Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 21.04.2021 - 4 K 1154/20 Erb
= SIS 21 09 59 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Eltern des Klägers und
Revisionsbeklagten (Kläger) starben im Dezember 2015 kurz
nacheinander. Der Kläger und sein Bruder beerbten sowohl die
Mutter als auch den Vater (Erblasser) je zur Hälfte. Zum
Nachlass der Mutter gehörten unter anderem Grundstücke,
zum Nachlass des Erblassers gehörten Grundstücke, eine
20%ige Kommanditbeteiligung an einer gewerblich tätigen GmbH &
Co. KG (KG) sowie eine 20%ige Beteiligung an der
Komplementärgesellschaft der KG (GmbH). Die übrigen
Beteiligungen von 80 % an der KG und der GmbH hielt im Zeitpunkt
des Erbfalls der Kläger.
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Mit Feststellungsbescheid vom 12.07.2017
wurde der Wert des KG-Anteils des Erblassers auf 312.256 EUR
festgestellt.
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Der Beklagte und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) setzte zuletzt mit unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung - AO - ) stehendem
Bescheid vom 02.03.2018 die Erbschaftsteuer aufgrund des Erwerbs
nach dem Erblasser in Höhe von 30.668 EUR gegen den
Kläger fest. Das FA berücksichtigte bei der
Erbschaftsteuerfestsetzung gegen den Kläger für den
KG-Anteil die Begünstigung nach § 13a des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Streitjahr
geltenden Fassung (ErbStG a.F.). Für einzelne Grundstücke
wurde die Begünstigung nach § 13c ErbStG a.F. teilweise
gewährt. Für die vom Kläger nach dem Erbfall
bewohnte Wohnung wurde zudem die Steuerbefreiung nach § 13
Abs. 1 Nr. 4c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
(ErbStG) in Höhe von 19.932 EUR gewährt. Der Bescheid
wurde formell bestandskräftig.
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Mit notarieller Urkunde vom 19.02.2018
übertrugen der Kläger und sein Bruder untereinander zum
Zwecke der Erbauseinandersetzung mehrere Grundstücke. Mit
weiterer notarieller Urkunde vom 20.12.2018 übertrug der
Bruder den mit dem Erbfall auf ihn entfallenden Anteil von 10 % an
der KG unentgeltlich auf den Kläger. Für die
Übertragung der GmbH-Beteiligung leistete der Kläger eine
Abfindung in Höhe von 3.785,12 EUR an seinen Bruder. Ergebnis
der Erbauseinandersetzung war, dass der Bruder ein Grundstück
und der Kläger die Gesellschaftsbeteiligungen und die anderen
Grundstücke jeweils zum Alleineigentum erhielten.
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Mit Schreiben vom 19.11.2019 beantragte der
Kläger die Änderung des Bescheides vom 02.03.2018 nach
§ 164 AO, da aufgrund der Erbauseinandersetzung die
erbschaftsteuerrechtlichen Begünstigungen nach §§
13a, 13b und 13c ErbStG a.F. neu zuzuordnen und bei seiner
Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen seien. Das FA
lehnte die Änderung mit Bescheid vom 15.01.2020 ab. Eine
Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt
werden, wenn sie zeitnah nach dem Erbfall erfolge. Als zeitnah
werde dabei ein Zeitraum von sechs Monaten angesehen. Der Erbfall
sei aber bereits 2015 eingetreten, die Auseinandersetzung erst 2018
erfolgt und die Änderung am 19.11.2019 beantragt worden. Gegen
die Ablehnung der Änderungen legte der Kläger Einspruch
ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14.04.2020 als
unbegründet zurückwies.
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Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen
erhobenen Klage statt und verurteilte das FA, den
Erbschaftsteuerbescheid vom 02.03.2018 zu ändern und die
steuerliche Begünstigung des Wohnraums in Höhe von 28.942
EUR, des Betriebsvermögens in Höhe von 312.256 EUR und
des eigengenutzten Familienheims in Höhe von 41.935 EUR zu
gewähren. Das Urteil ist in EFG 2021, 1216 = SIS 21 09 59 veröffentlicht.
