Die Revision der Klägerin gegen den
Gerichtsbescheid des Niedersächsischen Finanzgerichts vom
24.06.2021 - 3 K 5/21 = SIS 21 16 26 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) errichtete im Jahr …
zusammen mit ihrem Ehemann die U-Familienstiftung. Die Stiftung
wurde mit Vermögen ausgestattet; der Steuerwert des
übertragenen Vermögens beträgt unter den Beteiligten
unstreitig 443.051 EUR.
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Im Stiftungsgeschäft und in der
Stiftungssatzung wurde angegeben, die Familienstiftung habe zum
Zweck die angemessene Versorgung der Klägerin und ihres
Ehemannes (§ 3 Buchst. a der Stiftungssatzung), die
angemessene finanzielle Unterstützung der im Jahr …
geborenen Tochter der Stifter (§ 3 Buchst. b der
Stiftungssatzung) sowie die angemessene finanzielle
Unterstützung weiterer Abkömmlinge des Stammes der
Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generation (§
3 Buchst. c der Stiftungssatzung).
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) sah für Zwecke der Schenkungsteuer
hinsichtlich der Übertragung des Vermögens auf die
Familienstiftung als „entferntest
Berechtigten“ im Sinne des § 15 Abs. 2
Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG)
die in § 3 Buchst. c der Stiftungssatzung angeführten
„weiteren Abkömmlinge“ an. Das FA
ordnete den Erwerb gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG
der Steuerklasse I („Abkömmlinge der Kinder und
Stiefkinder“) zu und brachte gemäß
§ 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG für die „übrigen
Personen der Steuerklasse I“ einen Freibetrag
in Höhe von 100.000 EUR in Abzug. Schenkungsteuer wurde
zuletzt mit Änderungsbescheid vom 11.06.2020 in Höhe von
59.175 EUR festgesetzt. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit
Einspruchsentscheidung vom 04.12.2020 als unbegründet
zurückgewiesen.
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Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte
keinen Erfolg. Das FG war der Auffassung, dass das FA bei der
Bestimmung des „entferntest
Berechtigten“ § 3 Buchst. c der
Stiftungssatzung zutreffend dahingehend verstanden habe, dass auch
eine mögliche Urenkelgeneration nach dem Satzungszweck
potentiell begünstigt sein sollte. Der Gerichtsbescheid ist in
EFG 2021, 1558 = SIS 21 16 26
veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
eine Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 8 und § 15 Abs. 2 Satz
1 ErbStG geltend. In der Stiftungsurkunde sei klar geregelt worden,
dass Berechtigte nur die Stifter und ihre Tochter seien. Eventuelle
Kinder der Tochter, die noch nicht geboren seien, seien zwar
begünstigt, aber erst nach dem Tod der Tochter
bezugsberechtigt. Mögliche Nachkommen würden nicht mit
ihrer Geburt, sondern erst mit dem Tod der Tochter begünstigt.
Insoweit unterscheide sich der Streitfall von dem Beschluss des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.07.2020 - II B 39/20 (AdV) (BFHE 270,
376, BStBl II 2021, 28 = SIS 20 15 47). Dort seien Urenkel sofort
bezugsberechtigt und nicht erst später begünstigt
gewesen. Die Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG sei
ansonsten überflüssig, weil am Ende immer nur ein
Freibetrag in Höhe von 100.000 EUR gewährt werde. Falls
niemals Urenkel geboren würden, dann müsste es zu einer
Erstattung kommen. Im Gesetz stehe „nach der
Satzung“
„Berechtigte“ und nicht
„mögliche Berechtigte“. Das FA
unterscheide nicht zwischen
„Berechtigtem“ und
„Begünstigtem“. Im Stiftungsrecht
seien nur diejenigen Begünstigten berechtigt, denen das
jeweilige aktuelle Recht auf Zuwendungen in der laut Satzung
bestimmten Reihenfolge zugewiesen sei.
„Berechtigte“ und
„Begünstigte“ könnten sich
entsprechen, wenn in der Satzung nichts anderes geregelt sei. In
der Stiftungssatzung des Streitfalls sei es aber anders geregelt
worden, die „Begünstigten“
stünden mit den „Berechtigten“
nicht gleich und daher stehe den
„Berechtigten“ der Freibetrag von
400.000 EUR zu. Auch das Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom
13.12.1926 - V e A 141/25 (RFHE 20, 173) stelle ausdrücklich
auf den „Berechtigten“ ab. Der
Gesetzgeber habe schließlich bei den Freibeträgen
für Enkel unterschieden, ob sie sofort berechtigt (§ 16
Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 ErbStG) oder zunächst
grundsätzlich begünstigt und erst nach dem Tod der Eltern
berechtigt (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) seien.
