Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 15.03.2018 - 13 K
13030/17 = SIS 18 11 45 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu
tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) erwarb im Jahr 2009 Anteile
an einem in der Schweiz von der X-Bank (Bank) aufgelegten Gold
Exchange Traded Funds (Gold ETF), die sie im Streitjahr 2015 mit
einem Gewinn in Höhe von 26.519 EUR verkaufte.
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Bei dem Gold ETF handelte es sich nach dem
Verkaufsprospekt der Bank um einen Anlagefonds schweizerischen
Rechts (Art „übrige Fonds für traditionelle
Anlagen“). Anlageziel des Fonds war es, die
Wertentwicklung des Edelmetalls Gold abzubilden. Aus diesem Grund
investierte der Fonds ausschließlich in physisches Gold.
Anlagen in andere Werte waren nicht vorgesehen. Die Anteile waren
jederzeit an der Börse frei veräußerbar. Nach dem
Verkaufsprospekt hatten die Anleger im Fall der Kündigung
ihrer Fondsbeteiligung das Recht, statt der Auszahlung des
Beteiligungswerts in bar eine Auszahlung in Gold als Sachauszahlung
zu verlangen. Die Sachauszahlung war auf die Standardeinheit von
Goldbarren mit einem Gewicht von 12,5 kg beschränkt. Andere
handelsübliche Einheiten wurden nur auf Antrag und bei
Verfügbarkeit mit den im Zeitpunkt der Lieferung gültigen
Fabrikationszuschlägen und weiteren Kosten
(Prägungskosten, Lieferung, Versicherung, Pönalität
für Feinheitsdifferenz etc.) ausgeliefert. Die Depotbank war
nicht verpflichtet, einem derartigen Antrag Folge zu
leisten.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) legte im Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr den von der Klägerin erzielten Gewinn aus dem
Verkauf der Gold ETF in Höhe von 26.519 EUR
erklärungsgemäß als Einkünfte aus
Kapitalvermögen i.S. des § 20 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) mit dem für Kapitaleinkünfte geltenden Steuertarif
(§ 32d Abs. 1 EStG) der Besteuerung zugrunde.
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Mit ihrem Einspruch gegen den
Einkommensteuerbescheid machte die Klägerin geltend, dass der
Verkauf der Fondsanteile wie der Verkauf von physischem Gold zu
behandeln und der Gewinn wegen des Ablaufs der einjährigen
Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerfrei
sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) hat die hiergegen
erhobene Klage mit in EFG 2018, 1550 = SIS 18 11 45
veröffentlichtem Urteil vom 15.03.2018 - 13 K 13030/17 als
unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung des FG war Gegenstand
der Fondsbeteiligung der Klägerin eine Kapitalforderung i.S.
des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, so dass der Gewinn aus der
Veräußerung der Fondsanteile nach § 20 Abs. 2 Satz
1 Nr. 7 EStG zu besteuern sei.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision
rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das
FG habe die Norm des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG falsch ausgelegt.
Entsprechend den vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgestellten
Grundsätzen zur Besteuerung des Gewinns aus der Einlösung
und Veräußerung von „Xetra-Gold
Inhaberschuldverschreibungen“ (BFH-Urteile
jeweils vom 12.05.2015 - VIII R 4/15, BFHE 250, 75, BStBl II 2015,
835 = SIS 15 19 53, und VIII R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II 2015,
834 = SIS 15 19 52) seien die veräußerten Gold
ETF-Anteile keine sonstigen Kapitalforderungen i.S. des § 20
Abs. 1 Nr. 7 EStG, da sie nicht einen Anspruch auf Geld, sondern
auf eine Sachleistung verkörperten. Die Klägerin habe
nach den Emissionsbedingungen einen Anspruch auf die Lieferung von
Gold gehabt, so dass sich der vorliegende Fall nicht von den
„Xetra-Gold
Inhaberschuldverschreibungen“ unterscheide.
