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I. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus dem
Erwerb von zwei hochpreisigen Fahrzeugen im Jahr 2015
(Streitjahr).
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist die geschäftsführende
Komplementär-GmbH der A GmbH & Co. KG (im Folgenden A KG). Die
Klägerin erhielt als Komplementär-GmbH eine
Haftungsvergütung von 2.500 EUR im Jahr und verzichtete auf
die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Alleiniger
Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin
sowie alleiniger Kommanditist der A KG ist GF. Das zunächst
als einzelkaufmännisch betriebene Unternehmen des GF
übernahm die A KG im Streitjahr im Wege der
Ausgliederung.
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Im Streitjahr erwarb die Klägerin von
der B KG ein Fahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe von
319.327,73 EUR zzgl. 60.672,27 EUR Umsatzsteuer und von der C GmbH
ein Fahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe von 125.966,38 EUR
zzgl. 23.933,62 EUR Umsatzsteuer. In der Bilanz der Klägerin
wurden die Fahrzeuge im Umlaufvermögen als sonstige
Vermögensgegenstände aktiviert und eine Verbindlichkeit
gegenüber GF passiviert, der die Fahrzeuge vom Konto seines
Einzelunternehmens vor Ausgliederung bezahlte. Während einer
Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin noch im
Streitjahr fest, dass beide Fahrzeuge verschlossen, abgedeckt und
nicht zugelassen in einer Halle abgestellt waren.
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In ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen machte
die Klägerin allein Vorsteuerbeträge geltend, die fast
ausschließlich auf die Anschaffung der Fahrzeuge entfielen.
Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) stimmte
den Voranmeldungen nicht zu. Nach einer
Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte das FA den Vorsteuerabzug
für den Erwerb der Fahrzeuge und setzte mit unter Vorbehalt
der Nachprüfung stehenden Bescheiden über die
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen die Umsatzsteuer auf 0 EUR fest. Nach
Eintritt der formellen Bestandskraft der Bescheide beantragte die
Klägerin, diese zu ändern und den Vorsteuerabzug aus dem
Erwerb der Fahrzeuge zu gewähren. Das FA lehnte den
Änderungsantrag ab. Die Klägerin legte hiergegen
Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erließ
das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid, in dem es weiterhin den
Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Fahrzeuge versagte. Der Einspruch
blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
seinem in EFG 2022, 438 = SIS 22 01 75 veröffentlichten Urteil statt. Die Klägerin sei
zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sie als
geschäftsführende Komplementär-GmbH der A KG
Unternehmerin sei. Ihr Unternehmen umfasse die gesamte gewerbliche
Tätigkeit, wozu auch nur gelegentliche Tätigkeiten wie
der Erwerb der beiden Fahrzeuge als Wertanlage mit dem Ziel eines
späteren Verkaufs - und damit mit Einnahmenerzielungsabsicht -
gehörten. Die Klägerin habe die Fahrzeuge mit
Verkaufsabsicht erworben, was für den Vorsteuerabzug
ausreiche. Dafür spreche u.a. auch, dass der für die
Klägerin handelnde Gesellschafter-Geschäftsführer GF
für sich selbst sowie auch für die A KG vor und nach dem
Streitjahr Fahrzeuge erworben und wieder veräußert habe.
Zudem habe die Klägerin im Jahr 2021 nach ihrem glaubhaften
Vortrag versucht, das eine bisher nicht verkaufte Fahrzeug mit
Gewinn zu veräußern. Auch habe sie die Zuordnung zu
ihrem Unternehmen durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs
dokumentiert. Im Übrigen sei von einer bereits nachhaltigen
unternehmerischen Tätigkeit auszugehen, was sich aus der
Häufigkeit und Dauer der von GF als
Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin
zunächst als Einzelkaufmann und später im Rahmen der A KG
bzw. der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten auf dem
engen Marktumfeld für hochpreisige Fahrzeuge ergebe. Im
Streitfall sei es nicht erforderlich, wie ein
Gebrauchtwagenhändler ein Geschäftslokal zu unterhalten
und regelmäßig Anzeigen zu schalten. Auch bei sehr
teuren Gebrauchsgegenständen könne nicht angenommen
werden, dass sie aus privaten Neigungen zusammengetragen
würden.
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Hiergegen wendet sich das FA mit der
Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts (§ 15
Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - ). Im Zeitpunkt des
Erwerbs der Fahrzeuge habe kein objektiver und zweifelsfrei
erkennbarer Zusammenhang mit einer beabsichtigten unternehmerischen
Tätigkeit der Klägerin bestanden. Die Klägerin sei
nur als Komplementär-GmbH tätig und erziele hieraus eine
Haftungsvergütung in Höhe von 2.500 EUR jährlich.