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Die Klägerin beantragt,
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die Vorentscheidung aufzuheben und den
Änderungsbescheid vom 11.06.2020 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 04.12.2020 dahingehend zu ändern,
dass ein Freibetrag in Höhe von 400.000 EUR gewährt und
die Schenkungsteuer auf 3.220 EUR festgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen ist mit
Schriftsatz vom 11.02.2022 dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es hat keinen Antrag
gestellt.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat
zutreffend entschieden, dass im Streitfall die Schenkungsteuer
für die Übertragung des Vermögens auf die
Familienstiftung der Klägerin unter Berücksichtigung
eines Freibetrags von 100.000 EUR (§ 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG)
nach der Steuerklasse I für Abkömmlinge von Kindern und
Stiefkindern (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) und einem Prozentsatz
von 15 % (§ 19 Abs. 1 ErbStG) festzusetzen ist. Als
„entferntest Berechtigter“ im Sinne des
§ 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG sind mögliche Urenkel der
Stifter anzusehen, da diese nach der Stiftungssatzung potentiell
Vermögensvorteile erlangen können.
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1. Das FG hat zutreffend erkannt, dass
„entferntest Berechtigte“ im Sinne des
§ 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG der klägerischen
Familienstiftung mögliche Urenkel der Stifter sind. Für
die Bestimmung des „entferntest
Berechtigten“ ist nicht erheblich, dass eine
Urenkelgeneration bei Errichtung der Stiftung noch nicht geboren
ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob mögliche Urenkel
tatsächlich jemals finanzielle Unterstützung aus der
Stiftung erhalten werden.
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a) Nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG
gilt als Schenkung unter Lebenden der Übergang von
Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter
Lebenden. In diesem Fall ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz
1 ErbStG der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des
nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser
oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im
Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland
errichtet ist.
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b)
Die Formulierung des „entferntest
Berechtigten“ ist dahingehend zu verstehen,
dass damit derjenige bezeichnet wird, der nach der Stiftungssatzung
potentiell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten
soll.
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aa) Der
„Berechtigte“ im Sinne des § 15
Abs. 2 Satz 1 ErbStG entspricht dem nach der Stiftungssatzung
„potentiell Begünstigten“, der
durch den Erwerb von Vermögensvorteilen aus der Stiftung
begünstigt sein kann. Eine Unterscheidung dahingehend, dass -
wie die Klägerin meint - mit dem Begriff des
„Berechtigten“ der sofort
Anspruchsberechtigte gemeint ist und sich dieser vom
„Begünstigten“, der erst
später anspruchsberechtigt sein soll, unterscheidet, ist der
Norm nicht zu entnehmen. Bereits das Erbschaftssteuergesetz i.d.F.
vom 20.07.1922 (RGBl I 1922, 610) und der Neubekanntmachung vom
07.08.1922 (RGBl I 1922, 695) - ErbStG 1922 - enthielt in § 9
Abs. 2 ErbStG 1922 eine mit § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nahezu
wortgleiche Vorschrift. Diese lautete dahingehend, dass im Fall des
§ 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG 1922 der
Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des Erblassers oder
Schenkers zu dem nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten
zugrunde zu legen ist, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse
einer Familie oder bestimmter Familien errichtet wird. Bereits zu
dieser Norm entschied der RFH, dass für die Bestimmung des
„entferntest Berechtigten“ allein
entscheidend sei, welche Personen nach der Satzung
Vermögensvorteile (aller Art) aus der Stiftung erlangen
können (Urteil vom 13.12.1926 - V e A 141/25, RFHE 20, 173).
Eine Unterscheidung zwischen „sofort“
oder „später
Berechtigtem/Begünstigtem“ wurde nicht
getroffen. Weder sind Gründe ersichtlich noch hat die
Klägerin solche vorgebracht, warum diese Rechtsprechung nicht
auf die aktuelle Gesetzesfassung übertragen werden kann.
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bb) „Entferntest
Berechtigter“ ist stets derjenige Berechtigte,
für den die schlechteste Steuerklasse Anwendung fände,
wäre die Zuwendung direkt vom Stifter an diesen erfolgt (Stein
in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz,
2. Aufl., § 15 Rz 68; Götz in Wilms/Jochum,
ErbStG/BewG/GrEStG, § 15 ErbStG Rz 114, Stand 02.2024). Bei
der Bestimmung, wer „entferntest
Berechtigter“ ist, ist nicht darauf
abzustellen, ob die Person einen klagbaren Anspruch auf den Vermögensvorteil
aus der Stiftung hat (RFH-Urteil vom 23.01.1930 - I e A 890/28,
RStBl 1930, 115, zu § 9 Abs. 2 ErbStG 1925; R E 15.2 Abs. 1
Satz 3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 vom 16.12.2019 - ErbStR
2019 -, BStBl I 2019, Sondernr. 1/2019; Längle/Kobor in
Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8. Aufl., § 15 Rz 51). Es
kommt - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht darauf
an, ob die nach der Stiftungssatzung „entferntest
Berechtigten“ zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon
geboren sind oder jemals geboren werden (vgl. Stein in von
Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2.
