1
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A. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb im Jahr 2011
(Streitjahr) in A und B Hotels.
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2
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Beide Hotels verfügen über
Parkplätze für Kraftfahrzeuge. Diese konnten von den
Übernachtungsgästen ebenso ohne gesondert berechnetes
Entgelt genutzt werden wie von weiteren Besuchern der Hotels und
der Öffentlichkeit. Daneben hielt die Klägerin in beiden
Hotels ohne gesondert berechnetes Entgelt ein drahtloses lokales
Netzwerk (W-LAN) für die Hotelgäste vor. In einem Hotel
standen den Gästen außerdem Fitness- und
Wellnesseinrichtungen zur Verfügung. Gesonderte Entgelte erhob
die Klägerin auch hierfür nicht.
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3
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Soweit die Gäste indes ein Solarium,
einen Tischfußball-Tisch, einen Dart-Automaten oder Massagen
in Anspruch nahmen, wurden ihnen die dafür entstehenden
Entgelte gesondert und unter Ausweis von Umsatzsteuer zum
Regelsteuersatz in Rechnung gestellt. Die Nutzung des
Zimmertelefons für externe Telefonate stellte die
Klägerin den Gästen ebenso zum Regelsteuersatz gesondert
in Rechnung wie Reinigungsleistungen, die Leistungen des
hauseigenen Restaurants und die Lieferung von alkoholischen
Getränken aus der Minibar. Entgeltliche Nutzungsangebote
für die in den Gästezimmern vorhandenen TV-Geräte
machte die Klägerin nicht.
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4
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In ihrer Umsatzsteuererklärung
für das Streitjahr erklärte die Klägerin Lieferungen
und sonstige Leistungen zum Regelsteuersatz von 19 % und
Lieferungen und sonstige Leistungen zum ermäßigten
Steuersatz von 7 %. Die Überlassung von Parkplätzen sah
die Klägerin als ermäßigt zu besteuernde
Nebenleistung zur Beherbergungsleistung an.
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5
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) folgte dem nicht, wich insoweit von der
Umsatzsteuer-Jahreserklärung der Klägerin ab und
erließ dementsprechend einen Bescheid über Umsatzsteuer
für das Streitjahr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
(§ 164 der Abgabenordnung - AO - ).
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6
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Die Klägerin legte Einspruch ein und
begehrte die erklärungsgemäße Besteuerung. Die
kostenlose Überlassung von Parkplätzen sei eine
Nebenleistung zur Übernachtungsleistung, die wie diese dem
ermäßigten Steuersatz unterliege.
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In einem zwischen den Beteiligten
geführten Klageverfahren wegen Umsatzsteuer für das Jahr
2010 (Vorjahr), in dem der vorlegende Senat unter
Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) mit
Urteil vom 01.03.2016 - XI R 11/14 (BFHE 253, 438, BStBl II 2016,
753 = SIS 16 12 46) entschieden hatte, dass die Einräumung von
Parkmöglichkeiten an Hotelgäste mit dem Regelsteuersatz
von 19 % zu besteuern sei, auch wenn hierfür kein gesondertes
Entgelt berechnet werde, erzielten die Beteiligten im zweiten
Rechtsgang Einvernehmen über die Besteuerung der
Parkplatzüberlassung im Vorjahr. Das FA erließ daraufhin
auch einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das
Streitjahr. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der
Änderungsbescheid wurde nach § 365 Abs. 3 Satz 1 AO
Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
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Nach einer Außenprüfung bei der
Klägerin für das Streitjahr nahm der Prüfer an, dass
auch auf die Bereitstellung von W-LAN, Parkplätzen, Fitness-
und Wellnesseinrichtungen der Regelsteuersatz anwendbar
sei.
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Das FA folgte der Auffassung des
Prüfers und erließ, zuletzt unter dem 21.11.2018, einen
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr, mit
dem es zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Auch
dieser Änderungsbescheid wurde nach § 365 Abs. 3 Satz 1
AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 30.07.2019
wies das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet
zurück. Das FA führte unter anderem aus, dass auf die im
Streit stehenden Leistungsbestandteile das Aufteilungsgebot des
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG)
anzuwenden sei. Diese Vorschrift stehe im Einklang mit der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL).
