählt, und dies auch nicht zeitnah.
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Mit der Klage rügte die Klägerin
in formeller Hinsicht die fehlerhafte Bekanntgabe des Bescheides
vom 19.02.2013 und die inhaltliche Unbestimmtheit der angefochtenen
Bescheide und berief sich in materiell-rechtlicher Hinsicht u.a.
auf eine Interpolationsmöglichkeit.
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Das Finanzgericht (FG) hat der Klage
stattgegeben. Zwar sei der Bescheid vom 19.02.2013 zumindest
rechtswidrig und auch der Änderung nicht zugänglich, der
Bescheid vom 18.03.2013 aber in einen formell
ordnungsgemäßen Erstbescheid umzudeuten. Letzterer sei
jedoch materiell rechtswidrig, da der Erwerbsvorgang
grunderwerbsteuerbar, aber insgesamt steuerfrei sei. Der nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Realteilungsvertrag vom
03.07.2012 sei gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs.
1 Satz 1 GrEStG hinsichtlich des der Beteiligung der Klägerin
an der F-KG entsprechenden Anteils (43,4 %) wegen teleologischer
Reduktion des § 6 Abs. 4 GrEStG und darüber hinaus nach
§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Hinsichtlich der dem D
bzw. der D-KG zustehenden gesamthänderischen Mitberechtigung
an den Grundstücken liege eine Schenkung von B und C an E vor.
Nach der grunderwerbsteuerrechtlich irrelevanten Übertragung
der Gesellschaftsanteile an der F-KG von E auf die Klägerin
habe die Übertragung der Grundstücke die Auflage i.S. des
§ 7 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) aus dem Schenkungsvertrag vom
18.11.2008 erfüllt. An dem Erwerbsvorgang seien zwar nicht die
Schenker B und C beteiligt gewesen. Dies könne jedoch durch
eine interpolierende Betrachtung unter dem Gesichtspunkt des
abgekürzten Leistungswegs ersetzt werden. Somit wäre eine
Übertragung der Grundstücke von der A-KG (später
F-KG) auf B und C bzw. die Erbengemeinschaft nach C nach § 3
Nr. 6 Satz 1 und Nr. 2 Satz 1 GrEStG und § 6 Abs. 1 Satz 1
GrEStG, die anschließende Übertragung der
Grundstücke durch B und C bzw. die Erbengemeinschaft auf die
Klägerin nach § 3 Nr. 2 Satz 1 und § 3 Nr. 6 Satz 1
i.V.m. § 5 Abs. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit
gewesen. § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AO stehe dem nicht
entgegen, da wegen der schweren Erkrankung des C die Sache
eilbedürftig und die Klägerin noch gar nicht existent
gewesen sei. Die ertragsteuerlich motivierte Gestaltung sei nicht
missbräuchlich.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2018, 1736 =
SIS 18 14 93 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung von § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sowie § 3 Nr. 6
Satz 1 GrEStG. Es fehle an einer Schenkung. Die Übertragung
der Grundstücke habe wegen der vorgeschalteten
Übertragung der Gesellschaftsanteile an der F-KG die Auflage
aus dem Vertrag vom 18.11.2008 nicht mehr erfüllt. Eine
interpolierende Betrachtung finde mangels abgekürzten
Leistungswegs nicht statt. D und E hätten die Auflage nicht
wie vorgesehen umgesetzt. Der gedankliche Umweg über die
Eltern sei wegen des Todes des C nicht mehr vollziehbar.
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Das FA beantragt sinngemäß, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin hat keinen
ausdrücklichen Antrag gestellt. Sie begehrt jedoch, die
Revision zurückzuweisen. Das FG-Urteil sei schon deshalb im
Ergebnis zutreffend, weil die Umdeutung des Bescheides vom
19.02.2013 wegen des falschen Inhaltsadressaten unzulässig
sei. Auch in der Sache habe der abgekürzte Leistungsweg keinen
nicht vorgesehenen Vorteil eröffnet, so dass die Interpolation
zulässig sei. Die Durchführung der Auseinandersetzung
stelle keine erhebliche Abweichung vom Willen der Schenker dar, da
sie das beabsichtigte Ergebnis, die Überführung der
Vermögensteile in die zwei eigenständigen GmbH & Co. KGs,
erreicht habe.
