Die Revision der Kläger gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 15.04.2021 - 3 K 3724/19 F wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die
Kläger zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) zu 1. ist eine GmbH und
Familienholdinggesellschaft, die insbesondere Beteiligungen an
anderen Gesellschaften hielt. Das Stammkapital der Klägerin zu
1. betrug … EUR. Die Kläger und Revisionskläger zu
2. und 3. (Kläger zu 2. und 3.) sind Erben ihrer am
…11.2014 verstorbenen Mutter (M). M gehörten ca. 9,95 %
der Anteile an der Klägerin zu 1. mit einem Nennbetrag von
… EUR.
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Bereits seit dem Jahr 2009 waren mehrfach
Einziehungen von Teilgeschäftsanteilen an der Klägerin zu
1. jeweils zu einem Einziehungskurs von 400 % des jeweiligen
Nennkapitals sowie ein Anteilsverkauf unter Gesellschaftern zu
einem Veräußerungspreis von 400 % des Nennkapitals
erfolgt. Im Februar 2015 erfolgten zwei Einziehungen von
Teilgeschäftsanteilen an der Klägerin zu 1. mit einem
Nennkapital von jeweils … EUR zu einem Einziehungskurs von
400 %. Die jeweils verbliebenen Anteile wurden
verhältnismäßig aufgestockt. Im Jahr 2018 wurde ein
weiterer Anteil an der Klägerin zu 1. unter Gesellschaftern zu
einem Kurs von 380 % des Nennkapitals verkauft.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) stellte unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung mit Feststellungsbescheid vom 16.11.2015 den Wert
der Anteile an der Klägerin zu 1.
erklärungsgemäß mit dem Vierfachen des Nominalwerts
auf … EUR fest. Aufgrund einer Konzernbetriebsprüfung
bei der Klägerin zu 1. änderte das FA die
Wertfeststellung unter Ansatz des Substanzwerts und stellte den
Wert des Anteils an der Klägerin zu 1. zuletzt mit
Feststellungsbescheid vom 17.10.2019 auf … EUR fest. Der
Bescheid wurde der Klägerin zu 1. bekanntgegeben.
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Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen
aus, dass der Wert des Anteils zutreffend anhand des Substanzwerts
der Gesellschaft nach § 11 Abs. 2 Satz 3 des
Bewertungsgesetzes (BewG) ermittelt worden sei. Es könne
dahinstehen, ob die aufgrund in der Gesellschafterversammlung der
Klägerin zu 1. am 07.02.2015 beschlossenen Einziehungen zu
einem Einziehungskurs von 400 % des Nennkapitals als Verkäufe
unter fremden Dritten im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG
angesehen werden könnten. Jedenfalls sei nach § 11 Abs. 2
Satz 3 BewG der Substanzwert stets als Mindestwert anzusetzen. Das
Urteil des FG ist in EFG 2021, 1177 = SIS 21 08 69 veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision rügen die
Kläger eine Verletzung von § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG. Zur
Begründung führen sie im Wesentlichen aus, dass
abweichend von der Würdigung des FG der Substanzwert bei der
Ableitung des Werts von Gesellschaftsanteilen aus Verkäufen
unter fremden Dritten im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG
nicht als Mindestwert anzusetzen sei. Vielmehr seien die
streitgegenständlichen Gesellschaftsanteile an der
Klägerin zu 1. aus dem Einziehungskurs von 400 % des
Nennkapitals abzuleiten. Die Einziehung sei ein relevanter Verkauf
im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 BewG.
Unerheblich sei, dass der Einziehungskurs nicht für jeden Fall
der Einziehung einzeln ausgehandelt und über Jahre aufgrund
der gleichbleibenden Ausschüttungspraxis unverändert
angewandt worden sei, ohne die veränderten
Vermögensverhältnisse der Gesellschaft und ihrer
Beteiligungsgesellschaften zu berücksichtigen. Dass die
entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse zur Einziehung erst am
07.02.2015 und somit nach dem Bewertungsstichtag, dem
…11.2014, stattgefunden hätten, sei unbeachtlich. Nach
der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dürften auch
solche Verkäufe nach dem Stichtag ausnahmsweise herangezogen
werden, bei denen die Einigung über den Kaufpreis bereits
vorher herbeigeführt worden sei. Die Einigung über den
Preis der einzuziehenden Teilgeschäftsanteile habe bereits am
…11.2014, also wenige Tage vor dem Bewertungsstichtag,
stattgefunden. Letztlich würden Verkäufe zwischen
Gesellschaftern derselben Gesellschaft als im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr zustande gekommen und als Verkäufe
zwischen fremden Dritten im Sinne der Norm gelten.
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Die Kläger beantragen,
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die Vorentscheidung aufzuheben und die
Feststellungsbescheide jeweils vom 17.10.2019 jeweils in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 12.11.2019 dahingehend zu
ändern, dass der Wert des Anteils an der Klägerin zu 1.
auf … EUR festgestellt wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das FA verweist zur Begründung auf R B
11.3 Abs. 1 Satz 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2011,
BStBl I 2011, Sondernr. 1/2011; R B 11.3 Abs. 2 Satz 3 und R B 11.5
Abs. 1 ErbStR 2019, BStBl I 2019, Sondernr. 1/2019. Im Übrigen
seien im Rahmen des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG nur solche
Verkäufe maßgeblich, die innerhalb eines Jahres vor dem
Bewertungsstichtag unter fremden Dritten abgeschlossen worden
seien. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall sowohl in
zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht nicht erfüllt.
