Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 04.12.2019 - 9 K 149/17
F = SIS 19 22 58 insoweit
aufgehoben, als die Klage gegen die Bescheide über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für
die Einkommensbesteuerung 2012 vom 05.10.2017 sowie für die
Einkommensbesteuerung 2013 vom 04.12.2019 hinsichtlich der
jeweiligen Anteile des Beigeladenen zu 1. an dem festzusetzenden
Gewerbesteuermessbetrag und der tatsächlich zu zahlenden
Gewerbesteuer abgewiesen worden ist.
Die genannten Bescheide werden nach
Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die jeweiligen
Anteile entsprechend zu berechnen.
Im Übrigen wird die Revision als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. In den Jahren 2012 und 2013
(Streitjahre) waren an der Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin), einer KGaA, als persönlich haftende
Gesellschafter (phG) beteiligt … (Beigeladener zu 1.), die
… GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 2.) sowie die … GmbH
(GmbH). Die letztgenannten Gesellschaften erhielten eine
gewinnunabhängige Haftungsvergütung von … EUR
beziehungsweise … EUR pro Jahr. Die Gesamtvergütung des
Beigeladenen zu 1. belief sich in 2012 auf … EUR (Tantieme
als gewinnabhängige Vergütung … EUR und
Personenkraftwagen-Überlassung/Pensionsanspruch als
gewinnunabhängige Vergütung … EUR) und in 2013 auf
… EUR (Tantieme als gewinnabhängige Vergütung
… EUR und
Personenkraftwagen-Überlassung/Pensionsanspruch als
gewinnunabhängige Vergütung … EUR).
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In den Erklärungen zur gesonderten und
einheitlichen Feststellung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrages
und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer für die
Streitjahre teilte die Klägerin die anteilig auf die
Beigeladenen zu 1. und zu 2. entfallenden Feststellungsgrundlagen
unter Einbeziehung dieser Vergütungen in den
Verteilungsschlüssel auf. Die GmbH, der aufgrund ihrer
Rechtsform keine Steuerermäßigung nach § 35 des
Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden
Fassung (EStG) zusteht, berücksichtigte sie nicht.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) stellte mit Bescheid zur Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom 22.10.2014 den
Gewerbesteuermessbetrag der Klägerin für 2012 mit
… EUR und den hiervon auf den Beigeladenen zu 1.
entfallenden Anteil auf … EUR sowie den auf die Beigeladene
zu 2. entfallenden Anteil auf … EUR fest. Den „Anteil
am Messbetrag x 3,8“ stellte er für den
Beigeladenen zu 1. mit … EUR und für die Beigeladene zu
2. mit … EUR fest. In dem entsprechenden Bescheid für
das Jahr 2013 vom 22.10.2014 stellte das FA den
Gewerbesteuermessbetrag mit … EUR, die Anteile des
Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. am
Gewerbesteuermessbetrag sowie deren „Anteil am Messbetrag x
3,8“ jeweils in Höhe von … EUR
fest.
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Nach Durchführung einer
Außenprüfung änderte das FA die
Gewerbesteuermessbescheide der Klägerin. Es setzte am
17.08.2016 Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von …
EUR für 2012 und … EUR für 2013 fest. Ferner
vertrat es die Auffassung, für die Verteilung der
Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 35 Abs. 2 EStG sei auf
den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel abzustellen. Nicht
zu berücksichtigen seien Vorabgewinne sowie
gewinnabhängige und gewinnunabhängige
Sondervergütungen. Im Streitfall seien die Anteile am
Gewerbesteuermessbetrag daher für die phG mit … EUR
festzustellen. Diese Rechtsauffassung setzte das FA durch
Änderungsbescheide vom 08.08.2016 um. Für das Jahr 2012
stellte es die Anteile am Gewerbesteuermessbetrag für die
Beigeladenen zu 1. und zu 2. jeweils mit … EUR fest und hob
den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hinsichtlich des Jahres
2013 hob das FA lediglich den Vorbehalt der Nachprüfung
auf.
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Nach erfolglosen Einsprüchen erhob die
Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster.
Während des Klageverfahrens erließ das FA am 05.10.2017
einen Änderungsbescheid für 2012 über den
Gewerbesteuermessbetrag, in dem es von einem Gewerbeertrag in
Höhe von … EUR ausging und einen
Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von … EUR festsetzte.