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11
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Das FG wies mit seinem Urteil in EFG 2022,
140 veröffentlichten Urteil vom 19.08.2021 - 5 K 174/19 =
SIS 21 19 22 die Klage ab. Die
Klägerin habe durch die Bereitstellung von W-LAN,
Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen entgeltliche
Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an die
Beherbergungsgäste (und an die weiteren Besucher ihrer Hotels)
erbracht. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin in ihren
Rechnungen keine gesonderten Entgeltbestandteile für diese
Leistungen ausgewiesen und keine gesonderten Vereinbarungen
über die Inanspruchnahme der streitigen Leistungen mit ihren
Gästen getroffen habe. Diese steuerpflichtigen Leistungen
seien gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht
mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Der deutsche
Gesetzgeber habe mit § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG von der
Ermächtigung in Art. 98 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anhang
III Kategorie 12 MwStSystRL selektiv Gebrauch gemacht. Nicht
sämtliche „Beherbergungen in Hotels und ähnlichen
Einrichtungen“ einschließlich der dabei
erbrachten Nebenleistungen würden dem ermäßigten
Steuersatz unterworfen, sondern nur die Leistungen, die unmittelbar
der Vermietung dienen. Dies sei unionsrechtlich nicht zu
beanstanden. Die Mitgliedstaaten seien nicht gezwungen,
sämtliche in einer Kategorie des Anhangs III MwStSystRL
genannten Umsätze ermäßigt zu besteuern. Vielmehr
sei eine „selektive Auswahl“
zulässig. Der Grundsatz, dass eine unselbständige
Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teile, werde von
diesem Aufteilungsgebot verdrängt.
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12
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend,
das FG habe die Bereitstellung von W-LAN, Parkplätzen,
Fitness- und Wellnesseinrichtungen rechtsfehlerhaft als
entgeltliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
behandelt. Die Leistungsbereitschaft des Unternehmers, der nicht
wisse, welches seiner zusätzlichen Serviceangebote die
Gäste zu nutzen beabsichtigten, reiche für eine
umsatzsteuerrechtlich beachtliche Leistung nicht aus. Ferner habe
das FG verkannt, dass die zusätzlichen Leistungsbestandteile
im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unmittelbar der
Beherbergung dienen. Außerdem habe das FG das unionsrechtlich
anerkannte Prinzip der Einheitlichkeit der Leistungen außer
Betracht gelassen. Zwar ergebe sich aus dem Urteil des Gerichtshofs
der Europäischen Union (EuGH) Kommission/Frankreich vom
06.05.2010 - C-94/09, EU:C:2010:253 = SIS 10 18 78, dass die Mitgliedstaaten dazu berechtigt seien,
nach Art. 98 MwStSystRL nur punktuell bestimmte Teile einer Ziffer
des Anhangs III MwStSystRL ermäßigt zu besteuern. Diese
Rechtsprechung stelle jedoch keine Einschränkung des Prinzips
der Einheitlichkeit der Leistung dar, das sich aus Art. 2
MwStSystRL ableite. Dies ergebe sich auch aus dem EuGH-Urteil
Stadion Amsterdam vom
18.01.2018 - C-463/16, EU:C:2018:22 = SIS 18 00 08. Sämtliche zusätzlichen
Leistungen seien aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers auf
die Vermietung des Hotelzimmers als der eindeutig dominierenden
Hauptleistung zurückzuführen. Dies erfordere nach der
Rechtsprechung des EuGH die Anwendung des für die Vermietung
der Hotelzimmer geltenden ermäßigten Steuersatzes auch
auf diese zusätzlichen Leistungen. Im Übrigen müsse
jede zusätzliche Leistung als der Vermietungstätigkeit
unmittelbar dienend angesehen werden, da mit ihnen die Zahl der
Übernachtungen gesteigert und damit das
Vermietungsgeschäft gefördert werde.
