18
|
Die Voraussetzungen für einen Schutz
des Vertrauens in die Zuwendungsbestätigung nach § 10b
Abs. 4 Satz 1 EStG seien beim Kläger nicht erfüllt. Die
Wertermittlung der X Steuerberatungs-GmbH vom 21.12.2007 habe kein
schutzwürdiges Vertrauen begründen können, weil der
Stiftungsvorstand sie auf einen offensichtlich ungeeigneten
Stichtag (20.12.2007) beauftragt habe. Die entscheidenden
wertbeeinflussenden Faktoren in Gestalt der erheblichen
vermögensmindernden Ausschüttung vom 27.12.2007 und der
am 28.12.2007 wirksam gewordenen Einschränkungen der mit dem
89 % Anteil verbundenen Rechte seien nicht berücksichtigt
worden. Aufgrund der langjährigen gesellschaftsrechtlichen
Verbindungen zu X bestünden keine Zweifel, dass die
vorhandenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Informationen des
Klägers ausgereicht hätten, um erkennen zu können,
dass die Bewertung offensichtlich unzutreffend gewesen sei.
|
|
|
19
|
Am 22.12.2014 erließ der Beklagte und
Revisionsbeklagte (FA) den im vorliegenden Verfahren angefochtenen,
nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten
Einkommensteuerbescheid 2007. Darin wurde die Zuwendung an die
Stiftung nur noch mit 168.062 € berücksichtigt. Der
Bescheid wurde der X Steuerberatungs-GmbH bekanntgegeben, die auch
das nachfolgende Einspruchsverfahren für den Kläger
führte.
|
|
|
20
|
Ein Bescheid hinsichtlich des verbleibenden
Zuwendungsvortrags zur Einkommensteuer erging weiterhin nicht. Der
Kläger legte zwar auch gegen einen solchen Bescheid Einspruch
ein, nahm diesen aber mit Schreiben vom 29.09.2016 zurück,
nachdem das FA ihn darauf hingewiesen hatte, dass ein derartiger
Bescheid nicht ergangen sei.
|
|
|
21
|
Den Einspruch gegen den
Einkommensteuerbescheid 2007 wies das FA zurück. Zum
Vertrauensschutz führte es ergänzend aus, der in der
Zuwendungsbestätigung angegebene Wert der Zuwendung sei
für im Steuerrecht kundige Personen offensichtlich zu hoch
ausgewiesen. X sei Vorstandsmitglied der Stiftung sowie
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer; seine Kanzlei sei mit der
Bewertung der Sachzuwendung betraut gewesen. Bei ihm könne
unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten
die Kenntnis der überhöhten Wertangabe angenommen werden.
Dies gelte auch für den Kläger. Er sei seit vielen Jahren
erfolgreich als Gesellschafter und Geschäftsführer
verschiedener Unternehmen der X Gruppe tätig, so dass bei ihm
mindestens ein laienhaftes Bewusstsein von dem infolge der
Änderung des Gesellschaftsvertrags eingetretenen deutlichen
Wertverfall des auf die Stiftung übertragenen Anteils
vorhanden gewesen sein müsse. Zudem müsse er sich nach
der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Kenntnis des X
zurechnen lassen, da er durch die X Steuerberatungs-GmbH steuerlich
vertreten werde.
|
|
|
22
|
Im Klageverfahren wurde der Kläger von
einer X & Partner Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer
Steuerberater GbR (X GbR) vertreten, die ausweislich des Briefkopfs
aus zwei Partnern bestand, wobei nur X Namenspartner war. Einzelne
Schriftsätze wurden aber weiterhin von der X
Steuerberatungs-GmbH eingereicht.
|
|
|
23
|
Der Kläger trug vor, dem
Zuwendungsempfänger komme eine Bewertungsprärogative zu.
Der Prüfungsumfang von FA und FG sei hinsichtlich der
Bewertungsfragen eingeschränkt; jeder innerhalb einer
Bandbreite vertretbarer Werte liegende Wert sei von ihnen zu
akzeptieren. Der in der Zuwendungsbestätigung angesetzte Wert
sei vertretbar. Im Streitjahr habe es keine gesetzlichen Vorgaben
für die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und
für die Aufteilung eines Gesamtwerts auf disquotal
ausgestattete Anteile gegeben. Die amtliche Begründung zur mit
Wirkung ab 01.01.2016 vorgenommenen Anfügung des § 97
Abs. 1b Satz 4 BewG (BT-Drucks. 18/4902, S. 54) zeige aber, dass
der Gesamtwert nach Ansicht des Gesetzgebers in diesen Fällen
zuvor allein nach Maßgabe des Anteils am Nennkapital
aufzuteilen gewesen sei. Dies gelte nach Auffassung der
Finanzverwaltung ausdrücklich auch für Anteile, die mit
ungleichen Rechten ausgestattet seien (gleichlautende Erlasse der
obersten Finanzbehörden der Länder vom 05.06.2014, BStBl
I 2014, 882, Tz. 1.10). Auch im zeitlichen Anwendungsbereich des
§ 97 Abs. 1b Satz 4 BewG sei nach der eigenen Auffassung der
Finanzverwaltung nur ein den Substanzwert übersteigender Teil
des Unternehmenswerts nach Maßgabe des abweichenden
Gewinnverteilungsschlüssels aufzuteilen (gleichlautende
Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom
02.03.2016, BStBl I 2016, 246). Bei dem vorliegend vom Kläger
und dem FA übereinstimmend zugrunde gelegten Gesamtwert der X
Holding-GmbH von 81.830.672 € handele es sich aber um einen
reinen Substanzwert. Der Rechtsgedanke des § 97 Abs. 1b Satz 4
BewG sei nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung auch auf
Zeiträume vor dem Inkrafttreten dieser Norm anzuwenden. Selbst
wenn die Bewertung nach § 9 BewG vorzunehmen sein sollte,
wäre gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG die
disquotale Verteilung einiger Gesellschafterrechte nicht zu
berücksichtigen, da es sich um einen persönlichen Umstand
handele. Die vorgenommene Wertermittlung sei daher nicht nur
zutreffend, sondern begründe angesichts ihrer
Übereinstimmung mit den später geschaffenen gesetzlichen
Regelungen auch einen Anspruch auf Vertrauensschutz.
|
|
|
24
|
Der Kläger beantragte in seiner
Klageschrift ausdrücklich auch den Erlass eines Bescheids
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Zuwendungsvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2007. Das FG hat
diesen Antrag in das Protokoll der mündlichen Verhandlung und
in sein Urteil aufgenommen und im Rubrum seiner Entscheidung neben
der Einkommensteuer 2007 auch die "Feststellung Zuwendungsvortrag"
als Streitgegenstand genannt.
|
|
|
25
|
Das FG wies die Klage sowohl hinsichtlich
des Anfechtungs- als auch hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens
ab (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2020, 1062). Zur
Begründung führte es aus, ebenso wie der Teilwert sei
auch der gemeine Wert gerichtlich uneingeschränkt
überprüfbar; dies gelte erst recht für die
Rechtsfrage, welcher Bewertungsmaßstab anzuwenden sei. Im
Streitfall sei die Bewertung weder nach dem Stuttgarter Verfahren
noch nach § 97 Abs. 1b BewG vorzunehmen, sondern nach § 9
BewG. Dabei sei die Einschränkung der Gesellschafterrechte
wertmindernd zu berücksichtigen; insbesondere handele es sich
nicht um einen persönlichen Umstand, da die Einschränkung
mit dem Anteil selbst verbunden sei. Die Stiftung sei angesichts
ihres geringen Stimmrechts nicht in der Lage, ein Ereignis
herbeizuführen, das zu einer Verteilung des Vermögens der
X Holding-GmbH nach Maßgabe der Beteiligung am Stammkapital
führen würde (z.B. Auflösung der Gesellschaft,
Verkauf ihres gesamten Vermögens). Die erheblichen
Ausschüttungen der Jahre 2007 und 2008 zeigten, dass die
Gesellschafter in der Praxis ausschließlich über
Ausschüttungen am Wert der Gesellschaft partizipierten; an
diesen Ausschüttungen sei die Stiftung aber nur zu 1 %
beteiligt. Ein gedachter Erwerber hätte die
eingeschränkten Gesellschafterrechte bei der Bemessung eines
Anteilskaufpreises berücksichtigt, so dass die Stiftung ihren
für den Liquidationsfall bestehenden 89 % Anspruch auf die
Vermögenssubstanz der X Holding-GmbH auch nicht durch einen
Verkauf ihres Anteils hätte realisieren können.
|
|
|
26
|
Der Kläger könne sich nicht auf
die Vertrauensschutzregelung des § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG
berufen, da ihm zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen
sei. Er sei als Treugeber über die Satzungsänderungen
umfassend informiert gewesen. Daher hätte sich ihm
aufdrängen müssen, dass der in der
Zuwendungsbestätigung angegebene Wert viel zu hoch gewesen
sei. Auch auf die Wertermittlung der X Steuerberatungs-GmbH vom
21.12.2007 habe er nicht vertrauen dürfen, da diese keine
Auseinandersetzung mit dem für die Bewertung wesentlichen
Umstand der disquotalen Anteilsrechte enthalten habe. Daneben sei
dem Kläger auch das zumindest grob fahrlässige Handeln
des X zuzurechnen, der als Erfüllungsgehilfe des Klägers
anzusehen sei. X habe umfassende Kenntnis von allen für die
Bewertung maßgebenden Umständen gehabt.
|
|
|
27
|
Mit seiner Revision wiederholt und vertieft
der Kläger sein bisheriges Vorbringen. Er ist der Auffassung,
bei der Verteilung eines als Substanzwert ermittelten Gesamtwerts
auf die einzelnen Anteile scheide ein Rückgriff auf die - nur
unter Ertragswertgesichtspunkten relevante - Gewinnverteilungsquote
schon denklogisch aus.
|
|
|
28
|
Bei den disquotalen Anteilsrechten handele
es sich um ungewöhnliche Umstände, mit denen der Verkehr
nicht zu rechnen pflege und die daher nach der ausdrücklichen
gesetzlichen Anordnung des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG bei der
Ermittlung des gemeinen Werts außer Betracht zu bleiben
hätten. Erst recht habe das FG die gesellschaftsvertragliche
Verfügungsbeschränkung (Zustimmungserfordernis bei
Abtretung oder Belastung von Geschäftsanteilen) nicht
berücksichtigen dürfen. Es sei irrelevant, dass ein
gedachter Erwerber diese Umstände aus betriebswirtschaftlicher
Sicht möglicherweise dennoch in die Bemessung des Kaufpreises
einbeziehen würde, denn dies gelte für sämtliche
unter die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG
fallenden ungewöhnlichen und persönlichen Umstände,
sei vom Gesetzgeber also aus Typisierungsgründen bewusst in
Kauf genommen worden. Wenn aber persönliche - an die Person
des Gesellschafters anknüpfende - Umstände nach der
gesetzlichen Regelung unberücksichtigt blieben, dann
müsse dies aus Gründen der Gleichmäßigkeit der
Besteuerung auch für solche Umstände gelten, die dem
Anteil selbst anhafteten. Sollte man entgegen dieser Auffassung
doch zu einer wertmindernden Berücksichtigung der disquotalen
Rechte kommen, zeigten einige der zum Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz (ErbStG) erlassenen Verwaltungsanweisungen,
dass in vergleichbaren Fällen vom Substanzwert lediglich ein
pauschaler Abschlag von höchstens 30 % vorgenommen
werde.
|
|
|
29
|
Das FG habe zudem im entscheidenden Punkt
eine veraltete, für den hier maßgebenden
Bewertungsstichtag nicht mehr gültige Fassung des
OFD-Leitfadens = SIS 08 08 41
angewendet, was zur Unschlüssigkeit der vorinstanzlichen
Argumentation führe. Rechtsfehlerhaft sei auch die Auffassung
des FG, der Stiftung stünden keine durchgreifenden
Minderheitenrechte zu. Insbesondere das von der Vorinstanz
unterstellte Vorgehen der Mitgesellschafter, alle Beteiligungen der
X Holding-GmbH innerhalb eines kurzen Zeitraums zu
veräußern und die Erlöse als laufende Gewinne
auszuschütten, wäre gesellschaftsrechtlich als faktische
Liquidation und zustimmungsbedürftige tiefgreifende
Änderung des Unternehmenszwecks anzusehen. Die Stiftung
könne in einem solchen Fall ohne Weiteres durchsetzen, nach
Maßgabe ihres 89 %-Anteils am Stammkapital an diesen
Substanzgewinnen zu partizipieren. Dies würde auch dann
gelten, wenn die Beteiligungen nicht geballt, sondern als Teil
einer langfristigen Strategie veräußert würden.
Auch habe das FG ohne entsprechende tatsächliche
Feststellungen unterstellt, laufende Gewinne würden stets
vollständig ausgeschüttet. Genauso wahrscheinlich sei es,
dass erhebliche Teile der Gewinne thesauriert und damit in eine
potenzielle Liquidation einbezogen würden.
|
|
|
30
|
Jedenfalls sei die vom FG vorgenommene
Bewertung des Anteils fehlerhaft zu niedrig ausgefallen. Es
verstoße gegen die Denkgesetze, dass die Vorinstanz den
Anteil, mit dem Ansprüche auf 1 % des Gewinnbezugsrechts und
89 % des Liquidationserlöses verbunden seien, genauso bewertet
habe wie einen Anteil, auf den jeweils nur 1 % des
Gewinnbezugsrechts und des Liquidationserlöses
entfielen.
|
|
|
31
|
Auch könne sich der Kläger auf
den Vertrauensschutz nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG berufen.
Maßgebender Zeitpunkt sei der Erhalt der
Zuwendungsbestätigung, da diese Bestätigung die Grundlage
für das geschützte Vertrauen bilde. Es komme daher allein
auf die Gutgläubigkeit des Klägers am 16.04.2008 an. Die
Feststellungen des FG könnten den Schluss auf eine zu diesem
Zeitpunkt bestehende grob fahrlässige Unkenntnis des
Klägers von der - hier lediglich zu unterstellenden -
Unrichtigkeit der Zuwendungsbestätigung aber nicht tragen.