Darüber hinaus erließ es in der mündlichen
Verhandlung vor dem FG einen geänderten Bescheid über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für
die Einkommensbesteuerung 2013 dahingehend, dass der
Gewerbesteuermessbetrag mit … EUR und die tatsächlich
zu zahlende Gewerbesteuer mit … EUR festgestellt wurden. Das
FG wies die Klage durch Urteil vom 04.12.2019 - 9 K 149/17 F (EFG
2020, 720 = SIS 19 22 58) in Bezug auf die Feststellungen nach
§ 35 Abs. 2 EStG ab.
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Dagegen richtet sich die Revision der
Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts
geltend macht.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG Münster vom 04.12.2019 - 9 K 149/17 F insoweit aufzuheben,
als es die Klage abgewiesen hat und
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1. den Bescheid über die gesonderte
und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die
Einkommensbesteuerung 2012 vom 05.10.2017 dahingehend zu
ändern, dass festgestellt wird, dass der
Gewerbesteuermessbetrag 2012 für Zwecke des § 35 Abs. 2
EStG anteilig mit … EUR auf den Beigeladenen zu 1. und
anteilig mit … EUR auf die Beigeladene zu 2. entfällt
und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer 2012 für
Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG anteilig mit … EUR auf den
Beigeladenen zu 1. und anteilig mit … EUR auf die
Beigeladene zu 2. entfällt,
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2. den Bescheid über die gesonderte
und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die
Einkommensbesteuerung 2013 vom 04.12.2019 dahingehend zu
ändern, dass festgestellt wird, dass der
Gewerbesteuermessbetrag 2013 für Zwecke des § 35 Abs. 2
EStG anteilig mit … EUR auf den Beigeladenen zu 1. und
anteilig mit … EUR auf die Beigeladene zu 2. entfällt
und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer 2013 für
Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG anteilig mit … EUR auf den
Beigeladenen zu 1. und anteilig mit … EUR auf die
Beigeladene zu 2. entfällt.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist ganz überwiegend
begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben, soweit es
die Klage gegen die Bescheide über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Grundlagen für die
Einkommensbesteuerung 2012 vom 05.10.2017 sowie für die
Einkommensbesteuerung 2013 vom 04.12.2019 hinsichtlich der
jeweiligen Anteile des Beigeladenen zu 1. an dem
Gewerbesteuermessbetrag und der tatsächlich zu zahlenden
Gewerbesteuer abgewiesen hat (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG ist insoweit zu Unrecht
davon ausgegangen, dass der jeweilige Anteil des Beigeladenen zu 1.
ohne Einbeziehung der gewinnabhängigen Tantiemen festzustellen
war. Hinsichtlich der gewinnunabhängigen Vergütungsteile
ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§
126 Abs. 2 FGO).
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1. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG
ermäßigt sich unter dort näher bestimmten
Voraussetzungen die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie anteilig
auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche
Einkünfte entfällt
(Ermäßigungshöchstbetrag). Dabei ist nach § 35
Abs. 2 Satz 1 EStG bei Mitunternehmerschaften im Sinne des §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder bei KGaA im Sinne des § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG der Betrag des Gewerbesteuermessbetrages,
die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die
einzelnen Mitunternehmer oder auf die phG entfallende Anteil
gesondert und einheitlich festzustellen. Zwischen den Beteiligten
ist nicht im Streit, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2012 - wie im
Änderungsbescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom
05.10.2017 festgehalten - mit … EUR sowie die
tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer - in
Übereinstimmung mit dem klägerischen Antrag - mit
… EUR gesondert und einheitlich gemäß § 35
Abs. 2 Satz 1 EStG festzustellen war. Der Senat sieht dazu von
weiteren Ausführungen ab.