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13
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Vorentscheidung, die
Einspruchsentscheidung vom 30.07.2019 sowie die
Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für das Streitjahr
aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Es verteidigt die angefochtene
Vorentscheidung und führt unter anderem aus, die Klägerin
habe durch die Bereitstellung von W-LAN, Parkplätzen, Fitness-
und Wellnesseinrichtungen ihre dauerhafte Bereitschaft
erklärt, den Hotelgästen die angebotenen
zusätzlichen Leistungen zu erbringen, und dadurch den
umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbegriff erfüllt. Es
beeinträchtige den unmittelbaren Zusammenhang zwischen
erbrachter Leistung und empfangener Gegenleistung nicht, dass die
zusätzlichen Leistungen weder im Voraus bestimmt noch
individualisiert gewesen seien und das Entgelt in Form einer
Pauschale zusammen mit dem Übernachtungsentgelt entrichtet
worden sei. Die Bereitstellung von W-LAN, Parkplätzen,
Fitness- und Wellnesseinrichtungen seien auch nicht als unmittelbar
der Beherbergung dienende Leistungen anzusehen. Es handele sich
hierbei um Leistungen, die nach dem gesetzgeberischen Willen nicht
der Steuersatzermäßigung unterliegen sollen. Das in
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG normierte Aufteilungsgebot sei
unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es führe dazu, dass die
unselbständigen Nebenleistungen nicht das Schicksal der
Hauptleistung teilen und nicht dem ermäßigten Steuersatz
im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG
unterliegen.
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Auf übereinstimmenden Antrag der
Beteiligten hat der vorlegende Senat mit Beschluss vom 29.03.2022 -
XI R 22/21 das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH
in der Rechtssache C-516/21 = SIS 23 08 10 angeordnet. Nach Ergehen des EuGH-Urteils Finanzamt X
(Auf Dauer eingebaute Vorrichtungen und Maschinen) - künftig:
Finanzamt X - vom 04.05.2023 - C-516/21, EU:C:2023:372 =
SIS 23 08 10 wurde das
Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen XI R 14/23 (XI R 22/21)
fortgesetzt.
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17
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Die Klägerin sieht sich in ihrer
Rechtsauffassung bestätigt. Übertragen auf den
vorliegenden Rechtsstreit müssten die hier streitigen
Nebenleistungen ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz des
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG unterfallen.
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18
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Das FA wendet dagegen ein, dass das
EuGH-Urteil Finanzamt X vom 04.05.2023 - C-516/21, EU:C:2023:372 =
SIS 23 08 10 auf den hier zu
beurteilenden Sachverhalt nicht übertragbar sei. Die dort
erbrachten Leistungen hätten unmittelbar der
Vermietungsleistung gedient, während die hier streitigen
Leistungen kein wesentliches Merkmal der reinen
Beherbergungsleistung seien. Ein unmittelbarer Rückschluss
darauf, ob eine selektive Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG möglich sei,
ergebe sich aus dem EuGH-Urteil nicht.
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19
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B. Der Senat setzt das Verfahren aus und legt
dem EuGH die im Tenor genannte Frage gemäß Art. 267 Abs.
3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen
Union zur Vorabentscheidung vor.
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I. Maßgebliche Rechtsvorschriften
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1. Unionsrecht
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Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom
28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) in ihrer auf das Ausgangsverfahren anwendbaren
Fassung
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Art. 2
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(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende
Umsätze:
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…
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c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger
als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;
…
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Art. 24
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(1) Als
„Dienstleistung“ gilt jeder Umsatz, der
keine Lieferung von Gegenständen ist.
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…
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Art. 98
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(1) Die Mitgliedstaaten können einen oder
zwei ermäßigte Steuersätze anwenden.
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(2) Die ermäßigten Steuersätze
sind nur auf die Lieferungen von Gegenständen und die
Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwendbar.
