1. Auf die Revision der Klägerin werden
das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 07.10.2021
- 11 K 88/18 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom
19.02.2018 sowie die Ablehnungsbescheide des Beklagten vom
07.05.2010 und vom 18.02.2013 aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, der
Änderung der Rechnung an die Stadt S vom 12.05.2003 in Gestalt
der Änderungsrechnungen vom 10.09.2010 und vom 14.09.2017
dahingehend zuzustimmen, dass unter Berichtigung des Steuerbetrags
auf 0 EUR eine Rechnung an die Stadt S über eine nicht
steuerbare Lieferung ausgestellt wird.
3. Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen.
4. Die Kosten des gesamten Verfahrens haben
die Beteiligten je zur Hälfte zu tragen.
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I. Die Sache befindet sich im zweiten
Rechtsgang. Die Beteiligten streiten darüber, ob die
Übertragung des Wasserversorgungsnetzes der Stadt S eine
Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a
des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist und der Beklagte und
Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) deshalb einer
Rechnungsberichtigung zustimmen muss.
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2
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Nach Feststellungen des Bundesgerichtshofs
(BGH) wurde die Stadt S zunächst aufgrund eines
Wasserlieferungsvertrags vom 06./10.07.1928 durch das Deutsche
Reich mit Wasser beliefert (vgl. BGH-Urteil vom 28.06.2006 - VIII
ZR 255/05, Wertpapier-Mitteilungen - WM - 2006, 2049). Der mit
einer Mindestlaufzeit von 40 Jahren abgeschlossene Vertrag
verpflichtete das Deutsche Reich, die Streckenleitung und das
Stadtrohrnetz zur Versorgung der Stadt S und ihrer Anschlussnehmer
auf eigene Kosten zu verlegen und instand zu halten. § 8 Abs.
3 des Vertrags sah vor, dass die Stadt S auf Verlangen des Reichs
das Stadtrohrnetz gegen Wertersatz zu übernehmen hat, wenn der
Vertrag beendet wird.
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3
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Im Jahr 1961 war nach den Feststellungen
des BGH zunächst die Stadt X als Rechtsnachfolgerin in den
Vertrag mit der Stadt S eingetreten, nachdem ihr die Bundesrepublik
Deutschland das Eigentum an dem Wasserwerk übertragen hatte,
von dem aus das Wasser für die Stadt S geliefert wurde (vgl.
BGH-Urteil vom 28.06.2006 - VIII ZR 255/05, WM 2006, 2049).
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4
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Im Jahr 1968 schlossen die Stadt X und die
Stadt S einen neuen Wasserlieferungsvertrag, mit dem die bisherige
Lieferbeziehung fortgesetzt wurde. Die Stadtwerke X waren danach
verpflichtet, die Wasserverteilungsanlagen bereitzustellen und
Wasserversorgungsverträge mit den Einzelabnehmern im
Stadtgebiet der Stadt S abzuschließen. § 11 des Vertrags
von 1968 lautet auszugsweise wie folgt:
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„Dieser Vertrag tritt am 1.4.1968 in
Kraft und läuft bis zum 31.3.1998.
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Er läuft jeweils stillschweigend um 5
Jahre weiter, wenn er nicht 2 Jahre vor seinem jeweiligen
Fristablauf durch eingeschriebenen Brief gekündigt
wird.
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Für den Fall einer Kündigung hat
die Stadt S den Stadtwerken … den Zeitwert der
Wasserversorgungsanlagen ab Werk bis zu den Wasserzählern zu
erstatten.“
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5
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine städtische GmbH,
ist Organträgerin der G-GmbH, die an Stelle der Stadt X in den
Wasserlieferungsvertrag eingetreten ist.
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6
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Nach einer im Jahr 2001 erfolgten
Kündigung des Vertrags mit der G-GmbH schloss die Stadt S am
23.01.2003 einen Vertrag mit dem … (O-Verband oder O), der
ab dem 01.04.2003 eine Belieferung der Stadt S mit Wasser durch den
O-Verband vorsah. Laut … des Vertrags sollte der O-Verband
die dazu notwendigen Wasserversorgungsanlagen unmittelbar von der
G-GmbH erwerben und an die G-GmbH die anfallende Erstattung
zahlen.
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7
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Die G-GmbH übersandte der Stadt am
12.05.2003 ein Schreiben über die Lieferung von
Wasserversorgungsanlagen. Das Schreiben wies Umsatzsteuer in
Höhe von 1.656.466,62 EUR offen aus. Hintergrund des
Schreibens war, dass aufgrund einer von der Stadt S erwirkten
einstweiligen Verfügung nach Inbesitznahme der
Wasserversorgungsanlagen die Stadt S seit dem 01.04.2003 vom
O-Verband mit Wasser versorgt wurde. Den aufgrund des Vertrags aus
dem Jahr 1968 zu entrichtenden Zeitwert der Anlagen setzte die
G-GmbH mit 10.352.916,37 EUR an.
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8
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Am 04.07.2003 schlossen die G-GmbH, die
Stadt S und der O-Verband einen Vertrag, der die Übertragung
der Wasserversorgungsanlagen durch die G-GmbH rückwirkend zum
01.04.2003 auf die Stadt S vorsah (dort unter 2.). Die Frage, wer
zuvor zivilrechtlich Eigentümerin der Wasserversorgungsanlagen
war, blieb dabei ausdrücklich streitig (dort unter 1.).
Für den Fall, dass das Eigentum an den Vertragsobjekten der
G-GmbH zustehe, bestand Einigkeit darüber, dass dieses auf die
Stadt S übergeht (dort unter 3.). Die Gewährleistung
wurde ausgeschlossen (dort unter 4.). Auch der O-Verband schuldete
den von der Stadt S zu zahlenden Erstattungsbetrag (dort unter 5.).
Der O-Verband übernahm sämtliche Rechte und Pflichten aus
der Wasserversorgung von der G-GmbH; auf ihn waren zum 01.04.2003
Besitz, Nutzungen und Lasten an den Vertragsobjekten
übergegangen (dort unter 6.). Der O-Verband hatte zum
01.04.2003 die Zähler abgelesen. Die Wasserlieferungen bis zum
31.03.2003 hatte die G-GmbH abzurechnen, die Wasserlieferungen ab
dem 01.04.2003 der O-Verband.
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9
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Am 07.02.2005 reichte die Klägerin
ihre Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 ein. Die
Klägerin erfasste den Umsatz nur mit dem bereits von O
gezahlten Betrag als Bemessungsgrundlage. Das FA teilte in der
Abrechnung für 2003 wegen Umsatzsteuer vom 24.02.2005 mit,
dass diese Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt
der Nachprüfung gleichstehe.
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10
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Im Laufe eines Rechtsstreits zwischen der
G-GmbH und S (s. dazu BGH-Urteil vom 28.06.2006 - VIII ZR 255/05,
WM 2006, 2049) zahlte O bereits im Jahr 2005 einen weiteren Betrag
von 8.689.700 EUR zuzüglich Umsatzsteuer an die G-GmbH. Die
Klägerin erfasste den von O gezahlten Betrag in ihrer
Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005.
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11
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Im Rahmen eines im April 2007 geschlossenen
Vergleichs wurde zwischen der G-GmbH, der Stadt S und dem O-Verband
unter anderem vereinbart, dass von den geleisteten Zahlungen ein
Betrag von 9.608.604,29 EUR bei der G-GmbH verbleibt. Darin
enthalten ist nach dem Vergleich Umsatzsteuer in Höhe von
1.275.694,20 EUR auf den „Einigungswert“
vor Abzug von Baukostenzuschüssen. Den übersteigenden
Betrag zahlte die G-GmbH an den O-Verband zurück. Unter Tz. 7
des Vergleichs wurde weiter vereinbart, dass die G-GmbH den
Steuerbetrag unverzinslich an den O-Verband zurückzahlt, wenn
die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen im Rahmen einer
Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG)
erfolgt sein sollte.
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Nach einer Außenprüfung im Jahr
2007 vertrat das FA im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für
das Jahr 2003 vom 05.06.2007 die Auffassung, dass die Lieferung der
Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S steuerpflichtig und das
Schreiben vom 12.05.2003 eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG
sei. Die Steuer sei nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG
bereits im Jahr 2003 in voller Höhe entstanden. Das FA
erhöhte die der Klägerin zuzurechnenden Umsätze zum
Regelsteuersatz des Jahres 2003 und reduzierte im
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2005 vom
05.06.2007 die Umsätze des Jahres 2005 entsprechend.
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13
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Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wegen
Umsatzsteuer 2003 und 2005 beantragte die Klägerin am
29.11.2007 unter anderem, dass das FA der
„Aufhebung“ der Rechnung vom 12.05.2003
und der Neuerteilung einer Rechnung über eine
Geschäftsveräußerung an O oder hilfsweise an S ohne
Steuerausweis zustimmen möge. Es liege eine
Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG)
vor.
