Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 18.03.2022 - 7 K
11127/18 = SIS 22 07 86 insoweit
aufgehoben, als der Beklagte verpflichtet wurde, Einsicht in die
Einkommensteuerakte des Veranlagungszeitraums 2015 zu
gewähren.
Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision
zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die
Beteiligten je zur Hälfte zu tragen.
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) beanspruchen Einsicht in die beim Beklagten und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) geführte
Einkommensteuerakte des Veranlagungszeitraums 2015.
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Das FA hatte gegen die Kläger
Einkommensteuer für 2015 festgesetzt. Nach Bestandskraft des
Bescheids beantragten die Kläger Einsicht in die für sie
geführte Einkommensteuerakte. Sie führten an, ihr
damaliger Steuerberater habe sie nicht über den Gang des
Veranlagungsverfahrens informiert. Nach den Feststellungen des
Finanzgerichts (FG) erwogen die Kläger, einen
Schadenersatzanspruch gegen den Steuerberater geltend zu
machen.
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Das FA lehnte den Antrag zuletzt mit
Einspruchsentscheidung vom 25.05.2018 ab. Die Abgabenordnung (AO)
sehe für das Verwaltungsverfahren kein Akteneinsichtsrecht
vor. Auch die Voraussetzungen eines übergesetzlichen, im
Ermessen der Verwaltung stehenden Einsichtsrechts lägen nicht
vor. Die Kläger hätten hierfür kein berechtigtes
Interesse dargelegt, zumal sich ein solches nicht aus der
Prüfung von Regressansprüchen ergebe. Der Umstand, dass
die Akteneinsicht erst nach Bestandskraft des
Einkommensteuerbescheids beantragt worden sei, führe zudem
dazu, dass der Antrag zwingend abzulehnen sei.
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Hiergegen erhoben die Kläger Klage,
die beim 7. Senat des Niedersächsischen FG geführt wurde.
Während des Klageverfahrens beantragten die Kläger beim
FA unter Bezugnahme auf Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 und Abs. 3 der
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Einsichtnahme in die
Einkommensteuerakte. Auch diesen Antrag lehnte das FA ab. Die
Kläger erhoben hiergegen ebenfalls Klage, die beim 12. Senat
des FG geführt und mit Urteil vom 28.01.2020 - 12 K 213/19
abgewiesen wurde. Auf die Revision der Kläger hob der
Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil auf und verwies die Sache an das
FG zurück. Zur Begründung führte der BFH aus, die
(zweite) Klage sei wegen anderweitiger Rechtshängigkeit
unzulässig, könne vom FG aber mit der zuerst
anhängig gemachten Klage, über die seinerzeit noch nicht
entschieden war, verbunden werden (BFH-Urteil vom 08.06.2021 - II R
15/20 = SIS 21 18 55).
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Nachdem das Präsidium des FG dessen 7.
Senat (auch) für das zurückverwiesene Verfahren für
zuständig erklärt hatte, verband jener Senat im zweiten
Rechtsgang das zurückverwiesene mit dem ursprünglich
anhängig gemachten Verfahren auf Akteneinsicht.
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Mit angefochtenem Urteil vom 18.03.2022 - 7
K 11127/18 gab das FG den Klagen statt und verpflichtete das FA,
den Klägern „Einsicht in die Einkommensteuerakte des
Veranlagungszeitraums 2015 zu gewähren und den
Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO zu
erfüllen“.
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Zur Begründung seiner Revision
trägt das FA vor, das FG sei rechtsfehlerhaft davon
ausgegangen, die Akteneinsicht sei wegen eines auf null reduzierten
Ermessens zu gewähren. Das FA zieht zudem in Zweifel, ob der
sachliche Anwendungsbereich von Art. 15 DSGVO eröffnet sei.
Selbst wenn dies der Fall sei, stünden der Erfüllung des
Auskunftsanspruchs Ausnahmetatbestände des Art. 23 Abs. 1
Buchst. i DSGVO i.V.m. § 32c Abs. 1 AO entgegen.
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Das FA beantragt,
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das angefochtene Urteil aufzuheben und die
Klagen abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
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die Revision zurückzuweisen.
