1
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I. Streitig ist, ob bei der Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags für das Jahr 2014 (Streitjahr) ein
Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des
Gewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung
(GewStG) zu berücksichtigen ist.
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2
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG.
Einzige persönlich haftende Gesellschafterin und gesetzliche
Vertreterin der Klägerin war die B-GmbH. Einziger Kommanditist
der Klägerin und alleiniger Anteilseigner sowie alleiniger und
einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der B-GmbH
war B, der auch Eigentümer der Grundstücke A-Straße
181, 183 und 185 (A-Grundstück) sowie zum Teil Eigentümer
(389 qm) des Grundstücks B-Straße 148
(B-Grundstück) und zum Teil Inhaber eines Erbbaurechts (8.849
qm) an dem B-Grundstück war. Den größten Teil des
B-Grundstücks vermietete B an die S-GmbH, deren alleiniger
Anteilseigner er ebenfalls war. Die S-GmbH betrieb auf diesem Teil
des Grundstücks einen Automobilvertragshandel mit
zugehöriger Werkstatt und Waschanlage. Im Übrigen
vermietete B das B-Grundstück an Dritte (Baumarkt). Auf dem
A-Grundstück betrieb die N-GmbH & Co. KG, deren Kommanditisten
die S-GmbH und B waren, ebenfalls einen Automobilvertragshandel.
Die Vermietung der Grundstücke wurde - mit Ausnahme der
Vermietung an den Baumarkt - als Betriebsaufspaltung
behandelt.
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3
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Mit notarieller Teilungserklärung vom
20.07.2004 teilte B das Erbbaurecht an dem B-Grundstück
gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in
einen Miteigentumsanteil von 500‚19/1.000, verbunden mit dem
Sondereigentum an den Räumen im Erd-, Zwischen- und
Obergeschoss (Autohaus) und Parkplateau - jeweils Nr. 1 des
Aufteilungsplans (Teil 1) - ‚ einen Miteigentumsanteil von
86,99/1.000, verbunden mit dem Sondereigentum an der
Waschstraße im Erdgeschoss - jeweils Nr. 2 des
Aufteilungsplans (Teil 2) - und einen Miteigentumsanteil von
412,82/1.000, verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen
im Erdgeschoss (Heimwerkermarkt) - jeweils Nr. 3 des
Aufteilungsplans (Teil 3) - . Gegenstand des gemeinschaftlichen
Eigentums waren unter anderem die Räume und Gebäudeteile,
die nicht zu Sondereigentum erklärt worden waren, sowie der
Grund und Boden und auch Fenster und Rollläden (vgl. § 3
Ziff. 2 der Teilungserklärung).
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Mit notariellem Ausgliederungsvertrag vom
06.08.2004 übertrug B das Vermögen seines
Einzelunternehmens als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten
gemäß §§ 123 ff. des Umwandlungsgesetzes im
Wege der Ausgliederung durch Aufnahme gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten auf die Klägerin. Übertragen wurden
insbesondere auch das A-Grundstück, das B-Grundstück und
die Teile 1 und 2.
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5
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Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom
13.08.2004 übertrug die S-GmbH mit Wirkung zum 16.08.2004 ihr
gesamtes Sachanlagevermögen auf die V-GmbH. Zu den
mitveräußerten Gegenständen gehörten laut
Anlage 1 unter anderem eine am 01.10.1993 angeschaffte, auf acht
Jahre abgeschriebene „Waschstraße“
mit Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten von 140.878,92
EUR‚ diverse Hebebühnen und eine
„Zauneinfriedung“.
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Mit Grundstücksmietvertrag vom
13.08.2004 vermietete die Klägerin ab dem 16.08.2004 das
A-Grundstück an die V-GmbH.
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Ebenfalls am 13.08.2004 schlossen die
Klägerin und die V-GmbH einen das B-Grundstück
betreffenden Gewerbemietvertrag. Darin vermietete die Klägerin
der V-GmbH zum Betrieb eines Kraftfahrzeugbetriebs mit
Reparaturwerkstatt und Waschstraße insgesamt circa 3.711 qm
Mietfläche in Gebäuden (§ 1 Ziff. 1 des Vertrags).
Hinzu kamen das Parkdeck im 1. Obergeschoss (Mietfläche von
circa 2.675 qm) und dem Sondernutzungsrecht der Klägerin
unterliegende - im Vertrag näher bezeichnete -
Grundstücksflächen im Freien. Nicht Gegenstand des
Mietvertrags war die Tankstelle auf dem Parkdeck (§ 1 Ziff. 2
des Vertrags). Diese hatte die Klägerin stillzulegen, sofern
sich die voraussichtlichen Kosten nicht auf mehr als 10.000 EUR
beliefen. Als Mietzins wurde ein monatlicher Nettomietzins von
26.666,67 EUR zuzüglich 3.333,33 EUR für die
Waschstraße zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer
(damals 16 %) von 4.800 EUR - insgesamt somit 34.800 EUR -
vereinbart (§ 4 Ziff. 1 des Gewerbemietvertrags). Die
Instandsetzung der Waschstraße einschließlich der
Ersetzung schadhafter Teile oblag der V-GmbH, während der
übrige Mietgegenstand von der Klägerin in einem
funktionsfähigen und ordnungsgemäßen Zustand zu
erhalten war (§ 7 des Vertrags). Allerdings verpflichtete sich
die Klägerin, unverzüglich die Kette beziehungsweise das
Band für den Fahrzeugtransport und den Trockenventilator der
Waschstraße auf eigene Kosten auszutauschen (§ 9 Ziff. 4
des Vertrags). In dem Übergabeprotokoll vom 18.08.2004 sind
unter anderem Risse in Wänden, defekte Waschtröge, von
Fensterbänken abblätternde Farbe, abgetretener
Teppichboden auf einer Wendeltreppe, heruntergefallener und zum
Teil loser Wandputz in der Waschstraße, eine verrostete
Stahlgitterdecke im Vorwaschbereich, eine verrostete Doppeltür
und in schlechtem Zustand befindliche Pflanzen im Innengebäude
festgehalten.
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Bereits für die Jahre 2006 bis 2010
war zwischen den Beteiligen streitig, ob die getroffenen
Vereinbarungen als Betriebsverpachtung im Ganzen zu würdigen
seien. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - )
bejahte dies und versagte aus diesem Grund die erweiterte
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Die
hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil
vom 14.08.2015 - 14 K 1556/12 G ab.
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In ihrer Gewerbesteuererklärung
für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen -
nicht um einen Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 1 oder
2 GewStG verminderten - Gewinn aus Gewerbebetrieb von 70.031 EUR.
Das FA veranlagte zunächst erklärungsgemäß,
wobei der betreffende Bescheid unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung erging. Nach einer Betriebsprüfung für
das Streitjahr erließ das FA am 16.09.2016 einen
Änderungsbescheid, in welchem es einen Gewinn der
Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 380.031 EUR zu
Grunde legte, einen Gewerbesteuermessbetrag von 12.442 EUR
festsetzte und den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Einen
Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 1 oder 2 GewStG
berücksichtigte es weiterhin nicht.
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Ihren hiergegen gerichteten Einspruch
begründete die Klägerin damit, dass ein
Kürzungsbetrag nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu
berücksichtigen sei, denn sie verwalte und nutze
ausschließlich eigenen Grundbesitz. Mit
Einspruchsentscheidung vom 29.11.2016 half das FA dem Einspruch
insoweit ab, als es nunmehr einen Kürzungsbetrag
gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG berücksichtigte
und einen Gewerbesteuermessbetrag von 12.078 EUR festsetzte. Im
Übrigen, das heißt im Hinblick auf die erweiterte
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, wies es
den Einspruch unter Verweis auf das in dem Verfahren 14 K 1556/12 G
ergangene Urteil des FG Münster vom 14.08.2015 als
unbegründet zurück.