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14
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Eine Verbescheidung dieses Antrags erfolgte
zunächst nicht. Vielmehr wies das FA mit
Einspruchsentscheidung vom 18.12.2007 die Einsprüche der
Klägerin wegen Umsatzsteuer 2003 und 2005 als unbegründet
zurück. In dem sich daran anschließenden Klageverfahren
wegen Umsatzsteuer 2003 (16 K 10/08) wies das Finanzgericht (FG)
das FA darauf hin, dass über den Antrag der Klägerin auf
Zustimmung zur Rechnungsberichtigung noch nicht entschieden sei.
Die Klage wegen Umsatzsteuer 2003 sei unbegründet, weil die
offen ausgewiesene Umsatzsteuer aufgrund der im Jahr 2003 erteilten
Rechnungen geschuldet werde. Die Klägerin nahm daraufhin die
Klage 16 K 10/08 zurück.
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15
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Das FA lehnte anschließend den Antrag
auf Zustimmung mit Bescheid vom 07.05.2010 ab; die Klägerin
legte Einspruch ein.
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16
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Im Laufe des Einspruchsverfahrens erteilte
die G-GmbH mit Schreiben vom 10.09.2010 der Stadt S eine neue
Rechnung, in der sie unter anderem die ausgewiesene Umsatzsteuer
auf den von O gezahlten Betrag (1.275.094,20 EUR) reduzierte. Im
Schreiben enthalten sind unter anderem der Hinweis auf das
Schreiben der G-GmbH vom 12.05.2003 sowie die widerstreitenden
Auffassungen der G-GmbH, der O und der Stadt S dazu, ob bereits
eine ordnungsgemäße Rechnung für den Sachverhalt
erteilt worden sei. Am 25.10.2010 beantragte die Klägerin beim
FA, einer Berichtigung der Rechnung vom 10.09.2010 und einer
Erteilung einer Rechnung an O ohne Steuerausweis ebenfalls
zuzustimmen. Diese Anträge lehnte das FA mit Bescheid vom
18.02.2013 ebenfalls ab. Auch dagegen legte die Klägerin
Einspruch ein.
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17
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Im Laufe der beiden Einspruchsverfahren
legte die Klägerin nach einem Hinweis des FA auf § 14c
Abs. 1 UStG (statt § 14c Abs. 2 UStG) sodann eine Rechnung der
G-GmbH an O vom 14.09.2017 vor, die als Berichtigung der Rechnung
vom 10.09.2010 bezeichnet ist. Darin wies die G-GmbH keine
Umsatzsteuer mehr offen aus.
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18
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Das FA wies die Einsprüche mit
Einspruchsentscheidung vom 19.02.2018 als unbegründet
zurück. Das FA nahm an, es handele sich bei den Rechnungen vom
12.05.2003 und vom 10.09.2010 nicht um Rechnungen im Sinne des
§ 14c UStG, weil der Steuerbetrag nicht nach § 14c UStG
geschuldet werde, so dass eine Berichtigung nach § 14c Abs. 2
Satz 3 ff. UStG nicht möglich sei. Die Lieferung der
Wasserversorgungsanlagen durch die Klägerin sei, wie in den
Rechnungen angenommen, an die Stadt S erfolgt, steuerbar und
steuerpflichtig. Eine Geschäftsveräußerung liege
nicht vor. Dagegen erhob die Klägerin Klage.
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19
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Im Laufe des Klageverfahrens beantragte die
Klägerin unter anderem sinngemäß, das FA zur
Zustimmung zur Berichtigung der Rechnungen vom 12.05.2003 und vom
10.09.2010 zu verpflichten sowie festzustellen, dass die G-GmbH
einen Wasserversorgungsbetrieb (Wasserversorgungsnetz mit
Kundenstamm und Kundendaten) an O geliefert habe.
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20
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Mit Ladungszusatz vom 24.02.2020 fragte das
FG bei der Klägerin an, ob es zutreffend sei, dass der Betrag
von 1.275.094,20 EUR nicht an die Stadt S oder an O
zurückgezahlt worden sei. Dies bejahte die Klägerin mit
Schreiben vom 03.03.2020.
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21
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Das FG wies die Klage mit Urteil vom
11.06.2020 - 11 K 88/18 (juris = SIS 21 06 98) ab.
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22
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Es entschied, die Verpflichtungsklage sei
zulässig, aber das FA zur begehrten Zustimmung nicht
verpflichtet. Bei den Rechnungen vom 12.05.2003 und vom 10.09.2010
handele es sich zwar um Rechnungen im Sinne des § 14c UStG.
Ziel des Antrags sei sowohl der Austausch des
Leistungsempfängers (O statt S) als auch des Steuerbetrags.
Dies falle, soweit es um den Steuerbetrag gehe, an sich nicht unter
§ 14c Abs. 2 UStG, da die Klägerin von einer nicht
steuerbaren Geschäftsveräußerung ausgehe.
Allerdings verweise § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG dazu auf §
14c Abs. 2 Satz 3 bis 5 UStG. Beim Austausch des
Leistungsempfängers handele es sich dagegen gegebenenfalls um
einen Fall des § 14c Abs. 2 UStG. Die Bestandskraft der
Umsatzsteuerfestsetzung 2003 stehe nicht entgegen, weil eventuelle
Rechnungsberichtigungen keine Rückwirkung hätten.
Allerdings scheitere die beantragte Verpflichtung des FA zur
Zustimmung bezüglich der Rechnung vom 10.09.2010 daran, dass O
die Umsatzsteuer bezahlt und die Klägerin die Umsatzsteuer
nicht zurückgezahlt habe. Dies gelte wegen des Verweises auf
§ 14c Abs. 1 Satz 3 UStG. Außerdem ging das FG davon
aus, es sei unerheblich, dass keine Gefährdung des
Steueraufkommens zu befürchten ist.
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23
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Den daneben erhobenen Feststellungantrag
sah das FG als unzulässig an, weil die Klägerin ihre
Rechte durch die Verpflichtungsklage verfolgen könne.
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24
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Auf die Beschwerde der Klägerin wegen
Nichtzulassung der Revision hat der erkennende Senat mit Beschluss
vom 27.10.2020 - XI B 33/20 (BFH/NV 2021, 459 = SIS 21 01 45) das
Urteil des FG wegen Zustimmung zur Berichtigung der Rechnung
aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit an das FG
zurückverwiesen. Zwar habe das FG die Feststellungsklage zu
Recht als unzulässig abgewiesen. Das FG habe aber das
rechtliche Gehör der Klägerin dadurch verletzt, dass es
die Verpflichtungsklage insgesamt mit der Begründung als
unbegründet abgewiesen hat, dass die Umsatzsteuer nicht
zurückgezahlt worden sei, ohne zu beachten, dass die
ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 1.656.466,62 EUR nur in
Höhe von 1.275.094,20 EUR bezahlt worden ist (dazu 2.). In den
Hinweisen an das FG hat der Senat ausgeführt, dass § 126
Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) insoweit zu keiner anderen
Beurteilung führe; denn die Vorentscheidung stelle sich nicht
aus anderen Gründen als richtig dar. Die Frage, ob eine
Geschäftsveräußerung vorliegt, könne auf Basis
der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG auch nicht
beurteilt werden. Ob die Rechnung vom 10.09.2010 als Berichtigung
der Rechnung vom 12.05.2003 anzusehen sei, müsse das FG
würdigen. Dies könnte im Streitfall aufgrund der in der
Rechnung vom 10.09.2010 enthaltenen Bezugnahmen auf das Schreiben
vom 12.05.2003 und den Hinweis auf den zwischen der G-GmbH, der
Stadt S und dem O bestehenden Streit, ob dieses Schreiben eine
ordnungsgemäße Rechnung ist, der Fall sein. Die gleichen
Erwägungen seien bei der Frage zu beachten, ob die Rechnung
vom 14.09.2017 entweder (bei dieser Sichtweise) die Rechnung vom
12.05.2003 in Gestalt der Änderungsrechnung vom 10.09.2010
oder (bei anderer Sichtweise) die beiden getrennten Rechnungen vom
12.05.2003 und vom 10.09.2010 in doppelter Weise berichtigt hat
(durch Austausch des Leistungsempfängers unter gleichzeitiger
Stornierung des Steuerausweises). Zu der materiell zwischen den
Beteiligten vorrangig streitigen Frage, ob im Streitfall im Jahr
2003 eine Teil-Geschäftsveräußerung an die Stadt S
oder O erfolgt sei, erging ein Hinweis auf das Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.11.2015 - V R 66/14 (BFHE 251, 526,
BStBl II 2020, 793 = SIS 16 01 13, Rz 29), den BFH-Beschluss vom
15.04.2016 - XI B 109/15 (BFH/NV 2016, 1306 = SIS 16 16 80, Rz 21)
sowie das BFH-Urteil vom 26.06.2019 - XI R 3/17 (BFHE 265, 549 =
SIS 19 15 03, Rz 78). Ein sogenannter Durchgangserwerb einer
Person, die die unternehmerische Tätigkeit nicht selbst
fortführe, stehe unter den dort genannten Voraussetzungen
einer Geschäftsveräußerung nicht entgegen.
