Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 10.03.2021 -
4 K 62/19 = SIS 21 08 29 wegen
Umsatzsteuer 2017 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob die Übertragung von Guthabenkarten oder Gutscheincodes
für den Erwerb digitaler Inhalte für das X-Network (X),
sog. X-Cards, der Umsatzsteuer unterliegt.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GbR, vertrieb im
Besteuerungszeitraum 2017 (Streitjahr) über ihren Internetshop
Guthabenkarten oder Gutscheincodes zum Aufladen von Nutzerkonten
für X. Herausgeber der Gutscheincodes war die Y Limited (Y)
mit Sitz in London. Die Gutscheincodes ermöglichten dem
Erwerber die Aufladung seines X-Nutzerkontos mit einem näher
bestimmten Nennwert in Euro. Nach der Kontoaufladung konnten vom
Kontoinhaber im X-Store von Y digitale Inhalte zu den dort
angeführten Preisen erworben werden.
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Die Guthabenkarten oder Gutscheincodes
wurden von Y mit unterschiedlicher Länderkennung über
verschiedene Zwischenhändler vertrieben. Für Kunden mit
Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort im Inland und einem
deutschen X-Nutzerkonto war die Kennung DE vorgesehen. Im
Internetshop der Klägerin ist hierzu ausgeführt:
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„Sollten Sie sich entscheiden,
[X-Guthaben] aufladen zu wollen, müssen Sie sich im Vorfeld
darüber informieren, in welchem Land Ihr [X-Konto] registriert
ist. So gilt bei [X-Cards] eine strikte Ländertrennung, so
dass Sie nur Guthaben aktivieren können, welches
tatsächlich für das Land Ihres [X-Kontos] bestimmt
ist.“
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Die auf der Internetseite des X von Y
veröffentlichten Nutzungsbedingungen für X-Gutscheincodes
bestimmten:
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„Um einen Gutscheincode
einzulösen, wird Folgendes benötigt: (i) die angegebene
Hardware; (ii) ein Konto für das [X], das in dem Land
registriert ist, für das der Gutscheincode gilt; und (iii)
eine Internetverbindung ...“.
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Für die Teilnahme am X wurde durch Y
u.a. bestimmt:
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„Der [X-Store] ist über alle
Konten aufrufbar. Wir sind Ihr Vertragspartner für alle
Käufe, die Sie im [X-Store] tätigen, einschließlich
Guthaben und Produkte, die Sie mit Ihrem Guthaben erworben haben.
... Sie müssen ehrlich zu uns sein. Wir erwarten, dass Ihre
personenbezogenen Daten und die Ihrer minderjährigen
Familienmitglieder vollständig und korrekt sind. ... Der Grund
dafür ist, dass wir uns auf die Richtigkeit der angegebenen
Informationen verlassen. ... Wenn Sie Falschangaben machen, sperren
wir möglicherweise die betroffenen Konten. Wir ergreifen diese
Maßnahme beispielsweise dann, wenn Kinder ein
Erwachsenenkonto nutzen. Die Konsequenzen für Sie sind, dass
Sie nicht mehr auf [X] und bestimmte Produkte (auch solche, die Sie
bezahlt haben) zugreifen können
...“.