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Sie halten die angefochtene Entscheidung
für zutreffend.
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Die Beteiligten haben auf eine
mündliche Verhandlung verzichtet.
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II. Die Revision ist begründet, soweit
das FG den Klägern ein Einsichtsrecht in die für sie
geführte Einkommensteuerakte des Veranlagungszeitraums 2015
zugesprochen hat. Insoweit ist das angefochtene Urteil aufzuheben
und, da die Sache spruchreif ist, die Klage abzuweisen (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im
Übrigen ist die Revision unbegründet und daher
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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1. Die angefochtene Entscheidung verletzt
Bundesrecht gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO, da das
FG zu Unrecht davon ausgegangen ist, den Klägern stehe infolge
einer Ermessensreduzierung auf null ein Anspruch auf Einsichtnahme
in die beim FA für sie geführte Einkommensteuerakte des
Veranlagungszeitraums 2015 zu.
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a) Die Abgabenordnung enthält - anders
als zum Beispiel § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes -
keine Regelung, nach der ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht.
Ein solches Einsichtsrecht ist weder aus § 91 Abs. 1 AO noch
aus § 364 AO abzuleiten. Allerdings steht dem während
eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden
Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter ein Anspruch auf eine
pflichtgemäße Ermessensentscheidung der
Finanzbehörde zu, weil diese nicht gehindert ist, in
Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren
(BFH-Entscheidungen vom 23.02.2010 - VII R 19/09, BFHE 228, 139,
BStBl II 2010, 729 = SIS 10 09 20, Rz 11 und vom 05.12.2016 - VI B
37/16 = SIS 17 03 37, Rz 3).
Grundlage dieses Anspruchs ist das Rechtsstaatsprinzip
gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. dem
Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG (BFH-Urteil
vom 19.03.2013 - II R 17/11, BFHE 240, 497, BStBl II 2013, 639 =
SIS 13 14 78, Rz 11).
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b) Das FG hat bereits rechtsfehlerhaft
angenommen, dass den Klägern ein nach den vorgenannten
Rechtsgrundsätzen abzuleitender Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung zusteht. Die Kläger haben
Akteneinsicht nicht während des Veranlagungsverfahrens zur
Einkommensteuer des Jahres 2015, sondern erst in dessen Nachgang,
das heißt, nach Eintritt der Bestandskraft der
Einkommensteuerfestsetzung beantragt. Der einer Akteneinsicht
innewohnende Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs
wird in diesem - nachgelagerten - Stadium grundsätzlich nicht
mehr berührt (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 23.02.2010 - VII R
19/09, BFHE 228, 139, BStBl II 2010, 729 = SIS 10 09 20, Rz 12
sowie BeckOK AO/Kobor, 28. Ed. [15.04.2024], AO § 91 Rz 30;
s.a. Hessisches FG, Urteil vom 16.03.1990 - 1 K 4538/89, EFG 1990,
503). Hieran ändert nichts, dass der Einkommensteuerbescheid
für 2015 mit einem maschinell gesetzten
Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 Satz
2 AO versehen war und unter den Voraussetzungen des § 153 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 AO die Pflicht besteht, unrichtige oder
unvollständige Steuererklärungen bis zum Ablauf der
Festsetzungsfrist zu berichtigen. Nachvollziehbare Anhaltspunkte
dafür, dass Anlass für die beantragte Akteneinsicht ein
solches Verwaltungsverfahren sein soll, haben die Kläger nicht
dargelegt.