Die ermäßigten Steuersätze sind nicht anwendbar auf
elektronisch erbrachte Dienstleistungen.
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(3) Zur Anwendung der ermäßigten
Steuersätze im Sinne des Absatzes 1 auf Kategorien von
Gegenständen können die Mitgliedstaaten die betreffenden
Kategorien anhand der Kombinierten Nomenklatur genau abgrenzen.
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Anhang III: Verzeichnis der Lieferungen von
Gegenständen und Dienstleistungen, auf die
ermäßigte MwSt-Sätze gemäß Artikel 98
angewandt werden können
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…
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12. Beherbergung in Hotels und ähnlichen
Einrichtungen, einschließlich der Beherbergung in
Ferienunterkünften, und Vermietung von Campingplätzen und
Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen;
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…
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23
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2. Nationales Recht
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24
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Umsatzsteuergesetz vom 21.02.2005 (BGBl I
2005, 386) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren
Fassung
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§ 1 Abs. 1 Nr. 1
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(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden
Umsätze:
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1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen,
die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines
Unternehmens ausführt. …
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§ 12
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(1) Die Steuer beträgt für jeden
steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage
…
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(2) Die Steuer ermäßigt sich auf
sieben Prozent für die folgenden Umsätze:
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…
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11. die Vermietung von Wohn- und
Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen
Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige
Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für
Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn
diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten
sind; …
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II. Beurteilung von Vorfragen
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26
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1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen,
dass die Klägerin auch die Bereitstellung von W-LAN,
Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen als
Nebenleistungen zur Beherbergungsleistung gegen Entgelt erbracht
hat.
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a) Wegen der Grundsätze zur Bestimmung
von Haupt- und Nebenleistung verweist der vorlegende Senat zur
Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen unter
B.II.1. im Vorabentscheidungsersuchen vom 10.01.2024 - XI R 11/23
(XI R 34/20) = SIS 24 09 48.
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28
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b) Danach handelt es sich bei der
Bereitstellung von W-LAN, Parkplätzen, Fitness- und
Wellnesseinrichtungen, die weder zu- noch abgewählt werden
konnten und deren Inanspruchnahme nicht separat, sondern als
Pauschalpreis abgerechnet wurde, um mit der Hauptleistung - die
Beherbergung des die Hotels der Klägerin aufsuchenden Gastes -
untrennbar verbundene Nebenleistungen. Insoweit liegt eine
einheitliche Leistung mit der Beherbergung vor.
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29
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c) Entgegen der Auffassung der Klägerin
führt der Umstand, dass die Klägerin hierfür kein
gesondertes Entgelt erhebt, nicht dazu, dass diese Nebenleistungen
unentgeltlich erbracht würden (vergleiche - vgl. - EuGH-Urteil
Deco Proteste - Editores vom 05.10.2023 - C-505/22, EU:C:2023:731 =
SIS 23 16 23).
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30
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2. Entgegen der Auffassung der Klägerin
hindert auch der Umstand, dass die Hotelgäste die angebotenen
Zusatzleistungen teilweise nicht tatsächlich in Anspruch
genommen haben, das Vorliegen einer Leistung gegen Entgelt
nicht.
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31
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a) Als (ausgeführte) entgeltliche
Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1
Buchst. c MwStSystRL ist auch eine (fortbestehende)
Leistungsbereitschaft des Unternehmers anzusehen, so dass es auf
den Umfang der Inanspruchnahme der Leistung nicht ankommt (vgl.
