Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 09.03.2010 - 13 K 64/09 =
SIS 10 24 29 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) setzte gegenüber der Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, den Anspruch
auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens
gemäß § 37 Abs. 5 des
Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.F. des Gesetzes über steuerliche
Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen
Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher
Vorschriften (SEStEG) vom 07.12.2006 (BGBl I 2006, 2782, BStBl
I 2007, 4) - KStG 2002 n.F. - auf 56.317 EUR fest; der
jährliche Auszahlungsbetrag betrug 5.631,70 EUR. Die
Klägerin beantragte die gesonderte Festsetzung eines Anspruchs
auf Auszahlung eines entsprechenden
Solidaritätszuschlagguthabens. Auf das festgestellte und
ratierlich zur Auszahlung kommende Körperschaftsteuerguthaben
sei nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 des
Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 in der Neufassung vom
15.10.2002 (BGBl I 2002, 4131, BStBl I 2002, 1155) - SolZG 1995
n.F. - ein Guthaben auf Solidaritätszuschlag in Höhe von
3.097,44 EUR (= 5,5 % des Auszahlungsanspruchs aus dem
Körperschaftsteuerguthaben) zu berechnen und
festzusetzen.
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Diesen Antrag lehnte das FA mit Bescheid
vom 05.12.2008 ab. Die dagegen gerichtete Sprungklage wies das
Finanzgericht (FG) Köln mit Urteil vom 09.03.2010 - 13 K 64/09
(EFG 2010, 1353 = SIS 10 24 29) ab.
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Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision
verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, das FA zum Erlass
eines Bescheides zu verpflichten, mit dem ein Anspruch der
Klägerin auf Auszahlung des Solidaritätszuschlags
festgesetzt wird.
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Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss
vom 10.08.2011 - I R 39/10 (BFHE 234, 396, BStBl II 2012, 603 = SIS 11 37 52) nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m.
§ 80 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ausgesetzt
und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage zur
Entscheidung vorgelegt, ob § 3 SolZG 1995 n.F. insoweit mit
dem Grundgesetz vereinbar ist, als Auszahlungen des
Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5
KStG 2002 n.F. die Bemessungsgrundlage zum
Solidaritätszuschlag nicht mindern und § 3 SolZG 1995
n.F. oder eine andere Vorschrift auch nicht die Festsetzung eines
Anspruchs auf ein Solidaritätszuschlagguthaben
anordnet.
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Mit Beschluss vom 27.10.2021 - 2 BvL 12/11
(BVerfGE 159, 149 = SIS 21 19 56) hat das BVerfG die Vorlage des
Senats als unzulässig zurückgewiesen. Der Senat habe die
Entscheidungserheblichkeit nicht hinreichend dargelegt, da er sich
insbesondere nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob die
von der Klägerin favorisierte
„Guthabenlösung“
verfassungsrechtlich zulässig wäre.
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Der Senat hat den Rechtsstreit unter dem
neuen Aktenzeichen I R 49/21 (I R 39/10) wieder
aufgenommen.
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Die Klägerin rügt weiterhin eine
Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das Urteil des FG und
den Bescheid des FA vom 05.12.2008 aufzuheben und das FA zum Erlass
eines Bescheides zu verpflichten, durch den ein Anspruch der
Klägerin auf Auszahlung des Solidaritätszuschlags in
Höhe von 3.097,44 EUR festgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen ist dem
Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ). Es unterstützt, ohne einen eigenen Antrag zu
stellen, die Auffassung des FA.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die
Klägerin hat keinen Anspruch auf Auszahlung eines auf das zum
31.12.2006 festgestellte Körperschaftsteuerguthaben
rechnerisch entfallenden Solidaritätszuschlags in Höhe
von 3.097,44 EUR. Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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1. Aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 n.F.
ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Festsetzung eines
Anspruchs auf Auszahlung eines auf das gemäß § 37
Abs. 5 KStG 2002 n.F. festgestellte Körperschaftsteuerguthaben
rechnerisch entfallenden Solidaritätszuschlags.