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Im Streitjahr bezog die Klägerin die
Gutscheincodes der Y über einen inländischen
Zwischenhändler (V), der die Gutscheincodes seinerseits von
der inländischen Z GmbH unter Ausweis inländischer
Umsatzsteuer erworben hatte. Die Klägerin machte aus den
Rechnungen des V den Vorsteuerabzug geltend, ohne jedoch ihre
entsprechenden Ausgangsumsätze zu versteuern mit der
Begründung, es handele sich dabei um Wertgutscheine. Bei der
Veräußerung der X-Cards sei der Wohnsitz oder der
Ansässigkeitsort des Endkunden nicht sicher bekannt, so dass
der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 5 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht sicher bestimmbar sei. Die von Y
den jeweiligen Gutscheinen zugewiesene Länderkennung reiche
zur sicheren Bestimmung des Leistungsorts nicht aus, da Y die
Angaben der Kunden bei der Eröffnung der X-Nutzerkonten und
deren spätere Nutzung nicht überprüfe. Eine Vielzahl
im Ausland ansässiger X-Kunden hätte u.a. aufgrund von
Preisvorteilen ein deutsches Nutzerkonto eröffnet und
ebenfalls bei ihr, der Klägerin, Karten mit der Kennung DE
eingekauft.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) sah nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung
die Umsätze der Klägerin mit X-Cards als steuerbare
Übertragung von Warengutscheinen an. Die Gutscheincodes seien
ausschließlich für das Herunterladen digitaler Inhalte
des X verwendbar; die darin verkörperte Leistung stehe nach
Art und Besteuerung fest. Die X-Cards mit der Kennung DE seien von
Y ausschließlich für Endkunden mit Wohnsitz im Inland
und einem deutschen Nutzerkonto bestimmt, weshalb sich der
Leistungsort gemäß § 3a Abs. 5 UStG im Inland
befinde. Dass Erwerber mit Wohnsitz im Ausland die vorgegebene
regionale Nutzungsbeschränkung durch bewusst wahrheitswidrige
Angaben, Missachtung der Nutzungsbedingungen von Y und/oder
Verschleierung ihrer IP-Adresse möglicherweise umgehen
könnten, sei nicht ausschlaggebend für die
steuerrechtliche Einordnung des Gutscheins; es sei vielmehr Sache
der Klägerin, dafür Sorge zu tragen, Karten mit der
Kennung DE nicht an Kunden mit Wohnsitz im Ausland zu verkaufen.
Für die Einordnung der Karten als Warengutscheine spreche
auch, dass Y die Karten als solche in den Verkehr gebracht habe und
diese in der weiteren Leistungskette auch so behandelt worden
seien.
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Das FA erhöhte die Bemessungsgrundlage
für Umsätze mit Gutscheincodes um … EUR und setzte
mit Bescheid vom 14.11.2018 die Umsatzsteuer für das
Streitjahr entsprechend fest. Da die Klägerin im
Einspruchsverfahren glaubhaft gemacht hatte, dass Umsätze in
Höhe von … EUR an nicht im Inland ansässige
Leistungsempfänger ausgeführt worden waren, half das FA
mit Einspruchsentscheidung vom 28.05.2019 insoweit dem Einspruch ab
und wies diesen im Übrigen als unbegründet
zurück.
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Das Finanzgericht (FG) wies mit seinem in
EFG 2021, 1322 = SIS 21 08 29
veröffentlichten Urteil die Klage - auch wegen des das
vorliegende Verfahren nicht betreffenden Besteuerungszeitraums 1.
Kalendervierteljahr 2019 - als unbegründet ab. Die Leistung,
die im Streitfall mit den Gutscheincodes habe erworben werden
können, sei in sachlicher Hinsicht (digitale Inhalte zur
Nutzung des X) als auch hinsichtlich des Steuersatzes
(Regelsteuersatz von 19 %) hinreichend konkret bestimmt gewesen.
Für solche bis zum 31.12.2018 (an Kunden mit Wohnsitz im
Inland) vertriebene Gutscheine gelte gemäß § 3a
Abs. 5 i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG die
Anzahlungsbesteuerung. Diese habe das FA zutreffend zur Anwendung
gebracht, indem es nachgewiesene und/oder glaubhaft gemachte
Auslandsumsätze von X-Cards der Kennung
„DE“ nicht in die Bemessungsgrundlage
einbezogen habe. Unabhängig davon wäre die Klage aber
auch insoweit unbegründet, als bei unterstellter
Nichtsteuerbarkeit des Vertriebs der X-Cards mit Kennung
„DE“ die Klägerin nicht den bei
Bezug der Gutscheincodes vorgenommenen Abzug der Vorsteuer
beanspruchen könne.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts und
begehrt, dass die Umsätze von X-Cards als nicht steuerbar
erfasst werden. Für eine Anfechtungsklage gegen den
Umsatzsteuerbescheid 2017 dürfte - wäre eine solche Klage
erhoben worden - eine Beschwer gefehlt haben, da sich im
Erfolgsfall die Steuerfestsetzung für 2017 erhöht bzw.
