Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.12.2018 - 3 K
3323/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin eines
Grundstücks in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages (EinigVtr)
benannten Gebiet, auf dem im Jahre 1995 ein Gebäude als
Lebensmittelmarkt errichtet worden war. Durch im Jahre 2012
fertiggestellte Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen, die zu
einer Vergrößerung der Kubatur führten, baute sie
das Gebäude in einen modernen Selbstbedienungsmarkt (SB-Markt)
um.
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Das Dach ist ein Walmdach mit einem
Pultdach im Eingangsbereich. Die obere Kante des Ringankers des
Gebäudes, die dem oberen Abschluss der Außenmauern in
Höhe der Unterkante des Dachaufbaus entspricht, befindet sich
in einer Höhe von 4 m ab Bodenplatte. Darunter sind in
Höhen zwischen 2,75 m und ca. 3,25 m nicht belastbare und
nicht begehbare abgehängte Decken eingezogen. Darüber
befinden sich Versorgungseinrichtungen für Licht und
Klimatisierung.
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Nach einem Schätzungsbescheid vom
29.09.2014 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) im Rahmen der Einspruchsentscheidung vom
25.11.2015 den Einheitswert - Wertfortschreibung - für das
Geschäftsgrundstück auf den 01.01.2014 in der Weise fest,
dass es beim Gebäudewert des Hauptgebäudes das
Raumvolumen bis zur Unterkante des Dachaufbaus von 7.736 m³ zu
je 24 DM/m³ (als Warenhaus mittlerer Ausstattung) ansetzte.
Mit der Klage begehrte die Klägerin, nur das Raumvolumen bis
zu den abgehängten Decken von 6.507 m³ anzusetzen. Die
weiteren Grundlagen der Bewertung sowie die gesonderte Bewertung
einzelner Bauteile stehen nicht im Streit.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage
abgewiesen. Die Vorschriften zur Einheitsbewertung seien nach dem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10.04.2018 - 1
BvL 11/14 u.a. (BVerfGE 148, 147 = SIS 18 04 71, BGBl I 2018, 531)
weiter anwendbar. Danach sei für die Abgrenzung des Dachraums
vom übrigen Baukörper die Unterkante des Dachaufbaus
(Ringanker) maßgebend. Über § 129 des
Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. den §§ 10, 11 Abs. 1 und
2 und Abs. 3 Satz 2, §§ 50 bis 53 des Bewertungsgesetzes
der Deutschen Demokratischen Republik - DDR - (BewG DDR) i.d.F. vom
18.09.1970 (Gesetzblatt der DDR, Sonderdruck Nr. 674) und § 3a
Abs. 1, §§ 32 bis 46 der Durchführungsverordnung zum
Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) vom 02.02.1935 (RGBl I 1935, 81)
sei gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 RBewDV das
Geschäftsgrundstück mit dem gemeinen Wert i.S. des §
10 Abs. 1 BewG DDR zu bewerten. Für die Wertrückrechnung
auf den 01.01.1935 böten die gleichlautenden
Ländererlasse vom 25.06.1993 zur Bewertung von
Warenhausgrundstücken, Einkaufszentren sowie Grundstücken
mit Großmärkten, SB-Märkten,
Verbrauchermärkten und Messehallen im Beitrittsgebiet ab
01.01.1991 (BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52) in der Fassung der
Änderung durch die gleichlautenden Ländererlasse vom
16.02.2011 (BStBl I 2011, 283 = SIS 11 13 67) eine sachgerechte
Schätzungsmethode. Nach deren Tz. 4.2.1 sowie der Zeichnung 4
der Anlage 1 (bildliche Erläuterungen der hier
maßgeblichen DIN 277 (1934) - abgeleitet - ) sei der Raum
