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Dem Untererbbauberechtigten blieb es nach
dem Vertrag unbenommen, mit einer Kündigungsfrist von einem
Monat auf die Nutzung dieses Hallenteils bei gleichzeitigem Wegfall
der Nutzungsentgeltverpflichtung zu verzichten.
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Die UV-KG führte den Mietvertrag mit S
unter Fortdauer der Untervermietung zunächst fort. Ab Oktober
2006 vermietete die UV-KG beide Hallenteile direkt an S und den
vormaligen Untermieter. Jeder Mieter hatte eine monatliche Miete
von 23.728,99 EUR zu zahlen, wobei die Fläche des von S
gemieteten westlichen Teils der Halle einschließlich des
„Lieferschlauchs“ 2.182 qm, die des östlichen
Teils rund 1.228 qm betrug. Die UV-KG bzw. die Klägerin
zahlten in den Streitjahren ihrerseits das vereinbarte
Nutzungsentgelt für den „Lieferschlauch“ von 8,70
EUR pro qm an die H-KG.
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Bei Festsetzung der
Gewerbesteuermessbeträge folgte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) den Erklärungen
der UV-KG (2010) bzw. der Klägerin (2011 und 2012) und
gewährte antragsgemäß die erweiterte Kürzung
nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Mit Bescheid für 2010 vom
11.11.2011 wurde für die Klägerin als
Gesamtrechtsnachfolgerin der UV-KG ein Gewerbesteuermessbetrag von
0 EUR festgesetzt. Ebenfalls auf 0 EUR belief sich der
Gewerbesteuermessbetrag für die Klägerin laut Bescheid
für 2011 vom 12.07.2013. Für 2012 wurde mit Bescheid vom
04.11.2013 unter Gewährung der erweiterten Kürzung ein
Gewerbesteuermessbetrag von 4.728 EUR gegenüber der
Klägerin festgesetzt.
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Nach einer Außenprüfung ging das
FA den Prüfungsfeststellungen folgend davon aus, dass wegen
der Mitvermietung des „Lieferschlauchs“ die
Voraussetzungen einer erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG für die UV-KG im Jahr 2010 und für die
Klägerin in den Jahren 2011 und 2012 nicht erfüllt seien.
Außerdem wurde der Gewerbeertrag der Klägerin um
Sondervergütungen erhöht, die sich im Jahr 2011 auf
128.693,33 EUR und im Jahr 2012 auf 135.041,60 EUR beliefen. Das FA
erließ daraufhin am 11.03.2016 geänderte
Gewerbesteuermessbescheide. Für 2010 wurde gegenüber der
Klägerin als Rechtsnachfolgerin der UV-KG ein
Gewerbesteuermessbetrag von 29.438 EUR festgesetzt. Für 2011
und 2012 betrugen die für die Klägerin festgesetzten
Gewerbesteuermessbeträge 100.919 EUR bzw. 104.706 EUR.
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Die hiergegen von der Klägerin als
Rechtsnachfolgerin der UV-KG (2010) bzw. der Klägerin in
eigener Sache (2011 und 2012) erhobenen Einsprüche wurden mit
Einspruchsentscheidungen vom 30.10.2017 als unbegründet
zurückgewiesen.
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Mit vom Finanzgericht (FG) zur gemeinsamen
Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen machte die
Klägerin (für 2010 als Rechtsnachfolgerin der UV-KG) wie
schon in den Einspruchsverfahren geltend, die Voraussetzungen der
erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG seien
erfüllt. Bei der Mitvermietung des
„Lieferschlauchs“ handele es sich um die
Überlassung eigenen Grundbesitzes, weil das Geh- und
Fahrtrecht über den „Lieferschlauch“ durch eine
als rechtlicher Bestandteil des Untererbbaurechts am Flurstück
9 anzusehende Dienstbarkeit gesichert sei. Selbst wenn es sich um
fremden Grundbesitz handeln würde, wäre die
Überlassung des „Lieferschlauchs“ aber eine
unschädliche Nebentätigkeit. Dies ergebe sich aus der
besonderen historischen, vertraglichen, bautechnischen und
funktionalen Verzahnung der Teilfläche auf dem Flurstück
2 mit dem Objekt auf dem Flurstück 9. Im Übrigen sei der
„Lieferschlauch“ unentgeltlich überlassen worden,
so dass es schon deshalb an einer kürzungsschädlichen
Tätigkeit fehle.