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a) Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1
SolZG 1995 n.F. bemisst sich der Solidaritätszuschlag
vorbehaltlich der weiteren Regelungen in § 3 Abs. 2 bis 5
SolZG 1995 n.F., soweit eine Veranlagung zur
Körperschaftsteuer vorzunehmen ist, nach der festgesetzten
Körperschaftsteuer, vermindert um die anzurechnende oder
vergütete Körperschaftsteuer für
Veranlagungszeiträume ab 1998, wenn ein positiver Betrag
verbleibt.
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b) Gemäß § 37 Abs. 5 KStG 2002
n.F. hat eine Körperschaft innerhalb eines
Auszahlungszeitraums von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf
Auszahlung des nach § 37 Abs. 4 Satz 1 KStG 2002 n.F.
letztmalig auf den 31.12.2006 ermittelten
Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen
Jahresbeträgen, wobei der Anspruch gemäß § 37
Abs. 5 Satz 3 KStG 2002 n.F. für den gesamten
Auszahlungszeitraum festgesetzt wird.
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c) Der Gesetzgeber hat mit dem SEStEG durch
die Regelung des § 37 Abs. 4 ff. KStG 2002 n.F. das Verfahren
zur Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sowohl von dem
Erfordernis der offenen Gewinnausschüttung gelöst als
auch vom jährlichen Veranlagungsverfahren zur
Körperschaftsteuer getrennt. Der bis zum 31.12.2006 bestehende
Konnex zwischen der veranlagten Körperschaftsteuer und dem
realisierten Körperschaftsteuerguthaben besteht seitdem nicht
mehr. Sowohl die einmalige Festsetzung des Auszahlungsanspruchs als
auch die jährlichen Auszahlungen erfolgen unabhängig von
dem Verfahren zur Festsetzung der jährlichen
Körperschaftsteuer (vgl. z.B. Thurmayr in
Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2007, § 37 KStG Rz J 06-3
„Abhängigkeit von
Ausschüttungen“;
Brandis/Heuermann/Werning, § 37 KStG Rz 70). Entsprechend
berührt die Realisation des Körperschaftsteuerguthabens
seit dem 01.01.2007 nicht mehr die Höhe des festzusetzenden
Solidaritätszuschlags, da sich die Bemessungsgrundlage
für den Solidaritätszuschlag gemäß § 3
Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 n.F. (unverändert) an der
festgesetzten Körperschaftsteuer bemisst. Aus § 3 Abs. 1
Nr. 1 SolZG 1995 n.F. ergibt sich damit der von der Klägerin
behauptete Anspruch nicht.
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d) Ein derartiger Anspruch kann auch nicht aus
dem Annexcharakter des Solidaritätszuschlags als
Ergänzungsabgabe zur Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1
SolZG 1995 n.F., Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG) hergeleitet werden. Der
Senat hat bereits im Beschluss vom 10.08.2011 - I R 39/10 (BFHE
234, 396, BStBl II 2012, 603 = SIS 11 37 52) darauf hingewiesen,
dass § 1 Abs. 2 SolZG 1995 n.F. zwar bestimmt, dass auf die
Festsetzung und Erhebung des Solidaritätszuschlags die
Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des
Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden sind, sich
hieraus aber nicht ergibt, dass auf Erstattungsansprüche - wie
etwa den Anspruch auf Auszahlung des
Körperschaftsteuerguthabens - ein
Solidaritätszuschlagguthaben festzusetzen wäre. Einer
solchen Festsetzung steht § 3 SolZG 1995 n.F. entgegen, der
eine eigenständige und abschließende Regelung über
die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags
enthält. Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung auch
nach erneuter Überprüfung fest.
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2. Über die Revision ist
abschließend zu entscheiden, da die Voraussetzungen für
eine (erneute) Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer
Entscheidung des BVerfG nicht vorliegen. Der Senat ist nach
erneuter Prüfung und im Lichte der Ausführungen des
BVerfG in seinem Beschluss vom 27.10.2021 - 2 BvL 12/11 (BVerfGE
159, 149 = SIS 21 19 56) nicht der Überzeugung, dass § 3
SolZG 1995 n.F. insoweit verfassungswidrig ist, als er keine
Festsetzung eines Anspruchs auf Auszahlung eines
Solidaritätszuschlagguthabens auf das
Körperschaftsteuerguthaben gemäß § 37 Abs. 5
KStG 2002 n.F. vorsieht.