zwischen abgehängter Decke und der Ebene durch die
Auflagepunkte des Dachs kein „nicht ausgebauter
Dachraum“, sondern gehöre vollumfänglich zur
Kubatur. Abschn. 37 Abs. 1 Sätze 3 und 4 der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift über die Richtlinien für die
Bewertung des Grundvermögens (BewRGr) sei im Beitrittsgebiet
nicht anwendbar. Das Urteil des FG ist in EFG 2019, 754
veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin eine Verletzung von §§ 129 bis 133 BewG
i.V.m. §§ 32 Abs. 1 Nr. 2, 33 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3
RBewDV und § 10 Abs. 1 BewG DDR, der Tz. 4.2.1 i.V.m. Anlage 1
der gleichlautenden Erlasse in BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52,
sowie der DIN 277 (Ausgabe 1934) sowie von Abschn. 37 Abs. 1
Sätze 3 bis 5 BewRGr. Diese Vorschriften verlangten allein
nach einem nicht ausgebauten Dachraum, nicht aber danach, dass alle
oder nahezu alle den Dachraum umschließenden Flächen
Dachflächen sein müssten. Daran fehle es schon bei
Satteldächern (zwei senkrechte Mauerflächen zur
Umschließung), aber auch bei Pultdächern, namentlich
solchen mit trapezförmigem Querschnitt (vier senkrechte
Mauerflächen zur Umschließung). Die den gleichlautenden
Ländererlassen beigegebenen Zeichnungen seien zum einen zu
vergröbernd und zum anderen eine fehlerhafte Interpretation
von Abschn. 37 Abs. 1 Sätze 3 bis 5 BewRGr. Hinsichtlich des
fehlenden Ausbaus unterscheide sich der Raum zwischen der
abgehängten Decke und der Unterkante der Dachkonstruktion
nicht von dem darüber liegenden Dachraum. Ein solcher Dachraum
könne nicht Teil eines ausgebauten und unter der
abgehängten Decke befindlichen Vollgeschosses sein.
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Die i.S. des Abschn. 37 Abs. 1 Satz 4
BewRGr „unterhalb des Daches aufgehängte
(Staub-)decke“ müsse notwendig unter der
Dachkonstruktion, ferner unter den Versorgungsleitungen liegen, da
diese nicht durch die Dachkonstruktion geführt werden
könnten. Läge die Untergrenze des Dachraums auf Höhe
des Schnittpunkts zwischen Dach und Außenwand, liefe Abschn.
37 Abs. 1 Satz 4 BewRGr leer. Die Zeichnungen zu Abschn. 37 BewRGr
enthielten keine abgehängten Decken und sagten dazu nichts
aus. Abschn. 37 BewRGr sei auch im Beitrittsgebiet anwendbar. Diese
Auffassung vertrete die Finanzverwaltung selbst, was sich an deren
Formblatt EW 316/35 (das für die Einheitswertermittlung nach
den Wertverhältnissen 01.01.1935 im Sachwertverfahren auch
neue Berechnungen nach der für die Einheitsbewertung 1964 im
Altbundesgebiet maßgebenden DIN 277 in der Fassung 1950
zulasse) zeige. Dem entsprechend seien die Grundsätze ohne
Weiteres anwendbar, die der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil
vom 04.02.2010 - II R 1/09 (BFH/NV 2010, 1244 = SIS 10 18 10)
aufgestellt habe und mit dem er eine Konstellation wie die
vorliegende bereits entschieden habe.
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Soweit das FG meine, der fehlende Ausbau
und die darauf beruhenden geringeren Herstellungskosten seien wegen
der typisierenden Betrachtung unerheblich, widerspreche das dem
vorgeschriebenen Ansatz des gemeinen Werts. Im Übrigen habe
die Finanzverwaltung seit Inkrafttreten des § 129 BewG die
beantragte Ermittlung der Kubatur bis auf wenige Ausnahmefälle
akzeptiert.