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2. Soweit § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG zudem
die gesonderte und einheitliche Feststellung des auf die phG
entfallenden Anteils verlangt, bestimmt § 35 Abs. 2 Satz 2
EStG, dass sich der Anteil eines Mitunternehmers am
Gewerbesteuermessbetrag nach seinem Anteil am Gewinn der
Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssels richtet; Vorabgewinnanteile sind
nicht zu berücksichtigen. Die Beteiligten streiten
darüber, ob die Vorgaben des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG
unmittelbar oder zumindest rechtsanalog auf einen phG einer KGaA
anzuwenden sind und die Berücksichtigung gewinnabhängiger
Tätigkeitsvergütungen ausschließen. FA und FG
bejahen dies und gehen davon aus, dass die Anteile der Beigeladenen
zu 1. und zu 2. am Gewerbesteuermessbetrag und an der
tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer nach dem allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssel ohne Einbeziehung von
gewinnabhängigen Tätigkeitsvergütungen festzustellen
sind (s.a. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF -
vom 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 = SIS 16 22 99, Rz 27;
Brandis/Heuermann/Rohrlack, § 35 EStG Rz 63, 79; Schindler in
Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 35 Rz 23 ff.; Levedag in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 35 EStG Rz 126, 157; Schmidt/Wacker,
EStG, 42. Aufl., § 35 Rz 32; Peters in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35 Rz B 65, C 28;
Schiffers in Korn, § 35 EStG Rz 68 f.; Wendt, FR 2008, 578;
Oellerich, EFG 2020, 722). Die Gegenauffassung (Hageböke in
Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 9 Rz 60 und
107c; Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 15 Rz 408a;
s.a. die frühere BMF-Ansicht im - durch das BMF-Schreiben vom
03.11.2016, a.a.O. = SIS 16 22 99 - aufgehobenen BMF-Schreiben vom
19.09.2007, BStBl I 2007, 701 = SIS 07 32 94, Rz 27) will
demgegenüber für die Verteilung auch gewinnabhängige
Tätigkeitsvergütungen berücksichtigen. Danach ist
das Verhältnis des allgemeinen Gewinnanteils eines phG an der
Gesellschaft, soweit er nicht auf seine Anteile am Grundkapital
(Kommanditaktien) entfällt, zum Gesamtgewinn der KGaA
maßgebend und dabei werden bei der Ermittlung des
Verteilungsschlüssels gewinnabhängige - nicht aber
gewinnunabhängige - Tätigkeitsvergütungen
berücksichtigt. Die gewinnabhängigen
Tätigkeitsvergütungen sind danach - wie dies auch die
Klägerin begehrt - rechnerisch ins Verhältnis zum
Gesamtgewinn der KGaA (einschließlich der
gewinnabhängigen Tätigkeitsvergütungen) zu setzen
(vgl. Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2.
Aufl., § 9 Rz 107, m.w.N.).
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3. Der Senat geht zunächst davon aus,
dass für die in § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG angeordnete
„Anteilsfeststellung“ für den
Anwendungsbereich der phG einer KGaA der in § 35 Abs. 2 Satz 2
EStG angeführte Aufteilungsmaßstab des
„allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssels“ (für
Mitunternehmer) entsprechend anzuwenden ist (ebenso z.B.
Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl.,
§ 9 Rz 107; Hüttemann in Hüttemann/Schön,
Unternehmenssteuerrecht, 2024, Rz 2.294).
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a) Es steht zunächst außer Zweifel,
dass § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG seinem Wortlaut nach die phG
nicht anspricht. Dort ist nur vom „Anteil eines
Mitunternehmers“ am Gewerbesteuermessbetrag
sowie „seinem Anteil am Gewinn der
Mitunternehmerschaft“ die Rede.
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b) Das Gesetz ist, wie auch das FG erkannt
hat, insoweit lückenhaft und unter Rückgriff auf die
Gesetzessystematik und -historie im Auslegungswege
ergänzungsbedürftig. Eine solche lückenfüllende
Auslegung des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG führt dazu, dass
der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel als
Aufteilungsmaßstab auch für die phG einer KGaA gelten
muss.
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aa) Ein phG einer KGaA wird nach § 35
Abs. 2 Satz 1 EStG einem Mitunternehmer gleichgestellt, weil
für beide Personengruppen der Gewerbesteuermessbetrag, die
tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die
einzelnen Mitunternehmer oder auf die persönlich haftenden
Gesellschafter entfallende Anteil gesondert und einheitlich
festzustellen sind. Diese Gleichstellung beider Personengruppen
stellt eine gesetzgeberische Grundentscheidung dar, die sich im
Gesetz auch an anderer Stelle (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und
Abs. 4 EStG) findet. Letzteres spricht bereits für einen
gesetzgeberisch gewollten Gleichklang für beide
Personengruppen auch bezogen auf den genannten
Aufteilungsmaßstab.