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c) Der von den Klägern geltend gemachte
Anspruch ergibt sich zudem nicht aus den - auch im
öffentlichen Recht anwendbaren - Grundsätzen aus Treu und
Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Der BFH hat
bereits entschieden, dass insoweit eine rechtliche Sonderverbindung
zwischen der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen bestehen
muss, in deren Rahmen der Steuerpflichtige zur Wahrung seiner
Rechte gegenüber der Behörde auf die Auskunft (die
Akteneinsicht) angewiesen ist (BFH-Urteil vom 23.02.2010 - VII R
19/09, BFHE 228, 139, BStBl II 2010, 729 = SIS 10 09 20, Rz 13 ff.,
18). Hieran fehlt es im Streitfall ersichtlich. Die Kläger
können vom FA keine Treuepflicht einfordern, sie bei der
Verfolgung steuerverfahrensfremder Zwecke - vorliegend der
Prüfung von Schadenersatzansprüchen gegen einen
Steuerberater - zu unterstützen (in diesem Sinne auch Roser in
Gosch, AO § 91 Rz 30; BeckOK AO/Kobor, 28. Ed. [15.04.2024],
AO § 91 Rz 30). Insofern fehlt ein innerer Zusammenhang mit
einem Verwaltungsverfahren.
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d) Auf die von der Vorinstanz bejahte Frage,
ob das Ermessen des FA, Akteneinsicht zu gewähren, auf null
reduziert war (hierzu BFH-Urteil vom 23.09.2009 - XI R 56/07,
BFH/NV 2010, 12 = SIS 09 36 96, unter II.1.), kommt es vor diesem
Hintergrund nicht mehr an. Der Senat weist nur vorsorglich darauf
hin, dass der hierfür vom FG maßgeblich ins Feld
geführte rechtliche Aspekt nicht greift. Das FG hat die
Ansicht vertreten, dass dem Steuerpflichtigen ein
„grundsätzliches Recht auf
Akteneinsicht“ zusteht und dies damit
begründet, dass sich ein solches neben rechtsstaatlichen und
prozessgrundrechtlichen Erwägungen (Art. 20 Abs. 3, Art. 19
Abs. 4 GG) inzwischen ausdrücklich aus dem in Art. 41 Abs. 1
und Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union (EUGrdRCh) verankerten Recht auf Gehör
ergebe. Das FG hat hierbei übersehen, dass Adressat jenes
Grundrechts nur Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der
Europäischen Union (EU) sind (Art. 41 Abs. 1 EUGrdRCh), nicht
aber Behörden der Landesfinanzverwaltung in den
EU-Mitgliedstaaten (vgl. hierzu Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - HUNGEOD u.a. vom 26.03.2020 -
C-496/18 und C-497/18, EU:C:2020:240, Rz 63, m.w.N.).
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e) Die Sache ist insoweit spruchreif. Es fehlt
an einer Rechtsgrundlage, die dem Kläger den geltend gemachten
Anspruch vermittelt, Einsicht in die Einkommensteuerakte für
den Veranlagungszeitraum 2015 zu nehmen.
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2. Frei von Rechtsfehlern hat das FG den
Klägern dem Grunde nach ein Auskunftsrecht gemäß
Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 DSGVO zuerkannt. Der sachliche
Anwendungsbereich dieser Norm, die nach Art. 288 Abs. 2 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat gilt, ist eröffnet (dazu
unten a). Ausschlussgründe für einen Auskunftsanspruch
liegen nicht vor (unten b). Dass der Auskunftsanspruch der
Kläger durch Einsichtnahme in die Einkommensteuerakte für
den Veranlagungszeitraum 2015 zu erfüllen ist, hat die
Vorinstanz nicht entschieden und ist nicht Gegenstand der
vorliegenden Revision (unten c).
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a) Nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 1 DSGVO hat
die betroffene Person (hier die Kläger) das Recht, von dem
Verantwortlichen - dem FA (Art. 4 Nr. 7 DSGVO) - eine
Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende
personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall,
bestimmt Halbsatz 2 der Vorschrift, dass die Person Recht auf
Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die in
Buchst. a bis h genannten Informationen hat.
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aa) Dass das FA im Zuge der
Einkommensteuerveranlagung für 2015 die Kläger
betreffende personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1
Halbsatz 1 DSGVO verarbeitet hat (Art. 4 Nr. 2 DSGVO), bedarf
keiner weitergehenden Erörterung (vgl. hierzu Senatsurteile
vom 05.09.2023 - IX R 32/21, BFHE 281, 6, BStBl II 2024, 159 = SIS 23 17 75, Rz 18 sowie vom 12.03.2024 - IX R 35/21 = SIS 24 09 98,
zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 13).