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a) Dass sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG
1995 n.F. kein Anspruch der Klägerin auf Festsetzung eines
Anspruchs auf Auszahlung eines auf das gemäß § 37
Abs. 5 KStG 2002 n.F. festgestellte Körperschaftsteuerguthaben
rechnerisch entfallenden Solidaritätszuschlags ergibt,
verletzt nicht deren Grundrecht auf Gleichbehandlung nach Art. 3
Abs. 1 GG.
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aa) Muss der Gesetzgeber komplexe
Regelungssysteme umgestalten, steht ihm grundsätzlich ein
weiter Gestaltungsspielraum zu. Allerdings muss von den Betroffenen
eine erhebliche Ungleichbehandlung, die jeglichen sachlichen
Grundes entbehrt, weil alle vom Gesetzgeber angestrebten
Regelungsziele auch unter Vermeidung der ungleichen Behandlung und
ohne Inkaufnahme anderer Nachteile erreicht werden können,
nicht hingenommen werden (BVerfG-Beschluss vom 30.09.2015 - 2 BvR
1066/10, HFR 2016, 72 = SIS 15 29 14, m.w.N.).
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bb) Dieser Maßstab gilt auch für
die hier zu beurteilende Regelung des § 37 Abs. 4 ff. KStG
2002 n.F., mit der der Gesetzgeber die nach dem Wechsel des
vormaligen Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens zum
Halbeinkünfteverfahren im Jahr 2001 durch das
Steuersenkungsgesetz (StSenkG) vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433,
BStBl I 2000, 1428) erforderliche Rückzahlung des noch aus dem
Vollanrechnungsverfahren stammenden
Körperschaftsteuerguthabens neu geregelt hat. Der Gesetzgeber
hat mit § 37 Abs. 4 ff. KStG 2002 n.F. zwar die
ursprüngliche (ausschüttungsabhängige)
Übergangsvorschrift des § 37 Abs. 2 KStG 1999 i.d.F. des
StSenkG abgeändert, jedoch handelt es sich inhaltlich
weiterhin um eine Regelung, die im Zusammenhang mit dem durch das
StSenkG erfolgten Systemwechsel zur Vermeidung der Doppelbelastung
von Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern steht. Der Senat
hält insoweit nicht mehr an seiner im Beschluss vom 10.08.2011
- I R 39/10 (BFHE 234, 396, BStBl II 2012, 603 = SIS 11 37 52)
vertretenen Auffassung fest, wonach der Gestaltungsspielraum des
Gesetzgebers bei der Änderung einer bestehenden
Übergangsvorschrift nicht anders sei als bei anderen
Gesetzesänderungen (vgl. hierzu auch BVerfG-Beschluss vom
27.10.2021 - 2 BvL 12/11, BVerfGE 159, 149 = SIS 21 19 56).
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cc) Gemessen an diesen Grundsätzen hat
sich der Gesetzgeber mit der bei der Festsetzung des
Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5
KStG 2002 n.F. nicht vorgesehenen Festsetzung eines
Solidaritätszuschlagguthabens im Rahmen des ihm zustehenden
weitreichenden Gestaltungsspielraums gehalten.
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aaa) Bereits nach der Rechtslage bis zum
31.12.2006 war Voraussetzung für die den festzusetzenden
Solidaritätszuschlag mindernde Wirkung einer in diesem
Veranlagungszeitraum eintretenden Realisierung des
Körperschaftsteuerguthabens, dass jedenfalls ein positiver
Betrag der Bemessungsgrundlage Körperschaftsteuer verblieb.