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Das FG gab dem Antrag der Klägerin,
die geänderten Gewerbesteuermessbescheide vom 11.03.2016
dahingehend zu ändern, dass die erweiterte Kürzung
für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Sätze
2 ff. GewStG gewährt wird, mit Urteil vom 06.12.2018 in vollem
Umfang statt.
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Mit der Revision trägt das FA erneut
vor, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
nicht erfüllt seien, weil die Klägerin bzw. ihre
Rechtsvorgängerin nicht ausschließlich eigenen
Grundbesitz verwaltet habe. Das kürzungsschädliche
Tatbestandsmerkmal sei in der An- und Weitervermietung der
Lagerkapazität im „Lieferschlauch“ zu sehen. Diese
sei kein zum Zweck der Belieferung zwingend notwendiger Teil einer
wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen
Grundstücksverwaltung und -nutzung, sondern eine
kürzungsschädliche Weitervermietung einer fremden,
gewerblich als Lagerflächenerweiterung genutzten Immobilie
(vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 08.12.2016 - IV R
55/10, BFHE 256, 519, BStBl II 2017, 722 = SIS 16 28 58). Dies
folge aus dem fehlenden bindenden Zusammenhang zwischen der
Einräumung der Dienstbarkeit und der Anmietung der die von der
Dienstbarkeit umfasste Fläche überbauenden Halle. Das
Geh- und Fahrtrecht bestehe auch dann unverändert fort, wenn
das schuldrechtliche Nutzungsverhältnis an der Halle ende. Das
dingliche Recht habe deshalb entgegen der Auffassung des FG nicht
nur über die Anmietung und Weitervermietung der Halle genutzt
werden können. Das FG beziehe sich ausschließlich auf
die Nutzung der Halle als Lieferweg, obwohl der Beklagtenvertreter
in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass
der Hallenteil hauptsächlich zur Lagerung genutzt werde. Dies
ergebe sich aus dem Mietvertrag, in dem der Hallenteil als weiteres
Lager von ca. 500 qm bezeichnet werde. Das dingliche Geh- und
Fahrtrecht habe zur gesicherten Belieferung ausgereicht, weil gegen
Eingriffe ein sachenrechtlicher Abwehranspruch bestehe.
Unschädlich sei die Weitervermietung nur, wenn sie zwingend
notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen
Grundstücksnutzung bzw. -verwaltung sei. Darauf, ob sie
lediglich wirtschaftlich sinnvoll sei, komme es nicht an. Die
Lagerkapazität der 1.500 qm großen Halle sei groß
genug gewesen. Dass bei einer Teilnutzung als Lager die
Verkaufsfläche vermindert werde, sei ohne Bedeutung.
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Soweit das FG betragsmäßig von
einer Geringfügigkeit der Nebentätigkeit ausgehe, sei
dies mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbar. Der BFH habe
mehrfach entschieden, dass es eine allgemeine
Geringfügigkeitsgrenze nicht gebe. Die im BFH-Urteil vom
18.04.2000 – VIII R 68/98 (BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359
= SIS 00 10 89) offen gelassene Frage, ob es
betragsmäßig eine absolute oder relative
Geringfügigkeitsgrenze gebe, habe der BFH im Beschluss vom
17.11.2005 – I B 150/04 (BFH/NV 2006, 609 = SIS 06 12 46)
ausdrücklich negativ beantwortet. Lege man die Grundsätze
des BFH-Urteils vom 11.04.2019 - III R 36/15 (BFHE 264, 470, BStBl
II 2019, 705 = SIS 19 12 43) zugrunde, sei es nicht vertretbar
anzunehmen, dass die zum eigenen Grundbesitz gehörende
Dienstbarkeit wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung des
auf dem dienenden Grundstücksteil befindlichen Hallenteils
hätte genutzt werden können. Denn das Fahrtrecht habe
rechtlich auch ohne Gebäude durchgesetzt werden können.