Eine Zuordnung der angeschafften Fahrzeuge zum unternehmerischen
Bereich sowie der entsprechende Vorsteuerabzug schieden danach im
Streitjahr aus. Es sei ferner ungewöhnlich, einer
Komplementär-GmbH Vermögen in solcher Höhe
zuzuführen. Sollte in folgenden Veranlagungszeiträumen
von einer unternehmerischen Tätigkeit auszugehen sein, wirke
dies nicht auf das Streitjahr zurück. Des Weiteren sei die
Anschaffung der Fahrzeuge nicht im Zuge einer nachhaltigen
wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt, weil es sich hierbei unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) um nur private
Vermögensverwaltung handele, nämlich um den bloßen
Erwerb und Verkauf einzelner Gegenstände. Es fehlten die
notwendigen Nachweise der Durchführung bewährter
Vertriebsmaßnahmen oder eines aktiven Tätigwerdens,
welche im Anschaffungszeitpunkt den Rückschluss auf eine
wirtschaftliche Tätigkeit zuließen. Die Anschaffungen
der Fahrzeuge stünden in keinem nachgewiesenen Zusammenhang
mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Anderenfalls ergäbe
sich für Luxusgegenstände ein grenzenloser
Vorsteuerabzug, der nicht im Sinne des Gesetzgebers sei. Ferner
seien die Fahrzeuge als limitierte Auflagen namhafter
Automobilhersteller als Sammlerstücke - wie bei Münz- und
Briefmarkensammlern - anzusehen.
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Das FA beantragt
sinngemäß,
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das Urteil des FG aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das FG habe zutreffend den Vorsteuerabzug
gewährt. Ob Vermögen zugeführt werde, liege im
Ermessen des Gesellschafters und sei kein Kriterium der
Unternehmereigenschaft. Sie, die Klägerin, sei bereits
aufgrund ihrer Komplementärtätigkeit Unternehmerin und
übe mit der Anschaffung der Fahrzeuge eine weitere, jedenfalls
gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit aus. Die
Würdigung des FG, aufgrund der Häufigkeit und Dauer der
auf dem Markt für hochpreisige Fahrzeuge ausgeführten
Tätigkeiten sei auch insoweit von einer nachhaltigen
unternehmerischen Tätigkeit auszugehen, sei nicht zu
beanstanden.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG
hat dem im Verfahren vor dem FG gestellten Antrag, der sich gegen
die Ablehnung der Änderung des formell bestandskräftigen
Umsatzsteuerbescheids zur Berücksichtigung weiterer
Vorsteuerbeträge richtete und als Verpflichtungsantrag
umzudeuten ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
27.01.2011 - III R 65/09, BFH/NV 2011, 991 = SIS 11 15 79, Rz 10,
und vom 18.08.2020 - VII R 39/19, BFH/NV 2021, 329 = SIS 20 20 45,
Rz 23), zu Unrecht stattgegeben, da der Klägerin kein
Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Fahrzeuge zusteht. Die Sache ist
spruchreif und die Klage abzuweisen. Der Vorsteuerabzug aus dem nur
gelegentlichen Erwerb eines PKW steht einem Unternehmer mit
andersartiger Haupttätigkeit nur dann zu, wenn damit eine
wirtschaftliche Tätigkeit begründet oder die
wirtschaftliche Haupttätigkeit des Unternehmers unmittelbar,
dauernd und notwendig erweitert wird.
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1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1
UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer
für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für
sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer
abziehen.
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a) Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 168
Buchst. a der Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL). Soweit
Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner
besteuerten Umsätze verwendet werden, ist danach der
Steuerpflichtige berechtigt, die im Inland geschuldete oder
entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und
Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen
geliefert oder erbracht wurden oder werden, vom Betrag der von ihm
geschuldeten Steuer abzuziehen.
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b) Die Verwendung von Eingangsleistungen
für Zwecke der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen
erfordert, dass er diese Umsätze im Rahmen seiner
„wirtschaftlichen
Tätigkeiten“ ausführt. Art. 9
Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 MwStSystRL definiert diese dahingehend,
dass sie alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder
Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der
Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen
gleichgestellten Berufe umfasst. Der objektiv festgelegte Begriff
erstreckt sich auf einen weiten Bereich, wobei die Tätigkeit
an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis,
betrachtet wird. Eine Tätigkeit ist im Allgemeinen
wirtschaftlich, wenn sie nachhaltig ist und gegen ein Entgelt
ausgeübt wird, das derjenige erhält, der die Leistung
erbringt (EuGH-Urteile Administration de
l’Enregistrement, des Domaines et de la TVA vom
15.04.2021 - C-846/19, EU:C:2021:277 = SIS 21 05 98, Rz 47, und WEG Tevesstraße
vom 17.12.2020 - C-449/19, EU:C:2020:1038 = SIS 20 20 98, Rz 34).