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25
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Nach Zurückverweisung hat die
Klägerin gemäß Abtretungsanzeigen vom … und
vom … ihren Erstattungsanspruch gegen das FA an die Stadt S
abgetreten.
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26
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Das FG hat im zweiten Rechtsgang die Klage
mit Urteil vom 07.10.2021 - 11 K 88/18 (nicht veröffentlicht)
erneut abgewiesen. Eine Umschreibung der Rechnung von S auf O hat
es abgelehnt, weil die Stadt S Leistungsempfängerin der
Lieferung der Wasserversorgungsanlagen sei (Durchgangserwerb der
S). Eine Umschreibung der Rechnung auf eine nicht steuerbare
Geschäftsveräußerung an S hat es abgelehnt, weil
die Stadt S keine Unternehmerin sei. Die von vorneherein
beabsichtigte einmalige Übertragung von
Wasserversorgungsanlagen sei keine nachhaltige Tätigkeit. Die
Stadt S habe mit der Übertragung an den O-Verband ihrem
Auftrag der Daseinsvorsorge nachkommen wollen und sei nicht
unternehmerisch aufgetreten. Die Erwägungen der Klägerin
seien auf eine Person, die nur einen einzigen Geschäftsvorfall
plane, nicht übertragbar.
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27
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Hiergegen richtet sich die Revision, mit
der die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts
rügt.
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28
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Die Klägerin macht geltend, § 1
Abs. 1a UStG, Art. 5 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des
Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie
77/388/EWG), Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom
28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie - MwStSystRL - ) seien entgegen
der Auffassung des FA und des FG nicht dahin zu verstehen, dass
beim Durchgangserwerb auch der Zwischenerwerber zwingend
Unternehmer sein müsse.
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29
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Das FG habe zwar zutreffend erkannt, dass
die Regelung den Zweck verfolgt, Übertragungen von Unternehmen
zu erleichtern. Das Ergebnis widerspreche diesem Zweck jedoch und
Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG, Art. 19 MwStSystRL
verlangten nicht, dass die Zwischenerwerber Unternehmer sein
müssten. Die Auffassung des FA und des FG führe dazu,
dass der Letzterwerber beim Durchgangserwerb eines
nichtunternehmerischen Zwischenerwerbers nicht vollständig von
der gezahlten Umsatzsteuer entlastet werde.
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30
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Zwar sei dem FA darin zuzustimmen, dass der
Begünstigte der Übertragung als Rechtsnachfolger des
Übertragenen anzusehen sei. Allerdings könne im Falle des
Durchgangserwerbs der Rechtsnachfolger der Übertragung
lediglich der Letzterwerber und nicht der Zwischenerwerber sein.
Beim Letzterwerber werde die nichtsteuerbare
Geschäftsveräußerung vollendet. Weil es sich in
Fällen des Durchgangserwerbs nach Auffassung des BFH nicht um
ein höchstpersönliches Merkmal handele, das bei jedem
Erwerber auf der jeweiligen Durchgangsstufe vorliegen müsse,
könne es nicht darauf ankommen, ob der Durchgangserwerber
Unternehmer sei. Die Forderung, dass der Zwischenerwerber
Unternehmer sein müsse, sei zweckwidrig, weil es das Vorliegen
der Geschäftsveräußerung von einem Merkmal
abhängig mache, auf das es für den Zweck der Vorschrift,
die Übertragung von Gesamt- oder Teilvermögen zu
erleichtern, nicht ankomme.
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31
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Leistungsempfänger sei außerdem
nach dem Vertrag vom 04.07.2003 wirtschaftlich der O-Verband. Die
Formulierung des Vertrags habe lediglich dazu gedient, die
streitige Frage des zivilrechtlichen Eigentums offenzulassen. Der
Vertrag zwischen der Stadt S und dem O-Verband bestätige, dass
die unmittelbare Übertragung von der G-GmbH an den O-Verband
gewollt gewesen sei.
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32
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Ferner sei die Stadt S Unternehmerin. Nach
der Rechtsprechung des BFH könne auch eine einmalige
Tätigkeit eine Unternehmerstellung begründen.
Schließlich stelle sich die Frage, ob im Hinblick auf die im
Streitjahr geltende Fassung des § 2 Abs. 3 UStG a.F. die
Einordnung der Stadt S als Nichtunternehmerin zutreffend sei.
Inzwischen sei § 2 Abs. 3 UStG a.F. durch § 2b UStG
ersetzt worden. Nach der letztgenannten Vorschrift sei die Stadt S
Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes, wie dies nach der
Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie grundsätzlich auch der Fall
sei. Vor diesem Hintergrund sei die Stadt S bereits im Streitjahr
als Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes anzusehen, so
dass auf jeder Stufe des Durchgangserwerbs ein Unternehmer
beteiligt gewesen sei.
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33
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Jedenfalls habe das FA einer
Rechnungsberichtigung dahingehend zustimmen müssen, dass die
Umsatzsteuer auf 1.275.094,20 EUR reduziert wird. Mit dieser
Reduzierung habe sich das FG nicht befasst.
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34
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und das FA zu
verpflichten,
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1. einer Änderung der Rechnung der
G-GmbH vom 12.05.2003 in der berichtigten Fassung vom 10.09.2010 an
die Stadt S dahingehend zuzustimmen, dass eine Rechnung
gegenüber dem O-Verband über eine nicht steuerbare
Lieferung erteilt wird,
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2. hilfsweise einer Änderung der unter
1. aufgeführten Rechnung dahingehend zuzustimmen, dass unter
Berichtigung des Steuerbetrags eine Rechnung an die Stadt S
über eine nicht steuerbare Lieferung ausgestellt wird,
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3. weiter hilfsweise, einer Änderung
der unter Ziff. 1. aufgeführten Rechnung mit einem
Steuerausweis in Höhe von 1.275.094,20 EUR dahingehend
zuzustimmen, dass die Rechnung gegenüber dem O-Verband erteilt
wird.
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35
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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36
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Es stehe zwar fest, dass ein
Durchgangserwerb von der G-GmbH über die Stadt S an den O
stattgefunden hat. Eine Geschäftsveräußerung
(§ 1 Abs. 1a UStG, Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG,
Art. 19 MwStSystRL) liege jedoch nicht vor, da die Stadt S als
Zwischenerwerberin keine Unternehmerin sei.
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37
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In der mündlichen Verhandlung hat das
FA vorgetragen, entgegen der Auffassung des Senats sei die Stadt
keine Unternehmerin. Außerdem teile das FA die Annahme des
Senats, dass in Fällen des Durchgangserwerbs nur der
Letzterwerber Unternehmer sein müsse, nicht.
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38
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II. Die Revision ist teilweise begründet;
sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und in Bezug auf
den Hilfsantrag (Revisionsantrag Ziff. 2) zur Stattgabe der Klage.
Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
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39
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Das FG hat zum Hauptantrag zu Recht
angenommen, dass das FA nicht der Erteilung einer Rechnung
zustimmen muss, die den O-Verband als Leistungsempfänger
nennt. Das FG hat aber in Bezug auf den Hilfsantrag zu Unrecht
angenommen, dass eine Geschäftsveräußerung daran
scheitere, dass die Stadt S keine Unternehmerin sei. Die Stadt S
ist Unternehmerin. Darüber hinaus muss für das Vorliegen
einer Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1
Abs. 1a UStG in Fällen des Durchgangserwerbs der
Zwischenerwerber nicht Unternehmer sein.
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40
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1. Zutreffend hat das FG entschieden, dass die
Klage als Verpflichtungsklage zulässig ist.
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41
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a) Die von der Klägerin erstrebte
Zustimmung des FA nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG, die in
Fällen der von der Klägerin angenommenen
Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG)
aufgrund der Verweisung des § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG
entsprechend erforderlich ist, ist ein eigenständiger
Verwaltungsakt (vgl. BFH-Urteile vom 08.11.2016 - VII R 34/15, BFHE
256, 6, BStBl II 2017, 496 = SIS 16 28 23, Rz 20; vom 26.06.2019 -
XI R 5/18, BFHE 266, 67, BStBl II 2023, 521 = SIS 19 15 52, Rz 20),
auch wenn es sich nicht um einen Grundlagenbescheid handelt (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 27.07.2021 - V R 43/19, BFHE 274, 175,
BStBl II 2024, 237 = SIS 21 18 12, Rz 28 ff.; vom 26.08.2021 - V R
38/20, BFH/NV 2022, 146 = SIS 21 19 28). Um einen höheren als
den gesetzlich geschuldeten Steuerbetrag im Sinne des § 14c
Abs. 1 Satz 1 UStG handelt es sich auch, wenn ein Steuerbetrag
für nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG nicht der Umsatzsteuer
unterliegende Umsätze offen ausgewiesen wird (vgl. BFH-Urteil
vom 17.08.2023 - V R 3/21, BFHE 282, 101 = SIS 24 00 36, Rz
21).