Allein auf diesen objektiven Umstand sei abzustellen, nicht auf die
Vorstellungen der Vertragspartner des
Mietverhältnisses.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Sie stützt sich im Wesentlichen auf
die Gründe des FG-Urteils. In Erwiderung auf die
Revisionsbegründung führt die Klägerin aus, der BFH
habe nicht jede Nebentätigkeit als kürzungsschädlich
behandelt. Die Mitnutzung des „Lieferschlauchs“ zu
Lagerzwecken sei den Beteiligten und dem FG bekannt gewesen.
Entgegen der Darstellung des FA habe nicht die Klägerin,
sondern die Mieterin den „Lieferschlauch“ mit Regalen
zu Lagerzwecken ausgestattet. Maßgebend dafür, dass das
FG die Mitvermietung als nicht kürzungsschädlich
angesehen habe, sei die enge historische, bautechnische und
vertragliche Verbindung des „Lieferschlauchs“ mit dem
Hallengebäude der Klägerin. Eine wettergeschützte
Belieferung sei nur auf diesem Weg möglich gewesen. Der mit
dem „Lieferschlauch“ verbundene Hallenteil habe kaum
eigene Lagerkapazitäten gehabt. Es habe lediglich einen 46 qm
großen und bereits in den „Lieferschlauch“
hineinragenden Lagerraum gegeben. Für die zwingende
Notwendigkeit der Mitvermietung spreche bereits, dass die Mieterin
die Räumlichkeiten in dieser Form seit 1993 genutzt habe. Der
hiesige Fall sei vergleichbar mit dem Fall, in dem das FG Berlin
mit rechtskräftigem Urteil vom 30.11.1977 - VI 179/77 (EFG
1978, 399) keine schädliche Nebentätigkeit angenommen
habe. Das Geh- und Fahrtrecht an der Teilfläche des
„Lieferschlauchs“ hätte ohne Mitvermietung der
Halle wirtschaftlich nicht genutzt werden können, worauf auch
das FG abgehoben habe. Dem Einwand des FA, es habe auch eine andere
Belieferungsmöglichkeit gegeben, habe das FG zutreffend
entgegengehalten, dass dann das Geh- und Fahrtrecht ungenutzt
geblieben wäre. Soweit das FG Ausführungen zu einer
quantitativen Begrenzung für Nebentätigkeiten gemacht
habe, bezögen sich diese nicht auf eine allgemeine Grenze,
sondern darauf, dass eine dem Grunde nach
kürzungsunschädliche Tätigkeit nur eine
geringfügige Nebentätigkeit sei. Zu Recht habe das FG
Mieteinnahmen und Einkünfte aus der Anmietung und
Weitervermietung ins Verhältnis gesetzt. Allerdings seien die
Einnahmen und Einkünfte aus der Vermietung des
„Lieferschlauchs“ zu hoch angesetzt worden, weil das FG
von einer Durchschnittsmiete für Halle und
„Lieferschlauch“ ausgegangen sei, obwohl für
Letzteren von einer geringeren Miete hätte ausgegangen werden
müssen. Die Grundsätze des Großen Senats des BFH im
Beschluss vom 25.09.2018 - GrS 2/16 (BFHE 263, 225, BStBl II 2019,
262 = SIS 19 02 19), wonach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht als
Subventionsnorm, sondern als am gewerbesteuerrechtlichen
Belastungsgrund ausgerichtete Korrektur einer rein
rechtsformveranlassten Steuerbelastung zu verstehen sei,
müssten auch bei der Bestimmung der
kürzungsunschädlichen Nebentätigkeiten
berücksichtigt werden.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG zutreffend ausgelegt (1.) und in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise auf den festgestellten Sachverhalt angewendet
(2.).