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Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt
insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht
körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von
Einnahmen (Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 MwStSystRL). Der
Begriff „Nutzung“ i.S. von Art. 9
Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL bezieht sich auf alle Vorgänge,
die - ungeachtet ihrer Rechtsform - darauf abzielen, aus einem
Gegenstand nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Allerdings sind der
bloße Erwerb und der bloße Verkauf eines Gegenstands
keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von
Einnahmen i.S. von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL, da das
einzige Entgelt aus diesen Vorgängen in einem etwaigen Gewinn
beim Verkauf des Gegenstands besteht. Ebenso kann die bloße
Ausübung des Eigentumsrechts durch seinen Inhaber als solche
nicht als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden
(EuGH-Urteil AJFP Sibiu und DGRFP Brasov vom 20.01.2021 - C-655/19,
EU:C:2021:40 = SIS 21 01 40, Rz 27
bis 29). Unternimmt hingegen eine Person für Verkäufe
aktive Schritte zum Vertrieb, indem sie sich ähnlicher Mittel
bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S.
von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL, übt sie eine
„wirtschaftliche Tätigkeit“
aus (vgl. EuGH-Urteil Slaby u.a. vom 15.09.2011 - C-180/10 und
C-181/10, EU:C:2011:589 = SIS 11 30 49, Rz 51). Auf die Zahl und den Umfang der Umsätze
kommt es dabei nicht an (EuGH-Urteile Slaby u.a., EU:C:2011:589 =
SIS 11 30 49, Rz 37, und Paulo
Nascimento Consulting vom 17.10.2019 - C-692/17, EU:C:2019:867 =
SIS 19 18 46, Rz 25). Kann ein
Gegenstand seiner Art nach sowohl zu wirtschaftlichen als auch zu
privaten Zwecken verwendet werden, sind alle Umstände seiner
Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich
zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird
(EuGH-Urteil Enkler vom 26.09.1996 - C-230/94, EU:C:1996:352 =
SIS 97 10 36, Rz 27).
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2. Im Streitfall hat das FG den Vorsteuerabzug
zu Unrecht bejaht.
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a) Das FG geht zwar unter 2.b seiner
Entscheidungsgründe im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, das
Unternehmen umfasse nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die gesamte
gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers und
Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL bestimme diesbezüglich,
dass „alle“ Tätigkeiten
eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden als
wirtschaftliche Tätigkeit gelten. Allerdings schließt es
hieraus sodann, es sei „daher unerheblich, wenn der
Kläger neben seinem (...) Handel nicht wie ein gewerblicher
Autohändler am Markt auftritt, sondern das Fahrzeug als
Wertanlage mit dem Ziel eines späteren Verkaufs und daher mit
Einnahmeerzielungsabsicht erworben hat, auch wenn es sich dabei nur
um eine gelegentliche wirtschaftliche Tätigkeit handeln
sollte“. Unter 2.c seiner
Entscheidungsgründe führt das FG zur Begründung des
unternehmerischen Erwerbs sodann aus, die Klägerin habe eine
Verkaufsabsicht ausreichend dargelegt und die Fahrzeuge ihrem
Unternehmensvermögen zugeordnet.
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Dem FG genügt damit bereits eine
bloße Verkaufsabsicht beim Erwerb, um eine wirtschaftliche
Tätigkeit anzuerkennen. Allein der mögliche Verkauf eines
Gegenstands ist jedoch nicht ausreichend, um eine insoweit
eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen (s.
oben II.1.b). Der bloße Erwerb eines Gegenstands in der
Hoffnung, Gewinne infolge eines durch Zeitablauf gesteigerten
Wertes des Gegenstands zu erzielen, genügt für sich
nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass Umstände vorliegen, die
zeigen, dass sich der Steuerpflichtige wie ein Unternehmer
verhält (Senatsurteil vom 27.01.2011 - V R 21/09, BFHE 233,
77, BStBl II 2011, 524 = SIS 11 11 54, Rz 26).