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42
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b) Die beantragte Zustimmung könnte das
FA zwar auch stillschweigend durch Erlass eines
Änderungsbescheids erteilen (vgl. BFH-Beschlüsse vom
27.07.2021 - V R 43/19, BFHE 274, 175, BStBl II 2024, 237 = SIS 21 18 12, Rz 35; vom 26.08.2021 - V R 38/20, BFH/NV 2022, 146 = SIS 21 19 28, Rz 19). Dies hat es indes im Streitfall gerade nicht getan,
sondern eine Zustimmung ausdrücklich abgelehnt.
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2. Die mit den Beteiligten
übereinstimmende Annahme des FG, dass die Übernahme der
Wasserversorgungsanlagen umsatzsteuerrechtlich die Lieferung der
Wasserversorgungsanlagen im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG zum
Gegenstand hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Eine Lieferung von Gegenständen
bezieht sich nicht auf die Eigentumsübertragung in den durch
das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen, sondern erfasst
jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch
eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über
diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie
sein Eigentümer (vgl. Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - Fluvius Antwerpen vom 27.04.2023 -
C-677/21, EU:C:2023:348 = SIS 23 07 04, Rz 35 ff.; BFH-Beschluss vom 18.10.2023 - XI R 4/20,
BFHE 282, 161 = SIS 24 03 53, Rz 17, m.w.N.).
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45
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aa) Hiervon ist bei der Übertragung von
Substanz, Wert und Ertrag auszugehen, die häufig mit der
Übertragung bürgerlich-rechtlichen Eigentums verbunden
ist (vgl. BFH-Urteile vom 06.04.2016 - V R 12/15, BFHE 253, 475,
BStBl II 2017, 188 = SIS 16 14 53, Rz 18; vom 11.03.2020 - XI R
7/18, BFH/NV 2020, 1288 = SIS 20 14 79, Rz 17). Dies ist zum
Beispiel der Fall, wenn Gegenstände von verschiedenen wie
Eigentümer handelnden Wirtschaftsteilnehmern gekauft und dann
weiterverkauft werden (vgl. EuGH-Urteil Herst vom 23.04.2020 -
C-401/18, EU:C:2020:295 = SIS 20 04 74, Rz 41), da die Verfügungsmacht beinhaltet, dass
eine Person die Möglichkeit hat, Entscheidungen zu treffen,
die sich auf die rechtliche Situation des betreffenden Gegenstands
auswirken, etwa die Entscheidung, den Gegenstand zu verkaufen (vgl.
EuGH-Urteil Herst vom 23.04.2020 - C-401/18, EU:C:2020:295 =
SIS 20 04 74, Rz 40; BFH-Urteile
vom 29.11.2022 - XI R 18/21, BFHE 279, 298 = SIS 23 05 81, Rz 15;
vom 11.05.2023 - V R 22/21, BFHE 280, 367 = SIS 23 13 04, Rz 13
f.).
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bb) Eine Person, die auf einem fremden
Grundstück ein Gebäude errichtet, führt zwar
grundsätzlich eine Werklieferung gemäß § 3
Abs. 4 UStG aus (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.2019 - V R 5/18, BFHE
267, 158, BStBl II 2020, 136 = SIS 19 19 23, Rz 26, m.w.N.). Die
Errichtung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist
jedoch nicht zwangsläufig mit der Lieferung an den
Grundstückseigentümer verbunden (vgl. BFH-Urteil vom
25.11.2015 - V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793 = SIS 16 01 13, Rz 17). Vielmehr kann auch an Bauten auf fremdem Grund und
Boden Verfügungsmacht erlangt (vgl. BFH-Urteil vom 12.11.1997
- XI R 83/96, BFH/NV 1998, 749, unter II.1.; s.a. EuGH-Urteil
Maierhofer vom 16.01.2003 - C-315/00, EU:C:2003:23 = SIS 03 09 06, Tenor Ziff. 2) und diese erst
später auf den Grundstückseigentümer übertragen
werden; diese Lieferung ist nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a
UStG umsatzsteuerfrei (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.1992 - V R 80/87,
BFH/NV 1993, 634, Rz 12 ff., 16).
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cc) Die Lieferung kann darüber hinaus
nicht nur an den Grundstückseigentümer, sondern auch an
einen Dritten (zum Beispiel einen neuen Pächter) erfolgen
(vgl. BFH-Urteil vom 27.03.2003 - V R 33/02, BFH/NV 2003, 1224 =
SIS 03 37 60, unter II.1.).
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48
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b) Ausgehend davon hat das FG in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass
die G-GmbH die Wasserversorgunganlagen selbst dann liefern konnte,
falls diese zivilrechtlich im Eigentum der Stadt S gestanden haben
sollten, was zwischen der G-GmbH und der Stadt S streitig war. Die
G-GmbH hatte unabhängig von der zivilrechtlichen Eigentumslage
Verfügungsmacht an den Wasserversorgungsanlagen erlangt.
Insofern erschöpft sich der wirtschaftliche Gehalt der
Leistung der G-GmbH bei Vertragsende, die umsatzsteuerrechtlich die
Klägerin als Organträgerin ausgeführt hat, nicht in
einem bloßen Rechtsverzicht oder in der Beendigung einer
Nutzungsüberlassung durch die Stadt S an die G-GmbH.
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3. Die Vorentscheidung hält
revisionsrechtlicher Überprüfung stand, soweit das FG den
Hauptantrag der Klägerin abgewiesen hat.
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a) Der Senat versteht den Hauptantrag
dahingehend, dass das FA dazu verpflichtet werden soll, der
vollständigen Stornierung der Rechnung an die Stadt S
zuzustimmen, da die G-GmbH für die Erteilung einer erstmaligen
Rechnung an den O-Verband über die Lieferung von
Wasserversorgungsanlagen ohne offenen Steuerausweis nicht die
Zustimmung des FA benötigen würde. Der Antrag auf
vollständige Stornierung der Rechnungen an S bleibt ohne
Erfolg, weil die Annahme des FG, dass S Abnehmerin der Lieferung
der Wasserversorgungsanlagen (und damit Leistungsempfängerin)
war, zutrifft.
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b) Leistungsempfänger ist
grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung
zugrundeliegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt
und verpflichtet wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.09.2019 - XI R
19/17, BFHE 267, 98, BStBl II 2020, 172 = SIS 19 20 49, Rz 36; vom
29.09.2022 - V R 29/20, BFHE 278, 363, BStBl II 2023, 986 = SIS 23 00 28, Rz 39; BFH-Beschluss vom 30.04.2014 - XI R 33/11, BFH/NV
2014, 1239 = SIS 14 19 24, Rz 20). Eine zivilrechtliche
Vertragsübernahme mit der Folge eines umsatzsteuerrechtlich
anzuerkennenden Wechsels in der Person des Leistungsempfängers
ist nach der Rechtsprechung des BFH jedenfalls bis zum Zeitpunkt
der Leistungserbringung und damit der Steuerentstehung nach §
13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG anzuerkennen (vgl.
BFH-Urteile vom 12.02.2020 - XI R 24/18, BFHE 268, 351, BStBl II
2022, 191 = SIS 20 06 20, Rz 58; vom 29.09.2022 - V R 29/20, BFHE
278, 363, BStBl II 2023, 986 = SIS 23 00 28, Rz 39). Nicht
maßgeblich ist dagegen unter anderem, wer zivilrechtlich
Eigentümer des bezogenen Leistungsgegenstands wird (vgl.
BFH-Urteil vom 23.09.2009 - XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl II
2010, 243 = SIS 09 37 59, unter II.2.), wem die empfangene Leistung
wirtschaftlich zuzuordnen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 30.04.2014 -
XI R 33/11, BFH/NV 2014, 1239 = SIS 14 19 24, Rz 21) oder wer sie
bezahlt hat (vgl. BFH-Urteil vom 31.05.2017 - XI R 39/14, BFH/NV
2017, 1330 = SIS 17 15 72, Rz 34). Die bloße
Kostenübernahme für Leistungen, ohne
Leistungsempfänger zu sein, führt nicht zum
Vorsteuerabzug (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22.02.2008 - XI B
189/07, BFH/NV 2008, 830 = SIS 08 17 87; vom 30.04.2014 - XI R
33/11, BFH/NV 2014, 1239 = SIS 14 19 24, Rz 21).