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Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG
mit Urteil vom 06.12.2019 ab. Es legte den Gewerbemietvertrag vom
13.08.2004 dahin aus, dass die Klägerin der V-GmbH nicht nur
Grundbesitz, sondern mit der Waschanlage
kürzungsschädlich auch mindestens eine
Betriebsvorrichtung vermietet habe. Die erweiterte Kürzung sei
auch deshalb zu versagen, weil die Klägerin den Grundbesitz im
Rahmen einer gewerblichen Betriebsverpachtung überlassen
habe.
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Ihre hiergegen gerichtete Revision
begründet die Klägerin vornehmlich mit der Verletzung
materiellen Rechts. Das FG-Urteil verstoße gegen § 9 Nr.
1 Satz 2 GewStG, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Sie
verwalte und nutze ausschließlich eigenen Grundbesitz im
Sinne jener Regelung. Selbst wenn man den Sachverhalt als
Betriebsverpachtung ansehen wollte, stehe dies der erweiterten
Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht entgegen, weil
ausschließlich Grundbesitz verpachtet werde. Die
Klägerin rügt zudem eine fehlerhafte Auslegung des
Gewerbemietvertrags vom 13.08.2004 durch das FG. Das FG habe
unberücksichtigt gelassen, dass die Waschanlage an die V-GmbH
verkauft worden sei. Sie habe daher gar nicht mehr Gegenstand des
Mietvertrags sein können. Die mit Schreiben vom 20.11.2019 und
vom 04.12.2019 vorgelegten Unterlagen, die den Verkauf der
Waschanlage bestätigten, habe das FG ebenfalls
rechtsfehlerhaft nicht beachtet.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
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unter Aufhebung des angefochtenen
FG-Urteils den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag
für 2014 vom 16.09.2016 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom 29.11.2016 dahingehend zu ändern,
dass bei der Berechnung des Gewerbeertrags der Gewinn aus
Gewerbebetrieb entsprechend § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG um den
Teil des Gewerbeertrags gekürzt wird, der auf die Verwaltung
und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Es hält die angefochtene Entscheidung
für zutreffend.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG hat zwar - ohne nähere
Begründung - im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die
Klägerin im Streitjahr auch nach der Beendigung der
zunächst bestehenden Betriebsaufspaltung (weiterhin)
gewerbesteuerpflichtig im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG war
(hierzu unter 1.). Jedoch hat es die Versagung der erweiterten
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im
Gewerbesteuermessbescheid 2014 vom 16.09.2016 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 29.11.2016 in teilweiser Verkennung der
allgemeinen Rechtsgrundsätze zur erweiterten Kürzung
(hierzu unter 2.) als rechtmäßig beurteilt. So hält
seine Annahme, die Klägerin habe kürzungsschädlich
zumindest auch eine Betriebsvorrichtung in Gestalt der Waschanlage
an die V-GmbH mitvermietet, der revisionsrechtlichen Prüfung
nicht stand. Die Klageabweisung erweist sich auch nicht als im
Ergebnis zutreffend (§ 126 Abs. 4 FGO), weil die Klägerin
nicht ausschließlich „eigenen“
Grundbesitz an die V-GmbH vermietet habe (hierzu unter 3.).
Schließlich kann auch die Annahme des FG, die Klägerin
habe den Grundbesitz im Rahmen einer gewerblichen
Betriebsverpachtung überlassen, die Versagung der erweiterten
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht
begründen (hierzu unter 4.). Das FG-Urteil war daher
aufzuheben und die Sache war - mangels Spruchreife - an das FG
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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1. Die Klägerin war im Streitjahr als
gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des §
15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
gewerbesteuerpflichtig gemäß § 2 Abs. 1 GewStG.
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a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG
unterliegt ein stehender Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer (soweit
er im Inland betrieben wird). Unter Gewerbebetrieb ist ein
gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu
verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Ein Gewerbebetrieb nach
§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist
eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit
Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Teilnahme am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht als
Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder als
selbständige Arbeit anzusehen ist; darüber hinaus darf es
sich bei der Tätigkeit nicht um private
Vermögensverwaltung handeln (z.B. Beschluss des Großen
Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10.12.2001 - GrS 1/98, BFHE
197, 240, BStBl II 2002, 291 = SIS 02 06 32, unter C. [Rz 24]).
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20
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Die Tätigkeit einer im Sinne des §
15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten,
vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt
ebenfalls zu einem stehenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 2
Abs. 1 Satz 1 GewStG, obwohl diese Gesellschaft keine originär
gewerblichen Einkünfte erzielt. Auch hierbei handelt es sich
um ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des
Einkommensteuergesetzes (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG), weil die
Tätigkeit der Personengesellschaft in Folge der steuerlichen
Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Gewerbebetrieb gilt
(vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.06.2023 - IV R 30/19, BFHE 281, 90,
BStBl II 2023, 1050 = SIS 23 15 39, Rz 48).
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b) Danach war die Klägerin im Streitjahr
gewerbesteuerpflichtig. Sie war eine gewerblich geprägte
Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), da ihre einzige
geschäftsführende Komplementärin eine
Kapitalgesellschaft war. Dass die aus Sicht der Beteiligten
zunächst bestehende Betriebsaufspaltung zwischen der
Klägerin und der S-GmbH mit dem Wirksamwerden der
Übertragungs- und Mietverträge vom 13.08.2004 beendet
wurde und damit auch die originär gewerbliche Tätigkeit
der Klägerin endete, führt zu keinem anderen
Ergebnis.
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aa) Der Senat kann dahingestellt lassen, ob ab
dem Wirksamwerden des Ausgliederungsvertrags vom 06.08.2004 bis zum
Wirksamwerden der Übertragungs- und Mietverträge vom
13.08.2004 zwischen der Klägerin (Besitzunternehmen) und der
S-GmbH (Betriebsunternehmen) eine Betriebsaufspaltung bestand, mit
der Folge, dass die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit der
Klägerin als originär gewerblich im Sinne von § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG zu qualifizieren war (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 17.04.2019 - IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II
2019, 745 = SIS 19 11 44, Rz 35). Denn wäre dies der Fall
gewesen, wäre zwar die Betriebsaufspaltung mit dem
Wirksamwerden der Übertragungs- und Mietverträge vom
13.08.2004 mit der V-GmbH beendet worden, da es ab diesem Zeitpunkt
jedenfalls an einer personellen Verflechtung fehlte. Dies
hätte aber nicht zur Folge gehabt, dass die Klägerin
nicht mehr gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.
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bb) Fungiert eine Personengesellschaft als
Besitzgesellschaft im Rahmen einer (echten oder unechten)
Betriebsaufspaltung und fallen die Voraussetzungen der personellen
Verflechtung weg, kann einkommensteuerrechtlich nach den
Grundsätzen der Betriebsverpachtung eine gewerbliche
Betriebsverpachtung vorliegen, auch wenn faktisch nur noch
Grundbesitz überlassen wird, der die alleinige wesentliche
Betriebsgrundlage darstellt (vgl. hierzu ausführlich
BFH-Urteil vom 17.04.2019 - IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II
2019, 745 = SIS 19 11 44, Rz 41 f.). Einkommensteuerrechtlich
erzielt die verpachtende Personengesellschaft in diesem Fall
weiterhin gewerbliche Einkünfte.