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1. Das FG hat § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
BFH ausgelegt.
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a) Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die
Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des
Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers
gehörenden Grundbesitzes gekürzt (sog. einfache
Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die
ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem
Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder
daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser,
Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und
veräußern, die Kürzung um den Teil des
Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen
Grundbesitzes entfällt (sog. erweiterte Kürzung). Zweck
der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der
bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der
Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit
Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben,
freizustellen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE
263, 225, BStBl II 2019, 262 = SIS 19 02 19, Rz 96, m.w.N.).
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Eigener Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers
gehörende Grundbesitz (Beschluss des Großen Senats des
BFH in BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262 = SIS 19 02 19, Rz 76).
Dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zweck der
Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa
durch Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteile vom 17.01.2006 - VIII
R 60/02, BFHE 213, 5, BStBl II 2006, 434 = SIS 06 16 79, und vom
14.07.2016 - IV R 34/13, BFHE 255, 12, BStBl II 2017, 175 = SIS 16 23 23, jeweils m.w.N.). Die neben der Vermögensverwaltung des
Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten
Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG
abschließend aufgezählt (BFH-Urteil vom 14.06.2005 -
VIII R 3/03, BFHE 210, 38, BStBl II 2005, 778 = SIS 05 39 38).
Darüber hinaus können nach ständiger Rechtsprechung
auch Nebentätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen
innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot des § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG gezogenen Rahmens liegen (dazu nachfolgend
unter d).
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b) Ein Erbbaurecht einschließlich des
vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist
„eigener Grundbesitz“ i.S. des § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG. Das Erbbaurecht ist als dingliches Recht
bürgerlich-rechtlich dem Grundstück gleichgestellt. Mit
seiner Bestellung scheidet das Grundstück aus dem Grundbesitz
des Eigentümers i.S. des § 9 Nr. 1 GewStG aus. Fortan ist
es dem Grundbesitz des Erbbauberechtigten zuzurechnen (BFH-Urteil
vom 15.04.1999 – IV R 11/98, BFHE 188, 412, BStBl II 1999,
532 = SIS 99 15 49, m.w.N.). Ist an dem Erbbaurecht ein
Untererbbaurecht bestellt, kann dieses im Verhältnis zum
Erbbaurecht nicht anders behandelt werden als das Erbbaurecht im
Verhältnis zum Eigentum am Grundstück. Das
Grundstück ist dementsprechend ab Bestellung des
Untererbbaurechts dem „eigenen Grundbesitz“ im
Betriebsvermögen des Untererbbauberechtigten zuzurechnen.
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c) Ist an einem Grundstück eine
Grunddienstbarkeit bestellt, ist die Dienstbarkeit für Zwecke
des § 9 Nr. 1 GewStG dem Grundbesitz zuzuordnen, zu dem das
herrschende Grundstück gehört. Wie das FG zutreffend
ausgeführt hat, ist der Begriff des Grundbesitzes im
bewertungsrechtlichen Sinn zu verstehen (vgl. BFH-Urteil vom
20.09.2007 – IV R 19/05, BFHE 219, 190, BStBl II 2010, 985 =
SIS 08 08 33, m.w.N.). Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 des
Bewertungsgesetzes (BewG) gehören zum Grundvermögen der
Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und
das Zubehör. Da Rechte, die mit dem Eigentum an einem
Grundstück verbunden sind, als Bestandteile des
Grundstücks gelten (§ 96 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs), gehört eine Grunddienstbarkeit - anders als ein
obligatorisches Nutzungsrecht - zum Grundvermögen des
Eigentümers des herrschenden Grundstücks (BFH-Urteil vom
11.06.2008 - II R 71/05, BFHE 222, 57, BStBl II 2009, 132 = SIS 08 33 13; BFH-Beschluss vom 12.11.2009 - IV B 8/09, BFH/NV 2010, 464 =
SIS 10 06 08). Die Dienstbarkeit gehört demgemäß
für den Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu
dessen „eigenem Grundbesitz“ i.S. des § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG. Ist die Dienstbarkeit für ein Erbbaurecht
bestellt, gehört sie folglich zum Grundbesitz des
Erbbauberechtigten.