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22
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bb) Der Senat hat bereits entschieden, dass
der Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung nach Art. 2
Abs. 2 Buchst. a DSGVO nicht auf den Bereich der harmonisierten
Steuern beschränkt ist (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2024 - IX
R 35/21 = SIS 24 09 98, zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt, Rz 21). Der Einwand des FA, es bestünden keine
datenschutzrechtlichen Auskunftsrechte in Bezug auf eine
ausschließlich die Einkommensteuer betreffende Akte, ist
daher unbegründet.
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cc) Ebenso wenig steht der Anwendung der
Datenschutz-Grundverordnung entgegen, dass die personenbezogenen
Daten der Kläger in einer Akte enthalten sind, die vom FA noch
in Papierform geführt wurde oder wird. Auch insoweit nimmt der
Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf seine hierzu
ergangene jüngste Rechtsprechung (Senatsurteil vom 12.03.2024
- IX R 35/21 = SIS 24 09 98, zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt, Rz 17).
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dd) Schließlich steht dem Auskunftsrecht
im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht entgegen, dass die
Kläger mit ihrem auf diese Norm gestützten Begehren
ersichtlich keine datenschutzrelevanten Gründe verfolgen. Nach
der Rechtsprechung des EuGH muss die betroffene Person ihren Antrag
nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht begründen, was zugleich
bedeutet, dass er auch nicht zurückgewiesen werden kann, wenn
mit ihm ein anderer Zweck verfolgt wird als der, von der
Verarbeitung Kenntnis zu nehmen und deren Rechtmäßigkeit
zu überprüfen (EuGH-Urteil FT (Copies du dossier
médical) vom 26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 38,
43).
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b) Das Auskunftsrecht der Kläger ist
nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften ausgeschlossen. Dies
ergibt sich nicht aus Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DSGVO i.V.m. §
32c Abs. 1 Nr. 1 AO (dazu unten aa), § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO
(dazu unten bb) sowie § 32c Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a DSGVO (dazu
unten cc).
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aa) Art. 23 Abs. 1 Buchst. i DSGVO bestimmt,
dass unter anderem durch Rechtsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten
Pflichten und Rechte gemäß Art. 12 bis 22 DSGVO
beschränkt werden können, sofern eine solche
Beschränkung den Wesensgehalt der Grundrechte und
Grundfreiheiten achtet und entweder den Schutz der betroffenen
Person oder die Rechte und Freiheiten anderer Personen
sicherstellt. In Ausübung dieser
Beschränkungsmöglichkeit hat der nationale Gesetzgeber in
§ 32c Abs. 1 Nr. 1 AO bereichsspezifisch für die
Steuerverwaltung geregelt, dass ein Auskunftsrecht gegenüber
einer Finanzbehörde gemäß Art. 15 DSGVO nicht
besteht, soweit die betroffene Person - vorliegend die Kläger
- nach § 32a Abs. 1 AO oder nach § 32b Abs. 1 oder Abs. 2
AO nicht zu informieren ist.
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aaa) Die Voraussetzungen der insoweit einzig
in Betracht zu ziehenden Einschränkung nach § 32c Abs. 1
Nr. 1, § 32b Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO liegen nicht vor. Hiernach
besteht keine Informationspflicht und folglich dessen kein
Auskunftsrecht, wenn unter anderem die Daten nach § 30 AO
geheim gehalten werden müssen und deswegen das Interesse der
betroffenen Person an der Informationserteilung (am Auskunftsrecht)
zurücktreten muss.