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52
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c) Ausgehend davon ist die tatsächliche
Würdigung des FG, dass die Lieferung der
Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S erfolgt sei, möglich
und verstößt nicht gegen Denkgesetze,
Erfahrungssätze oder die Grundsätze der
Vertragsauslegung; sie bindet daher den Senat (§ 118 Abs. 2
FGO).
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aa) Das Recht und die Pflicht, bei Beendigung
der Wasserlieferungen die Wasserversorgungsanlagen gegen Entgelt
zurückzunehmen, bestand für die Stadt S schon seit jeher
(s. § 8 Abs. 3 des Vertrags mit dem Deutschen Reich) und ergab
sich zuletzt aus dem Wasserlieferungsvertrag aus dem Jahr 1968, um
dessen Inhalt nach Beendigung der Wasserversorgung ein
Zivilrechtsstreit geführt wurde.
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bb) Selbst der nach der Lieferung
abgeschlossene Vertrag vom 04.07.2003 sah unter … vor, dass
die Lieferung der Wasserversorgungsanlagen an die Stadt S erfolgt.
Die bloße Kostentragung des O (als Abnehmer einer sich daran
anschließenden Weiterlieferung der Wasserversorgungsanlagen
von der Stadt S an ihn) ändert daran nichts.
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4. Allerdings hat das FG zu Unrecht auch den
Hilfsantrag (Revisionsantrag Ziff. 2) mit der Begründung
abgewiesen, dass die Stadt S keine Unternehmerin sei. Die
Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben.
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a) Im Rahmen der unionsrechtskonformen
Auslegung des § 2 Abs. 3 UStG a.F. ist eine juristische Person
des öffentlichen Rechts wie die Stadt S Unternehmerin, wenn
sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit
zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche
Tätigkeit) ausübt. Handelt sie dabei auf
privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere
Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit dagegen auf
öffentlich-rechtlicher Grundlage, ist sie nur Unternehmerin,
wenn eine Behandlung als Nichtunternehmerin zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen führen würde (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 03.08.2017 - V R 62/16, BFHE 259, 380, BStBl II
2021, 109 = SIS 17 21 50, Rz 23; vom 20.10.2021 - XI R 10/21, BFHE
274, 342 = SIS 22 03 77, Rz 40; vom 06.12.2023 - XI R 33/21, BFH/NV
2024, 615 = SIS 24 05 68, Rz 46; BFH-Beschluss vom 15.12.2021 - XI
R 30/19, BFHE 275, 414, BStBl II 2022, 577 = SIS 22 08 65, Rz 37;
s.a. § 2b Abs. 1 UStG).
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b) Das FG hat angenommen, dass die Stadt S als
Person, die von vorneherein nur einen einzigen
Geschäftsvorfall plane, keine Unternehmerin sei, weil die von
vorneherein beabsichtigte einmalige Übertragung von
Wasserversorgungsanlagen keine nachhaltige Tätigkeit sei. Die
Stadt S habe mit der Übertragung an den O-Verband ihrem
Auftrag der Daseinsvorsorge nachkommen wollen und sei nicht
unternehmerisch aufgetreten.
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c) Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die
Stadt S dürfte bereits aus anderen als den vorliegend
streitigen Gründen Unternehmerin sein, was potentiell
Auswirkungen auf die Prüfung der Unternehmereigenschaft hat.
Aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, ist sie mit dem
streitigen Vorgang als Unternehmerin tätig geworden.
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aa) Das FG hat ungeprüft gelassen, ob die
Stadt S nicht bereits aus anderen Gründen mit anderen
wirtschaftlichen Tätigkeiten Unternehmerin ist; der Senat
hält es für möglich, dass sie zum Beispiel
langfristig Gegenstände vermietet oder verpachtet (vgl. dazu
EuGH-Urteil Salix Grundstücks-Vermietungsgesellschaft vom
04.06.2009 - C-102/08, EU:C:2009:345 = SIS 09 21 00; BFH-Urteil vom 15.04.2010 - V R
10/09, BFHE 229, 416, BStBl II 2017, 863 = SIS 10 18 69). Schon
dies hätte auch nach Auffassung des FG möglicherweise
Einfluss auf seine Entscheidung gehabt; denn nach der
Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile Kostov vom 13.06.2013 -
C-62/12, EU:C:2013:391 = SIS 13 20 12; Paulo Nascimento Consulting vom 17.10.2019 - C-692/17,
EU:C:2019:867 = SIS 19 18 46, Rz
24 und 28), der der BFH folgt (vgl. Urteile vom 12.08.2015 - XI R
43/13, BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919 = SIS 15 21 32; vom
19.01.2017 - V R 47/15, BFH/NV 2020, 931 = SIS 20 09 22; vom
08.09.2022 - V R 26/21, BFHE 278, 348, BStBl II 2023, 361 = SIS 23 00 27, Rz 25), schließt der Umstand, dass ein Umsatz einer
bereits mehrwertsteuerpflichtigen Person nicht der
Haupttätigkeit dieser Person entspricht und von dieser nur
punktuell durchgeführt wurde, es nicht aus, dass diese Person
in Bezug auf diesen Umsatz im Rahmen ihrer wirtschaftlichen
Tätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL
gehandelt hat. Davon ist der BFH bereits zuvor ausgegangen (vgl.
BFH-Urteil vom 20.09.1990 - V R 92/85, BFHE 162, 493 = SIS 91 01 32, unter II.1.b). Dem ist das FG nicht nachgegangen.
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bb) Unberücksichtigt hat das FG
außerdem gelassen, dass es sich im Streitfall um den Erwerb
und die Weiterlieferung einer vom FG nicht festgestellten Zahl von
Wasserversorgungsanlagen einer ganzen Stadt handelt, die zahlreiche
Gegenstände umfasst.
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Diese mögen ertragsteuerrechtlich ein
Wirtschaftsgut sein (vgl. BFH-Urteile vom 19.08.1971 - V R 18/71,
BFHE 103, 282, BStBl II 1972, 75 = SIS 72 00 44; vom 06.02.1986 - V
R 119/81, BFH/NV 1986, 374). Auch sind die Zahl und der Umfang von
Verkäufen für sich genommen nicht maßgeblich (vgl.
EuGH-Urteile S³aby u.a. vom 15.09.2011 - C-180/10 und
C-181/10, EU:C:2011:589 = SIS 11 30 49, Rz 37; Paulo Nascimento Consulting vom 17.10.2019 -
C-692/17, EU:C:2019:867 = SIS 19 18 46, Rz 25) und können auch für private Zwecke
handelnde Wirtschaftsteilnehmer umfangreiche Verkäufe
vornehmen (vgl. EuGH-Urteile Wellcome Trust vom 20.06.1996 -
C-155/94, EU:C:1996:243 = SIS 96 20 30, Rz 32 und 37; AJFP Sibiu und DGRFP Brasov vom 20.01.2021
- C-655/19, EU:C:2021:40 = SIS 21 01 40, Rz 29). Der bloße Erwerb und der bloße
Verkauf sind keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen
Erzielung von Einnahmen (vgl. EuGH-Urteil Slaby u.a. vom 15.09.2011
- C-180/10 und C-181/10, EU:C:2011:589 = SIS 11 30 49, Rz 45, m.w.N.).
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Eine wirtschaftliche Tätigkeit liegt aber
zum Beispiel vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zur
Vermarktung von Grund und Boden unternommen hat, indem er sich
ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder
Dienstleistender (vgl. EuGH-Urteile Slaby u.a. vom 15.09.2011 -
C-180/10 und C-181/10, EU:C:2011:589 = SIS 11 30 49, Rz 39 f.; Trgovina Prizma vom
09.07.2015 - C-331/14, EU:C:2015:456 = SIS 15 15 59, Rz 24), weil solche Handlungen
normalerweise nicht im Rahmen der Verwaltung von
Privatvermögen erfolgen, sondern im Rahmen einer
Tätigkeit, die zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen
ausgeübt wird (vgl. EuGH-Urteil AJFP Sibiu und DGRFP Brasov
vom 20.01.2021 - C-655/19, EU:C:2021:40 = SIS 21 01 40, Rz 31).
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cc) Vorliegend liegen zumindest insoweit
für eine Verwaltung von Vermögen untypische Handlungen
vor, als die Stadt S bei der Lieferung an den O-Verband die
Verpflichtung zum Rückerwerb der Wasserversorgungsanlagen
übernommen hat. Das FG geht aus diesem Grund in Bezug auf die
von ihm verneinte Nachhaltigkeit von unzutreffenden Voraussetzungen
aus. Bei dem Erwerb und der Weiterlieferung der
Wasserversorgungsanlagen handelt es sich nicht, wie das FG meint,
um eine einmalige Übertragung; denn nach … des Vertrags
der Stadt S mit dem O-Verband, der über eine Erstlaufzeit von
20 Jahren verfügt, wird die Stadt S bei Kündigung des
Vertrags mit dem O-Verband die Wasserversorgungsanlagen (erneut)
zurückerwerben. Danach wird sie entweder die
Wasserversorgungsanlagen erneut an einen Wasserversorger
weiterliefern oder selbst das Wasser an ihre Einwohner liefern.