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cc) Hiervon ist die gewerbesteuerrechtliche
Behandlung zu unterscheiden. Die Verpachtung eines Gewerbebetriebs
im Ganzen oder eines Teilbetriebs wird grundsätzlich nicht als
Gewerbebetrieb angesehen. Sie unterliegt daher
regelmäßig nicht der Gewerbesteuer (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 02.02.2000 - XI R 8/99, BFH/NV 2000, 1135 = SIS 00 10 90, unter II.1.a [Rz 11]; vom 18.06.1998 - IV R 56/97, BFHE 186,
356, BStBl II 1998, 735 = SIS 98 19 37, unter 1.f [Rz 25]; vgl.
auch R 2.2 der Gewerbesteuer-Richtlinien). Dementsprechend ist die
gewerbliche Betriebsverpachtung bei Einzelunternehmen und nicht
gewerblich geprägten Personengesellschaften nicht
gewerbesteuerpflichtig (vgl. Urteil des Großen Senats des BFH
vom 13.11.1963 - GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124 =
SIS 64 00 77; vgl. auch BFH-Urteil vom 14.06.2005 - VIII R 3/03,
BFHE 210, 38, BStBl II 2005, 778 = SIS 05 39 38, unter II.1.b sowie
BFH-Beschlüsse vom 25.10.1995 - IV B 9/95, BFH/NV 1996, 213 =
SIS 96 06 37; vom 27.07.2009 - IV B 122/08, unter II.a, m.w.N.), so
dass auch der Betriebsverpächter nach dem Wegfall der
personellen Verflechtung und der damit einhergehenden Beendigung
einer zuvor bestehenden Betriebsaufspaltung nicht mehr der
Gewerbesteuer unterliegt (vgl. Keß in Lenski/Steinberg,
Gewerbesteuergesetz, § 2 Rz 1294;
Brandis/Heuermann/Drüen, § 2 GewStG Rz 252).
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dd) Anders ist dies hingegen, wenn es sich -
wie im Streitfall - bei der den Grundbesitz überlassenden
Personengesellschaft um eine gewerblich geprägte
Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
handelt. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, die
zunächst eine originär gewerbliche Tätigkeit in
Gestalt einer - eine Betriebsverpachtung überlagernden -
Betriebsaufspaltung ausübt, unterliegt auch nach deren
Beendigung als gewerblich geprägte Personengesellschaft
weiterhin der Gewerbesteuer (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27.07.2009
- IV B 122/08, unter II.a). Die zunächst vorliegende
originär gewerbliche Tätigkeit - das heißt die
Verpachtungstätigkeit einer Besitzpersonengesellschaft im
Rahmen einer Betriebsaufspaltung - überlagert die parallel
bestehende gewerbliche Prägung der Besitzpersonengesellschaft
im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG lediglich (vgl. auch
BFH-Urteile vom 30.10.2019 - IV R 59/16, BFHE 267, 386, BStBl II
2020, 147 = SIS 20 00 17, Rz 33; vom 20.08.2015 - IV R 26/13, BFHE
251, 53, BStBl II 2016, 408 = SIS 15 25 56, Rz 11, m.w.N.). Die
gewerbliche Prägung lebt daher mit dem Ende der
Betriebsaufspaltung wieder auf. Dementsprechend sind die
Grundsätze, nach denen der BFH eine gewerbliche
Betriebsverpachtung nicht als gewerbesteuerpflichtig angesehen hat,
auf gewerblich geprägte Personengesellschaften nicht
anzuwenden (BFH-Urteil vom 14.06.2005 - VIII R 3/03, BFHE 210, 38,
BStBl II 2005, 778 = SIS 05 39 38, unter II.1.b;
BFH-Beschlüsse vom 25.10.1995 - IV B 9/95, BFH/NV 1996, 213
[Rz 6] = SIS 96 06 37; vom 27.07.2009 - IV B 122/08, unter II.a).
Soweit der Senat in seinem Urteil vom 09.11.2017 - IV R 37/14 (BFHE
259, 545, BStBl II 2018, 227 = SIS 17 24 78) entschieden hat, dass
eine Personengesellschaft, die originär gewerblich tätig
war, auch während der Zeit, in der ihr Betrieb unterbrochen
ist oder ruht, keine gewerblich geprägte Personengesellschaft
sein kann, hält er daran nicht mehr fest.
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26
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2. Das FG hat die Versagung der erweiterten
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im
Gewerbesteuermessbescheid 2014 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 29.11.2016 in teilweiser Verkennung der
allgemeinen Rechtsgrundsätze zur erweiterten Kürzung als
rechtmäßig beurteilt. Seine Entscheidung war daher
aufzuheben.
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27
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Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die
Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des
Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers
gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten
Grundbesitzes gekürzt. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG tritt an die Stelle der Kürzung nach Satz 1 auf Antrag
bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder
neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten
und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder
Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder
Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die
Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung
und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sogenannte
erweiterte Kürzung).
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a) Der Begriff des
„Grundbesitzes“ im Sinne von § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG bestimmt sich nach dem Bewertungsrecht (z.B.
BFH-Urteil vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II
2019, 705 = SIS 19 12 43, m.w.N.).
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aa) Zum Grundvermögen gehören nach
§ 68 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) der Grund und
Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das
Zubehör. Ebenso zum Grundvermögen gehören das
Erbbaurecht (§ 68 Abs. 1 Nr. 2, § 70 Abs. 1 BewG) sowie
Gebäude, die auf fremdem Grund und Boden errichtet oder in
sonstigen Fällen einem anderen als dem Eigentümer des
Grund und Bodens zuzurechnen sind, selbst wenn sie wesentliche
Bestandteile des Grund und Bodens geworden sind (§ 70 Abs. 3
BewG). Zum Grundvermögen gehören ebenfalls das
Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und
Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz (§ 68 Abs. 1
Nr. 3 BewG).
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bb) Ein im Grundbuch eingetragenes
Sondernutzungsrecht stellt demgegenüber kein
Grundvermögen dar. Es ist jedoch für Zwecke des § 9
Nr. 1 GewStG dem Grundbesitz des entsprechenden Wohnungs- oder
Teileigentümers zuzuordnen, dessen Inhalt es bestimmt.
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aaa) Ein Sondernutzungsrecht ist das durch
Vereinbarung begründete Recht eines oder mehrerer Wohnungs-
oder Teileigentümer, (abweichend von der Regel des § 13
Abs. 2 Satz 1 WEG a.F.) Teile des Gemeinschaftseigentums unter
Ausschluss der übrigen Wohnungs- beziehungsweise
Teileigentümer allein zu benutzen (vgl. zum Begriff des
Sondernutzungsrechts z.B. BFH-Urteil vom 05.07.2018 - VI R 67/15,
BFHE 262, 108, BStBl II 2018, 798 = SIS 18 15 76, Rz 22; vgl. auch
Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 20.03.2020 - V ZR 317/18,
BGHZ 225, 136, Rz 37).
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bbb) Das Sondernutzungsrecht ist
zivilrechtlich weder Bestandteil (§§ 93, 94 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ) des Sondereigentums noch
des gemeinschaftlichen Eigentums. Anders als die Grunddienstbarkeit
(vgl. hierzu BFH-Urteil vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529,
BStBl II 2022, 87 = SIS 21 00 30, Rz 21) ist es auch - mangels
subjektiv-dinglicher Berechtigung - kein Recht im Sinne des §
96 BGB (vgl. Lieber in Behrens/Wachter, Grunderwerbsteuergesetz, 2.
Aufl., § 2 Rz 81).