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II. Die Revision ist begründet. Der Senat
entscheidet in der Sache selbst und weist die Klage ab (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der
angefochtene Bescheid vom 18.03.2013, über den das FG
entschieden hat, ist rechtmäßig und verletzt die
Klägerin nicht in ihren Rechten.
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1. Der Bescheid ist nach Maßgabe der
durch das FG vorgenommenen Umdeutung nach § 128 Abs. 1 AO
formell ordnungsgemäß. Die Voraussetzungen dieser
Vorschrift liegen vor, was auch die Klägerin nicht bestreitet.
Ihre Einwände beruhen auf der Annahme, das FG habe den
Bescheid vom 19.02.2013 umgedeutet. Tatsächlich hat das FG
aber den nachfolgenden Bescheid vom 18.03.2013 umgedeutet. Das
ergibt sich sowohl aus der Datumsangabe als auch aus der
ausdrücklichen Aussage, der Bescheid werde in einen
Erstbescheid umgedeutet. Diese Aussage kann nur auf denjenigen
Bescheid bezogen sein, der nicht selbst Erstbescheid ist. Der
Bescheid vom 18.03.2013 wies den zutreffenden Inhaltsadressaten
auf.
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2. Der Bescheid ist auch materiell-rechtlich
rechtmäßig. Die Übertragung der Grundstücke
von der F-KG auf die Klägerin durch den Vertrag vom 03.07.2012
ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbar. Steuerfrei ist sie
allein hinsichtlich eines Anteils von 43,4 % nach § 6 Abs. 3
i.V.m. § 6 Abs. 1 GrEStG. Hinsichtlich des verbleibenden und
allein noch streitigen Anteils von 56,6 % ist der Vorgang
steuerpflichtig. Ein Befreiungstatbestand greift nicht ein.
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a) Nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sind von
der Besteuerung ausgenommen u.a. Grundstücksschenkungen unter
Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes.
Ziel und Zweck der Vorschrift ist es, die Doppelbelastung eines
Lebenssachverhalts mit Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie
Grunderwerbsteuer zu vermeiden (ständige Rechtsprechung, vgl.
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.01.2019 - II R 7/16,
BFHE 263, 465, BStBl II 2019, 617 = SIS 19 06 39, Rz 22, m.w.N.).
Ob eine Schenkung vorliegt, ist nach der jeweils geltenden Fassung
des § 7 ErbStG zu beurteilen (dynamische Verweisung, vgl.
Meßbacher-Hönsch in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz,
19. Aufl., § 3 Rz 98). Es handelt sich um einen
abschließenden Katalog (Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz,
Kommentar, 6. Aufl., § 3 Rz 139).
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aa) Als Schenkung unter Lebenden gilt u.a.
nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter
Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden
bereichert wird, ferner nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, was
infolge Vollziehung einer von dem Schenker angeordneten Auflage
oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter
Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende
Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, dass eine einheitliche
Zweckzuwendung vorliegt.
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bb) Die Schenkung unter Auflage nach §
525 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gehört zu den
Schenkungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ErbStG. Ist
Begünstigter der Auflage ein Dritter, so bleibt der
ursprüngliche Schenker alleiniger Schenker. Das gilt ohne
Weiteres gegenüber dem unmittelbar Beschenkten
(Erstbeschenkten). Es gilt aber auch hinsichtlich des Gegenstandes
der Auflage gegenüber dem davon begünstigten Dritten
(Zweitbeschenkten). Führt nach einer solchen Schenkung der
Erstbeschenkte die ihm auferlegte - und aus dem ihm Zugewendeten zu
erbringende - Leistung durch Zuwendung an den Zweitbeschenkten aus,
so ist Schenker der Zuwendung an den Zweitbeschenkten nicht der
Erstbeschenkte, sondern der ursprüngliche Schenker (vgl.