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Dagegen wendet sich das FA mit der
Revision. Es rügt eine Verletzung der Vorschriften über
den sogenannten Begünstigungstransfer nach § 13 Abs. 1
Nr. 4c ErbStG, § 13a Abs. 3, § 13b Abs. 3 und § 13c
Abs. 2 ErbStG a.F. Die Auseinandersetzung der Miterben sei erst
drei Jahre nach dem Erbfall und damit nicht zeitnah - innerhalb von
sechs Monaten - erfolgt. Ein begründeter Ausnahmefall liege
nicht vor. Auch der Verlust beider Elternteile binnen einer Woche
rechtfertige keine Verzögerung von drei Jahren. Die
Auseinandersetzung sei nicht von den Erbschaftsteuerveranlagungen
abhängig gewesen. Die Bedarfswertfeststellungen seien bis zum
12.07.2017 erfolgt, sodass jedenfalls in der zweiten
Jahreshälfte 2017 eine Auseinandersetzung anhand der
Steuerwerte möglich gewesen wäre.
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Wegen des Begünstigungstransfers nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG verweist das FA auf das Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.05.2019 - II R 37/16 (BFHE 264, 512,
BStBl II 2019, 678 = SIS 19 10 09), in dem der BFH
ausdrücklich an der Sechs-Monats-Regelfrist festgehalten habe.
Im Übrigen sei der ursprüngliche Erwerb des Bruders nach
dieser Vorschrift nicht begünstigt gewesen, denn der Bruder
habe das Familienheim nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzen wollen.
Es fehle daher an einer Begünstigung, die auf den Kläger
transferiert werden könne.
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Das FA beantragt,
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die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es stellt keinen
Antrag.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Zutreffend ist
das FG davon ausgegangen, dass dem Kläger die
Steuerbegünstigung für das Betriebsvermögen
(§§ 13a, 13b ErbStG a.F.), für Wohnraum (§ 13c
ErbStG a.F.) und für das eigengenutzte Familienheim (§ 13
Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) aufgrund des sogenannten
Begünstigungstransfers in dem beantragten Umfang zu
gewähren ist.
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1. Die Voraussetzungen für die
Übertragung der Steuerbegünstigung des
Betriebsvermögens im Wege der Erbauseinandersetzung (§
13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F.) sind erfüllt.
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a) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F.
bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und
forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an
Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 ErbStG a.F.
insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Nach §
13a Abs. 2 ErbStG a.F. bleibt zudem der nicht unter § 13b Abs.
4 ErbStG a.F. fallende Teil des Vermögens im Sinne des §
13b Abs. 1 ErbStG a.F. vorbehaltlich des Satzes 3 der Norm
außer Ansatz, soweit der Wert dieses Vermögens insgesamt
150.000 EUR nicht übersteigt (Abzugsbetrag). Zum
begünstigten Vermögen gehören nach § 13b Abs. 1
Nr. 2 ErbStG a.F. unter anderem ein Anteil an einer Gesellschaft im
Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18
Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes.
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b) Nach § 13a Abs. 3 Satz 2 kann ein Erwerber den
Verschonungsabschlag nach Abs. 1 und den Abzugsbetrag nach Abs. 2
nicht in Anspruch nehmen, soweit er Vermögen im Sinne des
§ 13b Abs. 1 ErbStG a.F. im Rahmen der Teilung des Nachlasses
auf einen Miterben überträgt. Gibt der Miterbe
(„Dritte“) dabei nicht begünstigtes
Vermögen hin, das er vom Erblasser erworben hat, erhöht
sich nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F. insoweit der Wert des
begünstigten Vermögens des Miterben um den Wert des
hingegebenen Vermögens. Der Begünstigungstransfer
führt danach zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage
für die Steuerbefreiung und nicht zu einer Veränderung
der Zurechnung der Erwerbsgegenstände, da für die
Erbschaftsteuer nach § 11 ErbStG das Stichtagsprinzip gilt.
Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der
Entstehung der Steuer, also der Zeitpunkt des Todes des Erblassers
(BFH-Urteil vom 23.06.2015 - II R 39/13, BFHE 250, 207, BStBl II
2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz 28).
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c) Dieser sogenannte
Begünstigungstransfer setzt nach § 13b Abs. 3 ErbStG a.F.
voraus, dass die Übertragung des Betriebsvermögens auf
den Miterben „im Rahmen der Teilung des
Nachlasses“ erfolgt. Die Begünstigung
wirkt nur insoweit, als im Gegenzug nicht begünstigtes
Vermögen hingegeben wird.