Anknüpfungspunkt für den Vertrauensschutz sei nicht die
Wertermittlung der X Steuerberatungs-GmbH - von der die Vorinstanz
zudem nicht festgestellt habe, dass sie dem Kläger
überhaupt positiv bekannt gewesen sei - , sondern die
Zuwendungsbestätigung. Daraus seien die Bewertungsgrundlagen
aber nicht ersichtlich gewesen. Zudem habe es ganz erhebliche
Gesichtspunkte gegeben, die für die Richtigkeit des in der
Zuwendungsbestätigung angegebenen Werts des zugewendeten
Anteils sprächen, wie der Vermerk vom 23.04.2013, diese
Revisionsbegründung sowie der vom FG betriebene erhebliche
argumentative Aufwand zeigten.
|
|
|
32
|
Die Feststellungen des FG ließen
zudem nicht den Schluss zu, dass X eine zumindest grob
fahrlässige Unkenntnis einer etwaigen Unrichtigkeit der
Zuwendungsbestätigung vorzuwerfen wäre. Die
Wertermittlung sei zum einen von einer Prokuristin der X
Steuerberatungs-GmbH eigenverantwortlich erstellt und
unterschrieben worden. Ein grobes Verschulden in Bewertungsfragen
sei zum anderen auch bei einem steuerrechtlich Vorgebildeten
allenfalls dann zu bejahen, wenn er hätte erkennen
müssen, gegen eine gefestigte Rechtsprechung oder
Verwaltungsauffassung zu verstoßen. Eine solche habe es
jedoch hinsichtlich der Aufteilung eines Gesamtunternehmenswerts
auf Anteile mit disquotal ausgestalteten Rechten nicht gegeben.
Vielmehr habe es hierzu gerade an einer höchstrichterlichen
Rechtsprechung gefehlt, was die Vorinstanz zur Revisionszulassung
veranlasst habe.
|
|
|
33
|
Selbst eine - ohnehin zu verneinende -
grobe Fahrlässigkeit des X könnte dem Kläger nicht
zugerechnet werden. Eine Wissenszurechnung nach den für
Erfüllungsgehilfen geltenden Grundsätzen komme nur in
Betracht, soweit und solange die andere Person im Pflichtenkreis
des Schuldners für diesen tätig werde. Ein solches
Tätigwerden des X habe das FG nur für den 04.12.2007
(Errichtung der maßgebenden notariellen Urkunden)
festgestellt. Nach diesem Zeitpunkt sei X nur noch als
Treuhänder für den Kläger tätig geworden; diese
Tätigkeit habe sich aber nicht auf die Abwicklung der Spende
erstreckt. Die Erstellung der Steuererklärung durch die X
Steuerberatungs-GmbH führe ebenfalls nicht zu einer Zurechnung
einer eventuellen groben Fahrlässigkeit des X an den
Kläger. Ein Steuerberater sei eigenverantwortlich tätig
und schon deshalb kein Erfüllungsgehilfe des
Steuerpflichtigen. Zudem habe das FG nicht festgestellt, dass X
persönlich mit der Steuererklärung des Klägers
befasst gewesen sei; dies sei auch tatsächlich nicht der Fall
gewesen. Einer GmbH sei ein Kennenmüssen ihres
Geschäftsführers nur insoweit zuzurechnen, als dieser bei
dem konkreten Geschäft für die Gesellschaft aufgetreten
oder später in dieses involviert worden sei.
|
|
|
34
|
Nach einem Hinweis der Senatsvorsitzenden
darauf, dass hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens auf Erlass
eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des
Zuwendungsvortrags zum 31.12.2007 kein Vorverfahren
durchgeführt worden ist, hat der Kläger ausgeführt,
es sei für das FA offensichtlich gewesen, dass auch nach der
Rücknahme des Anfechtungseinspruchs gegen den nicht ergangenen
Feststellungsbescheid weiterhin ein Verpflichtungsbegehren auf
Erlass eines solchen Bescheids verfolgt werde. Hierüber habe
das FA in der Einspruchsentscheidung auch entschieden. Die
Verpflichtungsklage hätte vom FG daher als Sprungklage
angesehen und wegen des Fehlens der hierfür erforderlichen
Zustimmung des FA als Einspruch an das FA abgegeben werden
müssen (§ 45 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO
-).
|
|
|
35
|
Der Kläger beantragt,
|
|
das angefochtene Urteil und die
Einspruchsentscheidung vom 14.09.2017 aufzuheben, soweit diese
Entscheidungen zur Einkommensteuer 2007 ergangen sind, und den
Einkommensteuerbescheid 2007 vom 22.12.2014 dahingehend zu
ändern, dass aus der Spende an die Stiftung der
höchstmögliche Spendenabzug nach § 10b Abs. 1, 1a
EStG nach Maßgabe einer Bewertung der Sachzuwendung mit
8.305.302 € berücksichtigt wird;
|
|
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit
es zum Antrag auf Erlass eines Bescheids über die gesonderte
Feststellung des Zuwendungsvortrags zum 31.12.2007 ergangen ist,
und das Verfahren insoweit als außergerichtlichen
Rechtsbehelf an das FA abzugeben.
|
|
|
36
|
Das FA beantragt,
|
|
die Revision zurückzuweisen.
|
|
|
37
|
Es sei nicht zu beanstanden, dass das FG in
der Frage der Verteilung des Gesamtwerts auf die einzelnen Anteile
vom OFD-Leitfaden = SIS 08 08 41
abgewichen sei und einen eigenen Bewertungsmaßstab
gewählt habe. Im Übrigen stehe der OFD-Leitfaden der
Berücksichtigung besonderer Umstände - wie im Streitfall
- nicht entgegen. Der Gesamtwert der X Holding-GmbH sei zwar nach
Substanzwertgrundsätzen geschätzt worden. Gleichwohl
beruhe er nicht nur auf dem vorhandenen Vermögen der
Gesellschaft, sondern auch auf ihrer Ertragskraft. Dies
rechtfertige es, die abweichende Gewinnverteilungsquote nicht
auszublenden. Die vom Kläger beschriebenen Minderheitenrechte
der Stiftung seien auf das gesetzliche Minimum beschränkt und
in der Praxis nur in sehr wenigen Fällen anwendbar. Wenn der
Anteil der Stiftung tatsächlich mit 89 % des Gesamtwerts der X
Holding-GmbH zu bewerten wäre, bedeutete dies im Umkehrschluss
denklogisch zwingend, dass die übrigen Anteile ebenfalls nur
nach Maßgabe der durch sie vermittelten Beteiligung am
Stammkapital zu bewerten wären. Dies wäre aber angesichts
der hohen auf diese Anteile entfallenden Ausschüttungen und
der mit ihnen verbundenen Möglichkeit zur Beherrschung der
Gesellschaft nicht sachgerecht.
|
|
|
38
|
Auf Vertrauensschutz könne sich der
Kläger nicht berufen. Nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung sei der Wert einer Sachzuwendung vom Zuwendenden
nachzuweisen. Dieser könne sich der entsprechenden
Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass er die Wertermittlung
auf den Zuwendungsempfänger übertrage und
anschließend jedes Kennenmüssen hinsichtlich des
tatsächlichen Werts der Zuwendung abstreite. Ein solches
Verhalten verletze die von ihm zu fordernde Sorgfalt in
ungewöhnlichem Maße, sei also grob fahrlässig.
Gerade wenn der Kläger rechtlich nicht vorgebildet sein
sollte, werde er die in der Revisionsbegründung angestellten
tiefgreifenden Überlegungen zur Berücksichtigung eines -
nur unter besonderen Umständen denkbaren -
Liquidationserlöses selbst nicht vornehmen. Vielmehr werde er
einzig auf die erzielbare Rendite und seine Mitspracherechte
schauen und sein laienhaftes Empfinden für den "richtigen"
Wert danach ausrichten. Hilfsweise sei dem Kläger - wie vom FG
zutreffend gesehen - die Kenntnis bzw. mindestens grob
fahrlässige Unkenntnis des X und darüber hinaus auch der
X Steuerberatungs-GmbH zuzurechnen.
|
|
|
39
|
II. Die Revision hinsichtlich des Antrags auf
Erlass eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Zuwendungsvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2007
ist mit der Maßgabe als unbegründet zurückzuweisen,
dass die Klage insoweit bereits unzulässig war.
|
|
|
40
|
1. Das FA hat zu keinem Zeitpunkt einen
solchen Feststellungsbescheid erlassen. Nach dem klaren Wortlaut
des durch die X Steuerberatungs-GmbH - eine fachkundige
Prozessbevollmächtigte - erstellten Einspruchsschreibens vom
13.01.2015 wurde aber Einspruch auch "gegen die Feststellung des
verbleibenden Zuwendungsvortrags nach § 10b (1) EStG vom
22.12.2014" eingelegt. Nachdem das FA am 02.08.2016 darauf
hingewiesen hatte, dass solche Bescheide nicht ergangen waren und
die Einsprüche daher insoweit mangels Beschwer unzulässig
sein dürften, nahm die X Steuerberatungs-GmbH "die
Einsprüche vom 13.01.2015 gegen die tatsächlich nicht
erlassenen Feststellungsbescheide zum Zuwendungsvortrag" mit
Schreiben vom 29.09.2016 zurück. Ausweislich des Rubrums der
Einspruchsentscheidung vom 14.09.2017 entschied das FA darin nur
über die Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2009. Bescheide
über die gesonderte Feststellung des Zuwendungsvortrags sind
weder in der Sachverhaltsdarstellung noch in den Gründen der
Einspruchsentscheidung erwähnt.
|
|
|
41
|
Demgegenüber wurde die Klage
ausdrücklich auch als Verpflichtungsklage auf Erlass eines
Feststellungsbescheids erhoben; das FG hat über diesen Antrag
in der Sache entschieden. In der Revision hat der Kläger
diesen Verpflichtungsantrag zunächst wiederholt und ihn nach
einem Hinweis der Senatsvorsitzenden auf die fehlende
Durchführung des Vorverfahrens in einen Antrag auf Abgabe an
das FA nach § 45 Abs. 3 FGO umgestellt.
|
|
|
42
|
2. Hinsichtlich des Feststellungsbescheids ist
das erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden, so
dass die Klage insoweit bereits unzulässig war.
|
|
|
43
|
a) Gemäß § 44 Abs. 1 FGO ist
die Klage in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher
Rechtsbehelf gegeben ist, vorbehaltlich der §§ 45, 46 FGO
nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den
außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos
geblieben ist. Der Einspruch ist statthaft gegen Verwaltungsakte in
Abgabenangelegenheiten, auf die die AO Anwendung findet (§ 347
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 AO). Wie aus § 155 Abs. 1 Satz 3
i.V.m. Satz 2 AO hervorgeht, ist auch die Ablehnung eines Antrags
auf Steuerfestsetzung ein Verwaltungsakt; dies gilt
gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO gleichermaßen
für die Ablehnung eines Antrags auf Erlass eines Bescheids
über die gesonderte Feststellung. Die Durchführung eines
Vorverfahrens war daher im Streitfall auch für den Antrag auf
Erlass eines Bescheids über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Zuwendungsvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2007
erforderlich.
|
|
|
44
|
b) Vorliegend fehlte es bis zum Zeitpunkt der
Klageerhebung bereits an einem Antrag auf Erlass des genannten
Feststellungsbescheids.
|
|
|
45
|
Das von einem fachkundigen
Prozessbevollmächtigten erstellte Einspruchsschreiben, das
insoweit einen Anfechtungsantrag gegen einen mit seinem Datum
bezeichneten Feststellungsbescheid enthielt, kann nicht entgegen
seinem klaren Wortlaut in einen Verpflichtungsantrag auf Erlass
eines bisher nicht existenten Bescheids ausgelegt werden. Gegen
eine solche Auslegung spricht entscheidend auch, dass die X
Steuerberatungs-GmbH "die Einsprüche gegen die
tatsächlich nicht erlassenen Feststellungsbescheide" nach
einem entsprechenden Hinweis des FA ausdrücklich
zurückgenommen hat, also selbst nicht davon ausging, über
den eindeutigen Anfechtungsantrag hinaus oder an dessen Stelle ein
Verpflichtungsbegehren erhoben zu haben. Denn dann wäre nicht
die ersatzlose Rücknahme des Anfechtungseinspruchs, sondern
dessen Umformulierung in einen Antrag auf Erlass eines
entsprechenden Verwaltungsakts die zu erwartende Reaktion auf den
Hinweis des FA gewesen.
|
|
|
46
|
Weder in der Einspruchsentscheidung noch an
anderer Stelle hat das FA über einen Antrag auf Erlass eines
Feststellungsbescheids entschieden. Für eine solche
Entscheidung gab es auch keinen Anlass, da der Kläger einen
entsprechenden Antrag niemals gestellt hatte.
|
|
|
47
|
c) Anders als der Kläger meint, kann die
Verpflichtungsklage auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer
Sprungklage, der das FA nicht zugestimmt habe, gemäß
§ 45 Abs. 3 FGO als Einspruch an das FA abgegeben werden. Der
Kläger selbst weist zu Recht auf die ständige
höchstrichterliche Rechtsprechung hin, wonach eine Sprungklage
in einer Verpflichtungssituation voraussetzt, dass die Behörde
zuvor einen Antrag auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts durch
Verwaltungsakt abgelehnt hat (BFH-Urteil vom 05.07.2012 - V R
58/10, BFH/NV 2012, 1953 = SIS 12 29 76, Rz 18, m.w.N.). Vorliegend gab es bis zum Zeitpunkt der
Klageerhebung aber weder einen Antrag auf Erlass des
Feststellungsbescheids noch - erst recht - einen Verwaltungsakt,
mit dem ein solcher Antrag abgelehnt worden wäre.
|
|
|
48
|
d) Das FG, das zu Unrecht in der Sache
über das Verpflichtungsbegehren auf Erlass des
Feststellungsbescheids entschieden hat, hätte die Klage
insoweit bereits als unzulässig verwerfen müssen. Die -
zulässige - Revision in Bezug auf den Feststellungsbescheid
ist deshalb ohne Sachprüfung - mit der Maßgabe, dass die
Klage als unzulässig verworfen wird - als unbegründet
zurückzuweisen.
|
|
|
49
|
III. Die Revision hinsichtlich des
Einkommensteuerbescheids 2007 ist begründet. Sie führt
insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
|
|
|
50
|
Nach der auf den Streitfall anzuwendenden
Fassung des § 10b EStG war die in der schenkweisen
Übertragung des GmbH-Anteils auf die Stiftung liegende
Sachzuwendung mit dem gemeinen Wert zu bewerten (dazu unten 1.).