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Mit der Aussage, Abschn. 37 BewRGr sei
nicht anwendbar, liege eine Überraschungsentscheidung vor. Die
entsprechende Ansicht des FA sei in der mündlichen Verhandlung
nicht thematisiert worden.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung der Vorentscheidung den
Bescheid vom 25.11.2014 über den Einheitswert
(Wertfortschreibung) auf den 01.01.2014 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 25.11.2015 dahin zu ändern, dass
das Raumvolumen mit 6.507 m³ statt mit 7.736 m³ angesetzt
wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Das FG habe dem Grunde nach und im Ergebnis
zutreffend die Regelungen zur Einheitsbewertung 1935
einschließlich der DIN 277 (1934) angewandt. Die BewRGr seien
nicht anwendbar, da sie nur die Hauptfeststellung 1964
beträfen. Das Formblatt EW 316/35 ermögliche zwar zu
Vereinfachungszwecken die Berechnungen nach Maßgabe der
Einheitsbewertung 1964 im Altbundesgebiet, teile aber weiter mit,
dass das jeweilige FA daraus den umbauten Raum ableiten werde. Es
treffe im Übrigen nicht zu, dass die Finanzverwaltung die
beantragte Ermittlung der Kubatur stets akzeptiert habe. Vielmehr
wolle die Klägerin von der bisherigen Verwaltungspraxis
abweichen.
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II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass bei der
Berechnung des Gebäudewerts das Raumvolumen zwischen der
abgehängten Decke, den Außenwänden und der Ebene,
die durch den tiefsten Schnittpunkt zwischen Gebäudewand und
Dach verläuft, einzubeziehen ist.
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1. Der Senat wendet § 129 BewG
einschließlich der in § 129 Abs. 2 BewG enthaltenen
Bezugnahmen an. Er vermag sich keine Überzeugung von der
Verfassungswidrigkeit dieser Vorschriften zu bilden.
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a) Das BVerfG hat bisher über die Frage
der Verfassungskonformität dieser Vorschriften nicht
entschieden. Die durch BVerfG-Urteil in BVerfGE 148, 147 = SIS 18 04 71, BGBl I 2018, 531 entschiedenen Verfahren betrafen
ausschließlich das außerhalb des Art. 3 EinigVtr
genannte Gebiet. Das BVerfG hat ausdrücklich die
Normenkontrolle nicht auf die Bewertung von Grundvermögen im
Beitrittsgebiet erstreckt.
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b) Der Senat ist nicht von der
Verfassungswidrigkeit der angewandten Normen des materiellen Rechts
überzeugt, so dass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100
Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 13 Nr. 11 des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) und § 80 BVerfGG
nicht in Betracht kommt. Er hält es schon für
zweifelhaft, ob die Regeln für die Einheitsbewertung im
Beitrittsgebiet verfassungswidrig wären, wenn sie auf Dauer
Geltung beanspruchten. Jedenfalls laufen sie mittlerweile in
zulässiger Weise aus (vgl. zur Begründung im Einzelnen
BFH-Urteil vom 27.05.2020 - II R 38/18, BFHE 269, 352 = SIS 20 15 49, Rz 50 bis 60).
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2. Der Wert kann nicht berechnet werden,
sondern ist in Anlehnung an die hierfür erlassenen
gleichlautenden Erlasse in BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52 als
Verwaltungsanweisungen der Länder zu schätzen.
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a) Es ist § 129 BewG in der aktuell noch
geltenden Fassung des BewG anzuwenden. Das durch das
Grundsteuer-Reformgesetz vom 26.11.2019 (BGBl I 2019, 1794 -
GrStRefG - ) geänderte Bewertungsrecht, in dem u.a.
§§ 129 bis 133 BewG weggefallen sind (vgl. Art. 2 Nr. 1
Buchst. v GrStRefG), findet nach dem neuen § 266 BewG erst vom
Jahre 2022 (Hauptfeststellung) bzw. 2025 (Hauptveranlagung) an
Anwendung.