EuGH-Urteile Air France - KLM und Hop!-Brit Air vom 23.12.2015 -
C-250/14 und C-289/14, EU:C:2015:841 = SIS 16 02 97, Rz 28; Meo - Serviços de
Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 -
C-295/17, EU:C:2018:942 = SIS 18 18 95, Rz 40; Marcandi vom 05.07.2018 - C-544/16, EU:C:2018:540
= SIS 18 10 17, Rz 32; UniCredit
Leasing vom 03.07.2019 - C-242/18, EU:C:2019:558 = SIS 19 09 63, Rz 74; BFH-Urteile vom
02.08.2018 - V R 37/17, BFHE 263, 63 = SIS 18 19 21, Rz 17; vom
18.12.2019 - XI R 21/18, BFHE 267, 560, BStBl II 2020, 723 = SIS 20 04 90, Rz 46). Hat der Leistungsempfänger - wie hier -
gemäß den vertraglichen Verpflichtungen mit dem
leistenden Unternehmer das Recht, eine bestimmte Leistung zu
beanspruchen, liegt eine steuerbare Leistung auch dann vor, wenn
der Leistungsempfänger sein Recht aus einem von ihm zu
vertretenden Grund nicht ausüben will oder kann.
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32
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b) Dies unterscheidet den Streitfall von
Fällen des sogenannten Angelds, das im Falle eines
Rücktritts des Hotelgasts vom Vertrag vom Hotelier als
Entschädigung einbehalten wird und nach der Rechtsprechung des
EuGH (vgl. EuGH-Urteil Société thermale
d’Eugénie-Les-Bains vom 18.07.2007 -
C-277/05, EU:C:2007:440 = SIS 07 28 58) keine Gegenleistung für eine eigenständige,
bestimmbare Leistung darstellt. Der auf eine oder mehrere bestimmte
Zusatzleistungen entfallende Entgeltanteil ist im Falle der
vollständigen oder teilweisen Nichtinanspruchnahme der
Zusatzleistungen keine Entschädigung für deren
vollständige oder teilweise Nichtinanspruchnahme, sondern
Entgelt für die Möglichkeit zur tatsächlichen
Inanspruchnahme aller angebotenen Zusatzleistungen.
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33
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c) Daher kann dahinstehen, ob die
Hotelgäste die mit dem Pauschalpreis für die
Übernachtung abgegoltene Bereitstellung von W-LAN,
Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen
tatsächlich in Anspruch genommen haben.
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III. Zur Anrufung des EuGH
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Der vorlegende Senat hat Zweifel, ob er nach
Ergehen der EuGH-Urteile Stadion Amsterdam vom 18.01.2018 -
C-463/16, EU:C:2018:22 = SIS 18 00 08 sowie Finanzamt X vom 04.05.2023 - C-516/21,
EU:C:2023:372 = SIS 23 08 10 an
seiner Rechtsprechung festhalten kann, wonach das Aufteilungsgebot
des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unionsrechtskonform ist
(vgl. dazu BFH-Urteil vom 24.04.2013 - XI R 3/11, BFHE 242, 410,
BStBl II 2014, 86 = SIS 13 32 18, Rz 57).
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36
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1. Zur Vorlagefrage und zur Rechtsauffassung
des Senats
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Der vorlegende Senat verweist zur Vermeidung
von Wiederholungen auf seine Begründung der Vorlagefrage unter
B.III.1. und 2. in dem die Parkplatzgestellung als
unselbständige Nebenleistung zur kurzfristigen Beherbergung
von Fremden betreffenden Vorabentscheidungsersuchen vom 10.01.2024
- XI R 11/23 (XI R 34/20) = SIS 24 09 48.
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2. Zur Entscheidungserheblichkeit
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Die Vorlagefrage ist auch im Streitfall
entscheidungserheblich. Wäre die Vorlagefrage zu verneinen,
wäre die Revision der Klägerin vom vorlegenden Senat als
unbegründet zurückzuweisen. Wäre die Vorlagefrage zu
bejahen, wäre die Anwendung des Regelsteuersatzes auf die
Bereitstellung von W-LAN, Parkplätzen, Fitness- und
Wellnesseinrichtungen zu Unrecht erfolgt, so dass die Klage
insoweit Erfolg hätte.
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3. Im Übrigen verweist der Senat zur
Vermeidung von Wiederholungen auf sein Vorabentscheidungsersuchen
vom 10.01.2024 - XI R 11/23 (XI R 34/20) = SIS 24 09 48, unter
B.III.4. und B.IV.
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