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bbb) Das Steuergeheimnis wird im Streitfall -
wie vom FG zutreffend angeführt - nicht berührt. Zu
schützen sind nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO die
personenbezogenen Daten „eines anderen“,
das heißt fremde personenbezogene Daten (statt vieler
Drüen in Tipke/Kruse, § 30 AO Rz 11). Die eigenen Daten
des Steuerpflichtigen sind konsequenterweise ihm gegenüber
nicht durch § 30 AO geschützt. Hierüber ist ihm
Auskunft zu erteilen, sofern die Daten nicht zugleich die
personenbezogenen Daten eines Dritten sind. Zwar können auch
die Daten eines steuerlichen Beraters dem Geheimnisschutz des
§ 30 AO unterliegen (Drüen in Tipke/Kruse, § 30 AO
Rz 14). Dies gilt zur Überzeugung des Senats aber nicht
für Daten, die ein Bevollmächtigter im Sinne von §
80 Abs. 1 Satz 1 AO für den Steuerpflichtigen an die
Finanzbehörde übermittelt hat (vgl. Koenig/Pätz,
Abgabenordnung, 5. Aufl., § 30 Rz 47 unter Hinweis auf die
vorliegend angefochtene Entscheidung). Es handelt sich um eigene
Daten des betroffenen Steuerpflichtigen, was sich bereits daraus
ergibt, dass die durch einen Bevollmächtigten vorgenommenen
Verfahrenshandlungen für und gegen den Beteiligten, in dessen
Namen sie vorgenommen werden, wirken (vgl. Mues in Gosch, AO §
80 Rz 26). Dies gilt unbeschadet dessen, ob die
Bevollmächtigung noch besteht.
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ccc) Aus den vorgenannten Erwägungen
könnte das FA die Erfüllung des Auskunftsanspruchs auch
nicht nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO mit dem Einwand verweigern, es
würden die Rechte anderer Personen beeinträchtigt.
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bb) Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen
des § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO vor. Die von den Klägern
erwogenen zivilrechtlichen Ansprüche (Schadenersatz) richten
sich nicht gegen den Rechtsträger der Finanzbehörde,
sondern gegen den damaligen Steuerberater.
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cc) Schließlich wird das Auskunftsrecht
der Kläger nicht nach § 32c Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AO
ausgeschlossen.
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Hiernach besteht kein Auskunftsrecht
gemäß Art. 15 DSGVO, soweit die personenbezogenen Daten
nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher
Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen
und die Auskunftserteilung einen
unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
sowie eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete
technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen
ist.
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aaa) Bereits die Grundvoraussetzung dieses
§ 34 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes
nachgebildeten, hinsichtlich seines sachlichen Anwendungsbereichs
in der Gesetzesbegründung aber nicht näher beleuchteten
Ausschlusstatbestands (vgl. BT-Drucks. 18/12611, S. 88) liegt nicht
vor. Es fehlt an einer gesetzlichen Aufbewahrungspflicht für
Steuerakten. Aufbewahrungspflichten sind nur zu Lasten des
Steuerpflichtigen normiert, vornehmlich in § 147 AO. Deren
Pflichten sind nicht auf die Finanzbehörde übertragbar
und verpflichten diese deshalb - trotz dementsprechender
praktischer Handhabung - nicht, die dazugehörigen Steuerakten
bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist aufzubewahren. Untergesetzlich
- auf ministerieller Ebene - geregelte Pflichten für die
Finanzverwaltung zur Aufbewahrung von Steuerakten sind nach dem
klaren Wortlaut der Norm nicht tatbestandlich. Aus diesem Grund
besteht im steuerlichen Schrifttum zu Recht Einvernehmen, dass
§ 32c Abs. 1 Nr. 3 AO nach derzeitiger Rechtslage
leerläuft (Klein/Maetz, AO, 17. Aufl., § 32c Rz 9;
Koenig/Pätz, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 32c Rz 9; BeckOK
AO/Rosenke, 28. Ed. [15.04.2024], AO § 32c Rz 75; Drüen
in Tipke/Kruse, § 32c AO Rz 17; Schober in Gosch, AO §
32c Rz 13; vgl. auch Krumm, DB 2017, 2182, 2195: passt „nicht
so richtig in einen verwaltungsrechtlichen
Kontext“).
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bbb) Ob die Auskunftserteilung, wie von §
32c Abs. 1 Nr. 3 AO zusätzlich vorausgesetzt, einen
unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde,
bedarf somit keiner Entscheidung.
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35
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c) Aus den vorgenannten Gründen hat das
FG zu Recht erkannt, dass das FA den von den Klägern geltend
gemachten Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitung der sie
betreffenden personenbezogenen Daten nach Art. 15 DSGVO „zu
erfüllen“ hat.