BFH-Urteile vom 17.02.1993 - II R 72/90, BFHE 171, 316, BStBl II
1993, 523 = SIS 93 14 11; vom 16.12.2015 - II R 49/14, BFHE 251,
513, BStBl II 2016, 292 = SIS 16 01 40, Rz 11, sowie vom 07.11.2018
- II R 38/15, BFHE 263, 459, BStBl II 2019, 325 = SIS 18 22 84, Rz
17). Die in der Auflagenbegünstigung liegende Schenkung ist
bei dem Zweitbeschenkten nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder
§ 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG steuerbar (vgl. BFH-Urteil vom
11.06.2008 - II R 60/06, BFH/NV 2008, 2026 = SIS 08 41 40,
m.w.N.).
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cc) § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG ist im Falle
einer solchen Schenkung unter Auflage zugunsten eines Dritten
hinsichtlich des Gegenstandes der Auflage nicht anwendbar. § 3
Nr. 2 Satz 1 GrEStG setzt voraus, dass sich der
Grundstückserwerb zwischen Schenker und Bedachtem vollzieht
(BFH-Urteil in BFHE 263, 459, BStBl II 2019, 325 = SIS 18 22 84, Rz
17, m.w.N.). Das ist bei der Vollziehung einer Schenkungsauflage
ausgeschlossen. Der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerb vollzieht
sich zwischen dem Erstbeschenkten und dem Zweitbeschenkten. Die
Schenkung vollzieht sich zwischen dem ursprünglichen Schenker
und dem Zweitbeschenkten. Der Erstbeschenkte und der
ursprüngliche Schenker sind definitionsgemäß nie
identisch.
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b) Nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist von
der Besteuerung ausgenommen u.a. der Erwerb eines Grundstücks
durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie
verwandt sind.
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aa) Gemäß § 1589 Abs. 1 Satz 1
BGB sind Personen, deren eine von der anderen abstammt, in gerader
Linie verwandt, während gemäß § 1589 Abs. 1
Satz 2 BGB Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber
von derselben dritten Person abstammen, in der Seitenlinie verwandt
sind. Eltern und Kinder sind in gerader Linie, Geschwister
lediglich in der Seitenlinie verwandt.
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bb) § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG ist auch
anwendbar, wenn an dem
Grundstücksübertragungsgeschäft
Personengesellschaften beteiligt sind, die die Voraussetzungen, die
an die Verwandtschaft anknüpfen, als nicht natürliche
Personen unmittelbar nicht erfüllen können. Den
Personengesellschaften als Gesamthandsgemeinschaften, zu denen auch
die KG gehört, können im Rahmen der
Befreiungstatbestände im Umfang der Beteiligung die
persönlichen Eigenschaften der jeweiligen Gesellschafter
zugerechnet werden. Das wird aus dem Rechtsgedanken des § 5
Abs. 2 GrEStG abgeleitet (unter der früheren zivilrechtlichen
Beurteilung der Gesamthand BFH-Urteile vom 25.02.1969 - II 142/63,
BFHE 95, 292, BStBl II 1969, 400 = SIS 69 02 57, und vom 21.11.1979
- II R 96/76, BFHE 129, 400, BStBl II 1980, 217 = SIS 80 01 23; aus
jüngerer Zeit unter ausdrücklicher Berufung auf § 5
Abs. 2 GrEStG BFH-Urteil vom 20.12.2011 - II R 42/10, BFH/NV 2012,
1177 = SIS 12 16 07, Rz 13 bis 15).
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22
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c) Wenn die Leistungsbeziehung in der
Grunderwerbsteuer für sich genommen keinen
Befreiungstatbestand erfüllt, so kann gleichwohl die
Zusammenschau mehrerer Befreiungsvorschriften oder die mehrfache
Anwendung derselben Befreiungsvorschrift eine Steuerbefreiung im
Wege der Zusammenschau eröffnen, die im Wortlaut der
Einzelvorschriften, je für sich allein betrachtet, nicht zum
Ausdruck kommt.