die Erstattung vermindert hätte; es habe ein
abgabenrechtliches, aber auch ein darüber hinausgehendes
Feststellungsinteresse bestanden. Stehe die Besteuerung nach
Leistungsort und geschuldeter Steuer - wie nach ihrer Auffassung im
Streitfall - nicht fest, handele es sich um einen Wertgutschein,
dessen Übertragung nicht der Anzahlungsbesteuerung unterliege.
Sie, die Klägerin, werde gegenüber in- und
ausländischen Anbietern, die X-Cards ohne Ausweis von
Umsatzsteuer verkauften, benachteiligt. Vorsorglich werde
Aufklärungsrüge erhoben.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
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unter Aufhebung der Vorentscheidung den
Umsatzsteuerbescheid 2017 vom 14.11.2018 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 28.05.2019 mit der Maßgabe zu
ändern, dass die Umsätze von X-Cards als nicht steuerbar
erfasst werden.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Es verteidigt die Vorentscheidung.
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II. Die Entscheidung ergeht gemäß
§ 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält
einstimmig die Revision für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die
Beteiligten sind hiervon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit
zur Stellungnahme. Guthabenkarten über näher bezeichnete
und im Inland zu erbringende Leistungen konnten wie eine Ware
gehandelt werden und führten jedenfalls vor Inkrafttreten der
§ 3 Abs. 13 ff. UStG über die Anzahlungsbesteuerung zu
einer Steuerentstehung.
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1. Der Senat legt den Revisionsantrag der
Klägerin in deren wohlverstandenem Interesse wie im Tatbestand
wiedergegeben aus; dieser Antrag entspricht inhaltlich weitgehend
demjenigen aus dem Schriftsatz der Klägerin vom
15.04.2021.
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Der in der Revisionsbegründungsschrift
vom 24.06.2021 formulierte Antrag, der ein Feststellungsbegehren
enthält, wäre demgegenüber als unzulässig zu
verwerfen. Denn einerseits ist die Feststellungsklage nach §
41 Abs. 2 Satz 1 FGO gegenüber einer eröffneten
Anfechtungsklage subsidiär, andererseits hatte die
Klägerin ausweislich des Protokolls über die
mündliche Verhandlung vor dem FG vom 10.03.2021 einen
Anfechtungsantrag gestellt, über den das FG entschieden hat.
Ein Übergang von der erhobenen Anfechtungsklage zu einer
Feststellungsklage stellte eine Klageänderung i.S. von §
67 FGO dar, die im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1
FGO unzulässig ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 27.08.2003 - II R 18/02, BFH/NV 2004, 203 = SIS 04 04 87,
a.E.).
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2. Durch Art. 9 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes
zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren
im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher
Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338, BStBl I 2018, 1377)
wurden auf der Grundlage von Art. 30a der Richtlinie 2006/112/EG
des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) § 3 UStG die Absätze 13
bis 15 angefügt, die gemäß § 27 Abs. 23 UStG
erstmals auf Gutscheine anzuwenden sind, die nach dem 31.12.2018
ausgestellt werden. Im Streitfall findet § 3 Abs. 13 bis 15
UStG daher keine Anwendung. Auf dieser Grundlage hat die Revision
bereits im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) Lebara vom 03.05.2012 - C-520/10
(EU:C:2012:264 = SIS 12 11 64, Rz
28 ff., 42 f.) keinen Erfolg.
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a) Nach dieser zu
Telekommunikationsdienstleistungen i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. e
zehnter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates
vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Richtlinie 77/388/EWG
- (heute: Art. 58 Unterabs. 1 Buchst. a MwStSystRL) ergangenen
Entscheidung werden Guthabenkarten wie eine Ware gehandelt (vgl.