Für die Schätzung des gemeinen Werts sind im Streitfall
allein die Regelungen des § 9 BewG maßgeblich; weder
darf für die Verteilung des Gesamtwerts der X Holding-GmbH auf
die disquotal ausgestatteten Anteile das Stuttgarter Verfahren
herangezogen werden noch sind die vom Kläger bezeichneten
erbschaftsteuerrechtlichen Spezialvorschriften anwendbar (unten
2.). Die Einschränkungen beim Gewinnbezugs- und Stimmrecht
sind als wesentliche preisbeeinflussende Umstände (§ 9
Abs. 2 Satz 2 BewG) bei der Bewertung des der Stiftung zugewendeten
Anteils zu berücksichtigen (unten 3.). Dennoch ist das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG
zurückzuverweisen. Zum einen ist die vom FG gewählte
Schätzungsmethodik in sich widersprüchlich; die
Vorinstanz hat auch nicht alle für die Schätzung
erheblichen Umstände berücksichtigt (unten 4.). Zum
anderen fehlen konkrete Tatsachenfeststellungen des FG zu der
Frage, ob der Kläger auf die Zuwendungsbestätigung
vertrauen durfte (unten 5.).
|
|
|
51
|
1. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG ist im
Streitfall in der Fassung des Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur
weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom
10.10.2007 (BGBl I 2007, 2332; nachfolgend weiterhin als "EStG
a.F." bezeichnet) anzuwenden (dazu unten a). Auch Sachzuwendungen
sind als Sonderausgaben abziehbar (unten b) und waren nach der
für den Streitfall maßgebenden Rechtslage noch
grundsätzlich mit dem gemeinen Wert zu bewerten (unten c).
|
|
|
52
|
a) Nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.
können Zuwendungen insgesamt bis zu 20 % des Gesamtbetrags der
Einkünfte abgezogen werden. Darüber hinaus können
Spenden in den Vermögensstock einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9
KStG steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts auf - hier
gestellten - Antrag des Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum
der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen
bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Mio. € zusätzlich zu den
Höchstbeträgen nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.
abgezogen werden (§ 10b Abs. 1a Satz 1 a.F.). Diese
Gesetzesfassung ist grundsätzlich bereits auf Zuwendungen
anzuwenden, die - wie hier - nach dem 31.12.2006 geleistet wurden
(§ 52 Abs. 24b Satz 2 EStG a.F.). Von der für den
Veranlagungszeitraum 2007 bestehenden Möglichkeit, einen
Antrag auf Anwendung der zuvor geltenden Fassung des § 10b
Abs. 1 EStG zu stellen (§ 52 Abs. 24b Satz 3 EStG a.F.), hat
der Kläger keinen Gebrauch gemacht.
|
|
|
53
|
b) Gemäß § 10b Abs. 3 Satz 1
EStG gilt als Zuwendung i.S. des § 10b EStG auch die Zuwendung
von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und
Leistungen.
|
|
|
54
|
c) Bei Wirtschaftsgütern, die nicht
unmittelbar vor ihrer Zuwendung einem Betriebsvermögen
entnommen worden sind, bestimmte sich die Höhe der Zuwendung
im Streitjahr nach dem gemeinen Wert des zugewendeten
Wirtschaftsguts (§ 10b Abs. 3 Satz 3 EStG a.F.). Erst mit
Wirkung ab 2009 ist § 10b Abs. 3 EStG dahingehend
geändert worden, dass bei der Zuwendung eines Wirtschaftsguts,
dessen Veräußerung einen Besteuerungstatbestand
erfüllen würde - wie es bei dem hier zugewendeten Anteil
der Fall gewesen wäre, der zum Privatvermögen des
Klägers gehörte (§ 17 EStG) -, bei der Ermittlung
der Zuwendungshöhe die fortgeführten Anschaffungs- oder
Herstellungskosten ohne Herbeiführung einer Gewinnrealisierung
nicht überschritten werden dürfen (Art. 1 Nr. 9 Buchst. b
und Nr. 41 Buchst. a des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008,
BGBl I 2008, 2794).
|
|
|
55
|
2. Für die Schätzung des Werts des
auf die Stiftung übertragenen Geschäftsanteils mit einem
Nominalwert von 22.250 € hat das FG zutreffend erkannt, dass
weder die Regelungen über das Stuttgarter Verfahren (dazu
unten a) noch § 97 Abs. 1b BewG samt den dazu ergangenen
Verwaltungsanweisungen (unten b) maßgeblich sind. Vielmehr
bestimmt sich der gemeine Wert des der Stiftung zugewendeten
Anteils nach § 9 BewG (unten c).
|
|
|
56
|
a) Die Anwendung des - der Wertermittlung der
X Steuerberatungs-GmbH vom 21.12.2007 sowie dem anwaltlichen
Vermerk zugrunde liegenden - Stuttgarter Verfahrens war für
ertragsteuerliche Zwecke im Streitjahr kraft Gesetzes
ausgeschlossen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG in der am 13.12.2006
in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes über steuerliche
Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen
Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher
Vorschriften - SEStEG - vom 07.12.2006, BGBl I 2006, 2782). Nach
dieser Regelung galt § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG a.F., wonach der
gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften unter
Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten
der Kapitalgesellschaft zu schätzen sei, wenn er nicht aus
weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkäufen abgeleitet
werden könne, nicht für ertragsteuerliche Zwecke.
Ausweislich der Gesetzesmaterialien war einziger Zweck des §
11 Abs. 2 Satz 3 BewG a.F., die Anwendung des Stuttgarter
Verfahrens für ertragsteuerliche Zwecke auszuschließen
(Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf
des SEStEG vom 25.09.2006, BT-Drucks. 16/2710, S. 56). Dies ist
auch die allgemeine Auffassung in der Kommentarliteratur (statt
aller vgl. Mannek in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 11 BewG
Rz 529).
|
|
|
57
|
Der Verweis der Revision auf die nach dem
Stuttgarter Verfahren für Holdinggesellschaften geltende
Regelung des R 103 der Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2003,
wonach als gemeiner Wert der Anteile an einer Holdinggesellschaft
nur der Vermögenswert anzusetzen sei (ebenso BFH-Urteil vom
10.03.1993 - II R 81/89, BFH/NV 1994, 361 = SIS 93 16 42), ist daher für das
vorliegende Verfahren ohne Relevanz.
|
|
|
58
|
Soweit der Kläger auf das BFH-Urteil vom
01.09.2016 - VI R 67/14 (BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69 =
SIS 16 22 87, Rz 48 ff.) verweist,
in dem das Stuttgarter Verfahren im Zusammenhang mit einer für
einkommensteuerliche Zwecke vorzunehmenden Bewertung noch
erwähnt wird, ist dem zu entgegnen, dass die Entscheidung die
im Veranlagungszeitraum 2003 - vor Inkrafttreten des § 11 Abs.
2 Satz 3 BewG i.d.F. des SEStEG - geltende Rechtslage betraf.
Außerdem weist der BFH dort ausdrücklich darauf hin,
dass von den Verwaltungsregelungen über das Stuttgarter
Verfahren abzuweichen ist, wenn dessen Anwendung aus besonderen
Gründen des Einzelfalls zu nicht tragbaren, d.h.
offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt.
|
|
|
59
|
Im Übrigen waren vom Verhältnis der
Anteile am Stammkapital abweichende Gewinnbezugsrechte auch nach
den Regelungen über das Stuttgarter Verfahren bei der
Ermittlung des gemeinen Werts zu berücksichtigen (so
ausdrücklich R 106 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2003).
|
|
|
60
|
b) Die vom Kläger darüber hinaus in
den Vordergrund seines Vorbringens gestellte Aufteilungsregelung
des § 97 Abs. 1b BewG ist im Streitfall gleich aus mehreren
Gründen nicht anwendbar.
|
|
|
61
|
aa) Der sachliche Anwendungsbereich dieser
Norm beschränkt sich nach ihrer systematischen Stellung auf
die Erbschaft- und Schenkungsteuer (so auch Dötsch in
Stenger/Loose, § 97 BewG Rz 145). § 97 BewG gehört
zu den "Besonderen Bewertungsvorschriften" (vgl. die amtliche
Überschrift vor § 17 BewG), die gemäß §
17 Abs. 1 BewG nur nach Maßgabe der jeweiligen
Einzelsteuergesetze anzuwenden sind. Im EStG findet sich jedoch
keine Regelung, die dem in § 12 Abs. 5 ErbStG enthaltenen
Verweis auf § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG und weiter auf
§ 97 BewG entspricht. § 97 BewG gehört auch nicht zu
den "Allgemeinen Bewertungsvorschriften", die gemäß
§ 1 Abs. 1, 2 BewG für alle öffentlich-rechtlichen
Abgaben gelten, soweit keine besonderen Bewertungsvorschriften
vorhanden sind, worunter aber nur die §§ 2 bis 16 BewG zu
verstehen sind.
|
|
|
62
|
bb) Zudem war im Streitjahr 2007 auch der
zeitliche Anwendungsbereich des § 97 Abs. 1b BewG noch nicht
eröffnet. Diese Norm ist erst mit Wirkung zum 01.01.2009
eingefügt worden (Art. 2 Nr. 6 Buchst. b des
Erbschaftsteuerreformgesetzes - ErbStRG - vom 24.12.2008, BGBl I
2008, 3018; § 205 BewG i.d.F. des Art. 2 Nr. 15 ErbStRG). Die
vom Kläger besonders hervorgehobene Regelung des § 97
Abs. 1b Satz 4 BewG, wonach bei der Wertermittlung des Anteils eine
vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital abweichende
Gewinnverteilung zu berücksichtigen ist, ist sogar erst mit
Wirkung zum 01.01.2016 angefügt worden (Art. 9 Nr. 1 und 5 des
Steueränderungsgesetzes 2015 vom 02.11.2015, BGBl I 2015,
1834).
|
|
|
63
|
Soweit die Finanzverwaltung zur Rechtslage
nach Schaffung des § 97 Abs. 1b Sätze 1 bis 3 BewG, aber
vor Anfügung des § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG vertreten hat,
dass sich seinerzeit die Wertaufteilung auch bei abweichenden
Gewinnverteilungsregelungen stets nach dem Anteil am Nennkapital
gerichtet habe (so gleichlautende Ländererlasse vom
05.06.2014, BStBl I 2014, 882, Tz. 1.10; wohl auch Begründung
zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der
Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung
an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer
steuerlicher Vorschriften vom 13.05.2015, BT-Drucks. 18/4902, S.
54), war dies aus den unter aa dargelegten Gründen ebenfalls
nur für die Erbschaft- und Schenkungsteuer von Bedeutung und
galt zudem erst mit Einfügung des § 97 Abs. 1b BewG zum
01.01.2009. Im Übrigen hat der BFH zu dieser Rechtslage
für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ausgeführt,
dass disquotale Gewinnverteilungen nach den durch die gewählte
und anerkannte Bewertungsmethode gesetzten Maßstäben zu
beurteilen sind (BFH-Urteil vom 02.12.2020 - II R 5/19, BFHE 272,
377, BStBl II 2022, 15 = SIS 21 11 07, Rz 34).
|
|
|
64
|
c) Daher ist auf die allgemeinen
Bewertungsvorschriften des § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 9
BewG zurückzugreifen, die gemäß § 1 Abs. 1
BewG auch für die Einkommensteuer anzuwenden sind.
|
|
|
65
|
Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG
sind Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht unter § 11
Abs. 1 BewG fallen - also nicht börsennotiert sind - mit dem
gemeinen Wert anzusetzen, was einen Verweis auf die Vorgaben des
§ 9 BewG bedeutet. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG wird der
gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts
bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind
alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu
berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 BewG), nicht jedoch
ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse (§
9 Abs. 2 Satz 3 BewG), zu denen auch
Verfügungsbeschränkungen gehören, die in der Person
des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers
begründet sind (§ 9 Abs. 3 BewG).
|
|
|
66
|
Weitere gesetzliche Vorgaben für die
Ermittlung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an
Kapitalgesellschaften für einkommensteuerliche Zwecke sowie
für die Aufteilung eines für die Kapitalgesellschaft
ermittelten Gesamtwerts auf die einzelnen Anteile, insbesondere im
Fall deutlich ungleicher Ausstattung der Anteile, gab es im
Streitjahr nicht.
|
|
|
67
|
3. Die Einschränkungen beim Gewinnbezugs-
und Stimmrecht, die mit dem der Stiftung zugewendeten Anteil
verbunden sind, sind weder als ungewöhnliche (dazu unten a)
noch als persönliche Verhältnisse (unten b) anzusehen,
die nach § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG bei der Ermittlung des
gemeinen Werts unberücksichtigt bleiben müssten. Es
handelt sich vielmehr um wesentliche preisbeeinflussende
Umstände i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG, die bei der
Bewertung dieses Anteils zu berücksichtigen sind (unten c). Ob
die Verfügungsbeschränkung nach § 10 des
Gesellschaftsvertrags unter § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG fällt,
kann offenbleiben, da es hierauf im Streitfall nicht ankommt (unten
d). Die vom Kläger aufgezeigten Minderheitenrechte der
Stiftung sind nicht so bedeutsam, dass sie eine Aufteilung des
Gesamtwerts der X Holding-GmbH ausschließlich nach
Maßgabe der Beteiligung am Nennkapital rechtfertigen
könnten (unten e). Für die vom Kläger hilfsweise
vertretene Auffassung, von einem ausschließlich nach
Maßgabe der Beteiligung am Nennkapital ermittelten Wert des
Anteils der Stiftung an der X Holding-GmbH dürfe zur
Berücksichtigung des deutlich geringeren Gewinnbezugsrechts
höchstens ein pauschaler Abschlag von 30 % vorgenommen werden,
gibt es keine Rechtsgrundlage (unten f).
|
|
|
68
|
a) Die höchstrichterliche Rechtsprechung
hat bisher keine eigenständige Definition des Begriffs der
"ungewöhnlichen Verhältnisse" entwickelt. Als
"ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse" werden
allerdings zusammengefasst solche bezeichnet, mit denen der Verkehr
bei der Abschätzung des Werts eines Wirtschaftsguts nicht zu
rechnen pflegt (BFH-Urteil vom 30.01.2013 - II R 38/11, BFHE 240,
287, BStBl II 2018, 656 = SIS 13 11 88, Rz 29).
|
|
|
69
|
Auf dieser Grundlage hat die
höchstrichterliche Rechtsprechung das Vorliegen
ungewöhnlicher Verhältnisse beispielsweise verneint - die
entsprechenden Umstände also gemäß § 9 Abs. 2
Satz 2 BewG als preisbeeinflussend in die Ermittlung des gemeinen
Werts einbezogen -, wenn die Preisbemessung dadurch beeinflusst
worden ist, dass ein branchenfremdes Unternehmen in die Branche des
verkauften Unternehmens einzudringen versucht (BFH-Urteil vom
23.02.1979 - III R 44/77, BFHE 128, 254, BStBl II 1979, 618 =
SIS 79 03 12, unter 2. und 3.)
oder ein Unternehmen ein anderes Unternehmen aufkauft, um sich der
Konkurrenz zu entledigen (BFH-Urteil vom 02.11.1988 - II R 52/85,
BFHE 155, 121, BStBl II 1989, 80 = SIS 89 01 15, unter 2.c).
|
|
|
70
|
b) Persönliche Verhältnisse liegen
in der Person des Käufers oder Verkäufers (BFH-Urteil in
BFHE 240, 287, BStBl II 2018, 656 = SIS 13 11 88, Rz 29) oder - allgemeiner gefasst - in der Person
des Übertragenden oder Übernehmenden des Wirtschaftsguts
begründet. Dabei ist zu unterscheiden zwischen rechtlich
verankerten persönlichen Besonderheiten (dazu unten aa) und
rein faktischen wertbeeinflussenden persönlichen
Einflussnahmemöglichkeiten eines Gesellschafters (unten bb).