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b) Soweit das FG unter 2.d seiner
Entscheidungsgründe ausführt, angesichts der
Häufigkeit und Dauer der von GF als
Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin
zunächst als Einzelkaufmann und später im Rahmen der A KG
sowie der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten auf dem
Markt für hochpreisige Fahrzeuge sei bereits von einer
nachhaltigen unternehmerischen Tätigkeit auszugehen,
widerspricht dies der Eigenständigkeit verschiedener
Unternehmer und ihrer jeweiligen Unternehmen (vgl. hierzu
BFH-Urteil vom 06.09.2007 - V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710 = SIS 08 36 14, unter II.3.; Stadie in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 607). Damit hat das FG
rechtsfehlerhaft die Tätigkeiten des GF als Einzelkaufmann
sowie „im Rahmen“ der A KG und
als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin auf
dem „engen Marktumfeld für hochpreisige
Fahrzeuge“ seiner Überzeugung
zugrunde gelegt und hieraus abgeleitet, die Klägerin sei beim
Erwerb der Fahrzeuge nicht nur gelegentlich, sondern nachhaltig
unternehmerisch tätig geworden. Es ist zudem nicht erkennbar,
weshalb trotz der Eigenständigkeit verschiedener Unternehmer
eine Tätigkeit des GF im Rahmen seines Einzelunternehmens oder
im Rahmen der A KG geeignet sein könnte, eine unternehmerische
Tätigkeit der Klägerin im Hinblick auf den Erwerb der
beiden Fahrzeuge zu begründen.
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c) Auch aus anderen Umständen ergibt sich
keine unternehmerische und damit wirtschaftliche Tätigkeit. So
sind etwaige Versuche der Klägerin, ein Fahrzeug sechs Jahre
nach Erwerb zu veräußern, die das FG als Indiz für
eine Verkaufsabsicht im Streitjahr herangezogen hat, unerheblich,
weil die bloße Verkaufsabsicht bei Erwerb nicht genügt,
um eine wirtschaftliche Tätigkeit anzunehmen (s. oben II.2.a).
Überdies spricht die Lagerung eines nicht angemeldeten
Fahrzeugs für dessen Einordnung als Sammlerstück (vgl.
Ulbrich, UR 2022, 601, 607). Autosammler sind nach den
Grundsätzen der BFH-Urteile vom 29.06.1987 - X R 23/82 (BFHE
150, 218, BStBl II 1987, 744 = SIS 87 19 27) und vom 16.07.1987 - X
R 48/82 (BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752 = SIS 87 19 28) im
Regelfall keine Unternehmer. Daran ändert sich nichts dadurch,
dass das Sammeln durch eine GmbH erfolgt, die daneben eine
völlig andere wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.
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d) Der Klägerin stand schließlich
auch kein Zuordnungswahlrecht zu. Dieses bezieht sich auf den
Erwerb eines gemischt (für unternehmerische und private
Zwecke) genutzten Gegenstands (BFH-Urteil vom 04.05.2022 - XI R
29/21 (XI R 7/19), zur Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022,
881 = SIS 22 10 55, Rz 30). Im Streitfall, in dem zu entscheiden
ist, ob ein Gegenstand überhaupt für eine wirtschaftliche
Tätigkeit erworben wurde, kommt es darauf nicht an.
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3. Die Sache ist spruchreif und die Klage
abzuweisen.
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a) Der Erwerb der Fahrzeuge als solcher
begründet bei eigenständiger Betrachtung keine
wirtschaftliche oder unternehmerische Tätigkeit der
Klägerin. Auch wenn die Klägerin - wie das FG meint - in
einem engen Marktumfeld für hochpreisige Fahrzeuge nicht wie
ein Gebrauchtwagenhändler ein Geschäftslokal unterhalten
und regelmäßig Anzeigen schalten musste, fehlen jegliche
Hinweise darauf, dass sie hinsichtlich der in Rede stehenden
Fahrzeuge wie ein Händler tätig war oder aus der Nutzung
der erworbenen Fahrzeuge Einnahmen erzielen wollte. Anhaltspunkte
dafür, dass sie über den bloßen Erwerb und den
Verkauf der Fahrzeuge hinaus die Absicht hatte, die Fahrzeuge
unternehmerisch zu verwenden, liegen nicht vor. Etwaige
Tätigkeiten, die über ein Handeln zur
Veräußerung privater Gegenstände hinaus gingen oder
auf eine unternehmerische Nutzung hindeuteten, sind nicht
manifestiert. Die Klägerin hat beide Fahrzeuge
tatsächlich nicht genutzt. Sie standen verschlossen, abgedeckt
und nicht zugelassen in einer Halle.