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aa) Eine Frist für die Teilung des
Nachlasses oder weitere Voraussetzungen sieht die Vorschrift nicht
vor. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, nach der die
Auseinandersetzungsvereinbarung innerhalb von sechs Monaten nach
dem Erbfall erfolgen muss (vgl. H E 13 a.11 der Hinweise zu den
Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 zur Nachfolgeregelung § 13a
Abs. 5 Satz 3 ErbStG n.F. und BMF-Schreiben vom 14.03.2006, BStBl I
2006, 253 = SIS 06 16 36, Rz 8), ist eine zeitliche
Beschränkung für die Teilung des Nachlasses in § 13b
Abs. 3 ErbStG a.F. nicht vorgesehen (so auch zur Nachfolgeregelung
Geck in Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG, Rz 86; Söffing in: ErbStG - eKomm
§ 13a Rz 161 [Aktualisierung v. 14.03.2023]; vgl.
BFH-Urteil vom 23.06.2015 - II R 39/13, BFHE 250, 207, BStBl II
2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz 27, zu der vergleichbaren Regelung in
§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG). Ausreichend ist - wie vom FG
zutreffend erkannt -, dass ein innerer Zusammenhang zum Erbfall
besteht. Beruht der Entschluss, den Nachlass zu teilen und dabei
begünstigtes (Betriebs-)Vermögen gegen nicht
begünstigtes Vermögen zu übertragen, auf einer neuen
Willensbildung der Erbengemeinschaft, die den Nachlass
zunächst willentlich ungeteilt belassen hat, erfolgt die
Übertragung nicht im Rahmen der Teilung des Nachlasses und der
Begünstigungstransfer ist ausgeschlossen.
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bb) Ob die Übertragung im Rahmen der
Teilung des Nachlasses erfolgt, ist im Wege der Auslegung des ihr
zugrunde liegenden Erbteilungsvertrages unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei bildet der
zeitliche Abstand zwischen dem Anfall des Nachlasses und der
Übertragung der Vermögensgegenstände nur ein Indiz
dafür, ob die Übertragung noch im Rahmen der Teilung des
Nachlasses erfolgt. Je nach dem Umfang des Nachlasses und den
Schwierigkeiten bei der Bewertung einzelner
Vermögensgegenstände kann im Einzelfall - entgegen der
Auffassung des FA - auch bei einem über sechs Monate
hinausgehenden Zeitraum zwischen Erbfall und Übertragung des
Vermögens noch von einer Übertragung im Rahmen der
Teilung des Nachlasses ausgegangen werden.
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d) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist
das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise im
vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass die Übertragung des
zunächst vom Bruder des Klägers im Wege der Erbfolge
erlangten anteiligen KG-Anteils gemäß § 13b Abs. 3
ErbStG a.F. „im Rahmen der Teilung des
Nachlasses“ erfolgte und für den
übernommenen Anteil die Begünstigung des
Betriebsvermögens nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. zu
gewähren ist.
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Das FG hat dies mit den besonderen
Umständen des Einzelfalls begründet. So sei die klare
Zuordnung des Betriebsvermögens von Anfang an gewollt gewesen.
Die Dauer der Erbauseinandersetzung sei damit zu erklären,
dass nach dem plötzlichen Tod beider Elternteile eine Vielzahl
von steuerrechtlichen und bewertungsrechtlichen Fragen aufgekommen
sei, die zunächst hätten beantwortet werden müssen.
Anhaltspunkte dafür, dass die Miterben den Nachlass
zunächst ungeteilt belassen wollten und die Übertragung
des Vermögens auf einem neuen Entschluss der beiden Miterben
beruhe, bestünden nicht. Diese Würdigung ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BFH-Urteil vom
09.05.2023 - VI R 38/20, BFH/NV 2023, 1057 = SIS 23 10 73, Rz
31).
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e) Danach erhöht sich im Streitfall nach
§ 13a Abs. 3 Satz 2 ErbStG a.F. das steuerbegünstigte
Vermögen des Klägers. Die Höhe des
Begünstigungstransfers ist zwischen den Beteiligten
unstreitig. Insbesondere ist weder dargelegt noch erkennbar, dass
die Leistungen des Klägers nicht im Sinne des § 13b Abs.