Auch Letzteres wäre, anders als das FG angedeutet und das FA
in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, keine bloße
Maßnahme der Daseinsvorsorge, sondern nach Art. 13 Abs. 1
Unterabs. 3 i.V.m. Anh. I Nr. 2 MwStSystRL eine wirtschaftliche
Tätigkeit, die keinen unbedeutenden Umfang hat (vgl. zu Strom
EuGH-Urteil Fluvius Antwerpen vom 27.04.2023 - C-677/21,
EU:C:2023:348 = SIS 23 07 04, Rz
43 ff.; zum Legen von Wasseranschlüssen EuGH-Urteil
Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung
Torgau-Westelbien vom 03.04.2008 - C-442/05, EU:C:2008:184 =
SIS 08 20 62, Tenor 1 und Rz 36;
allgemein zur Wasserversorgung BFH-Urteile vom 08.10.2008 - V R
61/03, BFHE 222, 176, BStBl II 2009, 321 = SIS 08 41 75, unter
II.2.; vom 02.03.2011 - XI R 65/07, BFHE 233, 264, BStBl II 2017,
831 = SIS 11 18 68, Rz 20 f.; vom 14.03.2012 - XI R 8/10, BFH/NV
2012, 1667 = SIS 12 24 86, Rz 35; s.a. zur Nutzungsüberlassung
des Netzes FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.02.2020 - 2 K
2259/17, EFG 2020, 1179 = SIS 20 08 10, nach Rücknahme der
Revision rechtskräftig, Rz 74, 84, 87). Die Stadt S hatte
folglich bereits bei der streitigen Lieferung die Absicht,
zukünftig weitere Umsätze auszuführen, weil sie
entweder erneut die Wasserversorgungsanlagen zurückerwerben
und an einen Wasserversorger weiterliefern oder diese ihm zur
Nutzung überlassen oder mit ihnen selbst Wasser liefern
wird.
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dd) Es mag sein, dass zwischen der Lieferung
und den beabsichtigten Folgeumsätzen mindestens 20 Jahre
liegen werden. Dies ist bei der hier fraglichen Tätigkeit
einer Stadt jedoch üblich, wie sich der Geschichte der
Wasserversorgung der Stadt S seit dem Jahr 1928 entnehmen
lässt. Die Tätigkeit der Stadt S ist insoweit auf Dauer
angelegt, gleichgültig in welcher Form die Wasserversorgung
zukünftig erfolgt.
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ee) Aus den unter bb bis dd genannten
Gründen geht auch bei isolierter Betrachtung die (wohl im Jahr
1928 begonnene) Tätigkeit der Stadt S weit über einen
bloß einmaligen Erwerb und Verkauf von Vermögen hinaus.
Die Stadt S handelte daher bei Erwerb und
Weiterveräußerung der Wasserversorgungsanlagen
nachhaltig und wirtschaftlich.
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ff) Auf die Frage, ob die Stadt S
möglicherweise mit dem Erwerb der Wasserversorgungsanlagen
für eine logische Sekunde in alle bestehenden
Nutzungsüberlassungsverträge hinsichtlich der
Wasserzähler oder Ähnliches mit den Wasserkunden
eingetreten sein könnte (§ 566 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs), um diese dann sofort an den O-Verband als Erwerber
weiter zu übertragen, kommt es nicht an. Gleiches gilt
für die Frage, ob die Stadt S wegen des kommunalen Anschluss-
und Benutzungszwangs (§ 8 Nr. 2 der Niedersächsischen
Gemeindeordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 22.08.1996,
Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1996, S. 382)
für eine logische Sekunde selbst Wasserversorgerin der Kunden
wurde und daher nach § 2 Abs. 3 UStG, § 4 Abs. 3 des
Körperschaftsteuergesetzes, Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 i.V.m.
Anh. I Nr. 2 MwStSystRL Unternehmerin war.
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5. Unabhängig von den unter 4. genannten
Gründen hat das FG außerdem zu Unrecht angenommen, dass
für eine Geschäftsveräußerung im Falle des
Durchgangserwerbs der Zwischenerwerber Unternehmer sein muss. Die
Vorentscheidung ist auch deshalb aufzuheben.
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a) Die Umsätze im Rahmen einer
Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer
für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer
(§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG). Voraussetzung für eine solche
Geschäftsveräußerung ist gemäß § 1
Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der
Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im
Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine
Gesellschaft eingebracht wird.
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69
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b) § 1 Abs. 1a UStG ist
richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 29.08.2018 - XI
R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378 = SIS 18 15 71, Rz 21;
vom 24.02.2021 - XI R 8/19, BFHE 272, 536, BStBl II 2022, 34 = SIS 21 11 53, Rz 21, m.w.N.). Danach können die Mitgliedstaaten
die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die
entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine
Gesellschaft erfolgt, behandeln, als ob keine Lieferung von
Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der
Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden
ansehen. Wenn ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit
Gebrauch gemacht hat, ist die Übertragung eines Gesamt- oder
Teilvermögens nicht als eine Lieferung von Gegenständen
anzusehen (vgl. EuGH-Urteil Abbey National vom 22.02.2001 -
C-408/98, EU:C:2001:110 = SIS 01 05 49, Rz 30).
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c) Der Tatbestand der
Geschäftsveräußerung erfasst die Übertragung
von Geschäftsbetrieben und von selbständigen
Unternehmensteilen, die als „Zusammenfassung materieller und
immaterieller Bestandteile“ ein Unternehmen
oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige
wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (vgl.
z.B. EuGH-Urteile Zita Modes vom 27.11.2003 - C-497/01,
EU:C:2003:644 = SIS 04 01 39, Rz
40; SKF vom 29.10.2009 - C-29/08, EU:C:2009:665 = SIS 09 37 71, Rz 37). Die übertragenen
Gegenstände müssen ein hinreichendes Ganzes bilden, das
die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit
ermöglicht (z.B. BFH-Beschluss vom 07.12.2021 - XI B 11/21,
BFH/NV 2022, 355 = SIS 22 01 91, Rz 16, m.w.N.).
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aa) Dabei ist zwar grundsätzlich jeder
Vorgang einzeln und selbständig zu beurteilen; Erwerbe von
mehreren Personen dürfen nicht zusammengerechnet werden (vgl.
BFH-Urteile vom 04.02.2015 - XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II
2015, 908 = SIS 15 14 94, Rz 29 f.; vom 04.02.2015 - XI R 42/13,
BFHE 248, 472, BStBl II 2015, 616 = SIS 15 08 54, Rz 25 f.).
Übertragungen von verschiedenen selbständigen
Veräußerern an verschiedene selbständige Erwerber
schließen eine Geschäftsveräußerung aus (vgl.
BFH-Urteil vom 04.02.2015 - XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II
2015, 908 = SIS 15 14 94).
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bb) Allerdings steht, worauf der Senat bereits
im ersten Rechtsgang hingewiesen hat (vgl. BFH-Beschluss vom
27.10.2020 - XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459 = SIS 21 01 45, Rz 31),
ein Durchgangserwerb einer Person, die die unternehmerische
Tätigkeit nicht selbst fortführt, einer
Geschäftsveräußerung nicht per se entgegen (vgl.
BFH-Urteile vom 25.11.2015 - V R 66/14, BFHE 251, 526, BStBl II
2020, 793 = SIS 16 01 13, Rz 29; vom 26.06.2019 - XI R 3/17, BFHE
265, 549, BStBl II 2021, 953 = SIS 19 15 03, Rz 78; BFH-Beschluss
vom 15.04.2016 - XI B 109/15, BFH/NV 2016, 1306 = SIS 16 16 80, Rz
21).
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d) Welche Auswirkung das Erfordernis, dass die
Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer
für dessen Unternehmen erfolgen muss, in Fällen des
Durchgangserwerbs hat, ist streitig.
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aa) Der BFH hat in Rz 30 des BFH-Urteils vom
25.11.2015 - V R 66/14 (BFHE 251, 526, BStBl II 2020, 793 = SIS 16 01 13) entschieden, dass es sich bei der für die
Geschäftsveräußerung erforderlichen (Absicht zur)
Fortführung der Unternehmenstätigkeit nicht um ein
höchstpersönliches Kriterium handelt, das dergestalt in
der Person des jeweiligen Leistungsempfängers vorliegen muss,
dass er selbst in eigener Person die Fortführung der
Unternehmenstätigkeit beabsichtigt (ebenso nachfolgend
BFH-Beschlüsse vom 15.04.2016 - XI B 109/15, BFH/NV 2016, 1306
= SIS 16 16 80; vom 27.10.2020 - XI B 33/20, BFH/NV 2021, 459 = SIS 21 01 45; BFH-Urteil vom 29.08.2018 - XI R 37/17, BFHE 262, 286,
BStBl II 2019, 378 = SIS 18 15 71). Nach Leitsatz 2 muss die
für die Geschäftsveräußerung notwendige
Fortführung der Unternehmenstätigkeit bei einer
mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach vorliegen. Es
reichte daher im dortigen Fall aus, dass der Käufer des
bebauten Grundstücks die Fortführung der Vermietung
beabsichtigte und diese fortgesetzt hat. Ob dies auch dann gilt,
wenn der Zwischenerwerber Nichtunternehmer ist, hat der BFH nicht
erläutert.