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bb) Diese Sichtweise entspricht aber vor allem
der Gesetzeshistorie: Im ursprünglichen Gesetzentwurf
(BT-Drucks. 14/2683, S. 6) war eine eigenständige Regelung
für die KGaA vorgesehen, wonach sich der „anteilige
Gewerbesteuer-Messbetrag … aus dem Verhältnis des dem
persönlich haftenden Gesellschafter zuzurechnenden
Gewinnanteils zuzüglich der von ihm erzielten Vergütungen
im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zur Summe aller
Gewinnanteile und aller Vergütungen der persönlich
haftenden Gesellschafter zuzüglich des Gewinns der
Kommanditgesellschaft auf Aktien“ ergeben
sollte (§ 35 Abs. 1 Nr. 4 i.d.F. des Entwurfs, BT-Drucks.
14/2683, S. 6 f.). Diese Vorschrift entfiel auf Vorschlag des
Finanzausschusses und es sollte stattdessen die für
Mitunternehmerschaften und für phG einer KGaA
gleichermaßen geltende Anknüpfung an den
„allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssel“ gesetzlich
geregelt werden (BT-Drucks. 14/3366, S. 19 f.). Insofern ist auch
erklärbar, warum das Gesetz neben § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG
keinen weiteren Verteilungsschlüssel benennt.
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4. Mit dem vorgenannten Auslegungsergebnis ist
indessen noch nicht entschieden, dass für Mitunternehmer
einerseits und für phG einer KGaA andererseits
vollständig gleiche Maßstäbe gelten müssten.
Was genau in den „allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssel“ einzubeziehen
ist, ergibt sich nach Maßgabe des Gesetzestelos vielmehr
rechtsformspezifisch.
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a) Der Gesetzgeber wollte durch § 35 Abs.
1 Satz 1 EStG eine subjektübergreifende gewerbesteuerliche
Entlastung eines phG im Zusammenhang mit der Besteuerung seiner
Gewinnanteile auf Ebene der KGaA nach § 8 Nr. 4 des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ermöglichen (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.11.2007 - X R 6/05, BFHE 219, 329,
BStBl II 2008, 363 = SIS 08 08 52). Dieser Zweck würde aber in
dem Fall, dass der phG keine Sondereinlage im Sinne des § 281
Abs. 2 des Aktiengesetzes (AktG) geleistet hat, gerade nicht
erfüllt, ließe man gewinnabhängige
Tätigkeitsvergütungen bei der Verteilung außer
Betracht (Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG,
2. Aufl., § 9 Rz 107b). Dies folgt schon daraus, dass nur die
phG überhaupt gewerbesteuerlich belastet sein können,
während die Kommanditaktionäre Einkünfte aus
Kapitalvermögen beziehen. Dies begründet auch, dass der
Gesetzgeber in § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG die
„Anteilszuordnung“ nur auf die phG der
KGaA bezieht.
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b) Die Ausfüllung des Passus
„allgemeiner
Gewinnverteilungsschlüssel“ muss dabei
rechtsformspezifisch erfolgen. Für phG einer KGaA lässt
sich insoweit der geeignete Maßstab aus § 9 Abs. 1 Nr. 1
des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und der
korrespondierenden Regelung des § 8 Nr. 4 GewStG gewinnen, wo
beschrieben wird, welche Elemente der Gesetzgeber bei der KGaA in
die Gewinnverteilung einbezieht. Als „Teil des
Gewinns“ der KGaA (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG)
beziehungsweise als gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnender
„Gewinnanteil“ der phG (§ 8 Nr. 4
GewStG) wird dort nicht nur die auf eine etwaige Sondereinlage der
phG entfallende Gewinnbeteiligung, sondern auch auf den Teil des
Gewinns abgestellt, der auf die Vergütung (Tantieme) der phG
für die Geschäftsführung entfällt. Der
Gesetzgeber geht damit davon aus, dass bei der KGaA Gewinne auch im
Wege der gewinnabhängigen Tantieme verteilt werden
können. Die zu den gewerblichen Einkünften der phG
führenden Tätigkeitsvergütungen im Sinne des §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alternative 2 EStG gehören danach zu
dem „Anteil am Gewinn“ der KGaA, der
durch Gewinnverteilung auf die phG entfällt (zutreffend
Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl.,
§ 9 Rz 107b).
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c) Vergütungen an die phG für die
Geschäftsführung erhöhen insoweit gewerbesteuerlich
den Gewerbesteuermessbetrag der KGaA. Der Abzug nach § 9 Abs.