3 ErbStG a.F. ausgeglichen waren.
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2. Die Steuerbegünstigung für
Wohnraum (§ 13c Abs. 1 ErbStG a.F.) ist ebenfalls im Wege der
Erbauseinandersetzung übertragen worden.
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a) Nach § 13c Abs. 1 und 3 ErbStG a.F.
sind bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile, die zu
Wohnzwecken vermietet werden, im Inland, in einem Mitgliedstaat der
Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen
Wirtschaftsraums belegen sind und nicht zum begünstigten
Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines
Betriebs der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 13a
ErbStG a.F. gehören, mit 90 % ihres Werts anzusetzen.
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b) Überträgt ein Erbe erworbenes
begünstigtes Vermögen im Rahmen der Teilung des
Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem
Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom
Erblasser erworben hat, erhöht sich nach § 13c Abs. 2
Satz 3 ErbStG a.F. insoweit der Wert des begünstigten
Vermögens des Dritten um den Wert des hingegebenen
Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des
übertragenen Vermögens.
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Der Begünstigungstransfer nach § 13c
Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. entspricht dem des § 13a Abs. 3 und
§ 13b Abs. 3 ErbStG a.F. § 13c Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F.
verlangt ebenfalls, dass die Übertragung im Rahmen der Teilung
des Nachlasses erfolgt und benennt dafür keinen konkreten
Zeitraum. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, ist auch im
Rahmen dieser Vorschrift durch eine Gesamtwürdigung aller
Tatsachen zu prüfen (vgl. BFH-Urteil vom 23.06.2015 - II R 39/13, BFHE 250,
207, BStBl II 2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz 36).
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c) Ausgehend davon ist das FG ebenfalls in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen,
dass der Begünstigungstransfer nicht deshalb ausgeschlossen
ist, weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des
Grundvermögens erst etwas mehr als zwei Jahre nach dem Tod des
Erblassers erfolgte. Die Begünstigung des Klägers war
daher auf die von ihm nach der Übertragung der
Miteigentumsanteile im Alleineigentum stehenden Grundstücke zu
beschränken und für diese Grundstücke in voller
Höhe zu gewähren.
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3. Schließlich ist auch die
Steuerbegünstigung für das selbstgenutzte Familienheim
(§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) in dem beantragten Umfang zu
gewähren.
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a) Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c
Satz 1 ErbStG unter anderem der Erwerb von Todes wegen des
Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten
Grundstück durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2,
soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen
Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen
an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war, die
beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen
Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Die Steuerbefreiung nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG erfasst - unter weiteren
Voraussetzungen - unter anderem eine Wohnung in einem mit einem
Zweifamilienhaus bebauten Grundstück, wenn die Wohnung beim
Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken
bestimmt ist. Begünstigt ist der Erwerb von Todes wegen, bei
einem Miterben also der Erwerb entsprechend seiner Erbquote.
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b) Überträgt ein Erbe erworbenes
begünstigtes Vermögen im Rahmen der Teilung des
Nachlasses auf einen Dritten und gibt der Dritte dabei diesem
Erwerber nicht begünstigtes Vermögen hin, das er vom
Erblasser erworben hat, erhöht sich insoweit der Wert des
begünstigten Vermögens des Dritten um den Wert des
hingegebenen Vermögens, höchstens jedoch um den Wert des
übertragenen Vermögens (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4
ErbStG).
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Diese Regelung ermöglicht einen
Begünstigungstransfer beim Erwerber von begünstigtem
Vermögen. Unter den in der Vorschrift bestimmten
Voraussetzungen erhöht sich der Wert des begünstigten
(steuerbefreiten) Vermögens. Der Dritte, der für den
Erwerb des begünstigten Vermögens anderes aus demselben
Nachlass stammendes Vermögen hingibt, soll so gestellt werden,
als habe er von Anfang an begünstigtes Vermögen erhalten
(BT-Drucks. 16/11107, S. 9). Entsprechendes gilt, wenn ein Erbe im
Rahmen der Teilung des Nachlasses seinen erworbenen Anteil am
begünstigten Vermögen auf einen Miterben
überträgt (BT-Drucks. 16/11107, S. 9); der Miterbe wird
so behandelt, als habe er insoweit von Anfang an begünstigtes
Vermögen erhalten (BFH-Urteil vom 23.06.2015 - II R 39/13,
BFHE 250, 207, BStBl II 2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz 16).