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bb) Teile der Literatur vertreten die
Auffassung, dass dies auch dann gilt, wenn eine Person nur einmalig
ein lebendes fortführbares Unternehmen erwirbt und auf einen
endgültigen Fortführer überträgt, weil auch
dadurch der Zweck der Regelung erfüllt werde (z.B.
Bunjes/Robisch, UStG, 22. Aufl., § 1 Rz 119; Erdbrügger
in Wäger, UStG, 3. Aufl., § 1 Rz 248; Nieskens in
Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 1305 f.;
ähnlich wohl auch Sterzinger in Küffner/Zugmaier,
Umsatzsteuer, Kommentar, § 1 Rz 674 bei Einbringung).
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cc) Demgegenüber vertreten die
Finanzverwaltung (Abschn. 1.5 Abs. 1 Satz 6 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ) und teilweise die
Literatur die Gegenauffassung, dass jeder Leistungsempfänger
Unternehmer sein müsse (z.B. BeckOK UStG/Peltner, 42. Ed.
15.09.2024 UStG § 1 Rz 174 f.; Lippross, Umsatzsteuer, 25.
Aufl., S. 435 f., unter f und g; wohl auch Radeisen in
Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 1 Rz 444).
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dd) Stadie (Stadie, UStG, 3. Aufl., § 1
Rz 141; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz,
§ 2 Rz 382) vertritt die Auffassung, dass der bisher nicht
unternehmerisch tätige Erwerber jedenfalls kurzzeitig
Unternehmer wird. Diese Ansicht weist im Streitfall eine
inhaltliche Nähe zu den Ausführungen unter II.4. auf,
geht aber darüber hinaus.
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ee) Der Senat hat im BFH-Urteil vom 07.03.2018
- XI R 13/16 (BFH/NV 2018, 952 = SIS 18 10 39, Rz 15 f.) lediglich
zu erkennen gegeben, dass er in Fällen des Durchgangserwerbs
eines nicht originär unternehmerisch tätigen
Gesellschafters im Falle der unmittelbar nachfolgenden Einbringung
vom Vorliegen einer Geschäftsveräußerung ausgeht,
aber hat dies nicht begründet.
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e) Der erkennende Senat folgt bei
unmittelbarer Weiterübertragung der erstgenannten Ansicht,
falls überhaupt Fälle denkbar sein sollten, in denen der
Zwischenerwerber nicht ohnehin Unternehmer ist oder zum Unternehmer
wird. Ist ausreichend, dass die Fortführungsabsicht dem Grunde
nach (beim Letzterwerber) besteht, reicht es auch aus, dass der
Letzterwerber Unternehmer ist oder infolge des Erwerbs Unternehmer
wird. Sonst würde der Normzweck verfehlt.
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aa) Das in § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG
enthaltene nationale Erfordernis, dass die
Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer
für dessen Unternehmen erfolgen muss, findet im Wortlaut des
Unionsrechts keine Stütze. Weder Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie
77/388/EWG (alt) noch Art. 19 MwStSystRL (neu) verlangen
ausdrücklich, dass der Begünstigte der Übertragung
ein Steuerpflichtiger sein müsste, der den Gegenstand für
sein Unternehmen erwirbt. Daraus ergibt sich allerdings noch nicht,
dass das nationale Recht unionsrechtswidrig wäre. Vielmehr ist
es unionsrechtskonform auszulegen (s. II.5.b).
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bb) Der EuGH hat jedoch (aus Sicht des Senats
im Wege teleologischer Auslegung) in beide Bestimmungen ein
ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hineingelesen. Zweck der
unionsrechtlichen Bestimmung ist es, die Übertragungen von
Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern, nämlich
sie zu vereinfachen und zu vermeiden, dass die Mittel des
Begünstigten übermäßig steuerlich belastet
werden (vgl. EuGH-Urteile Zita Modes vom 27.11.2003 - C-497/01,
EU:C:2003:644 = SIS 04 01 39, Rz
39; Schriever vom 10.11.2011 - C-444/10, EU:C:2011:724 =
SIS 11 39 84, Rz 23). Der
Begünstigte muss deshalb beabsichtigen, den übertragenen
Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht
nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln
sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen (vgl.
EuGH-Urteil Zita Modes vom 27.11.2003 - C-497/01, EU:C:2003:644 =
SIS 04 01 39, Rz 46).
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cc) Dieses ungeschriebene unionsrechtliche
Tatbestandsmerkmal (Fortführungsabsicht) impliziert ein
weiteres unionsrechtlich ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal: Der
Begünstigte muss, wenn er die Tätigkeit fortführen
will, notwendigerweise auch die Absicht haben, zumindest durch die
beabsichtigte Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit
zum Unternehmer zu werden (vgl. auch Abschn. 1.5 Abs. 1 Satz 1
UStAE; BFH-Urteil vom 07.07.2005 - V R 78/03, BFHE 211, 63, BStBl
II 2005, 849 = SIS 05 42 07, unter II.1.a bb). Dagegen ist nicht
erforderlich, dass der Begünstigte vor der Übertragung
eine wirtschaftliche Tätigkeit derselben Art ausgeübt
haben müsste wie der Übertragende (vgl. EuGH-Urteil Zita
Modes vom 27.11.2003 - C-497/01, EU:C:2003:644 = SIS 04 01 39, Rz 45).
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Das in § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG normierte
nationale Erfordernis entspricht daher dem Unionsrecht, soweit es
um die Person des Begünstigten der Übertragung geht. Er
muss beabsichtigen, die wirtschaftliche Tätigkeit
fortzuführen und dadurch zum Unternehmer zu werden, falls er
es nicht schon ist.
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dd) Versteht man, wie der BFH (vgl. die
Nachweise unter II.5.d aa), die (Absicht zur) Fortführung der
Unternehmenstätigkeit (als erstes ungeschriebenes
unionsrechtliches Tatbestandsmerkmal) nicht als
höchstpersönliches Kriterium, das in der Person des
jeweiligen Leistungsempfängers vorliegen muss, sondern
lässt man es insoweit ausreichen, dass die
Fortführungsabsicht dem Grunde nach (beim Letzterwerber als
Begünstigten) besteht, kann für die
Unternehmereigenschaft (als zweites ungeschriebenes
unionsrechtliches Tatbestandsmerkmal, das notwendigerweise aus dem
ersten folgt) nichts anderes gelten. Da sich das Erfordernis
unionsrechtlich nicht aus dem Wortlaut, sondern nur aus der
(Absicht zur) Fortführung ableitet, besteht es unionsrechtlich
nur bei demjenigen, der die (Absicht zur) Fortführung haben
muss. Dies ist nach der Rechtsprechung des BFH beim zulässigen
Durchgangserwerb nicht der Zwischenerwerber, sondern der
Letzterwerber als Begünstigter.
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ee) Für dieses Ergebnis spricht zudem die
teleologische Auslegung; denn nur durch diese Auslegung wird in
Fällen des Durchgangserwerbs erreicht, dass durch die Regelung
vermieden wird, dass die Mittel des Begünstigten (das
heißt des Letzterwerbers) übermäßig
steuerlich belastet werden (vgl. EuGH-Urteile Zita Modes vom
27.11.2003 - C-497/01, EU:C:2003:644 = SIS 04 01 39, Rz 39; Schriever vom 10.11.2011
- C-444/10, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848 = SIS 11 39 84, Rz
23).
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(1) Die Klägerin hat seit dem
Einspruchsverfahren mehrfach zutreffend darauf hingewiesen, dass
die Auffassung des FA zwangsläufig dazu führen
würde, dass bei jedem Rückerwerb der
Wasserversorgungsanlagen durch die Stadt S mit unmittelbarer
Weiterlieferung die Stadt S nicht als Vorsteuer abziehbare
Umsatzsteuer in Millionenhöhe tragen müsste, obwohl der
O-Verband zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, weil er
steuerpflichtige Wasserlieferungen an die Wasserkunden
ausführt. Die Stadt müsste die Umsatzsteuer daher auf den
O-Verband abwälzen, um ihre Kosten zu decken, was im
Streitfall folgerichtig auch geschehen ist, indem die Umsatzsteuer
vom O-Verband an die G-GmbH gezahlt wurde. Im Vergleich vom April
2007 wurde jedoch weiter vereinbart, dass die G-GmbH den
Steuerbetrag unverzinslich an den O-Verband zurückzahlt, wenn
die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen im Rahmen einer
Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG)
erfolgt sein sollte, so dass bei Annahme einer
Geschäftsveräußerung die übermäßige
steuerliche Belastung der Mittel des Letzterwerbers - dem Zweck
entsprechend - vermieden wird.