Aufl., § 15 Rz 72). Eine solche Voraussetzung enthält der
Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht. Der
„entferntest Berechtigte“ muss im
Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung daher noch nicht
unmittelbar bezugsberechtigt sein. Ausreichend ist, wenn er es erst
in der Generationenfolge wird (vgl. RFH-Urteil vom 13.12.1926 - V e
A 141/25, RFHE 20, 173, zu § 9 Abs. 2 ErbStG 1922; vgl. R E
15.2 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2019; Curdt in Kapp/Ebeling, § 15
ErbStG, Rz 60).
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c) Wer bei der einzelnen Familienstiftung als
„entferntest Berechtigter“ anzusehen
ist, ist der Formulierung in der jeweiligen Stiftungssatzung zu
entnehmen (vgl. RFH-Urteil vom 13.12.1926 - V e A 141/25, RFHE 20,
173, zu § 9 Abs. 2 ErbStG 1922). Dies ordnet bereits der
Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG an, der von „nach
der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten“
spricht. Damit obliegt es dem Stifter, den Kreis der aus dem
Stiftungsvermögen potentiell Begünstigten
festzulegen.
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aa) Die Errichtung einer Familienstiftung soll
typischerweise familienrechtlich die finanzielle Versorgung
nachfolgender Generationen sicherstellen. Erbschaftsteuerrechtlich
bietet sie durch § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG die
Möglichkeit, bei potentieller Begünstigung auch von in
der Generationenfolge zeitlich weiter entfernten direkten
Abkömmlingen durch entsprechende Gestaltung des
Stiftungsgeschäfts höhere Freibeträge zu erhalten,
als wenn bei der ersten Übertragung von Vermögen auf die
Stiftung auf das Verhältnis des Stifters zu der Stiftung
selbst abzustellen und beide als fremde Dritte anzusehen
wären.
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bb) Die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 1
ErbStG ist Teil der Festlegung der anwendbaren Steuerklassen. Die
Einteilung der Steuerpflichtigen in unterschiedliche Steuerklassen
ist wiederum maßgebend für die Bestimmung der
persönlichen Freibeträge gemäß §§
16, 17 ErbStG und die Höhe des Steuersatzes nach § 19
ErbStG (BFH-Urteil vom 05.12.2019 - II R 5/17, BFHE 267, 451, BStBl
II 2020, 322 = SIS 20 02 18, Rz 10).
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Zur Steuerklasse I gehören unter anderem
Kinder und Stiefkinder (§ 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2
ErbStG) und die Abkömmlinge der in § 15 Abs. 1
Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG genannten Kinder und Stiefkinder
(§ 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 3 ErbStG). Die in § 16
ErbStG geregelten Freibeträge sind jedoch nicht für alle
Personen der Steuerklasse I gleich hoch; das Gesetz unterscheidet
dort nochmals detaillierter nach dem jeweiligen
Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser beziehungsweise
Schenker. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erhalten die Kinder
nach § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG und - falls diese
vorverstorben sind - die Kinder dieser Kinder einen Freibetrag in
Höhe von 400.000 EUR. Der Freibetrag für die Kinder der
(nicht vorverstorbenen) Kinder nach § 15 Abs. 1 Steuerklasse I
Nr. 2 ErbStG - die Enkel des Erblassers beziehungsweise Schenkers -
beträgt 200.000 EUR (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Den
übrigen Personen der Steuerklasse I wird gemäß
§ 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ein Freibetrag in Höhe von
100.000 EUR gewährt. Hierzu gehören auch die Urenkel.
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cc) Die Höhe des zu gewährenden
Freibetrags bei der Besteuerung des Vermögensübergangs
auf eine Familienstiftung kann daher unterschiedlich ausfallen und
hängt davon ab, ob die Stiftungssatzung als potentiell
begünstigte Kinder (Freibetrag von 400.000 EUR, § 16 Abs.