Der Verkauf der Fondsanteile, die auf die Lieferung von Gold
gerichtet gewesen seien, unterliege wegen Ablaufs der Jahresfrist
auch nicht der Besteuerung nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 EStG.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom
15.03.2018 - 13 K 13030/17 aufzuheben sowie den
Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 21.07.2016 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 28.12.2016 dahingehend zu ändern,
dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG um 26.519 EUR gemindert werden und die
Einkommensteuer 2015 auf ... EUR herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen. Das FG hat die Klage im Ergebnis zu
Recht abgewiesen (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO
- ).
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1. Der von der Klägerin erzielte Gewinn
aus der Veräußerung der Anteile an dem Gold ETF in
Höhe von 26.519 EUR ist entgegen der Auffassung des FG nicht
gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG, sondern
gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 des
Investmentsteuergesetzes vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2724) i.d.F.
des Gesetzes zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer
Gesetze an das AIFM-Umsetzungsgesetz (AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz)
vom 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318) - InvStG 2004 - i.V.m. § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Die Regelung gilt ab dem
24.12.2013 (§ 22 Abs. 1 InvStG 2004) bis zum
Veranlagungszeitraum 2017 (§ 52 Abs. 28 Satz 20 EStG) und ist
somit im Streitjahr anzuwenden.
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a) Nach § 19 Abs. 3 InvStG 2004 sind
Gewinne aus der Rückgabe oder Veräußerung von
Anteilen an einer Kapital-Investitionsgesellschaft, die nicht zu
einem Betriebsvermögen gehören, als Einkünfte i.S.
des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG zu besteuern. Nach der
Legaldefinition des § 19 Abs. 1 InvStG 2004 sind
Kapital-Investitionsgesellschaften alle Investitionsgesellschaften,
die keine Personen-Investitionsgesellschaften sind. Unter diesen
Auffangtatbestand fallen auch ausländische offene Fonds ohne
Rechtspersönlichkeit, die vergleichbar sind mit
Sondervermögen, wenn sie nicht als Investmentfonds i.S. des
§ 1 Abs. 1b InvStG 2004 und nicht als
Personen-Investitionsgesellschaft i.S. des § 18 Satz 1 InvStG
2004 einzuordnen sind (BT-Drucks. 17/12603, S. 38; BR-Drucks.
740/13, S. 100; Demleitner in Haase, InvStG, 2. Aufl., § 19 Rz
21, 24; Blümich/Mann, § 19 InvStG 2004 Rz 6;
Elser/Stadler, DStR 2013, 225, 226; Jesch/Haug, DStZ 2013, 771,
779; Helios/Kröger in Moritz/Jesch, InvStG, Band 2, § 19
Rz 29).
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b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend
erfüllt. Bei den von der Klägerin veräußerten
Anteilen des Gold ETF handelt es sich um Anteile an einer
Kapital-Investitionsgesellschaft i.S. des § 19 Abs. 1 InvStG
2004.
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aa) Der Gold ETF ist als
Investmentvermögen i.S. des § 1 Abs. 1 des
Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) zu qualifizieren. Die in dem Fonds
angelegten Gelder wurden nach dem Anlageprospekt in Form eines
Sondervermögens von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft
für Rechnung der Anleger verwaltet, so dass es sich um eine
Investmentgesellschaft mit variablem Kapital handelte.
Dementsprechend war an dem Gold ETF eine unbestimmte Anzahl von
Anlegern beteiligt. Die Anteile waren jederzeit an der Börse
frei veräußerbar. Es bestand zudem die Möglichkeit,
die Fondsanteile an jedem Bankwerktag in A (Schweiz) auszugeben
oder zurückzunehmen.
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bb) Er ist jedoch nicht als Investmentfonds
i.S. des § 1 Abs. 1b InvStG 2004 zu qualifizieren, da es an
der Risikomischung nach § 1 Abs. 1b Satz 1 Nr. 4 InvStG 2004
fehlte. Der Gold ETF legte das Geld der Anleger
ausschließlich in Gold an.