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(2) Das vom FA und FG zusätzlich
aufgestellte Erfordernis, dass auch beim Durchgangserwerb der
Zwischenerwerber ein Steuerpflichtiger sein muss, würde daher
eine systemwidrige, besonders hohe Belastung für den
Letzterwerber sein (vgl. dazu allgemein EuGH-Urteil Schriever vom
10.11.2011 - C-444/10, EU:C:2011:724 = SIS 11 39 84, Rz 31). Da die Lieferung eines
nichtunternehmerischen Zwischenerwerbers (hier aus Sicht des FA und
des FG: der Stadt S) an den Letzterwerber (hier: O-Verband) kein
steuerbarer Umsatz wäre, wäre seine Belastung mit der auf
ihn abgewälzten Umsatzsteuer definitiv. Er müsste
folglich die nicht als Vorsteuer abziehbare, auf ihn
abgewälzte Umsatzsteuer der Lieferung der Klägerin an die
Stadt S auf die Kosten der Wasserlieferung aufschlagen und die
Umsatzsteuer damit auf die Wasserkunden weiter abwälzen, so
dass (von den Wasserkunden zu tragende) Umsatzsteuer auf (die vom
O-Verband wirtschaftlich getragene, aber nicht als Vorsteuer
abziehbare) Umsatzsteuer entstünde.
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(3) Eine derartige Doppelbesteuerung (Erhebung
von Umsatzsteuer auf Umsatzsteuer oder sogenannte Kaskadensteuer)
wirkt konzentrationsfördernd (vgl. zur Wirkungsweise z.B.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 05.03.1958 - 2
BvL 18/56, lex Salamander, BVerfGE 7, 282, Rz 42). Der Mangel an
Wettbewerbsneutralität des früheren Umsatzsteuergesetzes,
bei dem - mangels Recht zum Vorsteuerabzug - das Entgelt auch den
in früheren Phasen gezahlten Betrag an Umsatzsteuer enthielt,
musste von den Steuerpflichtigen nur hingenommen werden, bis die
Reform zur Schaffung einer Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug
abgeschlossen war (vgl. BVerfG-Urteil vom 20.12.1966 - 1 BvR
320/57, 1 BvR 70/63, BVerfGE 21, 12, BStBl III 1967, 7 = SIS 67 60 06, Rz 15, 108, 111, 113).
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89
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(4) Zuletzt widerspricht die Erhebung von
Umsatzsteuer auf Umsatzsteuer, die sich aus dem vom FA und FG
zusätzlich aufgestellten Erfordernis zwangsläufig
ergäbe, der Systematik und dem Zweck des Gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems. Die Kommission hat bereits im Entwurf
für die Harmonisierungsrichtlinie vom 31.10.1962 (BT-Drucks.
IV/850, S. 4) hervorgehoben, dass Kaskadensteuern nicht nur nicht
als Harmonisierungsgrundlage dienen können, sondern im
Hinblick auf das reibungslose Funktionieren des Gemeinsamen Markts
„verschwinden müssen“. Dies stellt
die vom Senat vorgenommene Auslegung des Art. 19 MwStSystRL, die im
Wege der richtlinienkonformen Auslegung auf § 1 Abs. 1a Satz 1
UStG zu übertragen ist, sicher.
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6. Steht aufgrund der Ausführungen unter
II.4. und II.5. der umsatzsteuerrechtliche Status der Stadt S einer
Geschäftsveräußerung nicht entgegen, ist die Sache
in Bezug auf den Hilfsantrag spruchreif im Sinne einer
Klagestattgabe.
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a) Die Klägerin hat einen wirksamen
Antrag auf Zustimmung gemäß § 14c Abs. 1 Satz 3
i.V.m. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG gestellt.
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aa) Das FG hat auf den Seiten 17 f. seines
Urteils angenommen, dass die Klägerin wirksam zwei
Anträge auf Zustimmung zur Rechnungsberichtigung gestellt hat.
Es sei unerheblich, ob die Rechnung vom 10.09.2010 die Rechnung vom
12.05.2003 berichtige oder dass die Klägerin zwei Anträge
auf Berichtigung beider Rechnungen gestellt habe. Dass die
Anträge auf Zustimmung gemäß § 14c Abs. 2 Satz
5 ursprünglich nur auf § 14c Abs. 2 UStG gestützt
worden seien, ohne § 14c Abs. 1 Satz 3 UStG zu erwähnen,
sei unschädlich. Dass die Umsatzsteuer für das Jahr 2003
bestandskräftig geworden sei, sei unerheblich, weil die
Berichtigung der Rechnung vom 12.05.2003 keine Rückwirkung
habe.
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bb) Diese Ausführungen lassen revisible
Rechtsfehler nicht erkennen und werden von keinem Beteiligten
angegriffen. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen
ab.
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b) Auch die übrigen unter II.5.a und b
genannten Voraussetzungen für eine
Teil-Geschäftsveräußerung liegen vor.
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aa) Die G-GmbH hat die komplette
Wasserversorgung in der Stadt S, die als Zusammenfassung
materieller und immaterieller Bestandteile einen Unternehmensteil
der G-GmbH (und damit umsatzsteuerrechtlich der Klägerin als
Organträgerin) bildete, im Wege des partiellen
Durchgangserwerbs an den O-Verband als Letzterwerber
übertragen. Dass hinsichtlich der Wasserversorgungsanlagen
(und wegen des Anschluss- und Benutzungszwangs auch
möglicherweise hinsichtlich des Kundenstamms) ein
Durchgangserwerb der Stadt S stattgefunden hat, ist nach den
Ausführungen unter II.5. unschädlich. Der
Durchgangserwerb der Stadt S erfolgte nur für eine logische
Sekunde.
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bb) Mit den übertragenen materiellen und
immateriellen Bestandteilen konnte die Wasserversorgung in der
Stadt S als wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden.
Der O-Verband als Letzterwerber wollte die wirtschaftliche
Tätigkeit für mindestens 20 Jahre fortführen und hat
sie zum 01.04.2003 nahtlos fortgeführt. Allenfalls für
eine logische Sekunde hatte die Stadt S sie übernommen.
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c) Die notwendige Beseitigung der
Gefährdung des Steueraufkommens (vgl. dazu der im ersten
Rechtsgang ergangene Senatsbeschluss vom 27.10.2020 - XI B 33/20,
BFH/NV 2021, 459 = SIS 21 01 45) ist durch die Abtretung des
Erstattungsanspruchs an den O-Verband erfolgt; dadurch wird
zugleich eine ungerechtfertigte Bereicherung der S und ein
Direktanspruch des O (vgl. dazu aus neuerer Zeit EuGH-Urteile
Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Bydgoszczy vom 21.03.2024 -
C-606/22, EU:C:2024:255 = SIS 24 06 29, Möglichkeit der Korrektur bei falschem Steuersatz.
Gabel Industria Tessile und Canavesi vom 11.04.2024 - C-316/22,
EU:C:2024:301 = SIS 24 06 28)
wirksam vermieden.
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7. Da die Klage im Hilfsantrag
(Revisionsantrag Ziff. 2) Erfolg hat, ist über den weiteren
Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136
Abs. 1 FGO.
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a) Der Senat hat mit Rücksicht auf den
Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch über
die Kosten des durch den BFH-Beschluss vom 27.10.2020 - XI B 33/20
(BFH/NV 2021, 459 = SIS 21 01 45) rechtskräftig
abgeschlossenen Teils des Verfahrens zu entscheiden (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 11.12.2013 - XI B 33/13, BFH/NV 2014, 714 =
SIS 14 11 02, Rz 22; vom 19.09.2017 - IV B 85/16, BFH/NV 2018, 51 =
SIS 17 21 98, Rz 20; vom 22.10.2019 - III B 149/18, BFH/NV 2020, 90
= SIS 19 18 96, Rz 17).
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b) Angesichts des Umstands, dass die
Klägerin mit dem Hauptantrag und dem Feststellungsantrag
unterlegen ist, aber mit dem Hilfsantrag obsiegt hat und alle
Anträge wirtschaftlich betrachtet auf das gleiche Interesse
gerichtet sind, hält der Senat eine Kostenteilung für
ermessensgerecht (vgl. BFH-Urteil vom 28.07.2021 - X R 15/19, BFHE
274, 388, BStBl II 2023, 312 = SIS 22 01 97, Rz 27).
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