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Die Begründung eines Sondernutzungsrechts
lässt die (zivilrechtlichen) Eigentumsverhältnisse an der
betroffenen Grundstücksfläche unberührt. Der
Sondernutzungsberechtigte hat über seinen Miteigentumsanteil
hinaus in der Regel auch kein wirtschaftliches Eigentum an dem ihm
zur Nutzung überlassenen Gemeinschaftseigentum (BFH-Urteil vom
05.07.2018 - VI R 67/15, BFHE 262, 108, BStBl II 2018, 798 = SIS 18 15 76; anderer Ansicht wohl BFH-Urteil vom 30.11.1984 - III R
121/83, BFHE 143, 472, BStBl II 1985, 451 = SIS 85 16 05, unter 2.b
[Rz 21]).
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34
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Auch das im Grundbuch eingetragene
Sondernutzungsrecht stellt weder ein dingliches noch ein
grundstücksgleiches Recht dar, obwohl mit der Eintragung im
Grundbuch eine Inhaltsänderung aller Wohnungseigentumsrechte
bewirkt wird. Es ist vielmehr ein schuldrechtliches Gebrauchsrecht
(vgl. BGH-Urteil vom 20.03.2020 - V ZR 317/18, BGHZ 225, 136, Rz
30), dessen Gegenstand allein die im gemeinschaftlichen Eigentum
stehende Grundstücksfläche ist (BGH-Urteil vom 20.03.2020
- V ZR 317/18, BGHZ 225, 136, Rz 38). Es wird auch als
eigentumsähnliches Recht des Wohnungs- oder
Teileigentümers angesehen (BFH-Urteil vom 05.07.2018 - VI R
67/15, BFHE 262, 108, BStBl II 2018, 798 = SIS 18 15 76, Rz 22).
Ist das Sondernutzungsrecht im Grundbuch eingetragen, wird es als
Inhaltsbestimmung dem Sondereigentum zugeordnet (BGH-Urteil vom
20.03.2020 - V ZR 317/18, BGHZ 225, 136, Rz 37). Hieraus folgt,
dass das im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht auch
für Zwecke des § 9 Nr. 1 GewStG dem Wohnungs-
beziehungsweise Teileigentum und damit dem Grundbesitz des
entsprechenden Wohnungs- beziehungsweise Teileigentümers
zuzuordnen ist, dessen Inhalt es bestimmt.
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35
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cc) Betriebsvorrichtungen zählen
bewertungsrechtlich nicht zum Grundbesitz (§ 68 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 BewG), so dass die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen
die erweiterte Kürzung ausschließt, und zwar auch dann,
wenn sie einen nur geringfügigen Umfang annimmt (vgl.
BFH-Urteile vom 17.05.2006 - VIII R 39/05, BFHE 213, 64, BStBl II
2006, 659 = SIS 06 31 55; vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264,
470, BStBl II 2019, 705 = SIS 19 12 43; vom 11.04.2019 - III R 6/18
= SIS 19 13 87, jeweils
m.w.N.).
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36
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aaa) Der Begriff der Betriebsvorrichtung setzt
Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar
betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem
Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen,
wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht
es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich
nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich
vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von
ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes
genutzt werden (z.B. BFH-Urteil vom 18.12.2019 - III R 36/17, BFHE
267, 406, BStBl II 2020, 405 = SIS 20 04 03, Rz 20, m.w.N.).
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37
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bbb) Für die Abgrenzung zwischen
Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen kommt es
deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen
Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar
der Ausübung des Gewerbes dient. Die zivilrechtliche
Einordnung eines Gegenstands als wesentlicher
Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer
Betriebsvorrichtung im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG
nicht aus (z.B. BFH-Urteil vom 18.12.2019 - III R 36/17, BFHE 267,
406, BStBl II 2020, 405 = SIS 20 04 03, Rz 20, m.w.N.).
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38
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In Bezug auf eine Autowaschanlage ist zwischen
der Umschließung der Autowaschstraße, die
regelmäßig als Gebäude anzusehen ist (vgl. hierzu
BFH-Urteil vom 14.11.1975 - III R 150/74, BFHE 117, 492, BStBl II
1976, 198 = SIS 76 01 05), und der Waschanlage selbst, die eine
Betriebsvorrichtung darstellen kann, zu unterscheiden.
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39
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ccc) Die Frage, ob Betriebsvorrichtungen
Gegenstand eines Mietvertrags sind, ist nach zivilrechtlichen
Kriterien zu beurteilen. Hieraus folgt auch, dass wesentliche
Bestandteile des Grundstücks nicht zwingend und automatisch
kürzungsschädlich mitvermietet werden. Da nicht
sonderrechtsfähige Sachbestandteile ebenfalls Mietsache im
Sinne des § 535 Abs. 1 BGB sein können, kann die
Vermietung derartiger Sachbestandteile in einem Vertrag über
die Vermietung eines Gebäudes auch ausgeschlossen werden. Ist
der vertragliche Ausschluss von Betriebsvorrichtungen im
Mietvertrag zivilrechtlich wirksam, ist er grundsätzlich auch
steuerrechtlich zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 28.11.2019 - III R
34/17, BFHE 267, 398, BStBl II 2020, 409 = SIS 20 03 72, Rz
20).
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40
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b) „Eigener“
Grundbesitz im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist der zum
Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz
(z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 -
GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262 = SIS 19 02 19, Rz 76
f.). Die Annahme eigenen Grundbesitzes im Sinne von § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG setzt nicht zwingend zivilrechtliches Eigentum des
Unternehmers voraus. Vielmehr reicht wirtschaftliches Eigentum nach
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung aus (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 - GrS 2/16, BFHE 263,
225, BStBl II 2019, 262 = SIS 19 02 19, Rz 77; BFH-Beschluss vom
12.11.2009 - IV B 8/09, BFH/NV 2010, 464 = SIS 10 06 08, unter
1.c).
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41
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Ein Erbbaurecht einschließlich des vom
Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist „eigener
Grundbesitz“ im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz
2 GewStG. Das Erbbaurecht ist als dingliches Recht
bürgerlich-rechtlich dem Grundstück gleichgestellt. Mit
seiner Bestellung scheidet das Grundstück aus dem Grundbesitz
des Eigentümers im Sinne des § 9 Nr. 1 GewStG aus. Es ist
fortan dem Grundbesitz des Erbbauberechtigten zuzurechnen
(BFH-Urteil vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II
2022, 87 = SIS 21 00 30, Rz 20).
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42
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c) Eigener Grundbesitz wird „verwaltet
und genutzt“, wenn er zum Zwecke der
Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa
durch Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteile vom 25.05.2023 - IV R
33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927 = SIS 23 12 39, Rz 45; vom
22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87 = SIS 21 00 30, Rz 19, jeweils m.w.N.). § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
knüpft allerdings nicht an die einkommensteuerrechtliche
Qualifizierung der durch die Verwaltung und Nutzung des eigenen
Grundbesitzes erzielten Einkünfte als Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung an (z.B. BFH-Urteil vom 25.05.2023 - IV
R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927 = SIS 23 12 39, Rz
45).
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43
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aa) Wer über seinen eigenen Grundbesitz
einen Mietvertrag abschließt, nutzt seinen Grundbesitz im
Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Unerheblich ist, dass der
Mieter auf dem gemieteten Grundbesitz einen Gewerbebetrieb
ausüben will (vgl. BFH-Urteil vom 25.05.2023 - IV R 33/19,
BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927 = SIS 23 12 39, Rz 48, m.w.N.).