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c) Für den Begünstigungstransfer
nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG ist erforderlich, dass
für das bei der Nachlassteilung erworbene Vermögen
überhaupt die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c
Satz 1 ErbStG greift. Der Erwerb muss deshalb eine Wohnung
betreffen, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung
bestimmt ist (BFH-Urteil vom 23.06.2015 - II R 39/13, BFHE 250,
207, BStBl II 2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz 22). Dies ist dann der
Fall, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu
eigenen Wohnzwecken zu nutzen, und diese Absicht auch
tatsächlich umsetzt. Der Erwerber muss die Wohnung zudem
unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern
(vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen (BFH-Urteil
vom 23.06.2015 - II R 39/13, BFHE 250, 207, BStBl II 2016, 225 =
SIS 15 20 51, Rz 23 f.). Der Senat hält dafür
regelmäßig einen Zeitraum von sechs Monaten nach dem
Erbfall für angemessen (BFH-Urteil vom 23.06.2015 - II R
39/13, BFHE 250, 207, BStBl II 2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz
25).
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d) Im Fall des Begünstigungstransfers
nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG müssen die anderen
Miterben, die ihren Miteigentumsanteil zum Zwecke des
Begünstigungstransfers auf den das Familienheim allein
nutzenden Miterben übertragen, selbst keinen
Selbstnutzungswillen haben und auch nicht unverzüglich in das
Familienheim einziehen. Ausreichend ist, dass die Voraussetzungen
für die Steuerbegünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c
ErbStG in der Person dieser Miterben erfüllt werden
könnten. Der Begünstigungstransfer ist gerade darauf
ausgerichtet, dass ein Miterbe das Familienheim alleine nutzen
kann. Zu fordern, dass die Miterben zunächst gemeinsam in das
Familienheim einziehen müssen, um die Steuerbegünstigung
nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG übertragen zu
können, würde dem Sinn dieser Regelung
entgegenstehen.
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e) Nutzt der erwerbende Dritte (Miterbe) die
vormals vom Erblasser genutzte Wohnung innerhalb angemessener Zeit
für eigene Wohnzwecke, ist der Begünstigungstransfer nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG unabhängig davon zu
gewähren, ob die Erbauseinandersetzung zeitnah zum Erbfall
erfolgt. Eine zeitliche Nähe zum Erbfall ist für die
Teilung des Nachlasses nicht vorgeschrieben. Deshalb kann bei einer
Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften eine Begünstigung
nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 4 ErbStG auch zu gewähren
sein, wenn die Auseinandersetzungsvereinbarung nicht innerhalb von
sechs Monaten nach dem Erbfall geschlossen wird (BFH-Urteil vom
23.06.2015 - II R 39/13, BFHE 250, 207, BStBl II 2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz 27). Ob die Übertragung im Rahmen der Teilung des
Nachlasses erfolgt, ist auch im Rahmen dieser Vorschrift durch eine
Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu prüfen (s. hierzu
unter II.1.d).
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f) Das FG hat einen Zusammenhang der Zuordnung
mit der Teilung des Nachlasses damit begründet, dass der
Kläger bereits vor der Auseinandersetzung das Familienheim
selbst bewohnt hat und eine entsprechende Zuordnung unter den Erben
von Anfang an beabsichtigt war. Diese Würdigung ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BFH-Urteil vom
09.05.2023 - VI R 38/20, BFH/NV 2023, 1057 = SIS 23 10 73, Rz 31).
Der Begünstigungstransfer ist nicht deshalb ausgeschlossen,
weil die Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Familienheims erst
etwas mehr als zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers erfolgte
(BFH-Urteil vom 23.06.2015 - II R 39/13, BFHE 250, 207, BStBl II
2016, 225 = SIS 15 20 51, Rz 27). Die weiteren Voraussetzungen
für die Begünstigung des Familienheims nach § 13c
Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG a.F. hat das FG zutreffend bejaht.
Danach erhöht sich das nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG
steuerbegünstigte Vermögen des Erblassers in Bezug auf
das Familienheim.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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