Während eine ausschüttungsbedingte
Körperschaftsteuerminderung auch zur Festsetzung einer
negativen Körperschaftsteuer und damit zur Erstattung von
Körperschaftsteuer führen konnte, war eine Erstattung des
Solidaritätszuschlags gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1
Halbsatz 2 SolZG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung des
Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23.06.1993 (BGBl I
1993, 944, BStBl I 1993, 510) damit bereits in der Vergangenheit
ausgeschlossen (vgl. BT-Drucks. 12/4401, S. 104). Der Gesetzgeber
wollte mit diesem Begrenzungsvorbehalt offenkundig verhindern, dass
bei Ausschüttung vor dem Jahr 1995 gebildeter Rücklagen
der Körperschaft, die noch nicht mit
Solidaritätszuschlägen belastet waren, dennoch
Zuschläge an den Anteilseigner zu erstatten waren
(Senatsurteile vom 19.11.2003 - I R 53/03, BFHE 204, 159, BStBl II
2004, 428 = SIS 04 05 87 und vom 19.11.2003 - I R 66/03, BFH/NV
2004, 671 = SIS 04 18 10). Dass infolge der Begrenzung nachteilige
beziehungsweise überschießende Wirkungen eintreten
können, indem der Solidaritätszuschlag bei der
ausschüttenden Körperschaft definitiv und außerdem
beim Anteilseigner erhoben wird (vgl. dazu auch Senatsurteil vom
29.11.2000 - I R 67/00, BFHE 194, 81, BStBl II 2001, 358 = SIS 01 03 93), wurde vom Gesetzgeber erkennbar zugunsten eines pauschalen
und groben (gegebenenfalls auch fiskalisch motivierten)
Zuschlagsystems hingenommen. Der Gesetzgeber hat damit letztlich
dem Umstand Rechnung getragen, dass eine eigenständige
Gliederungsrechnung für den Solidaritätszuschlag
(entsprechend der Gliederungsrechnung für das mit
Körperschaftsteuer belastete Eigenkapital) nicht gesetzlich
vorgeschrieben war. Der Senat vermag weder zu erkennen, dass diese
gesetzgeberische Entscheidung auf sachfremden Erwägungen
beruht hätte, noch dass sie bei verständiger
Würdigung unverständlich wäre (vgl. Senatsurteile
vom 19.11.2003 - I R 53/03, BFHE 204, 159, BStBl II 2004, 428 = SIS 04 05 87 und vom 19.11.2003 - I R 66/03, BFH/NV 2004, 671 = SIS 04 18 10).
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bbb) Diese Überlegungen lassen sich auf
die gesetzgeberische Entscheidung übertragen, wonach sich aus
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 n.F. kein Anspruch auf Festsetzung
eines Anspruchs auf Auszahlung eines auf das gemäß
§ 37 Abs. 5 KStG 2002 n.F. festgestellte
Körperschaftsteuerguthaben rechnerisch entfallenden
Solidaritätszuschlags ergeben soll. Aufgrund der fehlenden Gliederungsrechnung
für den Solidaritätszuschlag und der daraus
resultierenden Unsicherheit, ob überhaupt eine Vorbelastung
mit Solidaritätszuschlag bestanden hat, erscheint es
jedenfalls nicht als sachfremd, den bis zum 31.12.2006 bestehenden
Konnex zwischen der veranlagten Körperschaftsteuer und dem
realisierten Körperschaftsteuerguthaben aufzulösen, um so
auch in einem (nunmehr) ausschüttungsunabhängig
ausgestalteten System der Rückzahlung von
Körperschaftsteuerguthaben sicherzustellen, dass es nicht zur
Erstattung von Solidaritätszuschlägen kommen kann, die -
möglicherweise - nicht angefallen waren.
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ccc) Zudem wäre die von der Klägerin
allein verfolgte „Guthabenlösung“
ihrerseits unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten
problematisch, da der damit verbundene Ausschluss jeglicher
Definitivbelastung mit Solidaritätszuschlag dazu führen
würde, die Gruppe von Steuerpflichtigen ungleich zu behandeln,
die aufgrund des früheren Anrechnungsverfahrens über
„Körperschaftsteuerminderungspotential“
beziehungsweise während der Übergangsphase über
Körperschaftsteuerguthaben verfügt haben (vgl. hierzu
BVerfG-Beschluss vom 27.10.2021 - 2 BvL 12/11, BVerfGE 159, 149 =
SIS 21 19 56).