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aa) Dass dieser Anspruch - wie die Kläger
begehren - durch Einsichtnahme in die Einkommensteuerakte für
den Veranlagungszeitraum 2015 zu erfüllen ist, hat das FG
ausweislich des Tenors und dessen Begründung allerdings nicht
entschieden (sondern vielmehr offengelassen). Diese Frage ist auch
nicht Gegenstand der vorliegenden Revision, da nur das FA die
vorinstanzliche Entscheidung angefochten und hierbei das Bestehen
eines Auskunftsanspruchs dem Grunde nach in Abrede gestellt
hat.
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bb) Der Senat weist rein vorsorglich auf
Folgendes hin:
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Nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO stellt der
Verantwortliche der betroffenen Person eine Kopie der
personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur
Verfügung. Durch die Rechtsprechung des EuGH ist inzwischen
geklärt, dass Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO dem Betroffenen kein
anderes Recht als das in Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene
gewährt. Der Begriff „Kopie“
bezieht sich nicht auf ein Dokument als solches, sondern auf die
personenbezogenen Daten, die es enthält und die
vollständig sein müssen. Die Kopie muss daher alle
personenbezogenen Daten enthalten, die Gegenstand der Verarbeitung
sind (EuGH-Urteile FT (Copies du dossier médical) vom
26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 72 und
Österreichische Datenschutzbehörde vom 04.05.2023 -
C-487/21, EU:C:2023:369, Rz 32; vgl. auch Senatsurteil vom
12.03.2024 - IX R 35/21 = SIS 24 09 98, zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt, Rz 27).
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39
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Nur wenn die Zurverfügungstellung einer
Kopie unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame
Ausübung der ihr durch die Datenschutz-Grundverordnung
verliehenen Rechte zu ermöglichen (vgl. insoweit Art. 16, 17,
18, 21, 79 ff. DSGVO), besteht nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO
Anspruch darauf, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder
gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus
Datenbanken zu erhalten (EuGH-Urteile FT (Copies du dossier
médical) vom 26.10.2023 - C-307/22, EU:C:2023:811, Rz 75 und
Österreichische Datenschutzbehörde vom 04.05.2023 -
C-487/21, EU:C:2023:369, Rz 41 und Rz 45; Senatsurteil vom
12.03.2024 - IX R 35/21 = SIS 24 09 98, zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt, Rz 28). Hierfür besteht keine
generelle Vermutung. Vielmehr obliegt es der betroffenen Person
darzulegen, dass die Kopie der personenbezogenen Daten sowie die
Mitteilung der Informationen nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. a bis h
DSGVO nicht für die Wahrnehmung der ihr durch die
Datenschutz-Grundverordnung verliehenen Rechte genügt. Begehrt
die betroffene Person die Zurverfügungstellung von Kopien von
Dokumenten mit ihren personenbezogenen Daten, ist es vielmehr an
ihr, zu benennen, welche ihr durch die Datenschutz-Grundverordnung
verliehenen Rechte sie auszuüben gedenkt und ebenso
darzulegen, aus welchen Gründen die Zurverfügungstellung
von Kopien von Akten mit personenbezogenen Daten hierfür
unerlässlich ist (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2024 - IX R
35/21 = SIS 24 09 98, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt,
Rz 28).
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40
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cc) Die vorgenannten Rechtsgrundsätze
haben die Kläger zu bedenken, wenn sie an ihrem Begehren
festhalten, dass das FA ihren Auskunftsanspruch gemäß
Art. 15 Abs. 1 DSGVO - ausnahmsweise - in Gestalt einer
Akteneinsicht beziehungsweise durch Zurverfügungstellung von
Kopien aus der Einkommensteuerakte des Veranlagungszeitraums 2015
zu erfüllen habe.
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41
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die beiden Streitgegenstände (Anspruch
auf Akteneinsicht sowie Auskunftsanspruch gemäß Art. 15
DSGVO) sind jeweils mit dem sogenannten Auffangstreitwert von 5.000
EUR (§ 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes) zu
berücksichtigen.
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