BFH-Urteil vom 10.08.2016 - V R 4/16, BFHE 254, 458, BStBl II 2017,
135 = SIS 16 21 90, Rz 15; BFH-Beschluss vom 16.08.2022 - XI S 4/21
(AdV), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2022,
1261 = SIS 22 14 64, Rz 40 ff.; s.a. zum neuen Recht BFH-Beschluss
vom 03.11.2022 - XI R 21/21, zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt, unter II.4.).
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Danach erbringt in einer Vertriebskette, die
zumindest einen Zwischenhändler - als Vertriebshändler -
zwischen dem Telefonanbieter und dem Endnutzer umfasst (EuGH-Urteil
Lebara, EU:C:2012:264 = SIS 12 11 64, Rz 30), der Telefonanbieter nur eine
Telekommunikationsdienstleistung an den Zwischenhändler, an
den er die Telefonkarte verkauft, nicht jedoch eine (weitere)
Leistung an etwaige weitere Zwischenhändler oder an den
Endnutzer. Sowohl der ursprüngliche Verkauf der Karte als auch
ihr anschließender Weiterverkauf sind steuerbare
Umsätze; in jedem Glied der Kette ist die Mehrwertsteuer genau
proportional zum gezahlten Preis und lässt den Abzug der
Vorsteuer zu (EuGH-Urteil Lebara, EU:C:2012:264 = SIS 12 11 64, Rz 42). Auch beim letzten
Verkauf der Karte an den Endnutzer ist die Mehrwertsteuer genau
proportional zu dem von diesem für den Erwerb der Karte
gezahlten Preis, selbst wenn dieser Preis nicht dem Nennwert der
Karte entspricht.
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b) Auf dieser Grundlage liegt der Ort der
hinreichend bestimmbaren Leistung im Inland. Im Hinblick auf die
Verwendung der deutschen Länderkennung waren bei
vertragsgemäßem Verhalten die Empfänger der von der
Klägerin erbrachten Leistungen im Inland ansässig. Auf
vertragswidriges Verhalten kann sich die Klägerin dagegen
nicht berufen.
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aa) Mit Erhalt der X-Card wurde der jeweilige
Empfänger in die Lage versetzt, aus dem Katalog des X-Store
die dort bezeichneten digitalen Inhalte zu den dort
angeführten Preisen zu beziehen. Damit bezog sich die X-Card
auf elektronische Dienstleistungen i.S. des Art. 7 der
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom
15.03.2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur
Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem, § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG. Der
Gegenstand der elektronischen Leistung, die in der jeweiligen
X-Card verkörpert wurde, war damit hinreichend bestimmbar.
Dass im Sortiment des X-Store Leistungen enthalten gewesen
wären, die im Streitjahr dem ermäßigten Steuersatz
unterlegen hätten, ist weder vom FG festgestellt, von der
Klägerin schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich
(vgl. hierzu BFH-Urteil vom 03.12.2015 - V R 43/13, BFHE 252, 171,
BStBl II 2016, 858 = SIS 16 01 42, Leitsatz).
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bb) Auch der Ort der in der X-Card
verkörperten Leistungen stand hinreichend fest.
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(1) Ist der Empfänger der in § 3a
Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG bezeichneten sonstigen Leistung kein
Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird
- wie im Streitfall die Kunden der Klägerin -, wird die
sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der
Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen
Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1
UStG).
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(2) Der Ort dieser Leistung stand fest, da nur
eine Leistungserbringung an im Inland ansässige Endverbraucher
in Betracht kam. Nichts anderes gälte nach § 3a Abs. 2
Satz 1 UStG aber auch für den Fall, dass
Leistungsempfänger ein Unternehmer (z.B. ein professioneller
e-Sportler) gewesen wäre.
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Denn nach den vom FG festgestellten
Bedingungen für die Nutzung der X-Cards besteht eine strikte
Ländertrennung. Danach kann nur Guthaben aktiviert werden,
welches tatsächlich für das Land des Nutzerkontos
bestimmt ist. Bei der Eröffnung eines Nutzerkontos sind
Identität und Wohnsitz des Nutzers wahrheitsgemäß
anzugeben; für den Fall einer Identitäts- oder
Wohnsitztäuschung ist ausdrücklich die Sperrung des
Nutzerkontos mit dem Verfall des eingezahlten Guthabens angedroht.