Insbesondere in der letztgenannten Fallgruppe ist für die
Auslegung der Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG von ihrem
Zweck auszugehen, bei Vornahme der Schätzung des gemeinen
Werts ein Eindringen in die persönlichen Verhältnisse der
Gesellschafter möglichst zu vermeiden (dazu BFH-Urteil vom
06.10.1978 - III R 95/76, BFHE 126, 66, BStBl II 1979, 6 =
SIS 79 02 78, unter 2.a).
|
|
|
71
|
aa) Zu den persönlichen
Verhältnissen gehören zum einen Vorzugsrechte oder
Rechtsminderungen, die nicht an den Anteil, sondern an die Person
des gegenwärtigen Gesellschafters gebunden sind und daher
nicht auf einen Erwerber übergehen (zu personengebundenen
gesellschaftsvertraglichen Mehrfachstimmrechten BFH-Urteil in BFHE
240, 287, BStBl II 2018, 656 = SIS 13 11 88, Rz 30; vgl. auch § 9 Abs. 3 BewG zu in der Person
des Steuerpflichtigen begründeten
Verfügungsbeschränkungen). Weil diese Vorzugsrechte oder
Rechtsminderungen im Fall der Übertragung des Anteils
wegfallen, können sie den bei einer Veräußerung
erzielbaren Preis (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) nicht
beeinflussen.
|
|
|
72
|
Trotz einer Verankerung im
Gesellschaftsvertrag und einer Bindung an die Anteile hat die
Rechtsprechung aber auch solche Verfügungsbeschränkungen
als - für die Bewertung unbeachtliche - persönliche
Verhältnisse angesehen, die die Gesellschafter im eigenen und
gegenseitigen Interesse eingegangen sind und die die davon
betroffenen Gesellschafter aufgrund der Mehrheitsverhältnisse
jederzeit beseitigen könnten (BFH-Urteile vom 24.01.1975 - III
R 4/73, BFHE 115, 58, BStBl II 1975, 374 = SIS 75 02 21, unter 3., m.w.N.; vom 30.03.1994
- II R 101/90, BFHE 174, 94, BStBl II 1994, 503 = SIS 94 15 58, unter II.2.; vom 12.07.2005 - II
R 8/04, BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845 = SIS 05 44 27, unter II.2., und vom 19.12.2007
- II R 22/06, BFH/NV 2008, 962 = SIS 08 21 20, unter II.2.a). Dies beruht darauf, dass derartige
Verfügungsbeschränkungen ihren Geltungsgrund in den
mitgliedschaftlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern
und der Gesellschaft haben und deshalb in der Person des
Gesellschafters begründet sind (BFH-Urteil vom 17.06.1998 - II
R 46/96, BFH/NV 1999, 17 = SIS 98 50 63).
|
|
|
73
|
Demgegenüber sind durch Gesetz
angeordnete Veräußerungssperren kein persönlicher
Umstand und daher wertmindernd zu berücksichtigen (BFH-Urteil
vom 28.10.2008 - IX R 96/07, BFHE 223, 190, BStBl II 2009, 45 =
SIS 08 42 98, unter II.2.b).
|
|
|
74
|
bb) Zudem bleiben unter dem Gesichtspunkt der
"persönlichen Verhältnisse" solche - vor allem faktische
- Einflussnahmemöglichkeiten des Gesellschafters auf die
Kapitalgesellschaft außer Betracht, die nicht dem
Gesellschaftsanteil anhaften, sondern über die Beteiligung
hinaus bestehen. Hierzu gehören beispielsweise Absprachen
über die Stimmrechtsbindung, die allein auf einem guten
Einvernehmen zwischen bestimmten Gesellschaftern beruhen, ebenso
Einflussnahmemöglichkeiten, die sich aus der
Persönlichkeit des Anteilsinhabers ergeben (zum Ganzen
BFH-Urteil in BFHE 126, 66, BStBl II 1979, 6 = SIS 79 02 78, unter 2.a).
|
|
|
75
|
c) Dies vorausgesetzt, handelt es sich weder
bei disquotalen Gewinnbezugsrechten (dazu unten aa) noch bei einer
disquotalen Verteilung der Stimmrechte (unten bb) um
ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, so dass
diese Umstände gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG
bei der Anteilsbewertung zu berücksichtigen sind
(ausdrücklich zustimmend zum vorinstanzlichen Urteil auch
Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 5. Aufl.
2021, Rz 8.41 a.E.; Dötsch in Stenger/Loose, § 97 BewG Rz
1746.1 ff.). Dies entspricht zudem der ganz einhelligen Auffassung
in der außersteuerlichen Rechtsprechung und Literatur zur
Unternehmensbewertung (unten cc).
|
|
|
76
|
aa) Auf der Basis der von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten
allgemeinen Grundsätze stellen im Gesellschaftsvertrag
vereinbarte und nicht an die Person des konkreten Gesellschafters
gekoppelte disquotale Gewinnbezugsrechte keine ungewöhnlichen
oder persönlichen Umstände dar.
|
|
|
77
|
(1) Um einen ungewöhnlichen Umstand kann
es sich schon deshalb nicht handeln, weil § 29 Abs. 3 Satz 2
des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung (GmbHG) eine Gewinnverteilung, die vom Verhältnis der
Nennbeträge der Geschäftsanteile abweicht,
ausdrücklich zulässt.
|
|
|
78
|
(2) Disquotale Gewinnbezugsrechte, die - wie
hier - bereits im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurden und daher
nicht an die Person des Gesellschafters, sondern an den Anteil als
solchen gebunden sind, gehören auch nicht zu den
persönlichen Verhältnissen i.S. des § 9 Abs. 2 Satz
3 BewG.
|
|
|
79
|
Nicht durchdringen kann der Kläger mit
seiner Berufung auf die - vorstehend unter b aa angeführte -
Rechtsprechung, wonach solche gesellschaftsvertraglichen und
anteilsbezogenen Verfügungsbeschränkungen, die die
Gesellschafter im eigenen und gegenseitigen Interesse eingegangen
sind und von den betroffenen Gesellschaftern jederzeit aufgehoben
werden könnten, gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG
als persönlicher Umstand bei der Anteilsbewertung außer
Betracht zu bleiben haben. Denn zum einen stellen Unterschiede in
den Gewinnbezugsrechten keine Verfügungsbeschränkungen
dar, auf die die vorgenannte Rechtsprechung aber ausdrücklich
beschränkt ist. Zum anderen - und in erster Linie - ist die
disquotale Gewinnverteilung vorliegend nicht im eigenen und
gegenseitigen Interesse sämtlicher von ihr betroffener
Gesellschafter eingegangen worden, sondern dient allein den
Interessen des davon begünstigten Gesellschafters X und der
Treugeber, nicht aber den Interessen der durch diese Regelung
belasteten Stiftung. Auch hat die Stiftung als einzige nachteilig
durch die disquotale Gewinnverteilung betroffene Gesellschafterin
aufgrund ihres Stimmenanteils von nur 1 % keine Möglichkeit,
diese Regelung aufzuheben, was nach der vom Kläger
angeführten BFH-Rechtsprechung aber - weitere - Voraussetzung
für die Annahme eines persönlichen Umstands
wäre.
|
|
|
80
|
Da sich die disquotale Gewinnverteilung
bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, ist ein Eindringen in
die persönliche Sphäre der Gesellschafter - die durch
§ 9 Abs. 2 Satz 3 EStG vermieden werden soll - nicht
erforderlich; dem Normzweck dieser Ausnahmeregelung ist daher
Genüge getan.
|
|
|
81
|
bb) Auch disquotale Stimmrechtsverteilungen,
die sich bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, stellen
weder ungewöhnliche noch persönliche Verhältnisse
dar (so auch Kotzenberg/Geißler, Die Unternehmensbesteuerung
2018, 448, 455 f.; Grever, Rheinische Notar-Zeitschrift 2019, 1,
14).
|
|
|
82
|
(1) Um einen ungewöhnlichen Umstand -
also einen solchen, mit dem der Verkehr nicht zu rechnen pflegt -
handelt es sich schon deshalb nicht, weil derartige Regelungen
gesellschaftsrechtlich zulässig und in der Praxis weit
verbreitet sind (vgl. statt aller K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 12.
Aufl., § 47 Rz 11, mit zahlreichen Nachweisen auf die
gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung und Literatur).
|
|
|
83
|
(2) Auch ein persönlicher Umstand ist
vorliegend nicht gegeben, weil die vom Verhältnis der
Nennbeträge der Geschäftsanteile abweichende Verteilung
der Stimmrechte nicht lediglich auf einem informellen guten
persönlichen Einvernehmen der Gesellschafter beruht (zu einem
solchen - von § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG erfassten - Fall
BFH-Urteil in BFHE 126, 66, BStBl II 1979, 6 = SIS 79 02 78, unter 2.a), sondern im
Gesellschaftsvertrag selbst verankert ist und damit dem Anteil als
solchem anhaftet. Ebenso wie das disquotale Gewinnbezugsrecht ist
auch die disquotale Stimmrechtsverteilung nicht im Interesse aller
davon betroffenen Gesellschafter vereinbart worden, sondern
ausschließlich im Interesse der dadurch begünstigten
Gesellschafter bzw. Treugeber (vgl. zu diesem Gesichtspunkt bereits
oben c aa (2)).
|
|
|
84
|
(3) Soweit der Kläger sich gegen die
gesetzliche Differenzierung zwischen persönlichen und
anteilsgebundenen Stimmrechtsbeschränkungen wendet und aus
verfassungsrechtlichen Gründen eine Gleichbehandlung fordert,
kann dies nicht überzeugen. Grund für diese gesetzliche
Differenzierung ist ersichtlich, dass nur anteilsgebundene, nicht
aber personengebundene Beschränkungen auf einen Erwerber
übergehen. Damit erweist sich die Differenzierung als sachlich
nicht nur gerechtfertigt, sondern geradezu als geboten.
|
|
|
85
|
cc) Die Einbeziehung disquotaler
Gewinnverteilungs- und Stimmrechte in die Wertfindung entspricht
auch der ganz einhelligen Auffassung in der außersteuerlichen
Rechtsprechung und Literatur zu Fragen der
Unternehmensbewertung.
|
|
|
86
|
(1) Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich im
Urteil vom 20.11.1975 - III ZR 112/73
(Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und
Bankrecht 1976, 251, unter II.1.) - allerdings in Bezug auf eine KG
- zu disquotal ausgestalteten Gewinnbeteiligungen verschiedener
Gruppen von Kommanditisten geäußert. Zur Begründung
seiner zurückverweisenden Entscheidung führte er aus, die
Vorinstanz hätte sich damit befassen müssen, ob ein zur
Wertermittlung eingeholtes Gutachten, das die ungleichen
Gewinnbeteiligungsrechte völlig außer Acht lasse, von
offenbar unrichtigen Voraussetzungen ausgehe und deshalb zu einem
offenbar unrichtigen Ergebnis gelange.
|
|
|
87
|
Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG)
Hamburg (Beschluss vom 17.08.1979 - 11 W 2/79, Die
Aktiengesellschaft - AG - 1980, 163, unter II.1.e) hat im Rahmen
der Ermittlung der Abfindung für außenstehende
Aktionäre einen satzungsmäßigen Anspruch auf
Zahlung einer Garantiedividende auch bei einem dauerhaft
verlusterzielenden Unternehmen als wertbildenden Faktor für
die dadurch begünstigten Aktien bezeichnet.
|
|
|
88
|
Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom
10.06.2009 - 26 W 1/07, AG 2009, 907, unter B.II.8.) hat zu einem
Sachverhalt, in dem Vorzugsaktien mit einem deutlich höheren
Dividendenanspruch als Stammaktien ausgestattet waren,
ausgeführt, der über die Nennbeträge der Aktien
hinausgehende Unternehmenswert sei anhand der
Gewinnverteilungsregelung der Satzung aufzuteilen. Dies entspricht
der vorliegend vom FG gewählten Aufteilungstechnik.
|
|
|
89
|
(2) In der außersteuerlichen Literatur
zur Unternehmensbewertung wird ein abweichender
Gewinnverteilungsschlüssel nach allgemeiner Auffassung als
wertbildender Faktor in die Bewertung einbezogen
(Wagner/Nonnenmacher, Zeitschrift für Unternehmens- und
Gesellschaftsrecht 1981, 674, 675; Piltz/Wissmann, Neue Juristische
Wochenschrift - NJW - 1985, 2673, 2680; Piltz, Die
Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl. 1994, S. 239;
Piltz, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2009, 1829, 1833;
Hannes/König in Peemöller, Praxishandbuch der
Unternehmensbewertung, 7. Aufl. 2019, S. 1538;
Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung,
9. Aufl. 2020, Rz 1343; Fleischer in Fleischer/Hüttemann,
Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2. Aufl. 2019, Rz 20.50, mit
zahlreichen weiteren Nachweisen; ebenso für Aktien mit
unterschiedlichen Gewinnbezugsrechten Großfeld,
Juristenzeitung 1981, 769, 774, und Gayk in Kölner Kommentar
zum Aktiengesetz, 4. Aufl. 2022, Anhang zu § 11
Spruchverfahrensgesetz Rz 106; betreffend Personengesellschaften
auch Neuhaus, Unternehmensbewertung und Abfindung, 1990, S. 144,
und Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 4.