1 Nr. 2 ErbStG), Enkel (Freibetrag in Höhe von 200.000 EUR,
§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) oder Urenkel (Freibetrag von 100.000
EUR, § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) anführt. Gleichwohl kommt
es durch die Bestimmung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG in allen
diesen Fällen insgesamt zu einer Besserstellung hinsichtlich
des Freibetrags bei der Schenkungsbesteuerung für den
Übergang von Vermögen auf die Familienstiftung nach
§ 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG. Ohne die Vorschrift des §
15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG wäre auf die erwerbende
Familienstiftung als juristische Person abzustellen. Dies
hätte zur Folge, dass gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG
die Steuerklasse III anwendbar und nach § 16 Abs. 1 Nr. 7
ErbStG ein Freibetrag lediglich in Höhe von 20.000 EUR zu
gewähren wäre.
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dd) Danach privilegiert § 15 Abs. 2 Satz
1 ErbStG Zuwendungen bei der Errichtung einer Familienstiftung und
gibt dem Stifter die Möglichkeit, eine günstigere
Steuerklasse und einen höheren Freibetrag zu erhalten (vgl.
auch Stein in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 15 Rz 53). Da das Gesetz
auf die Bestimmungen der Stiftungssatzung abstellt, hat es der
Stifter in der Hand, das Privileg so zu nutzen, wie er es für
am besten für seine Familie hält. Begünstigt er
beispielsweise nur die nächste und übernächste
Generation der direkten Abkömmlinge, kann er mit der
Steuerklasse I (§ 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 3 ErbStG) und
dem Freibetrag von 200.000 EUR (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) eine
geringere Besteuerung erreichen, als wenn er auch die
Urenkelgeneration begünstigt.
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ee) Eine darüberhinausgehende
Privilegierung ist dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG
nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich auf das
Verhältnis des Zuwendenden zu dem entferntest Berechtigten
abgestellt. Eine fixe Freibetragsregelung, wie zum Beispiel in
§ 15 Abs. 2 Satz 3 ErbStG mit der Gewährung des doppelten
Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG - das heißt in
Höhe von 800.000 EUR - für die
Ersatzerbschaftsbesteuerung einer Stiftung alle 30 Jahre nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, wurde in die Formulierung von §
15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG nicht aufgenommen.
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d) Würde man im Zeitpunkt der
Übertragung des Vermögens auf die Familienstiftung
(§ 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG) als
Steuerentstehungszeitpunkt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG),
Steuerklasse und Freibetrag danach anwenden, ob die
Abkömmlinge bereits geboren sind, entstünde eine
Überprivilegierung, wenn später weitere Abkömmlinge
geboren werden, die dann auch finanzielle Vorteile aus der Stiftung
erlangen können. Unabhängig von der Frage, ob für
die Rückgängigmachung dieser Überprivilegierung
überhaupt eine Änderungsvorschrift einschlägig
wäre, würde dies eine Überwachung der
Familienstiftung gegebenenfalls über einen bestimmten Zeitraum
voraussetzen. Eine solche ist in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG
aber nicht angelegt.
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e) Die von der Klägerin aufgeworfene
Frage, ob im Fall, dass keine Enkel und Urenkel geboren werden,
Steuer zu erstatten ist, ist im Streitfall nicht zu
entscheiden.
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f) Entgegen der Auffassung der Klägerin
ist schließlich nicht ausschlaggebend, dass die Enkel und
Urenkel der Stifter erst nach dem Ableben der vorangehenden
Generation Leistungen aus dem Stiftungsvermögen erhalten
sollen. Dabei handelt es sich lediglich um eine Bedingung und ein
zeitliches Hinausschieben der Begünstigung; gleichwohl bleiben
aber sowohl die Enkel als auch die Urenkel potentiell
begünstigt. Deshalb kommt es auf den von der Klägerin
erwähnten BFH-Beschluss vom 27.07.2020 - II B 39/20 (AdV)
(BFHE 270, 376, BStBl II 2021, 28 = SIS 20 15 47), der zu einem
anderen Sachverhalt erging, nicht an.
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2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im
Streitfall zutreffend entschieden, dass sich für die
Besteuerung der Vermögensübertragung auf die
Familienstiftung der Klägerin und ihres Ehemannes die
Steuerklasse und der anzurechnende Freibetrag nach den für
Urenkel geltenden Vorschriften bestimmen. Das FG hat die
Stiftungssatzung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender
Weise dahingehend ausgelegt, dass nach § 3 Buchst. c der
Stiftungssatzung potentiell Begünstigte des
Stiftungsvermögens die Urenkel der Stifter - der Klägerin
und ihres Ehemannes - sein können. Unerheblich ist, dass zum
Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungssatzung nur die Tochter der
Klägerin geboren war und die Urenkel erst nach dem Ableben der
vorangehenden Generation begünstigt sein sollen.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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