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cc) Bei einem Typenvergleich handelte es sich
auch nicht um eine Personen-Investitionsgesellschaft i.S. des
§ 18 InvStG 2004 (vgl. Rundverfügung der
Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main vom 01.07.2020 - S 1980
A-312-St 59, Rz 2.01.01 ff.). Die Investmentkommanditgesellschaft
zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass ihr
Gesellschafterkreis aus Gesellschaftern mit beschränkter
(Kommanditisten) und mit unbeschränkter Haftung
(Komplementäre) besteht (§ 161 Abs. 1 des
Handelsgesetzbuchs; siehe Kammeter in Moritz/ Jesch, a.a.O., §
18 Rz 16). Eine solche Gesellschafterdifferenzierung weist der Gold
ETF nach dem Anlageprospekt nicht auf.
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c) Die Besteuerung der Veräußerung
der Beteiligung an dem Anlagefonds als
Kapital-Investitionsgesellschaft richtet sich somit nach § 19
Abs. 3 Satz 1 InvStG 2004 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
EStG. Die Klägerin hat die Anteile an dem Anlagefonds im
Privatvermögen gehalten und im Streitjahr mit Gewinn
veräußert. Der Gewinn ist entsprechend der Regelung des
§ 20 Abs. 4 EStG zu berechnen (Demleitner in Haase, a.a.O.,
§ 19 Rz 127; Blümich/Mann, § 19 InvStG 2004 Rz 17).
Danach beläuft sich der Gewinn nach Abzug der
Anschaffungskosten und Transaktionskosten vom
Veräußerungspreis der Fondsanteile unstreitig auf 26.519
EUR.
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d) Der Gewinn aus der Veräußerung
der Fondsanteile des in der Schweiz ansässigen Fonds ist auch
im Inland zu besteuern. Die Klägerin war im Streitjahr im
Inland ansässig und danach mit sämtlichen Einkünften
unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen vom 11.08.1971, zuletzt geändert durch das
Protokoll vom 27.10.2010 zum Abkommen i.d.F. des
Revisionsprotokolls vom 12.03.2002 (BStBl I 2012, 513), Gesetz zum
Protokoll vom 02.11.2011 (BStBl I 2012, 512) - DBA-Schweiz - steht
der Besteuerung des Gewinns in der Bundesrepublik Deutschland nicht
entgegen. Es weist das Besteuerungsrecht für
Veräußerungsgewinne nach Art. 13 Abs. 3 DBA-Schweiz dem
Vertragsstaat zu, in dem der Veräußerer ansässig
ist, wenn es sich nicht um Gewinne aus der Veräußerung
des in Art. 13 Abs. 1 und 2 DBA-Schweiz genannten Vermögens
handelt. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.
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2. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind
die Grundsätze der Rechtsprechung des Senats zur Besteuerung
der Veräußerung von Inhaberschuldverschreibungen, die
auf die Lieferung von physischem Gold gerichtet sind (BFH-Urteile
in BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834 = SIS 15 19 52„Xetra-Gold
Inhaberschuldverschreibungen“, und vom
16.06.2020 - VIII R 7/17, BFHE 269, 188, BStBl II 2021, 9 = SIS 20 15 24„Gold Bullion Securities“),
nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Der Erwerb und die
Veräußerung der Fondsanteile an dem Gold ETF sind nicht
wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen
Golds zu beurteilen, da die Klägerin keinen schuldrechtlichen
Anspruch auf die Lieferung des von dem Fonds angeschafften Golds
hatte. Dass die in dem Fonds angelegten Gelder ausschließlich
in physisches Gold investiert wurden, ist insoweit unerheblich.
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht
daraus, dass die Klägerin bei Rückgabe ihrer Beteiligung
an dem Fonds nach dem Anlageprospekt die Möglichkeit hatte,
statt der Auszahlung des Rückzahlungsbetrags in bar eine
Auszahlung in Gold zu verlangen. Zudem hatte die Klägerin auf
die Lieferung von Gold keinen Anspruch, da diese nach dem
Anlageprospekt auf die Standardeinheit von 12,5 kg beschränkt
war und die Depotbank nicht verpflichtet war, einem Antrag auf
Auszahlung in kleineren handelsüblichen Einheiten Folge zu
leisten.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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