1 Nr. 1 KStG bei der körperschaftsteuerrechtlichen
Einkommensermittlung der KGaA wird für die Ermittlung des
Gewerbeertrages durch die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG
neutralisiert. Auf der Ebene der phG greift gegebenenfalls die
Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG ein, so dass der auf sie
entfallende Teil des Gewinns im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1
KStG grundsätzlich bei der KGaA der Gewerbesteuer unterworfen
wird (Senatsurteil vom 15.03.2017 - I R 41/16, BFHE 258, 246 = SIS 17 15 90). Dies ist - anders als es das FG gesehen hat - aber nicht
mit der Besteuerung des Gewinns einer Mitunternehmerschaft
vergleichbar (so aber auch Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22.
Aufl., § 35 Rz 26; Peters in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
EStG, § 35 Rz C 12). Die Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 1
KStG zeigt insoweit vielmehr, dass es bei der KGaA - anders als bei
Mitunternehmerschaften (vgl. dazu BFH-Urteile vom 09.02.2011 - IV R
37/08, BFH/NV 2011, 1120 = SIS 11 18 98; vom 14.01.2016 - IV R
5/14, BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875 = SIS 16 09 17) - gerade
kein gesetzliches Leitbild dafür gibt, in welchem Umfang die
phG im Innenverhältnis die Gewerbesteuer zu finanzieren haben
(so aber Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 35 Rz
26; Oellerich, EFG 2020, 722, 723; auch Schiffers, DStZ 2020, 346).
Die Klägerin wendet insoweit zutreffend ein, dass bei KGaA die
Gewinnbeteiligung der phG oftmals über Tantiemen erfolgt. So
hat auch im Streitfall der Beigeladene zu 1. im Wege der
gewinnabhängigen Tantieme nahezu alles erhalten, was
überhaupt als Gewinn zur Finanzierung der Gewerbesteuer
verteilt werden konnte. Die Argumentation des FG, die Klägerin
hätte das von ihr favorisierte Ergebnis (auch) durch eine
andere „Gestaltung“ erreichen
können (schon bezogen auf Mitunternehmerschaften Zweifel an
der Umsetzbarkeit von innergesellschaftlichen
Ausgleichlösungen Hüttemann in Hüttemann/Schön,
Unternehmenssteuerrecht, 2024, Rz 2.295), weshalb bei Ausschluss
der Gewerbesteuerermäßigung kein Härtefall
vorliege, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu
überzeugen.
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d) Darüber hinaus ist nicht schon von
vornherein jede Tätigkeitsvergütung der phG einem
„Vorabgewinn“ im Sinne des § 35
Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 EStG gleichzusetzen. Bezogen auf
gewinnabhängige Tantiemen kann insoweit schon deshalb kein
Vorabgewinn vorliegen, weil diese - so jedenfalls im Streitfall -
streng erfolgsabhängig ausgestaltet sind.
„Vorabgewinn“ im Rechtssinne ist
insoweit aber nur die gewinnunabhängige
Tätigkeitsvergütung der phG im Sinne des § 288 Abs.
3 AktG oder ein vom Ergebnis unabhängiger garantierter Gewinn
(Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl.,
§ 9 Rz 107c).
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5. Da das FG von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist sein Urteil insoweit
aufzuheben, als es die Feststellung der jeweiligen Anteile des
Beigeladenen zu 1. an dem Gewerbesteuermessbetrag und an der
tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer ohne Einbeziehung der
gewinnabhängigen Tantiemen gebilligt hat. Zutreffend hat das
FG allerdings nach den vorstehenden Rechtsgrundsätzen für
beide Beigeladenen die gewinnunabhängigen
Vergütungsbestandteile
(Personenkraftwagen-Nutzung/Pensionsanspruch und
Haftungsvergütungen) ausgesondert. Die Berechnung der
jeweiligen Anteile des Beigeladenen zu 1. an dem festzusetzenden
Gewerbesteuermessbetrag und der tatsächlich zu zahlenden
Gewerbesteuer wird nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2
Satz 2 FGO dem FA auferlegt.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136
Abs. 1 Satz 3 FGO; die Kosten des Beigeladenen zu 1. sind wegen
fehlender aktiver Beteiligung am Revisionsverfahren und der
Beigeladenen zu 2. schon wegen der auf die eigene Beschwer
bezogenen Erfolglosigkeit des Rechtsmittels nicht
erstattungsfähig (§ 139 Abs. 4 FGO).
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