Aufl., § 131 Rz 100). Gleiches gilt für
überproportional hohe Stimmrechte (Piltz/Wissmann, NJW 1985,
2673, 2680; Piltz, DStR 2009, 1829, 1833;
Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung,
9. Aufl. 2020, Rz 1334).
|
|
|
90
|
(3) Soweit die Kläger anführen, dass
nach der Verwaltungsauffassung zu den - ohnehin erst zum 01.01.2009
in Kraft getretenen - Regelungen des vereinfachten
Ertragswertverfahrens eine Ausstattung von Anteilen mit ungleichen
Rechten nicht zu berücksichtigen sei (R B 11.4 Abs. 8 Satz 1
ErbStR 2019), ist darauf hinzuweisen, dass das vereinfachte
Ertragswertverfahren gemäß § 199 Abs. 1 Halbsatz 2
BewG von vornherein nicht anzuwenden ist, wenn es zu einer
offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt. Eine solche
offensichtlich unzutreffende Besteuerung träte aber ein, wenn
im Streitfall die in extremer Weise vom Anteil am Nennkapital
abweichenden Gewinnbezugs- und Stimmrechte nicht
berücksichtigt würden.
|
|
|
91
|
d) Auf die Einordnung der
Verfügungsbeschränkung nach § 10 des
Gesellschaftsvertrags kommt es für die Entscheidung des
Streitfalls nicht an. Zwar behauptet der Kläger in der
Revisionsbegründung, das FG habe diese
Verfügungsbeschränkung berücksichtigt, indem es
ausgeführt habe, der Stiftung sei die Realisierung des dem
Anteil anhaftenden Vermögenswerts aufgrund der
Verfügungsbeschränkung nicht möglich gewesen. Diese
Aussage findet sich indes nicht im angefochtenen Urteil. Das FG hat
vielmehr - in rechtlich tragfähiger Weise - formuliert, die
Stiftung könne deshalb nicht durch Veräußerung
ihres Anteils am Vermögenswert der X Holding-GmbH
partizipieren, weil auch ein Anteilserwerber bei der
Kaufpreisbemessung die eingeschränkten Gewinnbezugs- und
Stimmrechte berücksichtigen würde.
|
|
|
92
|
e) Die vom Kläger aufgezeigten
Minderheitenrechte der Stiftung sind nicht so bedeutsam, dass sie
eine Aufteilung des Gesamtwerts der X Holding-GmbH
ausschließlich nach Maßgabe der Beteiligung am
Liquidationsergebnis rechtfertigen könnten.
|
|
|
93
|
aa) Der Gesellschaftsvertrag weist dem auf die
Stiftung übertragenen Anteil keine besonderen Rechte zu. Der
Inhaber dieses Anteils ist daher auf diejenigen Rechte
beschränkt, die sich aus dem GmbHG ergeben. Dabei gilt auch
für Abstimmungen über die Änderung des
Gesellschaftsvertrags (§ 53 GmbHG) die allgemeine
Stimmenverteilungsregelung, wenn diese von der Kapitalbeteiligung
abweicht (Priester/Tebben in Scholz, § 53 GmbHG Rz 64;
Schnorbus in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 53 Rz 64), so
dass die Stiftung, auf die nur ein Stimmrecht von 1 %
entfällt, hier angesichts des weit überwiegenden
Stimmengewichts der beiden anderen Gesellschafter keinerlei
Einfluss hat.
|
|
|
94
|
bb) Zutreffend ist zwar der Hinweis des
Klägers darauf, dass im Fall der Liquidation der Gesellschaft
(§§ 66 ff. GmbHG) deren Vermögen nach dem
Verhältnis der Geschäftsanteile verteilt wird (§ 72
Satz 1 GmbHG). Es ist jedoch weder vom FG festgestellt noch vom
Kläger vorgetragen, dass aus Sicht des Bewertungsstichtags
innerhalb des von einem potenziellen Anteilserwerber
überschaubaren und im Rahmen einer Unternehmensbewertung
üblicherweise zugrunde gelegten Zeitraums mit einer
Liquidation der X Holding-GmbH und der anschließenden
Verteilung ihres Vermögens zu rechnen war.
|
|
|
95
|
cc) Dass die Stiftung aufgrund der Höhe
ihrer Beteiligung am Stammkapital die Einberufung einer
Gesellschafterversammlung und die Herbeiführung einer
Beschlussfassung verlangen konnte (§ 50 Abs. 1, 2 GmbHG), ist
im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich. Denn für die
Beschlussfassung in einer solchen Gesellschafterversammlung
wären wieder die Stimmrechte maßgeblich, von denen auf
die Stiftung nur 1 % entfallen. Auch die von der Revision
angeführte Möglichkeit der Stiftung, aufgrund ihres
Kapitalanteils im Liquidationsfall aus wichtigen Gründen die
gerichtliche Bestellung von Liquidatoren verlangen zu können
(§ 66 Abs. 2 GmbHG), ist im vorliegenden (Bewertungs
)Zusammenhang ohne Belang.
|
|
|
96
|
dd) Daher beruft sich die
Revisionsbegründung vor allem auf solche Vorschriften, die der
Stiftung nach Auffassung des Klägers einen Schutz vor der -
vom FG kurz, allerdings ohne tragfähige tatsächliche
Feststellungen erwähnten - Sachverhaltsvariante gewähren,
dass die Mitgesellschafter mit ihrer Stimmenmehrheit eine
Veräußerung sämtlicher Vermögenswerte der X
Holding-GmbH und die anschließende Ausschüttung der
erzielten Veräußerungserlöse nach dem
gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel
beschließen könnten.
|
|
|
97
|
(1) Der Kläger führt in diesem
Zusammenhang zunächst das Recht eines Gesellschafters an, aus
einer GmbH auszutreten. Zwar sieht das GmbHG eine solche
Möglichkeit nicht ausdrücklich vor. Die
höchstrichterliche Rechtsprechung räumt den
Gesellschaftern jedoch das unentziehbare Recht zum Austritt ein,
wenn ein wichtiger Grund hierfür besteht. Ein solcher
wichtiger Grund ist gegeben, wenn sich aus der wertenden
Beurteilung der Gesamtumstände des Einzelfalls ergibt, dass
dem austrittswilligen Gesellschafter die Fortsetzung des
Gesellschaftsverhältnisses nicht zuzumuten ist (zum Ganzen
BGH-Urteil vom 16.12.1991 - II ZR 58/91, BGHZ 116, 359 =
SIS 91 26 06, unter III.2.a; Seibt
in Scholz, Anhang zu § 34 GmbHG Rz 10). In der Literatur wird
hierfür als Beispiel angeführt, dass die rechtlichen und
wirtschaftlichen Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses
ohne freiwillige Mitwirkung des Gesellschafters in einschneidender,
ihm nicht zumutbarer Weise geändert werden (Seibt in Scholz,
Anhang zu § 34 GmbHG Rz 13, m.w.N.; Kersting in
Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., Anhang nach § 34, Rz
20), ferner ein Missbrauch der Mehrheitsmacht (Schindler in
Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 50. Edition Stand
01.05.2021, § 34 Rz 174; Ulmer in Ulmer/Habersack/Winter,
Großkommentar GmbHG, 2006, Anhang nach § 34 Rz 54;
Görner in Rowedder/Pentz, § 34 GmbHG Rz 102).
|
|
|
98
|
In einem solchen Fall bemisst sich der
Abfindungsanspruch - sofern keine anderslautende und wirksame
gesellschaftsvertragliche Regelung vorhanden ist - nach dem vollen
wirtschaftlichen Wert (Verkehrswert) des Geschäftsanteils
(BGH-Urteil in BGHZ 116, 359 = SIS 91 26 06, unter II.2.a, V.2.c; Seibt in Scholz, Anhang zu §
34 GmbHG Rz 22), wobei indes wiederum die üblichen
Unternehmensbewertungsverfahren anzuwenden sind (Schindler in
Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 50. Edition 01.05.2021,
§ 34 Rz 194). Vorliegend war der Abfindungsanspruch im
Gesellschaftsvertrag allerdings auf maximal 60 % des Verkehrswerts
beschränkt.
|
|
|
99
|
Aufgrund der Subsidiarität des gesetzlich
nicht geregelten und nur ausnahmsweise aus wichtigem Grund
gegebenen Austrittsrechts muss sich der Austrittswillige indes
vorrangig um einen freihändigen Verkauf seines Anteils
bemühen, wobei er hinsichtlich des Kaufpreises
grundsätzlich auch wirtschaftliche Einbußen hinzunehmen
hat (Schindler in Ziemons/Jaeger/Pöschke, BeckOK GmbHG, 50.
Edition 01.05.2021, § 34 Rz 176, mit zahlreichen weiteren
Nachweisen; Görner in Rowedder/Pentz, § 34 Rz 101).
|
|
|
100
|
(2) Als weitere Möglichkeit für eine
Anwendung des Liquidations-Verteilungsschlüssels zugunsten der
Stiftung im Fall von durch die Mehrheitsgesellschafter veranlassten
missbräuchlichen Substanzausschüttungen benennt der
Kläger eine von der Stiftung erzwungene Auflösung der X
Holding-GmbH. Für einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss
wäre allerdings eine Mehrheit von drei Vierteln der
abgegebenen Stimmen erforderlich (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG),
über die die Stiftung mit ihrem Stimmenanteil von nur 1 %
nicht verfügt. Der Kläger führt indes eine - bisher
von der Rechtsprechung allerdings nicht in tragender Weise
bestätigte - Literaturauffassung an, nach der die
Mitgesellschafter in seltenen Ausnahmekonstellationen verpflichtet
sein könnten, einem Antrag des Minderheitsgesellschafters auf
Auflösung der GmbH zuzustimmen, wenn das Erreichen des
Gesellschaftszwecks objektiv unmöglich geworden sei (Berner in
Münchener Kommentar zum GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 60 Rz 99;
Scheller in Scholz, 12. Aufl. 2018, § 60 GmbHG Rz 24).
|
|
|
101
|
(3) In dieselbe Richtung geht die
Auflösungsklage nach § 61 GmbHG (i.V.m. § 60 Abs. 1
Nr. 3 GmbHG), die in formeller Hinsicht eine Antragstellung durch
Gesellschafter voraussetzt, auf die mindestens 10 % des
Stammkapitals entfallen (§ 61 Abs. 2 Satz 2 GmbHG), was bei
der Stiftung der Fall wäre. In materieller Hinsicht erfordert
die Auflösungsklage, dass die Erreichung des
Gesellschaftszwecks unmöglich wird oder andere in den
Verhältnissen der Gesellschaft liegende wichtige Gründe
für die Auflösung vorhanden sind.
|
|
|
102
|
(4) Der Senat kann offenlassen, ob bzw. ab
welcher Intensität eine Ausschüttung von Erlösen aus
einem Verkauf von Beteiligungsgesellschaften als wichtiger Grund
für einen Austritt, eine Auflösung bzw. eine
Auflösungsklage anzusehen wäre. Ebenso kann offenbleiben,
welchen Erlös der aus wichtigem Grund austretende Inhaber
eines von vornherein ausgehöhlten Geschäftsanteils
erlangen könnte. Denn auch der Kläger hat - trotz einer
erkennbar intensiven Analyse der gesellschaftsrechtlichen
Rechtsprechung und Literatur - keine einzige konkrete
Äußerung anführen können, die seine Auffassung
stützen würde, in einem solchen Fall bestehe auch bei
einem in extremer Weise hinter dem Kapitalanteil
zurückbleibenden Gewinnbeteiligungsrecht ein
Abfindungsanspruch nach Maßgabe des Kapitalanteils. Im
Gegenteil hat der BGH in seinem ausführlich begründeten
Urteil vom 17.11.1955 - II ZR 42/54 (BGHZ 19, 42) in Bezug auf eine
Personengesellschaft mit einer vertraglichen Gewinnverteilung, die
von den Kapitalanteilen abweicht, entschieden, dass der aus der
Aufdeckung der stillen Reserven des Anlagevermögens im Rahmen
der Erstellung der DM-Eröffnungsbilanz resultierende
erhebliche Buchgewinn nicht nach den Kapitalanteilen, sondern nach
dem Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen ist. Zur
Begründung hat der BGH insbesondere ausgeführt, dass
stille Reserven auch bei ihrer Auflösung stets ihren Charakter
als Betriebsgewinn behalten (Urteil in BGHZ 19, 42, unter
II.2.).
|
|
|
103
|
Vor allem aber ergibt sich weder aus dem
eigenen Vorbringen des Klägers noch aus sonstigen
Umständen auch nur ein Anhaltspunkt dafür, dass die vom
FG - ohne hierauf bezogene tatsächliche Feststellungen -
erörterte Sachverhaltsvariante innerhalb eines Zeitraums, den
ein Anteilserwerber zum Zwecke der Bildung seiner Preisvorstellung
überblicken könnte und der den üblichen
Unternehmensbewertungsverfahren zugrunde gelegt wird, verwirklicht
werden könnte. Deshalb kann aus diesen Erörterungen des
FG nicht abgeleitet werden, dass die Stiftung eine realistische
Aussicht gehabt hätte, innerhalb des aus Sicht des
Bewertungsstichtags überschaubaren Zeitraums die Auszahlung
des ihrem Anteil am Nennkapital entsprechenden Teils des
Gesamtwerts der X Holding-GmbH tatsächlich erlangen zu
können.
|
|
|
104
|
Hinzu kommt, dass es mangels
veröffentlichter höchstrichterlicher Rechtsprechung, die
die Rechtsauffassung des Klägers tragen könnte, keine
Rechtssicherheit für die vom Kläger in den Vordergrund
seiner Argumentation gestellte Abgrenzungsproblematik zwischen
"erlaubten" Ausschüttungen des laufenden Gewinns einerseits
und "missbräuchlichen" Ausschüttungen der
Vermögenssubstanz andererseits gibt. Ein gedachter Erwerber
würde sich aber nicht darauf einlassen, für eine
Beteiligung anstelle des Preises, den er aus der auf die laufenden
Ausschüttungen gestützten Renditeerwartung ableiten kann,
den nach Maßgabe der - stark abweichenden - Beteiligung am
Nennkapital ermittelten Anteil am Gesamtwert der GmbH zu zahlen,
nur weil die theoretische Chance bestünde, diesen Wert in
einem mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten behafteten
Rechtsstreit wegen möglicherweise missbräuchlicher
Substanzausschüttungen gegen seine Mitgesellschafter zu
realisieren.
|
|
|
105
|
f) Für die vom Kläger hilfsweise
vertretene Auffassung, von einem ausschließlich nach
Maßgabe des Nennkapitals aufgeteilten Wert des Anteils der
Stiftung an der X Holding-GmbH dürfe zur Berücksichtigung
des deutlich geringeren Gewinnbezugsrechts höchstens ein
pauschaler Abschlag von 30 % vorgenommen werden, gibt es keine
Rechtsgrundlage.
|
|
|
106
|
Der Kläger führt hierfür
verschiedene in Steuergesetzen oder Verwaltungsanweisungen
enthaltene Pauschalierungen an. So sei bei Anteilen ohne Einfluss
auf die Geschäftsführung ein Abschlag von 10 %
vorzunehmen (Tz. B.3.4.3 der von 2000 bis 2004 anzuwendenden 3.
Fassung des OFD-Leitfadens = SIS 08 08 41; R 103 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2003). Der in § 11 Abs.
3 BewG dem Grunde nach vorgesehene Paketzuschlag solle nach
Auffassung der Finanzverwaltung im Allgemeinen bis zu 25 %
betragen, wobei im Einzelfall höhere Zuschläge
möglich seien (R B 11.8 Abs. 9 ErbStR 2019). Anteile mit
Verfügungs- und Entnahmebeschränkungen seien
gemäß § 13a Abs. 9 ErbStG in der ab dem 01.07.2016
geltenden Fassung mit einem Abschlag von höchstens 30 %
anzusetzen.
|
|
|
107
|
Die vom Kläger begehrte entsprechende
Anwendung dieser Pauschalierungen auf den Streitfall scheidet aus.