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Die Zurechnung der Dienstbarkeit ist nicht
gleichbedeutend mit der Zurechnung des belasteten
Grundstücksteils. Dieser bleibt weiter Teil des belasteten
Grundstücks und das zivilrechtliche Eigentum steht ebenso wie
das wirtschaftliche Eigentum i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der
Abgabenordnung demjenigen zu, dem das belastete Grundstück
zuzurechnen ist. Dies betrifft sowohl den Grund und Boden als auch
auf dem belasteten Grundstücksteil stehende Gebäude, es
sei denn, Letztere wären steuerrechtlich einem Anderen als dem
zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen.
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d) Die von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen
Grundbesitzes bedeutet, dass grundsätzlich nur die
begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es
sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss.
Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem
Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind
ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der
Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen
und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll
gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung
angesehen werden können (ständige Rechtsprechung, z.B.
BFH-Urteile in BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705 = SIS 19 12 43, Rz
26; vom 28.11.2019 - III R 34/17, BFHE 267, 398, BStBl II 2020, 409
= SIS 20 03 72, Rz 16; in BFHE 210, 38, BStBl II 2005, 778 = SIS 05 39 38). Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben
der Überlassung eigenen Grundbesitzes kann danach nur dann
eine begünstigte Nebentätigkeit sein, wenn sie zwingend
notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten
Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist. Ist der Umfang
einer solchen Tätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung
der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das
Ausschließlichkeitsgebot (BFH-Urteile vom 04.10.2006 - VIII R
48/05, unter II.3.b; vom 22.06.2016 – X R 54/14, BFHE 254,
354, BStBl II 2017, 529 = SIS 16 19 78, Rz 40; vom 08.12.2016
– IV R 14/13, BFHE 256, 170, BStBl II 2017, 494 = SIS 16 28 05, Rz 21; in BFHE 256, 519, BStBl II 2017, 722 = SIS 16 28 58, Rz
38).
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2. Die vorstehenden Rechtsgrundsätze hat
das FG zutreffend auf den von ihm festgestellten Sachverhalt
angewendet. Die Feststellung der Tatsachen ist nicht durch
Verfahrensrügen angegriffen worden und die Würdigung der
Tatsachen durch das FG bindet den BFH, weil sie weder Denkgesetze
noch Erfahrungssätze verletzt (§ 118 Abs. 2 FGO).
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a) Das Untererbbaurecht der Klägerin bzw.
der UV-KG als deren Rechtsvorgängerin gehörte zu dem
eigenen Grundbesitz der Klägerin bzw. der UV-KG. Mit der
Gesamtrechtsnachfolge ist das Untererbbaurecht auf die
Klägerin übergegangen, auch wenn die Eintragung im
Grundbuch erst später erfolgte. Die Dienstbarkeit (Geh- und
Fahrtrecht) war Bestandteil des Untererbbaurechts und damit auch
eigener Grundbesitz. Das Gebäude auf dem dienenden
Grundstücksteil (Flurstück 2) stand weder im
zivilrechtlichen noch im wirtschaftlichen Eigentum der
Klägerin bzw. der UV-KG. Die Mitvermietung des auf dem
Flurstück 2 befindlichen Teils des Hallengebäudes ohne
das Geh- und Fahrtrecht kann danach nur dann
kürzungsunschädlich erfolgt sein, wenn es sich hierbei um
eine Nebentätigkeit zur Überlassung der im Eigentum der
Klägerin bzw. der UV-KG stehenden Halle auf der Parzelle 9
gehandelt hat.