Die Vermietung von Grundbesitz bleibt auch dann private
Vermögensverwaltung, wenn der Besitz sehr umfangreich ist und
zur Verwaltung ein in kaufmännischer Weise eingerichteter
Geschäftsbetrieb unterhalten wird (BFH-Urteil vom 14.07.2016 -
IV R 34/13, BFHE 255, 12, BStBl II 2017, 175 = SIS 16 23 23, Rz
37).
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44
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bb) Die neben der Vermögensverwaltung des
Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten
Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG
abschließend aufgezählt (vgl. BFH-Urteile vom 15.06.2023
- IV R 6/20 = SIS 23 12 35, Rz 27;
vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87 = SIS 21 00 30, Rz 19, m.w.N.).
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45
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cc) Darüber hinaus liegen nach
ständiger Rechtsprechung Nebentätigkeiten innerhalb des
von dem Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG gezogenen Rahmens und sind - ausnahmsweise - nicht
begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und
Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als
zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten
eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung
angesehen werden können (vgl. BFH-Urteile vom 25.05.2023 - IV
R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927 = SIS 23 12 39, Rz 46;
vom 15.06.2023 - IV R 6/20 = SIS 23 12 35, Rz 27; vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl
II 2022, 87 = SIS 21 00 30, Rz 19, m.w.N.).
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46
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aaa) Die An- und Weitervermietung fremden
Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes kann
danach nur dann eine begünstigte Nebentätigkeit sein,
wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll
gestalteten Überlassung eigenen Grundbesitzes ist (BFH-Urteil
vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87 = SIS 21 00 30, Rz 23). Ist der Umfang einer derartigen
Nebentätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der
erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das
Ausschließlichkeitsgebot (z.B. BFH-Urteile 25.05.2023 - IV R
33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927 = SIS 23 12 39, Rz 46; vom
22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87 = SIS 21 00 30, Rz 23, m.w.N.). Im Übrigen sind von dem
Ausschließlichkeitserfordernis keine Ausnahmen wegen
Geringfügigkeit, auch nicht solche aufgrund des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 des
Grundgesetzes) geboten (z.B. BFH-Urteile vom 26.02.2014 - I R 6/13
= SIS 14 21 36, Rz 15, m.w.N.; vom
11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705 = SIS 19 12 43, Rz 37; vom 15.06.2023 - IV R 6/20 = SIS 23 12 35, Rz 27). Ein Verstoß gegen
das Ausschließlichkeitsgebot führt zur
vollständigen Versagung der erweiterten Kürzung.
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47
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bbb) Wird Grundbesitz in Gestalt von Wohnungs-
oder Teileigentum vermietet, so umfasst die
Nutzungsüberlassung nicht nur Sondereigentum an einer
bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden
bestimmten Räumen in einem Gebäude (vgl. § 3 Abs. 1,
§ 5 WEG), sondern stets auch Gebäudebestandteile, die -
durch Teilungserklärung oder Gesetz - dem gemeinschaftlichen
Eigentum zugeordnet sind (vgl. hierzu z.B. BGH-Urteil vom
26.10.2012 - V ZR 57/12, Rz 11). So stehen zum Beispiel Fenster
nebst Rahmen gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend im
Gemeinschaftseigentum (vgl. BGH-Urteil vom 02.03.2012 - V ZR
174/11, Rz 7, m.w.N.). Die Mitvermietung solcher Wohnungs-
beziehungsweise Gebäudebestandteile stellt sich als zwingend
notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten
Überlassung eigenen Grundbesitzes dar. Sie führt nicht
zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes
gegen das Ausschließlichkeitsgebot.
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48
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d) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat
das FG zwar zutreffend erkannt, dass die Teilerbbaurechte der
Klägerin, für die die Vorschriften über das
Teileigentum entsprechend gelten (§ 30 WEG),
einschließlich der von der Klägerin dort errichteten
Gebäude zu deren Grundbesitz gehörten. Ebenso wenig zu
beanstanden ist seine Annahme, bei der Waschanlage handele es sich
um eine Betriebsvorrichtung im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 BewG, da diese unmittelbar der Ausübung des Gewerbes der
V-GmbH diene.
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49
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Jedoch hält seine Entscheidung, die
Klägerin habe im Rahmen des Gewerbemietvertrags vom 13.08.2004
neben eigenem Grundbesitz kürzungsschädlich zumindest
auch eine Betriebsvorrichtung in Gestalt der Autowaschanlage an die
V-GmbH vermietet, der revisionsrechtlichen Prüfung nicht
stand.
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50
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aa) Die Vertragsauslegung gehört zwar
grundsätzlich zu der dem FG obliegenden Feststellung der
Tatsachen. Allerdings ist der BFH als Revisionsinstanz nicht
gehindert, die Auslegung des FG daraufhin zu überprüfen,
ob die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB),
die Denkgesetze und Erfahrungssätze zutreffend angewandt
worden sind. Das Revisionsgericht hat auch zu prüfen, ob das
FG die für die Vertragsauslegung bedeutsamen
Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend
gewürdigt hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 03.12.2015 - IV R
43/13 = SIS 16 07 13, Rz 34,
m.w.N.).
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51
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bb) Wie die Klägerin zutreffend
rügt, hat das FG nicht alle bedeutsamen Begleitumstände
der vermeintlichen mietweisen Überlassung der Waschanlage an
die V-GmbH ermittelt und im Rahmen seiner Vertragsauslegung
berücksichtigt.
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52
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aaa) Das FG hat den im Gewerbemietvertrag vom
13.08.2004 verwendeten Begriff der
„Waschstraße“ dahin verstanden,
dass dieser nicht nur die Flächen innerhalb des
Waschstraßengebäudes, sondern auch das Gebäude
selbst und die in der Waschstraße installierte Waschanlage
umfasst. Im Rahmen seiner Vertragsauslegung hat das FG insbesondere
auf § 4 Ziff. 1 des Gewerbemietvertrags abgestellt, in dem ein
gesonderter Mietzins für die
„Waschstraße“ ausgewiesen ist.
Zudem hat es angenommen, die Waschanlage sei mit ihrem Einbau in
das Waschstraßengebäude dessen wesentlicher Bestandteil
(§ 12 Abs. 2 des Erbbaurechtsgesetzes, § 94 Abs. 2 BGB)
geworden. Davon, dass die Waschanlage mitvermietet worden sei,
seien - so das FG - auch die Vertragsbeteiligten ausgegangen.
Hierfür sprächen insbesondere die Regelungen in § 7
Ziff. 1 über die Instandhaltung der Mietsache und in § 9
Ziff. 4 des Gewerbemietvertrags zu den Austauschpflichten der
Vermieterin.
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53
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bbb) Während die Annahme des FG, der
Gewerbemietvertrag vom 13.08.2004 umfasse das
Waschstraßengebäude, revisionsrechtlich nicht zu
bestanden ist, erweist sich seine weitergehende Annahme, die
Klägerin habe auch die im Waschstraßengebäude
befindliche Waschanlage an die V-GmbH vermietet, als
rechtsfehlerhaft.