Der Kläger erläutert nicht, in welchem Zusammenhang die
von ihm angeführten begrenzten Abschläge, die für
begrenzte Einschränkungen der Gesellschafterrechte vorzunehmen
sind, mit der - im Vergleich dazu ganz umfassenden -
Einschränkung der Gesellschafterrechte des auf die Stiftung
übertragenen Anteils stehen sollen. Demgegenüber geht
auch die Literatur zutreffend davon aus, dass eine vom
Kapitalanteil abweichende Gewinnverteilung nicht lediglich als Zu-
oder Abschlag auf eine quotale Verteilung nach Kapitalanteilen zu
berücksichtigen ist (s. Hachmeister/Ruthardt, Betriebs-Berater
- BB - 2014, 427, 430).
|
|
|
108
|
4. Auch wenn das FG seiner Entscheidung die
vorstehend erörterten rechtlichen Maßstäbe für
die Wertermittlung zutreffend zugrunde gelegt hat, stellt sie sich
als fehlerhaft dar. Zwar handelt es sich bei der nach § 9 Abs.
2, 3 BewG vorzunehmenden Ermittlung des gemeinen Werts um eine vom
Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüfbare
Schätzung (dazu unten a). Die vom FG gewählte
Schätzungsmethodik ist aber in sich widersprüchlich
(unten b). Im zweiten Rechtsgang wird das FG über die
anzuwendende Bewertungsmethode erneut befinden und die von ihm
gewählte Methode in sich widerspruchsfrei anwenden müssen
(unten c). Dabei erhält das FG zudem Gelegenheit, sich
nochmals näher mit der Frage zu befassen, ob zu dem -
grundsätzlich nach Maßgabe der Beteiligung am Gewinn zu
ermittelnden - Wert des Anteils der Stiftung im Hinblick auf die
erheblich höhere Beteiligung dieses Anteils an einem
künftigen Liquidationserlös ein bestimmter Zuschlag
vorzunehmen ist (unten d).
|
|
|
109
|
a) Die Ermittlung des gemeinen Werts stellt
eine Schätzung dar (unten aa), in deren Rahmen die Angaben des
Steuerpflichtigen bzw. des Zuwendungsempfängers weder bindend
noch prärogativ sind (unten bb) noch von einer - von den
Finanzbehörden und Gerichten zu akzeptierenden - Bandbreite
"richtiger" Werte auszugehen ist (unten cc). Als
Tatsachenfeststellung i.S. des § 118 Abs. 2 FGO ist die
Schätzung im Revisionsverfahren nur eingeschränkt
überprüfbar (unten dd).
|
|
|
110
|
aa) Ebenso wie bei der Ermittlung des
Teilwerts (dazu BFH-Urteile vom 30.07.2009 - III R 8/07, BFH/NV
2010, 190 = SIS 10 01 31, Rz 20,
und vom 16.12.2015 - IV R 18/12, BFHE 252, 408, BStBl II 2016, 346
= SIS 16 04 61, Rz 30) handelt es
sich auch bei der Findung des gemeinen Werts auf einen bestimmten
Stichtag um eine Schätzung i.S. des § 162 AO
(Senatsurteil vom 23.05.1989 - X R 17/85, BFHE 157, 516, BStBl II
1989, 879 = SIS 89 21 07, unter
1.c bb, m.w.N.). Bei Schätzungen sind alle Umstände zu
berücksichtigen, die hierfür von Bedeutung sind (vgl.
§ 162 Abs. 1 Satz 2 AO, der für die Schätzung des
gemeinen Werts durch die spezielleren Regelungen in § 9 Abs.
2, 3 BewG modifiziert wird).
|
|
|
111
|
bb) Der Senat hat bereits entschieden, dass
der vom Zuwendenden angenommene bzw. in der
Zuwendungsbestätigung angegebene gemeine Wert einer
Sachzuwendung - entgegen der jedenfalls im Klageverfahren
geäußerten Auffassung des Klägers - nicht etwa
bindend für die Finanzverwaltung und die Gerichte ist und dem
Steuerpflichtigen auch keine Bewertungsprärogative zukommt
(Urteil in BFHE 157, 516, BStBl II 1989, 879 = SIS 89 21 07, unter 1.b). Gerade im Gegenteil
trägt der Steuerpflichtige, der sich darauf beruft, eine
Sachzuwendung sei mit einem höheren als dem von der
Finanzbehörde für zutreffend gehaltenen Wert als
Sonderausgaben abzuziehen, hierfür nach der allgemein und auch
im Steuerrecht maßgeblichen Normenbegünstigungstheorie
die Feststellungslast, weil er die Vornahme eines ihm
günstigen einkommensteuerlichen Abzugs begehrt (BFH-Urteile
vom 22.10.1971 - VI R 310/69, BFHE 103, 430, BStBl II 1972, 55 =
SIS 72 00 34, und in BFHE 157,
516, BStBl II 1989, 879 = SIS 89 21 07, unter 2.b, m.w.N.).
|
|
|
112
|
Eine Befugnis der Finanzbehörden und
Gerichte zur Überprüfung und Verifikation der Angaben in
einer Zuwendungsbestätigung über Sachzuwendungen ist
schon aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten (so auch
Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 10b EStG Rz 82;
Kühnen in Bordewin/Brandt, § 10b EStG Rz 130) und dient
der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
|
|
|
113
|
cc) Bei der Schätzung des gemeinen Werts
gibt es auch keine Bandbreite, innerhalb der jeder vom
Steuerpflichtigen genannte Wert von den Finanzbehörden und
Gerichten zu akzeptieren wäre. Der BFH hat eine solche
Bandbreite zwar für die Feststellung und Bewertung von
verdeckten Gewinnausschüttungen angenommen, dies aber mit den
Besonderheiten des insoweit vorzunehmenden Fremdvergleichs und der
Angemessenheitsprüfung begründet (BFH-Urteile vom
17.10.2001 - I R 103/00, BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171 =
SIS 02 01 30, und vom 27.02.2003 -
I R 46/01, BFHE 202, 241, BStBl II 2004, 132 = SIS 03 37 76, unter II.3.a). Schon für
die Schätzung des Teilwerts lehnt der BFH eine solche
Bandbreite hingegen in ständiger Rechtsprechung ab (zu
GmbH-Anteilen BFH-Urteil vom 19.08.2009 - III R 79/07, BFH/NV 2010,
610 = SIS 10 08 47, unter II.2.;
zu nicht börsennotierten Aktien BFH-Entscheidungen vom
20.12.2012 - IV B 12/12, BFH/NV 2013, 547 = SIS 13 07 07, Rz 5 ff., und in BFHE 252, 408,
BStBl II 2016, 346 = SIS 16 04 61,
Rz 29; a.A. wohl Krumm, Steuerliche Bewertung als Rechtsproblem,
2014, S. 527). Dies gilt auch für die - der
Teilwertschätzung strukturell sehr ähnliche -
Schätzung des gemeinen Werts.
|
|
|
114
|
Im Übrigen läge der Betrag, den der
Kläger als Wert der Sachzuwendung anzusetzen begehrt, aufgrund
der vollständigen Ausblendung des für die Wertermittlung
entscheidenden Umstands - der stark disquotalen Ausgestaltung der
mit dem Anteil verbundenen Rechte - weit außerhalb jeder
akzeptablen Bandbreite bzw. jeder noch hinzunehmenden
Schätzungsungenauigkeit.
|
|
|
115
|
dd) Eine solche Schätzung ist eine
Tatsachenfeststellung i.S. des § 118 Abs. 2 FGO und kann daher
revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie
dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise
zustande gekommen ist und nicht gegen rechtliche Vorgaben (zu denen
sowohl die Regelungen des § 9 BewG als auch die anerkannten
Schätzungsgrundsätze gehören), Denkgesetze und
allgemeine Erfahrungssätze verstößt (BFH-Urteil in
BFHE 252, 408, BStBl II 2016, 346 = SIS 16 04 61, Rz 30, m.w.N.). Insbesondere die Höhe des
Preises, der - so § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG - im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des
Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen
wäre, ist damit Tatfrage (Senatsurteil in BFHE 157, 516, BStBl
II 1989, 879 = SIS 89 21 07, unter
1.c vor aa). Derartige Tatsachenfeststellungen und
-würdigungen sind revisionsrechtlich schon dann bindend, wenn
sie zwar nicht zwingend, aber doch möglich sind (Senatsurteil
vom 20.06.2017 - X R 26/15, BFHE 259, 251, BStBl II 2018, 58 =
SIS 17 20 58, Rz 34, m.w.N.).
|
|
|
116
|
b) Auch bei Zugrundelegung dieses
eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist die vom FG
vorgenommene Schätzung zu beanstanden, da sie methodisch in
sich widersprüchlich ist. Dies stellt einen Verstoß
gegen die Denkgesetze und damit einen revisionsrechtlich
beachtlichen Rechtsfehler dar.
|
|
|
117
|
aa) Für die Ermittlung des gemeinen Werts
von einzelnen Anteilen an Kapitalgesellschaften haben sich in der
Praxis der Unternehmensbewertung zwei Methodengruppen
herausgebildet. Nach der indirekten Methode wird zunächst der
Wert des gesamten Unternehmens der Kapitalgesellschaft ermittelt
und dieser anschließend nach einem bestimmten Schlüssel
auf die einzelnen Anteile verteilt (zu den
Unternehmensbewertungsmethoden auch Fleischer in
Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2.
Aufl. 2019, Rz 20.1 ff.; Frantzmann, EFG 2020, 1066). Die direkte
Methode verzichtet hingegen auf die Ermittlung eines Gesamtwerts
der Kapitalgesellschaft; sie leitet den Wert des einzelnen Anteils
vielmehr unmittelbar aus den Zahlungsströmen zwischen der
Gesellschaft und dem jeweiligen Anteilsinhaber ab. Letztlich werden
daher die künftig zu erwartenden Ausschüttungen - bzw.
ausschüttungsfähigen Erträge - und sonstigen
Vorteile aus der Beteiligung kapitalisiert.
|
|
|
118
|
bb) Vorliegend wurden in den
"Kontrollüberlegungen" des vom Kläger vorgelegten
Vermerks vom 23.04.2013 - ohne vertiefte methodische
Überlegungen anzustellen - vier verschiedene, nach jeweils
unterschiedlichen Methoden geschätzte Gesamtwerte für die
X Holding-GmbH angegeben. Im Bp-Bericht ist sodann - ebenfalls ohne
erkennbare methodische Überlegungen - ausgeführt,
für den Gesamtwert des Unternehmens könne der im Vermerk
auf der Grundlage des OFD-Leitfadens ermittelte Betrag von
81.830.672 € übernommen werden. Dabei handelt es sich um
den höchsten der vier in den "Kontrollüberlegungen"
angegebenen Werte, so dass diese Annahme des Prüfers im ersten
Schritt zugunsten des Klägers wirkte. Im zweiten Schritt hat
der Prüfer - was das FG letztlich bestätigt hat - den das
Stammkapital übersteigenden Teil des unterstellten Gesamtwerts
der X Holding-GmbH nach Maßgabe des
Gewinnverteilungsschlüssels auf die einzelnen Anteile
aufgeteilt. Dies entspricht einem Vorgehen nach der indirekten
Methode.
|
|
|
119
|
cc) Allerdings war in dem Vermerk vom
23.04.2013 der Betrag von 81.830.672 € als Substanzwert
(Mindestwert nach Maßgabe des OFD-Leitfadens) ausgewiesen
worden. Der Ertragswert war dort mit 92.601.573,47 € angegeben
worden. Der Kläger rügt zu Recht, dass es
widersprüchlich ist, einer Aufteilung nach Maßgabe des
Gewinnverteilungsschlüssels - also eines rein
ertragsorientierten Maßstabs - einen ausschließlich
nach Substanzwertgrundsätzen ermittelten Wert zugrunde zu
legen.
|
|
|
120
|
Hinzu kommt, dass die im Vermerk vom
23.04.2013 vorgenommene - und vom FG ohne eigene Prüfung
übernommene - Bewertung im hier entscheidenden Punkt
(Anwendung des Substanzwertverfahrens statt des
Ertragswertverfahrens) nicht den Vorgaben des OFD-Leitfadens
entspricht. Aus diesem geht deutlich hervor, dass die Bewertung
vorrangig im Ertragswertverfahren vorzunehmen ist und der
Substanzwert nur eine Kontrollfunktion im Sinne einer
Wertuntergrenze (Mindestwert) hat (Tz. A.4.1, Tz. B. vor 1, Tz.
B.2.a des OFD-Leitfadens). Da vorliegend der im Vermerk genannte
Substanzwert geringer war als der Ertragswert, hätte der
Substanzwert - als bloßer Mindestwert-- nach den Vorgaben,
die für die vom FG herangezogene Bewertungsmethode gelten gar
nicht zum Tragen kommen dürfen. Daher geht auch der Verweis
des Klägers auf die für seine Auffassung angeführte
Kommentierung von Eisele (in Rössler/Troll, BewG, § 97 Rz
39) ins Leere, weil diese auf der - im Streitfall gerade nicht
gegebenen - Konstellation beruht, dass der Substanzwert über
dem Ertragswert liegt.
|
|
|
121
|
c) Bei der erneuten Ermittlung des gemeinen
Werts der vom Kläger der Stiftung übertragenen Anteile an
der X Holding-GmbH stehen dem FG im Wesentlichen die beiden
folgenden Bewertungsmethoden zur Verfügung:
|
|
|
122
|
aa) In der Literatur zur Unternehmensbewertung
wird - sofern sich dort überhaupt Aussagen zu dieser Frage
finden - bei ungleich ausgestatteten Anteilen von einem Vorrang der
direkten Methode ausgegangen (so Wiechers in Peemöller,
Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 4. Aufl. 2009, S. 634 [in
der aktuellen 7. Aufl. 2019 nicht mehr enthalten]; für einen
grundsätzlichen Vorrang der direkten Methode bei
steuerrechtlichen Anteilsbewertungen Fleischer in
Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2.