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b) Nach § 129 Abs. 1 BewG gelten für
die im Beitrittsgebiet liegenden wirtschaftlichen Einheiten des
Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke die
festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den
Wertverhältnissen zum 01.01.1935 weiter. Nach Abs. 2 dieser
Vorschrift werden - vorbehaltlich der §§ 129a bis 131
BewG - für die Ermittlung der Einheitswerte 1935 statt der
§§ 27, 68 bis 94 BewG u.a. im Einzelnen genannte
Bestimmungen des BewG DDR und der RBewDV mit späteren
Änderungen weiter angewandt.
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aa) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BewG DDR ist
bei Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der
Preis anzusetzen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer
Veräußerung zu erzielen wäre. Nach § 10 Abs. 1
Satz 2 BewG DDR sind alle Umstände, die den Preis
beeinflussen, zu berücksichtigen.
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bb) § 52 Abs. 1 BewG DDR verweist
für die Bewertung der bebauten und der im Bau befindlichen
Grundstücke auf die durch den Minister der Finanzen zu
erlassenden Rechtsvorschriften. Nach § 3a Abs. 1 RBewDV sind
bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte
für Grundbesitz der tatsächliche Zustand des
Grundbesitzes vom Fortschreibungs-/Nachfeststellungszeitpunkt und
die Wertverhältnisse vom 01.01.1935 zugrunde zu legen. §
32 Abs. 1 RBewDV unterscheidet fünf verschiedene
Grundstückshauptgruppen, zu denen nach § 32 Abs. 1 Nr. 2
RBewDV die Geschäftsgrundstücke zählen. Das sind
bebaute Grundstücke, die zu mehr als 80 % unmittelbar eigenen
oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken
dienen.
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cc) § 33 Abs. 2 Satz 1 RBewDV schreibt
vor, dass alle übrigen bebauten Grundstücke (§ 33
Abs. 1 RBewDV nennt Mietwohngrundstücke und gemischtgenutzte
Grundstücke) mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind.
Lässt sich die Jahresrohmiete in der Regel unschwer ermitteln
oder schätzen, ermöglicht § 33 Abs. 2 Satz 2 RBewDV
die Bestimmung des Werts über ein durch die
Oberfinanzpräsidenten bestimmtes Vielfaches der
Jahresrohmiete. Lässt sich hingegen ausnahmsweise die Rohmiete
nur schwer ermitteln oder schätzen, ist das Grundstück
nach § 33 Abs. 3 RBewDV mit dem gemeinen Wert zu bewerten.
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dd) Der gemeine Wert ist dort nicht definiert.
Indes enthielt bereits § 138 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung
vom 13.12.1919 (RGBl I 1919, 1993) eine Bestimmung des gemeinen
Werts, die ihrerseits im Wesentlichen wortgleich mit § 10 Abs.
1 Satz 1 BewG DDR (wie auch mit § 9 Abs. 2 BewG) ist. Insofern
führt § 33 Abs. 3 RBewDV auf den Maßstab des §
10 Abs. 1 Satz 1 BewG DDR zurück.
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c) Fehlt eine Rohmiete und fehlen auch
Verkäufe auf den Stichtag 01.01.1935, kann der
maßgebende gemeine Wert nach § 162 der Abgabenordnung
(AO) geschätzt werden (vgl. BFH-Urteile vom 28.10.1998 - II R
37/97, BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89; vom
31.03.2004 - II R 2/02, BFH/NV 2004, 1626 = SIS 04 40 33, unter
II.1., m.w.N.; vom 24.05.2005 - II R 2/03, BFH/NV 2006, 29 = SIS 06 02 37, und vom 02.04.2008 - II R 59/06, BFHE 225, 482, BStBl II
2009, 983 = SIS 09 30 56, unter II.1.b, m.w.N.).
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d) Das FG hat zutreffend erkannt, dass die
Schätzung auf die nach dem 03.10.1990 ergangenen
gleichlautenden Ländererlasse (hier: gleichlautende Erlasse in
BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52 und BStBl I 2011, 283 = SIS 11 13 67) zu stützen ist.