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54
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Bei isolierter Betrachtung des
Gewerbemietvertrags vom 13.08.2004 kann der Begriff der
Waschstraße zwar dahin verstanden werden, dass er sowohl das
Waschstraßengebäude als auch die in dem Gebäude
betriebene Waschanlage umfasst. Allerdings erweist sich die
isolierte Betrachtung des Gewerbemietvertrags vom 13.08.2004 unter
Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten des Streitfalls
als unzutreffend. Das FG hätte bei der Auslegung dieses
Vertrags den Inhalt des am gleichen Tag zwischen der S-GmbH und der
V-GmbH geschlossenen Kauf- und Übertragungsvertrags
einbeziehen müssen, denn wie sich aus dessen Anlage 1 ergibt,
gehörte zu den übertragenen Gegenständen auch eine
am 01.10.1993 angeschaffte, auf acht Jahre abgeschriebene
„Waschstraße“ mit Anschaffungs-
und Herstellungskosten in Höhe von 140.878,92 EUR. Somit
drängt sich die Frage auf, warum die V-GmbH die Waschanlage
gegen Zahlung eines Entgelts anmieten sollte, wenn sie diese doch
bereits aufgrund des Kauf- und Übertragungsvertrags vom
13.08.2004 hätte nutzen und über diese hätte
verfügen können. Dementsprechend hätte sich das FG
damit auseinandersetzen müssen, ob die S-GmbH die Waschanlage
an die V-GmbH verkauft hat beziehungsweise ob die Waschanlage trotz
der Regelungen im Kaufvertrag gleichwohl Gegenstand des
Mietvertrags sein konnte oder sollte.
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55
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ccc) Dass das FG seine Auffassung, die
Waschanlage sei mitvermietet worden, auch damit begründet hat,
die Waschanlage sei zivilrechtlich als wesentlicher Bestandteil der
Waschstraße anzusehen, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Denn zum einen fehlt es für eine solche rechtliche
Qualifikation an hinreichenden Feststellungen des FG zu den
baulichen Eigenschaften der Waschanlage. Das FG stützt sich
insoweit allein auf den Sachvortrag der Klägerin im Verfahren
14 K 1566/12 G. Zum anderen hat das FG verkannt, dass nach den
unter II.2.a cc ccc dargelegten Grundsätzen wesentliche
Bestandteile eines Grundstücks nicht automatisch und
zwangsweise mitvermietet werden. Wesentliche Bestandteile eines
Grundstücks können zwar nicht Gegenstand besonderer
dinglicher Rechte (§§ 93, 94 BGB), wohl aber Gegenstand
schuldrechtlicher Vereinbarungen sein (vgl. z.B. BGH-Urteil vom
20.10.1999 - VIII ZR 335/98, unter II.1., m.w.N.; vgl. auch
BFH-Urteil vom 28.11.2019 - III R 34/17, BFHE 267, 398, BStBl II
2020, 409 = SIS 20 03 72, Rz 20). Demgemäß können
die Parteien eines Mietvertrags bestimmen, dass ein wesentlicher
Bestandteil eines Grundstücks nicht Gegenstand des
Mietvertrags sein soll.
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56
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cc) Hat das FG eine (präzise) Auslegung
eines entscheidungserheblichen Vertrags unterlassen, so kann sie
das Revisionsgericht nur auf der Grundlage der dafür
ausreichenden Tatsachenfeststellungen selbst vornehmen (BFH-Urteil
vom 22.01.2004 - IV R 32/03, BFH/NV 2004, 1092 = SIS 04 30 21,
unter 2.a, m.w.N.).
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57
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An derartigen Tatsachenfeststellungen fehlt es
jedoch vorliegend, denn das FG hat eine hinreichende
Sachaufklärung in Bezug auf die rechtlichen Grundlagen der
Nutzung der Waschanlage durch die V-GmbH unterlassen. Eine solche
wäre auch deshalb geboten gewesen, weil die Klägerin im
FG-Verfahren ein Schreiben der Rechtsnachfolgerin der V-GmbH vom
29.10.2019 vorgelegt hat, in dem diese nicht nur bestätigt,
dass die V-GmbH die in Anlage 1 des Kauf- und
Übertragungsvertrags vom 13.08.2004 genannten Gegenstände
käuflich erworben hat. Die Rechtsnachfolgerin der V-GmbH teilt
darin ferner mit, sie habe die Gegenstände seither
instandgesetzt beziehungsweise instandgehalten und mit Vertrag vom
28.11.2017 eine neue Waschanlage geleast. Hierbei handelt es sich
um entscheidungserhebliche Umstände, denn auch die
tatsächliche Handhabung der Vertragsbeteiligten lässt
Rückschlüsse auf den Inhalt der bestehenden
schuldrechtlichen Abreden in Bezug auf die Waschanlage zu.
Darüber hinaus fehlt es an Feststellungen des FG dazu, ob die
Klägerin oder die V-GmbH die Waschanlage in ihren Bilanzen zum
31.12.2004 ausgewiesen haben. Auch die bilanzielle Behandlung der
Waschanlage kann Rückschlüsse auf den Inhalt der
bestehenden schuldrechtlichen Abreden ermöglichen.
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58
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3. Die Klageabweisung ist auch nicht etwa
deshalb im Ergebnis zutreffend (§ 126 Abs. 4 FGO), weil die
Klägerin nicht ausschließlich
„eigenen“ Grundbesitz an die V-GmbH
vermietet habe.
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59
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Die erweiterte Kürzung gemäß
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist nicht ausgeschlossen, weil das an
die V-GmbH vermietete Autohaus und die Waschstraße zwar im
Sondereigentum (vgl. § 30 WEG) der Klägerin standen,
dieses jedoch weder die im Autohaus und in der Waschstraße
eingebauten Fenster und Rollläden noch die auf das
gemeinschaftliche Erbbaurecht entfallenden mitvermieteten
Grundstücksflächen im Freien umfasste, die nach der
Teilungserklärung jeweils Gegenstand des gemeinschaftlichen
Eigentums sind.
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60
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a) Die mit dem Gewerbemietvertrag vom
13.08.2004 erfolgte mietweise Überlassung des Autohauses und
der Waschstraße an die V-GmbH, die die im Autohaus und in der
Waschstraße eingebauten Fenster und Rollläden - die nach
den bindenden Feststellungen des FG dem Gemeinschaftseigentum
zuzuordnen sind - mitumfasst, ist nach Maßgabe der unter
II.2.c cc bbb dargelegten Grundsätze
kürzungsunschädlich. Sie stellt sich als zwingend
notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten
Überlassung des eigenen Grundbesitzes der Klägerin dar
und kann keine Versagung der erweiterten Kürzung
begründen.
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61
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b) Auch die im Gewerbemietvertrag vom
13.08.2004 geregelte Überlassung der „dem
Sondernutzungsrecht des Vermieters unterliegenden
Grundstücksflächen im Freien (Kfz-Stellplätze
…)“ gemäß Lageplan (vgl.
§ 1 Ziff. 1 des Mietvertrags) führt nicht zur Versagung
der erweiterten Kürzung. Obwohl das im Grundbuch eingetragene
Sondernutzungsrecht (vgl. Teilungserklärung vom 20.07.2004,
Teil I § 3 Ziff. 3, Teil III Buchst. a und b) lediglich ein
schuldrechtliches Gebrauchsrecht darstellt, ist es - wie unter
II.2.a bb dargelegt - für Zwecke des § 9 Nr. 1 GewStG dem
Teileigentum (Sondereigentum) und damit dem Grundbesitz der
Klägerin zuzuordnen.
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62
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4. Schließlich kann auch die Annahme des
FG, die Klägerin habe den Grundbesitz im Rahmen einer
gewerblichen Betriebsverpachtung an die V-GmbH überlassen,
keine Versagung der erweiterten Kürzung gemäß
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG begründen.