Aufl. 2019, Rz 1.40, 20.2). Da diese Methode entscheidend auf die
Kapitalisierung der künftigen Zahlungsströme zwischen der
Gesellschaft und dem Gesellschafter - bzw. die Kapitalisierung der
ausschüttungsfähigen Erträge - abstellt, könnte
sie im Streitfall das abweichende Gewinnbezugsrecht des auf die
Stiftung übertragenen Anteils unproblematisch
berücksichtigen. Die Ermittlung eines Gesamtwerts für die
X Holding-GmbH wäre dann nicht erforderlich.
|
|
|
123
|
Zur Höhe der aus Sicht des
Bewertungsstichtags für den Anteil der Stiftung zu erwartenden
künftigen Zahlungsströme bzw.
ausschüttungsfähigen Erträge hätte das FG
entsprechende tatsächliche Feststellungen zu treffen, um
entweder selbst oder durch einen zu beauftragenden
Sachverständigen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12.06.2019 - X
R 38/17, BFHE 265, 182, BStBl II 2019, 518 = SIS 19 10 05, Rz 68, m.w.N.) den gemeinen Wert
der übertragenen Anteile an der X Holding-GmbH zu
ermitteln.
|
|
|
124
|
bb) Sollte das FG auch im zweiten Rechtsgang
der indirekten Methode den Vorzug geben wollen, wird es die
folgenden Maßgaben zu beachten haben:
|
|
|
125
|
(1) Zunächst wäre ein Gesamtwert der
X Holding-GmbH unter Anwendung des Ertragswertverfahrens zu
ermitteln. Der Senat weist darauf hin, dass es nach Aktenlage im
bisherigen Verfahren zwischen den Beteiligten nicht zu einer
tatsächlichen Verständigung über einen bestimmten
Gesamtwert der X Holding-GmbH gekommen ist.
|
|
|
126
|
(2) Der so ermittelte Gesamtwert wäre
dann nach Maßgabe des Gewinnverteilungsschlüssels auf
die einzelnen Anteile zu verteilen. Dabei muss berücksichtigt
werden, das die Gewinnbezugs- und Stimmrechte disquotal
ausgestattet sind.
|
|
|
127
|
Dem stehen die Anordnungen, die hinsichtlich
der vom FG im ersten Rechtsgang herangezogenen
Schätzungsmethode (OFD-Leitfaden) gelten, nicht entgegen.
|
|
|
128
|
Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass
die vom FG angeführte Tz. B.3.4.8 der Vorgängerversion
des OFD-Leitfadens (3. Fassung nach dem Stand von September 2002;
Verfügung der OFD Düsseldorf vom 12.08.2004 - S 2177 16
St 13 K = SIS 04 39 35,
grundsätzlich anzuwenden für Bewertungsstichtage vom
01.01.2000 bis zum 31.12.2004), wonach bei Anteilen mit ungleichen
Rechten ausdrücklich eine Abweichung von der Regelbewertung
vorgesehen war, in der auf den streitgegenständlichen
Bewertungsstichtag (28.12.2007) anzuwendenden 4. Fassung des
OFD-Leitfadens (Verfügung der OFD Münster vom 15.11.2007
- S 2242 84 St 11 33 = SIS 08 08 41, grundsätzlich anzuwenden für
Bewertungsstichtage ab dem 01.01.2005) nicht mehr enthalten
war.
|
|
|
129
|
Daraus folgt aber nicht, dass nach dem
OFD-Leitfaden bei der Bewertung des auf die Stiftung
übertragenen Anteils dessen disquotale Ausstattung zwingend
außer Betracht zu lassen ist. Vielmehr ordnet Tz. B.3.4.1
auch in der für den streitgegenständlichen
Bewertungsstichtag anzuwendenden Fassung ausdrücklich an, dass
besonderen Umständen, die bei der Regelbewertung des einzelnen
Anteils nicht hinreichend berücksichtigt wurden, durch
pauschale Zu- oder Abschläge oder in sonstiger Weise Rechnung
getragen werden kann. Zwar sind in den nachfolgenden
Erläuterungen der 4. Fassung des OFD-Leitfadens - im Gegensatz
zur 3. Fassung - ungleich ausgestattete Anteile nicht mehr
ausdrücklich genannt. Die Tz. B.3.4 lässt aber nicht
erkennen, dass die dort angeführten besonderen Umstände
abschließend sein sollen, zumal ausdrücklich auch solche
Umstände genannt werden, bei denen kein Abschlag vorzunehmen
ist, eine solche Negativliste aber von vornherein nicht
erforderlich wäre, wenn die ausdrücklich
aufgeführten Umstände, bei denen ein Zu- oder Abschlag
vorgenommen werden kann, im Sinne einer abschließenden
Positivliste zu verstehen wären. Dabei versteht der Senat Tz.
B.3.2 Satz 3 des OFD-Leitfadens, wonach besondere Zu- oder
Abschläge nach Tz. B.3.4 "in diesem Fall" nicht mehr zu
berücksichtigen sein sollen, dahingehend, dass dieser Satz
sich nur auf den unmittelbar vorangehenden Satz 2 bezieht (der den
im Streitfall nicht einschlägigen Liquidationswert betrifft),
nicht aber auf den Satz 1, der den Substanz-Unternehmenswert als
Wertuntergrenze eines lebenden Unternehmens ansieht.
|
|
|
130
|
d) Das FG wird sich zudem nochmals näher
mit der Frage zu befassen haben, ob zu dem - grundsätzlich
nach Maßgabe der Beteiligung am Gewinn zu ermittelnden - Wert
des Anteils der Stiftung im Hinblick auf die erheblich höhere
Beteiligung dieses Anteils an einem künftigen
Liquidationserlös ein gewisser Zuschlag vorzunehmen ist.
|
|
|
131
|
aa) Diese Frage stellt sich nicht nur, wenn
das FG der indirekten Methode erneut den Vorzug geben sollte.
Vielmehr kann die Wahrscheinlichkeit und Höhe eines
künftigen Liquidationserlöses auch bei der direkten
Methode - im Rahmen der Schätzung der Höhe der
künftig zu erwartenden Zahlungsströme aus dem Anteil -
eine Rolle spielen.
|
|
|
132
|
bb) Der Kläger erhält in diesem
Zusammenhang Gelegenheit, konkrete Umstände vorzutragen und
nachzuweisen, die aus Sicht des Bewertungsstichtags den Eintritt
des Liquidationsfalls innerhalb des von einem potenziellen
Anteilserwerber überschaubaren und im Rahmen einer
Unternehmensbewertung üblicherweise zugrunde gelegten
Zeitraums als konkret möglich erscheinen lassen. Ebenso kann
der Kläger konkrete Umstände vortragen und nachweisen,
die für die Vornahme der vom FG im angefochtenen Urteil
erwähnten missbräuchlichen Substanzausschüttungen
sprechen könnten, aufgrund derer sich der Stiftung - auf
unsicherer rechtlicher Grundlage - eventuell die Möglichkeit
einer Auflösungsklage mit anschließender Liquidation
eröffnen könnte (s. dazu in rechtlicher Hinsicht oben
III.3.e dd (4)).
|
|
|
133
|
Für einen solchen konkreten
Sachverhaltsvortrag wären die in der Revisionsbegründung
enthaltenen hypothetischen Erwägungen zu den - minimalen -
gesetzlichen Minderheitenrechten der Stiftung allerdings nicht
ausreichend. Vielmehr müsste es sich um einzelfallbezogene
tatsächliche Umstände handeln, für die der
Kläger die Feststellungslast trägt, da er einen
höheren steuermindernden Abzug als den vom FA vorgenommenen
begehrt (ausführlich oben III.4.a bb) und es sich um Tatsachen
aus seiner Sphäre handelt.
|
|
|
134
|
cc) Aber auch wenn ein Nachweis derartiger
einzelfallbezogener Umstände nicht gelingen sollte,
könnte die hohe Beteiligung der Stiftung an einem
künftigen Liquidationserlös im Rahmen der Bewertung eine
gewisse Rolle spielen.
|
|
|
135
|
Zwar finden sich in der Literatur zur
Unternehmensbewertung Stimmen, wonach der
Liquidationsschlüssel bei unbegrenzter Lebensdauer eines
Unternehmens für die Anteilsbewertung nicht von Bedeutung sei
(so Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3.
Aufl. 1994, S. 239) bzw. - anders gewendet - nur bei Unternehmen
mit begrenzter Lebensdauer zu beachten sei (Hachmeister/Ruthardt,
BB 2014, 427, 430 und DStR 2014, 760, 762). Ganz zwingend erscheint
diese Auffassung dem Senat aber jedenfalls dann nicht, wenn - wie
im Streitfall - die (zwar auf unabsehbare Zeit kaum
wahrscheinliche, gleichwohl aber nicht rechtlich oder denklogisch
ausgeschlossene) Beteiligung am Liquidationserlös die - hier
für die Anteilsbewertung grundsätzlich maßgebliche
- Beteiligung am Gewinn in extremer Weise übersteigt. In
diesem Fall dürfte ein eventueller Zuschlag für die hohe
Beteiligung am Liquidationserlös - im Hinblick auf den
entweder sehr unwahrscheinlichen oder allenfalls in einer
äußerst fernen Zukunft zu erwartenden Eintritt dieses
Ereignisses - allerdings nur sehr gering ausfallen.
|
|
|
136
|
5. Auch zu der Frage, ob der Kläger auf
die Zuwendungsbestätigung vertrauen durfte (§ 10b Abs. 4
Satz 1 EStG; zum Inhalt dieser Regelung unten a), ist mangels
konkreter Tatsachenfeststellungen des FG keine abschließende
Entscheidung des Revisionsgerichts möglich. Der Kläger
rügt zu Recht, dass die tatsächlichen Feststellungen des
FG nicht ausreichen, um einen Wegfall des Vertrauensschutzes wegen
eigener Kenntnis oder mindestens grob fahrlässiger Unkenntnis
des Klägers von der Unrichtigkeit der
Zuwendungsbestätigung oder der Erwirkung durch unlautere
Mittel annehmen zu können (unten b). Die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz reichen auch nicht aus, um die
Anwendung der Vertrauensschutzregelung unter dem Gesichtspunkt der
Zurechnung des Handelns des X ausschließen zu können
(unten c). Im zweiten Rechtsgang wird das FG daher konkrete
Feststellungen zum Wegfall des Vertrauensschutzes beim Kläger
(unten d), hilfsweise durch Zurechnung des Verhaltens des X (unten
e), zu treffen haben.
|
|
|
137
|
a) Nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG darf der
Steuerpflichtige auf die Richtigkeit der Bestätigung über
Spenden und Mitgliedsbeiträge vertrauen, es sei denn, dass er
die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben
erwirkt hat oder dass ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung
bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt
war.
|
|
|
138
|
Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist
auch im Anwendungsbereich des § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG
dahingehend zu verstehen, dass der Steuerpflichtige die nach seinen
persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten gebotene und
zuzumutende Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht
entschuldbarer Weise verletzt (BFH-Urteil vom 02.08.2006 - XI R
6/03, BFHE 214, 378, BStBl II 2007, 8 = SIS 06 42 32, unter II.2.a).
|
|
|
139
|
Ausweislich des Gesetzeswortlauts ("es sei
denn") liegt die Feststellungslast dafür, dass der
Vertrauensschutz ausnahmsweise entfällt, grundsätzlich
beim FA (HHR/Kulosa, § 10b EStG Rz 142).
|
|
|
140
|
b) Zu Recht beanstandet der Kläger, dass
das FG keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen
getroffen hat, die den von der Vorinstanz gezogenen Schluss tragen,
die Vertrauensschutzregelung sei im Streitfall - mindestens - wegen
grob fahrlässiger Unkenntnis des Klägers von der
Unrichtigkeit der Zuwendungsbestätigung nicht anzuwenden. Zu
der Frage, ob der Kläger die Bestätigung durch unlautere
Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat - was für den Wegfall
des Vertrauensschutzes gleichermaßen ausreichend wäre -,
hat das FG ebenfalls keine Feststellungen getroffen.
|
|
|
141
|
Da für die Beurteilung der groben
Fahrlässigkeit auf die individuellen Fähigkeiten und
Erkenntnismöglichkeiten des jeweiligen Steuerpflichtigen
abzustellen ist, hätte das FG tatsächliche Feststellungen
zu dem geschäftlichen und rechtlichen Erfahrungshorizont des
Klägers treffen müssen. Dies ist vollständig
unterblieben. Dem während des gesamten Verfahrens mehrfach
wiederholten Vorbringen des FA, der Kläger sei ein
erfolgreicher Unternehmer gewesen und habe gemeinsam mit X
umfangreiche Geschäfte getätigt, ist das FG nicht
nachgegangen.
|
|
|
142
|
Ferner hat das FG - was die Revision ebenfalls
zu Recht rügt - ohne entsprechende Feststellung konkreter
Tatsachen schlicht unterstellt, der Kläger sei über die
im Dezember 2007 beschlossenen Satzungsänderungen bei der X
Holding-GmbH "umfassend informiert" gewesen. Ein solcher Schluss
könnte zwar nach der Lebenserfahrung durchaus nahe liegen,
darf aber nicht einfach ohne jede Begründung und ohne jeden
Versuch einer Sachaufklärung unterstellt werden. Auch geht das
FG davon aus, dass der Kläger die Wertermittlung der X
Steuerberatungs-GmbH vom 21.12.2007 gekannt habe, ohne jedoch
konkrete Tatsachen zu benennen, aus denen auf diese Kenntnis
geschlossen werden könnte. Insbesondere hat das FG keine
Feststellungen dazu getroffen, ob auch der Kläger - was das FA
in der Einspruchsentscheidung angeführt hatte - Mitglied des
Vorstands der Stiftung war.
|
|
|
143
|
c) In Bezug auf die kurze Hilfserwägung
des FG, X habe grob fahrlässig gehandelt, was dem Kläger
zuzurechnen sei, da X als Erfüllungsgehilfe des Klägers
aufgetreten sei, weist das angefochtene Urteil ebenfalls nicht die
erforderlichen konkreten Tatsachenfeststellungen auf.
|
|
|
144
|
d) Im zweiten Rechtsgang wird das FG vorrangig
der Frage nachzugehen haben, ob dem Kläger selbst die
Unrichtigkeit der Zuwendungsbestätigung bekannt oder infolge
grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
|
|
|
145
|
aa) Sollte die weitere Sachaufklärung
ergeben, dass der Kläger - z.B. aufgrund der vom FA
behaupteten eigenen unternehmerischen Tätigkeit - über
gewisse Erfahrungen in der Einschätzung des Werts von
Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen verfügte und auch
über die besondere Ausgestaltung des auf die Stiftung
übertragenen Anteils informiert war, dann dürfte das
vollständige Ausblenden des für die Anteilswertermittlung
wichtigsten Umstands für Zwecke der Bewertung der
Sachzuwendung dafür sprechen, dass dem Kläger -
mindestens - grobe Fahrlässigkeit im Hinblick auf die
objektive Unrichtigkeit der Zuwendungsbestätigung vorzuhalten
wäre. Bei allen Diskussionen, die man über
Bewertungsfragen - innerhalb eines gewissen Unschärfebereichs
- wird führen können, dürfte die fehlende
Berücksichtigung der zu Lasten der Stiftung vorgenommenen
extrem starken disquotalen Ausgestaltung des übertragenen
Anteils im Rahmen der Bewertung der Sachzuwendung objektiv nicht
mehr vertretbar und subjektiv jedenfalls einer Person mit
Vorerfahrungen im Bereich der Unternehmensbewertung im Sinne
mindestens einer groben Fahrlässigkeit vorwerfbar sein.
|
|
|
146
|
bb) Hinsichtlich der -
entscheidungserheblichen - Frage, ob der Kläger über die
besondere Ausgestaltung des auf die Stiftung übertragenen
Anteils informiert war, wird das FG den Kläger zur Mitwirkung
auffordern müssen (§ 76 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FGO),
da es sich um Tatsachen handelt, die sich ausschließlich in
seiner eigenen Sphäre abgespielt haben. Der Kläger wird
daher über seine Gespräche und Vereinbarungen mit X
Auskunft geben und die entsprechenden Unterlagen vorlegen
müssen.
|
|
|
147
|
Dem steht nicht entgegen, dass das FA die
Feststellungslast für die Tatsachen trägt, die auf einen
Wegfall des Vertrauensschutzes schließen lassen können.