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b) Die Entscheidung des FG stellt sich auch
nicht i.S. des § 126 Abs. 4 FGO aus anderen Gründen als
richtig dar. Insbesondere ist der Erwerb der Fahrzeuge nicht als
Erweiterung der Haupttätigkeit der Klägerin
anzusehen.
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Zwar erbringt die Klägerin
steuerpflichtige Leistungen der Geschäftsführung und
Haftungsübernahme gegenüber der A KG, für die sie
eine Festvergütung erhält (vgl. Senatsurteil vom
03.03.2011 - V R 24/10, BFHE 233, 282, BStBl II 2011, 950 = SIS 11 13 61, Rz 16 und 31 ff.) und ist danach Unternehmerin i.S. von
§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Die Fahrzeugerwerbe sind jedoch keine
unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung ihrer
steuerbaren Tätigkeit, die gleichfalls zu einem Handeln als
Steuerpflichtiger führt (vgl. EuGH-Urteile Régie
dauphinoise vom 11.07.1996 - C-306/94, EU:C:1996:290 = SIS 96 22 54, Rz 18 zur Anlage von Kautionen
durch Immobilienverwalter, und Floridienne und Berginvest vom
14.11.2000 - C-142/99, EU:C:2000:623 = SIS 01 03 02, Rz 29 zur
Darlehensgewährung durch wirtschaftlich tätige
Holdinggesellschaften, sowie allgemein BFH-Beschluss vom 13.11.2019
- V R 30/18, BFHE 267, 171, BStBl II 2021, 248 = SIS 19 19 21, Rz
21 f.). Die Tätigkeit der Klägerin in Bezug auf die
Fahrzeuge unterscheidet sich nicht von einem privaten Erwerb eines
Vermögenswertes durch eine Sammlerin, der unverändert
ggf. gewinnbringend infolge Zeitablaufs veräußert werden
soll.
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c) Abweichendes ergibt sich im Streitfall auch
nicht aus dem EuGH-Urteil Kostov vom 13.06.2013 - C-62/12
(EU:C:2013:391 = SIS 13 20 12).
Danach ist eine natürliche Person, die bereits für eine
dauerhaft ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit
mehrwertsteuerpflichtig ist, für jede weitere, gelegentlich
ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit
„Steuerpflichtiger“, sofern diese
Tätigkeit eine Tätigkeit i.S. von Art. 9 Abs. 1 Unterabs.
2 MwStSystRL darstellt (EuGH-Urteil Kostov, EU:C:2013:391 =
SIS 13 20 12, Rz 31). Somit muss
auch die gelegentlich ausgeübte Tätigkeit eine
wirtschaftliche Tätigkeit sein, woran es vorliegend aber fehlt
(s. oben II.2.a und II.2.c). Denn die Klägerin war nur als
Komplementär-GmbH der A KG unternehmerisch tätig und
erhielt hierfür eine Vergütung von 2.500 EUR
jährlich. Sie hat die Fahrzeuge, die verschlossen, abgedeckt
und nicht zugelassen in einer Halle abgestellt waren,
demgegenüber in keiner Weise in einem irgendwie gearteten
Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit genutzt oder
Verkaufsbemühungen unternommen, die eine
Veräußerungsabsicht im Hinblick auf eine
unternehmerische Tätigkeit erkennen ließen. Selbst wenn
es unionsrechtlich nur für die Begründung der
Steuerpflichtigeneigenschaft, nicht aber auch für die
Begründung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf ein
nachhaltiges Handeln ankommen sollte (so Heber in Wäger, UStG,
2. Aufl., § 2 Rz 55), hätte ein nur gelegentliches
Handeln wie im Streitfall allenfalls dann zu einer Tätigkeit
im Rahmen des Unternehmens geführt, wenn es vorliegend um
händlerartige Veräußerungen in einem zeitlichen
Näheverhältnis zum Erwerb ginge. Danach ist im Streitfall
der Erwerb der Fahrzeuge auch nicht aufgrund eines sachlichen
Zusammenhangs mit der unternehmerischen Tätigkeit der
Klägerin als
„Nebengeschäft“ (vgl.
Senatsurteil vom 20.09.1990 - V R 92/85, BFHE 162, 493 = SIS 91 01 32, unter II.1.b) anzusehen.
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4. Der Senat entscheidet mit
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§ 121 Satz 1, § 90 Abs. 2 FGO). Er hat die Entscheidung
in einer Videokonferenz unter den hierfür von der
BFH-Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen getroffen (vgl.
BFH-Urteil vom 10.02.2021 - IV R
35/19, BFHE 272, 152 = SIS 21 06 74,
Rz 34).
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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