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aa) Für die Schätzung eines
Grundstückswerts ist auf die Grundzüge des
Sachwertverfahrens in Anlehnung an die Regelungen der §§
83 ff. BewG zurückzugreifen, die jedoch gemäß
§ 129 Abs. 2 BewG nicht unmittelbar anwendbar sind (BFH-Urteil
in BFHE 225, 482, BStBl II 2009, 983 = SIS 09 30 56, unter II.1.c,
m.w.N.).
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bb) Zur Durchführung der Bewertung im
Beitrittsgebiet sind nach dem 03.10.1990 eine Reihe gleichlautender
Ländererlasse ergangen. Für das Grundvermögen
zählen darunter u.a. die gleichlautenden Erlasse in BStBl I
1993, 528 = SIS 93 21 52.
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cc) Der BFH hat die den gleichlautenden
Erlassen in BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52 zugrundeliegende
Schätzungsmethode für die Ermittlung des gemeinen Werts
von bebauten Grundstücken auf der Grundlage des Bodenwerts,
des Gebäudewerts und des Werts der Außenanlagen nicht
beanstandet (BFH-Urteil in BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89; ebenso BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1626 = SIS 04 40 33,
für die parallel aufgebauten gleichlautenden Erlasse
betreffend die Bewertung von Fabrikgrundstücken,
Lagerhausgrundstücken, Grundstücken mit Werkstätten
und vergleichbaren Grundstücken (Gewerbegrundstücken) im
Beitrittsgebiet ab 01.01.1991 vom 21.05.1993, BStBl I 1993, 467 =
SIS 93 20 91; ebenso BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 29 = SIS 06 02 37,
für beide Erlasse).
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dd) Der BFH hält an dieser
Einschätzung fest. Die gleichlautenden Erlasse in BStBl I
1993, 528 = SIS 93 21 52 setzen den von § 10 Abs. 1 BewG DDR
erteilten generellen Schätzungsauftrag in zulässiger
Weise im Interesse der Einheitlichkeit und Praktikabilität um.
Es ist nicht nur vertretbar, sondern im Regelfall geboten, diese
auch anzuwenden. Abweichungen kommen nur unter engen
Voraussetzungen in Betracht, da andernfalls die
Verwaltungsvorschriften ihrer Aufgabe nicht nachkommen
könnten, eine möglichst gleichmäßige
Besteuerung sowie Rechtssicherheit zu gewährleisten und die im
allseitigen Interesse liegende Praktikabilität des
Bewertungsverfahrens sicherzustellen. Abweichungen sind daher nur
möglich, wenn der sich ergebende Grundstückswert
außerhalb jeder noch vertretbaren Toleranz liegt. Es besteht
ein Korridor zulässiger Werte (so für den Thüringer
Denkmalerlass vom 22.12.1994 BFH-Urteil in BFHE 225, 482, BStBl II
2009, 983 = SIS 09 30 56, unter II.2.c).
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e) Im Streitfall sind die gleichlautenden
Erlasse in BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52, sachlich
einschlägig. Zu deren Anwendungsbereich gehören seit der
Änderung in Tz. 2.1.1 durch die gleichlautenden
Ländererlasse in BStBl I 2011, 283 = SIS 11 13 67, auch
SB-Märkte (Discounter) und Verbrauchermärkte.
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aa) Für die Ermittlung des im Streitfall
allein streitigen Gebäudewerts ist nach Tz. 4.2 der Erlasse
von dem Gebäudenormalherstellungswert auszugehen, der sich aus
dem nach Tz. 4.2.1 ermittelten umbauten Raum und den unter Tz.
4.2.2 aufgeführten durchschnittlichen Raummeterpreisen und
Flächenpreisen ermittelt. Der umbaute Raum ist
gemäß Tz. 4.2.1 nach Anlage 1 zu ermitteln.