Denn eine Entscheidung nach den Regeln der Feststellungslast stellt
nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung
lediglich eine "ultima ratio" dar, wenn alle gebotenen
Bemühungen, den Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen,
erfolglos geblieben sind (BFH-Urteil vom 02.07.2019 - IX R 13/18,
BFHE 265, 333, BStBl II 2020, 89 = SIS 19 16 61, Rz 18). Sollte der Sachverhalt nicht aufklärbar
sein, weil ein Beteiligter seine Mitwirkungspflichten verletzt -
insbesondere trotz Aufforderung durch das FG (an der es im
bisherigen Verfahrensverlauf allerdings gefehlt hat) keine
vollständige Auskunft zu entscheidungserheblichen Tatsachen
aus seiner Sphäre erteilt -, ist vor einer Entscheidung nach
den Regeln der Feststellungslast eine Reduzierung des
Beweismaßes zu Lasten des nicht mitwirkenden Beteiligten
vorzunehmen; das Beweismaß kann sich dann auf eine
"größtmögliche Wahrscheinlichkeit" verringern (zum
Ganzen ausführlich Senatsurteile vom 15.02.1989 - X R 16/86,
BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462 = SIS 89 15 53, unter 2., und vom 23.03.2011 - X R 44/09, BFHE 233,
297, BStBl II 2011, 884 = SIS 11 23 90, Rz 17 ff., m.w.N.).
|
|
|
148
|
cc) Der bisherige Sachvortrag des Klägers
zu dem von ihm als entlastend angeführten Umstand, die gesamte
Gestaltung und insbesondere die Abstimmung zwischen den fünf
wirtschaftlich an der X Holding-GmbH beteiligten Personen habe in
erster Linie einer erbschaftsteueroptimierten Nachfolgeplanung
gedient, so dass der Spendenabzug nur von untergeordneter Bedeutung
gewesen sei, erscheint nicht ausreichend substantiiert. Hierzu
müsste der Kläger die internen Unterlagen zu dieser
Gestaltung vorlegen, alle diesbezüglichen Absprachen zwischen
den Beteiligten offenlegen und auch die von ihm im Rahmen der
Gestaltung eingeschalteten Berater von der Schweigepflicht
entbinden. Zwar trägt grundsätzlich das FA die
Feststellungslast für das Entfallen des Vertrauensschutzes.
Hier trägt der Kläger aber Umstände vor, die sich
ausschließlich im Innenverhältnis zwischen ihm, X, den
anderen Treugebern und ihren Beratern zugetragen haben können,
und die für das FG ohne eine Offenlegung der internen
Unterlagen und Absprachen in keiner Weise verifizierbar sind. In
einem solchen Fall liegt es beim Kläger, diese behaupteten
Umstände zu substantiieren und auch nachzuweisen.
|
|
|
149
|
Das FG wird bei seiner Würdigung zu
entscheiden haben, ob es glaubhaft ist, dass ausgestellte
Zuwendungsbestätigungen über einen Gesamtbetrag von 41,5
Mio. € (Einkommensteuerminderungspotenzial fast 20 Mio.
€) auch angesichts der Einkommensverhältnisse der
Zuwendenden "von untergeordneter Bedeutung" sind. In diesem
Zusammenhang weist der Senat zudem darauf hin, dass die von der X
Steuerberatungs-GmbH erstellte Wertermittlung, die die Stiftung der
Wertangabe in der Zuwendungsbestätigung zugrunde gelegt hat,
ausdrücklich allein für Zwecke der Bewertung der
Sachzuwendung nach § 10b Abs. 3 EStG erstellt worden war, also
für einen rein ertragsteuerlichen Zweck.
Erbschaftsteuerrechtliche Aspekte sind darin nicht einmal
ansatzweise erwähnt.
|
|
|
150
|
e) Nur für den Fall, dass im zweiten
Rechtsgang kein eigenes mindestens grob fahrlässiges Verhalten
des Klägers in Bezug auf die Unrichtigkeit der
Zuwendungsbestätigung feststellbar sein sollte, hätte das
FG noch konkrete Feststellungen zu der Frage nachzuholen, ob X grob
fahrlässig gehandelt hat und dies dem Kläger zuzurechnen
wäre.
|
|
|
151
|
Dabei könnte das FG die folgenden, sich
aus den Akten ergebenden Anhaltspunkte berücksichtigen:
|
|
|
152
|
aa) Als Stiftungsvorstand war X, der auch als
Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätig ist,
Auftraggeber und Empfänger der Wertermittlung der X
Steuerberatungs-GmbH vom 21.12.2007. Er hat den darin ausgewiesenen
Wert der Sachzuwendung unverändert in die von ihm
persönlich unterschriebene Zuwendungsbestätigung für
den Kläger übernommen und dabei ausdrücklich
erklärt, dass "geeignete Unterlagen, die zur Wertermittlung
gedient haben", vorgelegen hätten. Das FG wird zu
würdigen haben, ob X zumindest grob fahrlässig handelte,
als er sich auf diese Wertermittlung stützte, obwohl die
Anwendung des Stuttgarter Verfahrens für ertragsteuerliche
Zwecke in § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG a.F. ausgeschlossen war, das
zugrunde liegende Zahlenwerk fehlte und die gravierende
Einschränkung des Gewinnbezugs- und Stimmrechts der zu
bewertenden Anteile ausgeblendet worden war. Auch könnte eine
Rolle spielen, dass X - handelnd für die Stiftung - eine
Wertermittlung auf den 20.12.2007 in Auftrag gegeben und erhalten
hatte, obwohl die bereits am 04.12.2007 beschlossene
Aushöhlung des auf die Stiftung übertragenen Anteils
durch die gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen ebenso wie
die Anteilsübertragung selbst erst am 28.12.2007 rechtswirksam
geworden war, er also von vornherein einen ungeeigneten Stichtag
für die Wertermittlung der Zuwendung vorgegeben hatte.
|
|
|
153
|
Für nicht durchgreifend hält der
Senat in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Klägers, da
die Änderung des § 11 Abs. 2 BewG, wonach das Stuttgarter
Verfahren für ertragsteuerliche Zwecke nicht mehr anwendbar
sei, erst am 12.12.2006 - und damit nur ein Jahr vor der hier
realisierten Gestaltung (Dezember 2007) - in Kraft getreten sei,
sei es denkbar, dass X trotz seines Berufs als Steuerberater von
der Änderung im Dezember 2007 noch keine Kenntnis gehabt habe.
Selbst wenn X von dieser - in der Fachwelt breit diskutierten -
Gesetzesänderung keine positive Kenntnis gehabt haben sollte
(was der Kläger im Übrigen nicht konkret behauptet und
unter Beweis gestellt, sondern nur vermutet hat), wäre dies
bei einem Steuerberater jedenfalls als grob fahrlässig
anzusehen.
|
|
|
154
|
bb) Sollte X hinsichtlich der Wertangabe in
der Zuwendungsbestätigung zumindest grob fahrlässig
gehandelt haben, wäre weiter zu prüfen, ob dies dem
Kläger zuzurechnen wäre.
|
|
|
155
|
(1) Der BFH hat die Zurechnung des groben
Verschuldens eines Dritten an den Steuerpflichtigen im Rahmen des
§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO mit dem Argument bejaht, dass sich der
Steuerpflichtige der Verantwortung nicht durch Übertragung von
Aufgaben auf Dritte soll entziehen können (BFH-Urteil vom
03.02.1983 - IV R 153/80, BFHE 137, 547, BStBl II 1983, 324 =
SIS 83 08 44, unter 3.b bb,
betreffend Handeln eines steuerlichen Beraters; aus jüngerer
Zeit BFH-Urteil vom 28.04.2020 - VI R 24/17, BFH/NV 2020, 1249 =
SIS 20 11 56, Rz 18, m.w.N.).
Dieses Argument ist vom erkennenden Senat schon frühzeitig
auch im Anwendungsbereich des § 10b EStG herangezogen worden,
da niemand seine Stellung im Rechtsverkehr dadurch verbessern
können soll, dass er Dritten die Wahrnehmung seiner Interessen
oder die Erfüllung seiner Verpflichtungen überlässt
und damit seinen Risikobereich ausweitet (ausführlich zum
Ganzen Senatsurteil vom 07.11.1990 - X R 143/88, BFHE 163, 329,
BStBl II 1991, 325 = SIS 91 08 04,
unter 3., m.w.N.). Diese Grundsätze gelten ebenso für die
gesetzliche Vertrauensschutzregelung des § 10b Abs. 4 Satz 1
EStG. Der Gesetzgeber hat zwar die früheren
Rechtsprechungsgrundsätze zum Vertrauensschutz in eine
ausdrückliche Regelung überführen wollen und dabei
auch den Verschuldensmaßstab präzisiert. Es ist aber
nicht ersichtlich, dass er dabei die auf einem allgemeinen
Rechtsgedanken beruhenden Grundsätze über die Zurechnung
des Handelns und Verschuldens Dritter hat ändern wollen.
|
|
|
156
|
(2) Bei der Prüfung, ob das Handeln des X
dem Kläger zuzurechnen ist, könnte die notarielle Urkunde
vom 04.12.2007 eine Rolle spielen, in der hinsichtlich der
Anteilsübertragungen ausdrücklich von einer Abstimmung
des X mit den Treugebern die Rede ist. Der Umstand, dass X derart
umfangreiche Verfügungen über das Vermögen des
Klägers und der anderen Treugeber nach den Feststellungen des
FG allein aufgrund einer vom Kläger und den anderen Treugebern
mündlich erteilten Vollmacht getroffen hat, könnte auf
die Existenz umfassender Vorabsprachen hindeuten. Hätte der
Kläger sich des Treuhänders und Stiftungsvorstands X
bedient, um die einzelnen Schritte zur Erlangung des Spendenabzugs
umsetzen zu können, könnte daraus zu schließen
sein, dass er X die Wahrnehmung seiner Interessen übertragen
und insoweit seinen Risikobereich ausgeweitet hat, was ggf. die
Verschuldenszurechnung rechtfertigen und gebieten könnte.
|
|
|
157
|
(3) Auch erscheint die Behauptung des
Klägers, mit seinem Steuerfall sei zwar die X
Steuerberatungs-GmbH und die X GbR, nicht aber X persönlich
befasst gewesen, ausweislich des Akteninhalts insofern zweifelhaft,
als X im Rahmen der beim Kläger durchgeführten
Außenprüfung persönlich Auskunft erteilt hat (Tz. 7
des Bp-Berichts vom 24.04.2014) und die im erstinstanzlichen
Klageverfahren für den Kläger eingereichten
Schriftsätze weitestgehend den Schriftsätzen entsprechen,
die im parallelen Klageverfahren des X eingereicht worden sind
(diese Akten liegen dem Senat zum Revisionsverfahren X R 19/20
vor).
|
|
|
158
|
(4) In rechtlicher Hinsicht hat der
Kläger die Auffassung vertreten, bei einer Zurechnung des
Verhaltens Dritter im Rahmen der Prüfung der groben
Fahrlässigkeit sei danach zu differenzieren, in welchen
Pflichtenkreisen der Dritte jeweils tätig geworden sei. Soweit
X bei der Ermittlung des Werts der Zuwendung im Pflichtenkreis der
Stiftung - d.h. als Vorstand der Stiftung - gehandelt habe, sei
eine Verschuldenszurechnung an den Kläger aus
Rechtsgründen nicht möglich. Diesbezüglich weist der
Senat darauf hin, dass der Kläger selbst in der
Begründung des Antrags auf mündliche Verhandlung
formuliert hat: "Da X vollen Zugriff auf die Unterlagen zur
Wertermittlung hatte, ist davon auszugehen, dass auch der Stiftung
alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung standen." Er
scheint daher den Wissensbereich der Stiftung mit dem
Wissensbereich des X gleichzusetzen. Das FG wird zu entscheiden
haben, ob in einem solchen Fall die Pflichtenkreise - entgegen
dieser schon vom Kläger selbst vorgenommenen Gleichsetzung der
Wissensbereiche - zu separieren sind.
|
|
|
159
|
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Auch bei einer nur
teilweisen Zurückverweisung der Sache kann dem FG im Hinblick
auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung die
Entscheidung über die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens
übertragen werden (Senatsurteil vom 09.06.2015 - X R 14/14,
BFHE 250, 19, BStBl II 2015, 931 = SIS 15 18 59, Rz 47, m.w.N.).
|
|
|
160
|
Da das FG danach bei einem eventuellen
Teilobsiegen des Klägers im zweiten Rechtsgang auch für
die Kosten des Revisionsverfahrens ggf. eine Kostenquote zu bilden
haben könnte, weist der Senat darauf hin, dass der
Gesamtstreitwert des Revisionsverfahrens wesentlich durch den
hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte Feststellung
des verbleibenden Zuwendungsvortrags gestellten Antrag beeinflusst
worden ist, hinsichtlich dessen die Revision endgültig ohne
Erfolg geblieben ist. Insoweit hält es der Senat nicht
für sachgerecht, den Streitwert für das Verfahren wegen
des Feststellungsbescheids - so die Handhabung des FG für den
ersten Rechtsgang - mit lediglich 25 % des begehrten
festzustellenden Betrags zu bemessen, wie es der Rechtsprechung zu
einheitlichen Feststellungen entspricht. Vielmehr bestehen bei
einer gesonderten Feststellung grundsätzlich keine
Hindernisse, die konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen der
begehrten Feststellung zu ermitteln und sowohl dem Kostenansatz als
auch der vorgelagerten Ermittlung einer etwaigen Kostenquote
zugrunde zu legen (zur gesonderten Feststellung von Einkünften
z.B. BFH-Beschlüsse vom 10.06.1999 - IV E 2/99, BFH/NV 1999,
1608 = SIS 99 53 72, unter 1., und
vom 21.11.2005 - III E 2/05, BFH/NV 2006, 585 = SIS 06 12 20).
|