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b) Die nach der Rechtslage bis zum 31.12.2006 bestehende
Möglichkeit, bei der Realisierung des
Körperschaftsteuerguthabens durch die Vornahme von
Gewinnausschüttungen auch den auf die festzusetzende
Körperschaftsteuer entfallenden Solidaritätszuschlag zu
mindern
(„Solidaritätszuschlagsminderungspotential“),
stellt keine geschützte und dem Eigentumsbegriff des Art. 14
Abs. 1 GG unterfallende Rechtsposition dar.
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Das BVerfG hat zwar die Frage, ob das
„Körperschaftsteuerminderungspotential“
Eigentum der jeweiligen Körperschaft im Sinne des Art. 14 Abs.
1 GG darstellt, in mehreren Entscheidungen bejaht (vgl.
BVerfG-Beschlüsse vom 24.11.2022 - 2 BvR 1424/15, BVerfGE 164,
76 = SIS 23 02 89; vom 06.12.2022 - 2 BvL 29/14, BVerfGE 164, 130 =
SIS 23 02 88). Das von der Klägerin geltend gemachte
„Solidaritätszuschlagsminderungspotential“
weist jedoch signifikante Unterschiede auf, die eine andere
rechtliche Beurteilung erforderlich machen. Der vom
BVerfG-Beschluss vom 27.10.2021 - 2 BvL 12/11 (BVerfGE 159, 149 =
SIS 21 19 56) herausgestellte Umstand, dass eine Definitivbelastung
von Körperschaften mit Solidaritätszuschlag sowohl
bereits unter Geltung des Anrechnungsverfahrens als auch
während der Übergangsphase zum
Halbeinkünfteverfahren (vor Inkrafttreten des im Streitfall
maßgebenden SEStEG) eintreten konnte, macht deutlich, dass es
sich bei dem
„Solidaritätszuschlagsminderungspotential“
anders als bei dem
„Körperschaftsteuerminderungspotential“
gerade nicht um eine vermögenswerte Rechtsposition handelt,
die der Körperschaft bereits zustand und bezifferbar war (vgl.
hierzu BVerfG-Beschlüsse vom 24.11.2022 - 2 BvR 1424/15,
BVerfGE 164, 76 = SIS 23 02 89; vom 06.12.2022 - 2 BvL 29/14,
BVerfGE 164, 130 = SIS 23 02 88).
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c) Aus den zuletzt genannten Gründen
sieht der Senat auch die Grundsätze rechtsstaatlichen
Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) als
nicht verletzt an. Ein besonderer Vertrauenstatbestand konnte
aufgrund der auch bereits vor den Änderungen durch das SEStEG
möglichen Definitivbelastung von Körperschaften mit
Solidaritätszuschlag nicht entstehen. Die bloße
Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert
fortbestehen, genießt keinen besonderen
verfassungsrechtlichen Schutz.
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3. Im vorliegenden Verfahren ist nicht weiter
auf die von der Klägerin hilfsweise für geboten erachtete
verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift des § 3 SolZG
1995 n.F. im Sinne einer
„Minderungslösung“ einzugehen (vgl.
hierzu Senatsbeschluss vom 10.08.2011 - I R 39/10, BFHE 234, 396,
BStBl II 2012, 603 = SIS 11 37 52; BVerfG-Beschluss vom 27.10.2021
- 2 BvL 12/11, BVerfGE 159, 149 = SIS 21 19 56). Gegenstand der
anhängigen Klage ist die begehrte Verpflichtung des FA zur
Feststellung eines Anspruchs auf Auszahlung des auf das
Körperschaftsteuerguthaben entfallenden
Solidaritätszuschlags. Das Klagebegehren umfasst daher nicht
die „Minderungslösung“, die alleine
durch eine Anfechtung des Bescheides über die Festsetzung des
Solidaritätszuschlags hätte erreicht werden
können.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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