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bb) Anlage 1 zu den gleichlautenden Erlassen
in BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52, schreibt die
„Berechnung des umbauten Raums nach DIN 277 (1934) -
abgeleitet -“ vor. Der Senat stellt klar, dass er nicht die
in BStBl I 1993, 534, 535, abgedruckte, offenkundig die DIN 277
(1934) unvollständig enthaltende Version der Anlage 1 (Bruch
zwischen S. 534 und S. 535) anwendet, sondern sich für den
Inhalt der DIN 277 (1934) auf die vollständige Anlage 2 zu den
gleichlautenden Ländererlassen vom 09.11.1992 betr. die
Bewertung von Tankstellengrundstücken im Beitrittsgebiet ab
01.01.1991 (BStBl I 1992, 712 = SIS 93 02 50) stützt, die
ebenfalls die „Berechnung des umbauten Raums nach DIN 277
(1934) - abgeleitet -“ enthält. Allein diese nimmt als
sachgerechte Schätzungsgrundlage an der Bindungswirkung der
Ländererlasse in dem geschilderten Umfange teil.
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f) Die DIN 277 (1934) enthält
Zeichnungen, die u.a. durch unterschiedliche Schraffuren den voll
anzurechnenden umbauten Raum sowie den nicht hinzuzurechnenden
umbauten Raum ausweisen. Neben die Zeichnungen sind
Berechnungsanweisungen in Textform gestellt. Ein
Rangverhältnis zwischen Beschreibungen und Zeichnungen ist dem
nicht zu entnehmen.
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aa) Danach ist voll anzurechnen der umbaute
Raum eines Gebäudes, der umschlossen wird u.a. seitlich von
den Außenflächen der Umfassungen sowie oben bei nicht
ausgebautem Dachgeschoss von der Oberfläche des
Fußbodens über dem obersten Vollgeschoss, bei nicht
ausgebautem Dachgeschoss mit Drempel von der Traufe. Bei
ausgebautem Dachgeschoss und bei teilausgebautem Dachgeschoss ist
die Ermittlung des voll anzurechnenden umbauten Raums näher
beschrieben. Bei Dachdecken, die gleichzeitig die Decke des
obersten Vollgeschosses bilden, und bei Gebäuden oder
Bauteilen ohne Geschossdecken ist die Traufe maßgebend. Nicht
anzusetzen ist u.a. der umbaute Raum der Dachaufbauten. Die untere
Umschließung ist im Streitfall unproblematisch.
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bb) Die beigefügten Zeichnungen zeigen
Querschnitte mit verschiedenen Dachformen.
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Der Rauminhalt, der sich unterhalb des
tiefsten Schnittpunkts zwischen Dach und Gebäudewand befindet,
ist durchgehend voll anzurechnen. Das gilt sowohl dann, wenn an
diesem Schnittpunkt Zwischendecken eingezogen sind, als auch dann,
wenn Zwischendecken fehlen (Zeichnung 1 zum nicht ausgebauten
Dachgeschoss mit Drempel - S. 718 - ; Zeichnung 1,
möglicherweise 3 [undeutlich] zu Dachdecken, die gleichzeitig
die Decke des obersten Vollgeschosses bilden - S. 719 - ;
Zeichnungen 4, 5, möglicherweise 6 [undeutlich] zu
Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken - S. 720 -, und
Zeichnung zu Dachaufbauten), und zwar auch dann, wenn dieser Raum
durch eine Dachkonstruktion durchzogen ist (Zeichnung 4 zu
Gebäuden oder Bauteilen ohne Geschossdecken - S. 720 - ). Es
gilt weiter dort, wo Zwischendecken vorhanden sind, aber unter
einem nur minimal geneigten Dach ersichtlich keine Benutzung durch
Betreten zulassen (Zeichnung 2 zum nicht ausgebauten Dachgeschoss
mit Drempel - S. 718 -, und Zeichnungen 1, 3 zu Gebäuden oder
Bauteilen ohne Geschossdecken - S. 719 f. - ).