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aa) Die Zusammenschau darf nur an einen real
verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt
anknüpfen. Sie darf auch nicht zu einer Erweiterung des
Anwendungsbereichs einer Befreiungsvorschrift über ihren Zweck
hinaus führen. Fälle des Gestaltungsmissbrauchs i.S. des
§ 42 AO sind ausgeschlossen (BFH-Urteile vom 28.04.1970 - II
109/65, BFHE 99, 250, BStBl II 1970, 600 = SIS 70 03 35; in BFHE
251, 513, BStBl II 2016, 292 = SIS 16 01 40, Rz 9, m.w.N., und in
BFHE 263, 459, BStBl II 2019, 325 = SIS 18 22 84, Rz 19).
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bb) Die Zusammenschau kommt insbesondere dann
in Betracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte
Grundstückserwerb als abgekürzter Leistungsweg darstellt
und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt
worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. Im
abgekürzten Leistungsweg hat die tatsächliche
Ausführung der Leistung für sich genommen keinen
Rechtsgrund. Sie kürzt lediglich den mehraktigen Leistungsweg
ab, der den schuldrechtlichen Grundverhältnissen
entspräche. Modell des abgekürzten Leistungswegs ist das
Dreiecksverhältnis der Anweisung (§§ 783 ff. BGB),
in dem der Anweisende den Angewiesenen anweist, eine Leistung nicht
an ihn, den Anweisenden, sondern an einen Dritten, den
Anweisungsempfänger zu erbringen. Es bestehen
Rechtsbeziehungen einerseits zwischen dem Anweisenden und dem
Angewiesenen im sog. Deckungsverhältnis (§ 787 BGB; dazu
Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl., § 783
Rz 6, § 787 Rz 1), andererseits zwischen dem Anweisenden und
dem Anweisungsempfänger im sog. Valutaverhältnis (§
788 BGB; dazu Palandt/Sprau, a.a.O., § 783 Rz 5, § 788 Rz
1). Im Verhältnis zwischen dem Angewiesenen und dem
Anweisungsempfänger wird zwar die Leistung tatsächlich
erbracht, jedoch besteht kein Grundverhältnis (Palandt/Sprau,
a.a.O., § 783 Rz 8), d.h. kein eigener Rechtsgrund.
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cc) Die Schenkung unter Auflage zugunsten
eines Dritten enthält hinsichtlich der Auflage einen
abgekürzten Leistungsweg. Die Auflage kann jede Leistung zum
Gegenstand haben (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 525 Rz 1). Ist
diese ein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft, kann eine
solche Schenkung die Zusammenschau von grunderwerbsteuerrechtlichen
Befreiungsvorschriften eröffnen.
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dd) Ein abgekürzter Leistungsweg, der der
Zusammenschau zugänglich wäre, liegt jedoch nicht vor,
wenn der Gegenstand einer solchen Schenkungsauflage bereits ganz
oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen
Schenkers an den Erstbeschenkten war. In diesem Falle hätte
der Schenker den Gegenstand der Auflage auch unmittelbar dem
Zweitbeschenkten zuwenden können. Es stellt keine
Abkürzung, sondern eine Verlängerung des Leistungswegs
dar, wenn der Schenker dasjenige, was er im Ergebnis dem
Zweitbeschenkten zuwenden will, dem Erstbeschenkten mit der Auflage
zuwendet, es an den Zweitbeschenkten weiterzureichen, statt eine
unmittelbare Zuwendung an den Zweitbeschenkten zu bewirken.
Hinsichtlich der Leistungsbeziehungen verhält sich eine solche
Gestaltung gerade invers zu der Rechtsfigur des abgekürzten
Leistungswegs. Unerheblich ist, ob es anderweitige - auch
beachtliche - Gründe gab, den Umweg der Schenkung unter
Auflage zu wählen, denn diese können nicht zu einer
Besteuerung führen, wie sie stattfände, wenn dieser Weg
nicht gewählt worden wäre. Wie eine unmittelbare
Zuwendung des ursprünglichen Schenkers an den Zweitbeschenkten
zu behandeln gewesen wäre, ist ebenfalls unerheblich, da
dieser fiktive Sachverhalt nicht Gegenstand der Besteuerung
ist.