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b) Auf der Grundlage der für den
erkennenden Senat bindenden Feststellungen erscheint es
möglich, dass die Untervermietung des über dem Fahrweg
errichteten Hallengebäudes zwingend notwendiger Teil einer
wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Nutzung des Geh- und
Fahrtrechts war. Danach ist die vom FG vorgenommene Würdigung,
wonach die zum eigenen Grundbesitz gehörende Dienstbarkeit
wirtschaftlich sinnvoll nur durch Mitvermietung des auf dem
dienenden Grundstücksteil befindlichen Teils des
Hallengebäudes genutzt werden konnte, revisionsrechtlich nicht
zu beanstanden; sie verstößt weder gegen Denkgesetze
noch Erfahrungssätze.
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Das Geh- und Fahrtrecht auf der belasteten
Fläche hätte zwar zivilrechtlich auch ohne Vertrag
über die Nutzung der Halle zwischen der UV-KG und der H-KG
durchgesetzt werden können. Im Hinblick auf die historische
Entwicklung hat das FG aber zwingende Gründe für eine
Anlieferung über den „Lieferschlauch“
festgestellt und sich dafür auf verschiedene Indizien
gestützt, die mit den objektiven, aus der Lage des
Grundstücks folgenden Umständen und nicht mit den
subjektiven Vorstellungen der Mietvertragsparteien
zusammenhängen. Eine Anmietung des
„Lieferschlauchs“ unmittelbar von der
Eigentümerin der Halle (H-KG) durch den Mieter hielt das FG
deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht für
möglich, weil die Überlassung des Fahrtrechts der UV-KG
dann von jenem Mietvertrag mit der Eigentümerin abhängig
gewesen wäre. Nur bei Abschluss des Mietvertrags mit der
Eigentümerin der „Lieferschlauch“-Halle
hätte der Mieter der eigenen Halle der Klägerin bzw. der
UV-KG das Fahrtrecht in der bisherigen Weise und zugleich zu
Lagerzwecken nutzen können. Wäre es nicht zu dem
Mietvertrag zwischen dem Mieter der Halle und der Eigentümerin
des „Lieferschlauchs“ gekommen, hätte die
Belieferung auf anderem Weg stattfinden müssen. Selbst wenn
dies möglich gewesen wäre, worüber zwischen den
Verfahrensbeteiligten Streit besteht, wäre das Fahrtrecht im
„Lieferschlauch“ für die UV-KG dann
wirtschaftlich sinnlos gewesen. Dass die Fortsetzung des
langjährigen Mietverhältnisses mit S gefährdet
gewesen wäre, wenn nicht mehr über den
„Lieferschlauch“ hätte angeliefert werden
können, und dass sich unter diesen Bedingungen auch kein
anderer Mieter für die eigene Halle hätte finden lassen,
konnte das FG danach ohne Verstoß gegen die Denkgesetze
annehmen.
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Zutreffend hat das FG auch den Umfang der
Nebentätigkeit gewürdigt. Dem liegt entgegen der
Auffassung des FA keine Abweichung von der Rechtsprechung des BFH
zugrunde. Denn das FG ist nicht von einer allgemeinen
Geringfügigkeitsgrenze ausgegangen, sondern hat eine dem
Grunde nach als zulässig angesehene Nebentätigkeit
zusätzlich von der Geringfügigkeit des Umfangs dieser
Tätigkeit abhängig gemacht. Dies ist als restriktive
Auslegung des Begriffs der
„Neben“-Tätigkeit zu verstehen und
entspricht der Sichtweise des BFH (Urteile vom 04.10.2006 - VIII R
48/05, unter II.3.b, und in BFHE 254, 354, BStBl II 2017, 529 = SIS 16 19 78, Rz 40).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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