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Der darüber befindliche Rauminhalt ist
- mit einer Berechnungsvereinfachung bei einer durch
Dachschrägen bedingten variablen Innenhöhe - in den
Fällen voll anzurechnen, in denen durch zusätzliche
Zwischendecken oder Seitenwände ein Ausbau des Dachraums
verdeutlicht ist (alle Zeichnungen zum ausgebauten und zum
teilausgebauten Dachgeschoss).
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g) Demgegenüber sind weder
§§ 27, 68 bis 94 BewG noch die BewRGr auf die
Einheitsbewertung im Beitrittsgebiet anwendbar. § 129 Abs. 2
BewG ordnet die Nichtanwendung der §§ 27, 68 bis 94 BewG
ausdrücklich an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 482, BStBl II
2009, 983 = SIS 09 30 56, unter II.1.c, m.w.N.). Dementsprechend
sind auch die BewRGr, namentlich Abschn. 37, auf den sich die
Klägerin beruft, nicht anwendbar. Sie interpretieren lediglich
die Vorschriften des BewG und haben deshalb keinen
verselbständigten Geltungsanspruch.
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Aus dem Formblatt EW 316/35, das die
Finanzverwaltung herausgibt, ergibt sich nichts anderes. Wie sich
aus den beigefügten Erläuterungen ergibt, wendet die
Finanzverwaltung die BewRGr nicht an, sondern rechnet die Angaben
des Steuerpflichtigen zur Kubatur selbständig auf die
Anforderungen des Beitrittsgebiets um. Das Formblatt eröffnet
zwar eine Ermittlung der Kubatur in Anlehnung an die DIN 1950,
erachtet diese jedoch nicht abschließend für
maßgebend. Vielmehr heißt es dort, dass das FA
„aus Ihren Angaben zum umbauten Raum nach der DIN 277
(Fassung 1950) den umbauten Raum für die Ermittlung des
Einheitswerts nach den Wertverhältnissen vom 1.1.1935
ableiten“ werde. Folgerichtig wird der Steuerpflichtige
in dem Erläuterungstext zu den Gebäudequerschnitten
jeweils aufgefordert, die kleinsten Höhen bzw. die
Traufhöhen kenntlich zu machen. Sind keine Zwischendecken
vorhanden, spielen diese Daten für die Bewertung im
Altbundesgebiet keine Rolle, da unterschiedliche
Bewertungsansätze dort bauliche Abtrennungen voraussetzen. Sie
werden nur für die Bewertung im Beitrittsgebiet
benötigt.
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3. Zu dem nicht zu bewertenden Dachraum
gehört derjenige Teil des Raumvolumens, der auf Höhe des
tiefsten Schnittpunkts zwischen Außenwand und Dach beginnt.
Er entspricht dem Traufpunkt. Ein auf allen Seiten von den
Außenflächen der baulich untrennbar zum
Gebäudekörper gehörenden Gebäudeumfassungen
umschlossener Raum ist voll anzurechnen.
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a) Die Maßgeblichkeit der Traufhöhe
ergibt sich aus Text und Zeichnungen der DIN 277 (1934).
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aa) Bereits der Text lässt erkennen, dass
ausnahmslos die Höhe der Traufe die unterste denkbare Ebene
ist, an der das nicht hinzuzurechnende Raumvolumen des Dachs
beginnt. Das gilt auch dann, wenn unterhalb der Traufe eine
abgehängte Decke eingezogen ist. Es kann dahingestellt
bleiben, ob der Raum zwischen einer derartigen Decke und dem Dach
als „Dachgeschoss“ i.S. der DIN 277 (1934)
bezeichnet werden kann. Handelt es sich um ein Dachgeschoss, ist
nach Maßgabe der Zeichnung 1 „bei nicht ausgebautem
Dachgeschoss mit Drempel von der Traufe“ der Raum bis zur
Traufe anzurechnen. Handelt es sich nicht um ein Dachgeschoss,
wäre die abgehängte Decke auch keine Geschossdecke, so
dass nach Maßgabe der Zeichnung 4 „bei Gebäuden
oder Bauteilen ohne Geschossdecken von der Traufe“
ebenfalls die Traufe maßgebend wäre.