Für Kunden mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort
im Inland und einem deutschen X-Konto ist die Kennung DE
vorgesehen. Diese Konten können nur mit einer Guthabenkarte
mit der Länderkennung DE aufgeladen werden. Danach scheidet
auch eine etwaige unternehmerische Nutzung des Kartenguthabens im
übrigen Gemeinschaftsgebiet oder Drittland aus. Auf dieser
Grundlage standen für den Regelfall einer
vertragsgemäßen Nutzung des X sowohl der Leistungsort
als auch die Steuerschuld fest.
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cc) Die Klägerin kann sich
demgegenüber nicht mit Erfolg auf einen systemwidrigen Umstand
berufen, der in ihrer eigenen Einflusssphäre liegt,
nämlich dass sie nach den Feststellungen des FG entgegen dem
von Y entwickelten Vertriebssystem X-Cards auch an Personen ausgab,
die sich bei ihr mit ausländischem Wohnsitz registriert haben;
dass - über die theoretische Möglichkeit hinaus - von der
Klägerin als solche benannte
„Wegzugsfälle“
vorlägen, ist weder vom FG gestellt, substantiiert vorgetragen
noch sonst ersichtlich. Bei der rechtlichen Beurteilung der X-Cards
ist von deren bestimmungsgemäßer Verwendung
auszugehen.
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3. Im Übrigen handelt es sich nach der im
Streitjahr bestehenden Rechtslage bei der entgeltlichen
Übertragung eines auf eine bestimmte Leistung ausgerichteten
Warengutscheins (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.2006 - V R 16/05, BFHE
215, 311, BStBl II 2007, 340 = SIS 06 47 38, unter II.2.c bb) dem
Grunde nach um eine Anzahlung, so dass die Vereinnahmung eines
Entgelts für die Begebung des Warengutscheins zu einer
Anzahlungsbesteuerung führt (Wäger in Wäger, UStG,
2. Aufl., § 3 Rz 662).
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a) Wird das Entgelt für Lieferungen oder
sonstige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ganz oder
teilweise vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung
ausgeführt worden ist, entsteht insoweit die Steuer nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des
Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt
vereinnahmt worden ist. Die Regelung beruht auf Art. 65 MwStSystRL
(vormals: Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG),
wonach der Steueranspruch zum Zeitpunkt der Vereinnahmung
entsprechend dem vereinnahmten Betrag entsteht, wenn Anzahlungen
geleistet werden, bevor die Lieferung von Gegenständen bewirkt
oder die Dienstleistung erbracht ist.
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b) Das Entstehen des Steueranspruchs nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG sowie gemäß
Art. 65 MwStSystRL erfordert, dass alle maßgeblichen Elemente
des Steuertatbestands, d.h. der künftigen Lieferung oder der
künftigen Dienstleistung, bereits bekannt und somit die
Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der
Anzahlung genau bestimmt sind (vgl. EuGH-Urteile BUPA Hospitals und
Goldsborough Developments vom 21.02.2006 - C-419/02, EU:C:2006:122
= SIS 06 14 59, Rz 48; Lebara,
EU:C:2012:264 = SIS 12 11 64, Rz
26; Kollroß und Wirtl vom 31.05.2018 - C-660/16 und C-661/16,
EU:C:2018:372 = SIS 18 08 10, Rz
40).
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c) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall
erfüllt (s. oben II.2.b).
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4. Eine etwaige unzutreffende
(Nicht-)Besteuerung von Konkurrenten kann (nur) mit der
Konkurrentenklage geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteil vom 28.06.2017 - XI R 23/14, BFHE 258, 517 =
SIS 17 15 39, Rz 51).
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5. Von einer weiteren Begründung sieht
der Senat nach § 126 Abs. 6 FGO ab.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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