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63
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Hätte die Klägerin - wie vom FG
angenommen - im Rahmen des Gewerbemietvertrags vom 13.08.2004 alle
wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden
Betriebsgegenstände an die V-GmbH zur Nutzung überlassen,
so wäre zwar eine Betriebsverpachtung gegeben (hierzu unter
a). Diese führte jedoch nicht ohne Weiteres zur Versagung der
erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG (hierzu unter b). Ob eine kürzungsschädliche
Betriebsverpachtung vorliegt, kann der Senat auf der Grundlage der
Feststellungen des FG nicht entscheiden (hierzu unter c).
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64
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a) Die Voraussetzungen einer
Betriebsverpachtung ergeben sich im Streitfall aus den von der
Rechtsprechung im Anschluss an das Urteil des Großen Senats
des BFH vom 13.11.1963 - GrS 1/63 S (BFHE 78, 315, BStBl III 1964,
124 = SIS 64 00 77) entwickelten Grundsätzen. Die gesetzliche
Regelung zur Betriebsverpachtung in § 16 Abs. 3b EStG i.d.F.
des Steuervereinfachungsgesetzes (StVereinfG) 2011 vom 01.11.2011
(BGBl I 2011, 2131) findet keine Anwendung, denn sie gilt
gemäß § 52 Abs. 34 Satz 9 EStG i.d.F. des
StVereinfG 2011 erstmals für Betriebsaufgaben nach dem
04.11.2011.
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65
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aa) Nach diesen
Rechtsprechungsgrundsätzen reicht es für die Annahme
einer gewerblichen Betriebsverpachtung aus, dass die wesentlichen,
dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände
verpachtet werden. Welche der Betriebsgegenstände als
wesentliche Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, bestimmt sich
nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls unter
Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des
betreffenden Betriebs. Maßgebend ist dabei auf die sachlichen
Erfordernisse des Betriebs abzustellen (sogenannte funktionale
Betrachtungsweise, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17.04.2019 - IV R
12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745 = SIS 19 11 44, Rz 41; vom
03.04.2014 - X R 16/10 = SIS 14 15 80, Rz 21 f.; vom 29.11.2017 - X R 34/15 = SIS 18 02 97, Rz 62; vom 11.10.2007 - X R
39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220 = SIS 08 08 28, unter
II.3.b, m.w.N.). Entscheidend sind die Verhältnisse des
verpachtenden, nicht des pachtenden Unternehmens (BFH-Urteile vom
17.04.2019 - IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745 = SIS 19 11 44, Rz 41; vom 07.11.2013 - X R 21/11 = SIS 14 10 73, Rz 15; vom 11.10.2007 - X R
39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220 = SIS 08 08 28, unter
II.3.b, m.w.N.).
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66
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bb) Typischerweise wird bei einer
Betriebsverpachtung nicht nur Grundbesitz vermögensverwaltend
überlassen, sondern gerade auch Vermögen anderer Art
verwaltet und genutzt (BFH-Urteil vom 14.06.2005 - VIII R 3/03,
BFHE 210, 38, BStBl II 2005, 778 = SIS 05 39 38). Ausnahmsweise
kann eine Betriebsverpachtung aber auch dann vorliegen, wenn nur
ein Betriebsgrundstück (gegebenenfalls in Verbindung mit
Betriebsvorrichtungen), das die alleinige wesentliche
Betriebsgrundlage darstellt, überlassen wird (vgl. BFH-Urteile
vom 17.04.2019 - IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745 =
SIS 19 11 44, Rz 42; vom 29.10.1992 - III R 5/92, BFH/NV 1993, 233,
unter 1. [Rz 13]; vom 28.08.2003 - IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl
II 2004, 10 = SIS 03 42 92, unter II.1.f; vom 18.08.2009 - X R
20/06, BFHE 226, 224, BStBl II 2010, 222 = SIS 09 34 28, unter
II.2.f).
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Für Groß- und
Einzelhandelsunternehmen nimmt die neuere BFH-Rechtsprechung an,
dass die gewerblich genutzten Räume regelmäßig den
wesentlichen Betriebsgegenstand bilden und dem Gewerbe das
Gepräge geben - anders als etwa bei dem produzierenden Gewerbe
(vgl. BFH-Urteile vom 17.04.2019 - IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl
II 2019, 745 = SIS 19 11 44, Rz 42; vom 07.11.2013 - X R 21/11 =
SIS 14 10 73, Rz 16, m.w.N.). Bei
einem „Autohaus“ (Handel mit
Neufahrzeugen und Gebrauchtfahrzeugen eines bestimmten
Automobilfabrikanten einschließlich angeschlossenem
Werkstattservice) bilden das speziell für dessen Betrieb
hergerichtete Betriebsgrundstück samt Gebäuden und
Aufbauten sowie die fest mit dem Grund und Boden verbundenen
Betriebsvorrichtungen im Regelfall die alleinigen wesentlichen
Betriebsgrundlagen, während die beweglichen Anlagegüter,
insbesondere die Werkzeuge und Geräte, regelmäßig
auch dann nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen
gehören, wenn diese im Hinblick auf die Größe des
„Autohauses“ ein nicht
unbeträchtliches Ausmaß einnehmen (vgl. BFH-Urteil vom
11.10.2007 - X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220 = SIS 08 08 28, unter II.4.c).
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b) Selbst wenn danach die Würdigung des
FG, die Klägerin habe durch die Vermietung der im
Gewerbemietvertrag vom 13.08.2004 beschriebenen Gebäude und
Flächen die alleinigen wesentlichen Betriebsgrundlagen ihres
Betriebs an die V-GmbH überlassen, der revisionsrechtlichen
Prüfung standhielte, folgt hieraus nicht, dass die erweiterte
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
ausgeschlossen ist. Denn nicht jede Betriebsverpachtung ist
kürzungsschädlich.
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69
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aa) § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist bei einer
Betriebsverpachtung grundsätzlich nicht anzuwenden (BFH-Urteil
vom 14.06.2005 - VIII R 3/03, BFHE 210, 38, BStBl II 2005, 778 =
SIS 05 39 38, unter II.2. und II.2.b), da im Regelfall im Rahmen
einer Betriebsverpachtung auch andere
Vermögensgegenstände als der eigene Grundbesitz
(mit-)vermietet werden. Werden hingegen ausnahmsweise
ausschließlich eigener Grundbesitz vermietet und andere, nach
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erlaubte Tätigkeiten
ausgeübt, liegt keine kürzungsschädliche
Betriebsverpachtung vor.
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aaa) Dies steht im Einklang mit dem Sinn und
Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, der darin besteht, die
Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen
Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zwecke der Gleichbehandlung
mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur private
Vermögensverwaltung betreiben (z.B. Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 25.09.2018 - GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II
2019, 262 = SIS 19 02 19, Rz 96, m.w.N.).
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bbb) Unter Berücksichtigung dieser
Zwecksetzung ist eine Betriebsverpachtung zwar grundsätzlich
nicht begünstigt, weil regelmäßig nicht nur im
Sinne einer typischen Vermögensverwaltung Grundbesitz, sondern
typischerweise gerade auch Vermögen anderer Art verwaltet und
genutzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 14.06.2005 - VIII R 3/03, BFHE
210, 38, BStBl II 2005, 778 = SIS 05 39 38, unter II.2.b [Rz 21]).
Sie ist selbst dann kürzungsschädlich, wenn mit der
Mitverpachtung von Mobiliar zur Grundstücksnutzung lediglich
eine als äußerst geringfügig zu betrachtende und
insoweit als wirtschaftlich vernachlässigbar erscheinende
gewerbliche Tätigkeit hinzutritt (vgl. BFH-Urteil vom
14.06.2005 - VIII R 3/03, BFHE 210, 38, BStBl II 2005, 778 = SIS 05 39 38, unter II.2.b [Rz 22]).