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bb) Die beigefügten Zeichnungen zeigen
ebenfalls, dass sich ein nicht hinzuzurechnender umbauter Raum
ausschließlich oberhalb des tiefsten Traufpunkts befinden
kann. Teile des umbauten Raums, die nach allen Seiten von
Außenwänden des Gebäudes eingeschlossen sind, sind
unabhängig von der inneren baulichen Gestaltung des
Gebäudes stets voll anzurechnen. Soweit die Klägerin
demgegenüber auf das Pultdach trapezförmigen Querschnitts
verweist, geht der Einwand fehl. Das Trapez weist in seiner
Standardform zwei nicht parallele Schenkel auf. Ein derartiges Dach
verfügt einerseits über einen Flachdachbereich,
andererseits über zwei Schrägen mit entsprechenden
Traufpunkten. Wie ein solches Dach zu beurteilen wäre, ist im
Streitfall nicht zu entscheiden.
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b) Soweit sich das BFH-Urteil in BFH/NV 2010,
1244 = SIS 10 18 10 auf Rechtsvorschriften bezieht, die im
Beitrittsgebiet nicht anwendbar sind, sind die dort entwickelten
Grundsätze auch nicht anwendbar. Das betrifft das
Verständnis des Abschn. 37 BewRGr. Im Übrigen hatte sich
der BFH zu Raumteilen, die allseitig von
Gebäudeaußenwänden umschlossen sind, auch nicht
geäußert.
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c) Die tatsächliche Nutzung des zwischen
der abgehängten Decke und der Ebene durch den Traufpunkt
befindlichen Raumvolumens ist nicht erheblich.
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d) Dieses Ergebnis ist schließlich auch
mit Blick darauf systemgerecht, dass Ausgangsgröße des
Sachwertverfahrens nach den gleichlautenden Ländererlassen in
BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52 die
Gebäudenormalherstellungskosten sind. Zum einen spielen die
tatsächlichen Herstellungskosten keine Rolle. Zum anderen sind
die Herstellungskosten des umbauten Raums nicht deshalb niedriger,
weil zusätzlich eine abgehängte Decke eingezogen wurde,
um technische Installationen zu verbergen. Die Klägerin
vergleicht zu Unrecht die Herstellungskosten einer abgehängten
Decke mit denen einer begehbaren Geschossdecke. Inwieweit die
Finanzverwaltung in anderen vergleichbaren Fällen das
Raumvolumen oberhalb der abgehängten Decke nicht
hinzugerechnet hat, entzieht sich der Kenntnis des Senats und ist
für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auch nicht
erheblich. Die Selbstbindung der Verwaltung bezieht sich auf die
gleichlautenden Ländererlasse in BStBl I 1993, 528 = SIS 93 21 52, einschließlich ihrer zutreffenden Anlagen, nicht hingegen
auf Entscheidungen in Einzelfällen.
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4. Nach diesen Maßstäben hat das FA
zu Recht den Raum zwischen den abgehängten Decken und dem
tiefsten Schnittpunkt zwischen Außenwand und Dach bei der
Bewertung berücksichtigt und lediglich den darüber
befindlichen Dachraum ausgeklammert. Weitere Parameter der
Bewertung stehen nicht im Streit.
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5. Eine Überraschungsentscheidung und
damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 119
Nr. 3 FGO liegt nicht vor. Die Nichtanwendung der für die
Einheitsbewertung in den Altbundesländern geltenden Regeln
ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz und war auch tatsächlich
im Verfahren thematisiert worden.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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