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Aus einer derartigen Konstellation wird auch
nicht deshalb ein abgekürzter Leistungsweg, weil die
Durchführung der Auflage dadurch ersetzt werden könnte,
dass der Erstbeschenkte dasjenige, was Gegenstand der Auflage ist,
zunächst dem Schenker zurückschenkt, damit dieser es
anschließend dem Zweitbeschenkten zuwenden kann. Dies
wäre keine Zusammenschau, sondern eine künstliche
Aufspaltung eines Vorgangs, die die vorgängige Schenkung des
Schenkers an den Erstbeschenkten einschließlich des
Gegenstandes der Auflage ausblendet und dadurch die Ausführung
der Auflage durch einen nicht gewollten Leistungsweg ersetzt. Dem
entsprechend hat der BFH in seinem Urteil vom 22.02.2017 - II R
52/14 (BFHE 257, 363, BStBl II 2017, 653 = SIS 17 06 25) in einer
ähnlichen Konstellation die Frage einer Steuerbefreiung kraft
Zusammenschau nicht in Erwägung gezogen.
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3. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das
FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist und sich die
Entscheidung auch nicht im Ergebnis als richtig erweist. Der
angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die
Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1
FGO). Der Erwerb durch Realteilung vom 03.07.2012 ist hinsichtlich
des noch streitigen Anteils von 56,6 % nicht von der
Grunderwerbsteuer befreit.
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a) § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG wäre auch
dann nicht anwendbar, wenn trotz der Abweichungen in der
Durchführung die Auseinandersetzung noch als Erfüllung
der Auflage aus dem Schenkungsvertrag vom 18.11.2008 anzusehen
wäre. Der Grundstückserwerb hat sich nicht zwischen
Schenker und Bedachtem vollzogen, da Schenker nur B und C
wären, die aber nicht an dem
Grundstücksübertragungsgeschäft beteiligt sind.
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b) Die Anwendung von § 3 Nr. 6 Satz 1
GrEStG ist ebenfalls nicht möglich. Die hinter der F-KG und
der Klägerin stehenden natürlichen Personen, D und E,
sind Geschwister und als solche lediglich in der Seitenlinie
verwandt.
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c) Der Vorgang ist schließlich nicht
aufgrund einer doppelten Anwendung des § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG
im Wege der Zusammenschau steuerbefreit. Zwar wäre auch in
diesem Zusammenhang auf die hinter der F-KG und der Klägerin
stehenden natürlichen Personen D und E abzustellen und sind
beide mit B und C in gerader Linie verwandt, so dass die
Zusammenschau eines ersten - angenommenen - Erwerbsvorgangs
zwischen der F-KG und B und C mit einem zweiten - angenommenen -
Erwerbsvorgang zwischen B und C und der Klägerin
grundsätzlich denkbar wäre. Es liegt jedoch insbesondere
kein abgekürzter Leistungsweg vor. Wenn die Auseinandersetzung
überhaupt die Auflage aus dem Schenkungsvertrag vom 18.11.2008
erfüllt haben sollte - was auch an dieser Stelle offenbleiben
kann -, hat sie keinen Leistungsweg abgekürzt, sondern
verlängert. Der Weg über die Auflage war angesichts der
Möglichkeiten, etwa der Umwandlung, nicht erforderlich. Die
beiden angenommenen Erwerbsvorgänge stellen vielmehr einen
fiktiven Sachverhalt dar. Die gedankliche Ersetzung der
durchgeführten Realteilung durch die dargestellte zweiaktige
Übertragung der Grundstücke über B und C spiegelt
nicht die tatsächlich gewollten Leistungsbeziehungen, sondern
wäre im Verhältnis zu dem tatsächlich Gewollten ein
allein aus steuerrechtlicher Motivation heraus konstruierter
Umweg.
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d) Es kann deshalb offenbleiben, wie mit der
seitens des FA thematisierten Problematik umzugehen wäre, dass
zum Zeitpunkt des steuerbaren Erwerbs am 03.07.2012 C als
Beteiligter eines solchen Leistungswegs nicht mehr am Leben war und
zu der Erbengemeinschaft nach C auch D gehörte. Der Umweg
über B und C war nicht mehr möglich. Ein Umweg über
B und die Erbengemeinschaft nach C hätte in Ansehung von D
schon den Tatbestand des § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG nicht
erfüllt.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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5. Der Senat entscheidet nach § 121 Satz
1 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis der
Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
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