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bb) Allerdings ist eine Betriebsverpachtung
gleichwohl nicht ausnahmslos kürzungsschädlich (anderer
Ansicht wohl FG Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2022 - 2 K
2599/18 G, EFG 2022, 1392 = SIS 22 14 75, Revision eingelegt,
Aktenzeichen des BFH: IV R 19/22; vgl. auch Stahl in Korn, §
16 EStG Rz 388.1).
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aaa) So hat der BFH bereits entschieden, dass
eine Betriebsverpachtung nicht kürzungsschädlich ist,
wenn es sich bei der - über die
Grundstücksüberlassung hinausgehenden - zusätzlichen
Nutzung um eine Nebentätigkeit handelt, die als zwingend
notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen
Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist (vgl.
BFH-Urteil vom 14.06.2005 - VIII R 3/03, BFHE 210, 38, BStBl II
2005, 778 = SIS 05 39 38, unter II.2.b [Rz 21]).
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bbb) Ebenso wenig kürzungsschädlich
ist es, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge
gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden, es sich hierbei
aber ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz
handelt. Wird ausnahmsweise nicht auch Vermögen anderer Art
verwaltet und genutzt, sondern lediglich Grundbesitz vermietet, der
als wesentlicher, dem Betrieb das Gepräge gebender
Betriebsgegenstand anzusehen ist, liegt eine
kürzungsunschädliche Betriebsverpachtung vor. Eine zu der
Vermögensverwaltung hinzutretende
(kürzungsschädliche) Nutzung des Grundstücks ergibt
sich dabei nicht aus den Besonderheiten des überlassenen
Grundbesitzes, die dazu führen, dass dieser die einzige
wesentliche Betriebsgrundlage des nur unterbrochenen
Gewerbebetriebs des Verpächters ist (so aber wohl FG
Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2022 - 2 K 2599/18 G, EFG 2022,
1392 = SIS 22 14 75, Rz 111, unter Verweis auf die hiesige
Vorentscheidung). Denn etwaige Besonderheiten des überlassenen
Grundbesitzes führen nicht (ohne Weiteres) dazu, dass dessen
Verwaltung oder Nutzung die Grenze zur Gewerblichkeit
überschreitet.
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Für die Frage der
Kürzungsschädlichkeit einer
Grundstücksüberlassung ist nicht maßgebend, dass
das überlassene (bebaute) Grundvermögen die wesentliche
Betriebsgrundlage eines Betriebs darstellt und für die
Verpächterin die Möglichkeit besteht, nach Ende der
Überlassung (erneut) einen entsprechenden Betrieb zu
betreiben. Unter Berücksichtigung des Zwecks des § 9 Nr.
1 Satz 2 GewStG ist vielmehr ausschlaggebend, ob im konkreten
Einzelfall tatsächlich nur eigener (bebauter) Grundbesitz
überlassen wird.
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ccc) Eine solche differenzierte Betrachtung
der Fälle der Betriebsverpachtung entspricht nicht nur dem
Sinn und Zweck der Regelung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Sie
stellt zudem sicher, dass die Fälle einer
Vermögensverwaltung durch Vermietung eigenen Grundbesitzes
gleich behandelt werden. Diese Tätigkeit soll -
unabhängig davon, ob sie von einem Einzelunternehmer, einer
Personengesellschaft oder aber einer gewerblich geprägten
Personengesellschaft ausgeübt wird - keine Gewerbesteuer
auslösen. Anders ist dies nur dann, wenn die Überlassung
des Grundbesitzes im Rahmen einer Betriebsaufspaltung erfolgt, denn
hierbei handelt es sich - im Gegensatz zur Betriebsverpachtung - um
eine originär gewerbliche Tätigkeit, die eine erweiterte
Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
ausschließt.
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c) Aus dem BFH-Urteil vom 11.10.2007 - X R
39/04 (BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220 = SIS 08 08 28) kann
nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Seinerzeit hat der BFH es
als kürzungsschädlich angesehen, dass
Betriebsgrundstücke samt Gebäuden, baulichen Anlagen und
Betriebsvorrichtungen (namentlich Hofbefestigung, Umzäunung,
Druckluftanlage, Frischölanlage, Altölanlage,
Abgasanlage, Regenwasserauffangbehälter, Tauchpumpe,
Parkplatzanlage) überlassen wurden. Der Fall der bloßen
Überlassung eigenen Grundbesitzes war nicht Gegenstand der
Entscheidung.
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d) Ausgehend von diesen Grundsätzen
hält die Annahme des FG, es liege eine
kürzungsschädliche Betriebsverpachtung vor, der
revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
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aa) Das FG hat das Vorliegen einer
kürzungsschädlichen Betriebsverpachtung bejaht. Es ist
davon ausgegangen, dass die Klägerin der V-GmbH im Rahmen des
Gewerbemietvertrags vom 13.08.2004 alle wesentlichen
Betriebsgrundlagen des zunächst von B und dann von ihr selbst
betriebenen Autohauses nebst Werkstatt und Waschanlage
überlassen hat. Die betreffenden Flächen und Gebäude
lägen - so das FG - verkehrsgünstig, seien speziell zum
Betrieb eines Autohandels nebst Reparaturwerkstatt und Waschhalle
hergerichtet und würden von der V-GmbH auch entsprechend
genutzt. Das an die V-GmbH veräußerte bewegliche
Anlagevermögen beziehungsweise das Umlaufvermögen
gehöre demgegenüber - so das FG - nicht zu den
wesentlichen Betriebsgrundlagen.
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bb) Ausgehend von den dargelegten
Grundsätzen läge eine kürzungsschädliche
Betriebsverpachtung allerdings nur dann vor, wenn die Klägerin
- neben eigenem Grundbesitz - auch die Waschanlage (oder sonstige
Betriebsvorrichtungen) an die V-GmbH vermietet hätte. Ob dies
der Fall ist, kann der Senat - wie dargelegt - auf der Grundlage
der Feststellungen des FG nicht entscheiden.
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5. Die Sache ist somit nicht spruchreif. Sie
war daher an das FG zurückzuverweisen. Im zweiten Rechtsgang
wird sich das FG unter Beachtung der dargelegten Grundsätze
erneut mit der Frage zu befassen haben, ob auch die Waschanlage
Gegenstand des Gewerbemietvertrags vom 13.08.2004 war. Wäre
dies der Fall, so wäre die erweiterte Kürzung zu
versagen. Anderenfalls wäre der Klägerin die erweiterte
Kürzung zu gewähren, wenn das FG nach der weiteren
Sachaufklärung im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis
käme, dass sie allein das Betriebsgrundstück an die
V-GmbH vermietet hatte und sie auch im Übrigen - insbesondere
auch in Bezug auf das A-Grundstück - lediglich eigenen
Grundbesitz vermietet hatte.
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6. Der Senat hat es als sachgerecht erachtet,
durch Gerichtsbescheid (§ 90a FGO) zu entscheiden. Er hat
seine Entscheidung in einer Videokonferenz unter den hierfür
von der BFH-Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen getroffen
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10.02.2021 - IV R 35/19, BFHE 272, 152 =
SIS 21 06 74, Rz 34; vom 08.09.2022 - V R 26/21, BFHE 278, 348,
BStBl II 2023, 361 = SIS 23 00 27, Rz 26).
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7. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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