Belaufe sich der Substanzwert - wie hier - auf ein Vielfaches des
vereinbarten Preises, so begründe dies zumindest den
Anscheinsbeweis eines Geschäfts, bei dem sich die Beteiligten
nicht wie fremde Dritte gegenüberstehen.
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II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126
Abs. 2, 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im
Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen.
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Zwar ist das FG rechtsfehlerhaft davon
ausgegangen, dass der
Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG als Untergrenze auch
auf einen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG abgeleiteten Wert aus
zeitnahen Verkäufen unter fremden Dritten Anwendung findet
(dazu unter 1.). Das Urteil des FG stellt sich indes aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO). Eine
Ableitung des gemeinen Werts der Anteile an der Klägerin zu 1.
nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus zeitnahen Verkäufen
unter Heranziehung eines Einziehungskurses von 400 % des Nennwerts
kommt nicht in Betracht. Die im Feststellungsbescheid vom
17.10.2019 vorgenommene Bewertung der Anteile an der Klägerin
zu 1. nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG mit dem Substanzwert ist
danach rechtmäßig und verletzt die Kläger zu 2. und
3. nicht in ihren Rechten (dazu unter 2.).
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1. Das FG hätte nicht dahinstehen lassen
dürfen, ob die in der Gesellschafterversammlung der
Klägerin zu 1. am 07.02.2015 beschlossenen Einziehungen zu
einem Einziehungskurs von 400 % des Nennkapitals als Verkäufe
unter fremden Dritten im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG
angesehen werden könnten. Denn anders als das FG meint, findet
der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG als Untergrenze
auf einen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus zeitnahen
Verkäufen unter fremden Dritten abgeleiteten Wert keine
Anwendung.
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a) Nach § 12 Abs. 2 des Erbschaftsteuer-
und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sind Anteile an
Kapitalgesellschaften, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 BewG festzustellen ist, mit dem auf den
Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) festgestellten Wert
anzusetzen. Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG ist der Wert
von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 11 Abs. 2
BewG gesondert festzustellen (§ 179 der Abgabenordnung), wenn
die Werte für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind.
Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 2 BewG trifft das für
die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt die
Entscheidung über eine Bedeutung für die Besteuerung und
damit über die Feststellung dem Grunde nach (BFH-Urteil vom
26.07.2023 - II R 35/21, BFHE 281, 131, BStBl II 2024, 118 = SIS 23 15 76, Rz 15, m.w.N.).
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b) Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG sind
Anteile an Kapitalgesellschaften, die - wie hier - nicht unter
§ 11 Abs. 1 BewG fallen, da sie am Stichtag nicht an einer
deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen
sind, mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Lässt sich der gemeine
Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die
weniger als ein Jahr zurückliegen, so erfolgt die Bewertung
der Anteile nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter
Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft
oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke
üblichen Methode; dabei ist die Methode anzuwenden, die ein
Erwerber der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde.
Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG darf die Summe der gemeinen Werte
der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter
und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum
Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen
Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft nicht unterschritten
werden; die §§ 99 und 103 BewG sind anzuwenden.
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c) § 11 Abs. 2 BewG ist dahingehend
auszulegen, dass eine Begrenzung mit dem Substanzwert nach §
11 Abs. 2 Satz 3 BewG dann nicht erfolgt, wenn eine Ableitung des
gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten, die
weniger als ein Jahr zurückliegen, nach § 11 Abs. 2 Satz
2 BewG möglich ist.
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Diese Auslegung ist aus teleologischen,
systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen geboten und
entspricht der weit überwiegenden Meinung in der Literatur
(vgl. Dannecker/Rudolf/Risse, DB 2015, 1615, 1616; Eisele in
Rössler/Troll, BewG, § 11 Rz 26 und 39;
Erb/Regierer/Vosseler/Herbst, Bewertung bei Erbschaft und
Schenkung, 3. Kap., Rz 239; Eisele, Neue Wirtschaftsbriefe für
Steuer- und Wirtschaftsrecht - NWB - 2011, 2782, 2787 f.; Grootens
in Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Stand 145.01. Lfg.
09/2024, § 11 BewG Rz 61; Hecht/von Cölln, BB 2009, 2061,
2062; Immes in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 11 BewG Rz
50, Stand 10/2024; Kahle/Hiller/Vogel, FR 2012, 789, 796;
Kappenberg, Unternehmensbewertung im Erbschaftsteuerrecht, 2012, S.
140; Kohl/König/Möller, BB 2013, 555, 556; Krause, NWB
Beraterbrief Erben und Vermögen 2011, 416; Kreutziger/Jacobs
in Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, 5. Aufl., § 11 Rz 90;
Lorenz, DStR 2016, 2453; derselbe, Unternehmensbewertung im
Erbschaftsteuerrecht, 2015, S. 171; Mannek in Stenger/Loose,
Bewertungsrecht, § 11 BewG Rz 127 f. und 188 f.; derselbe in
von Oertzen/Loose/Stalleiken, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, 3. Aufl., § 11 BewG Rz 90; Pawelzik,
Die Unternehmensbesteuerung - Ubg - 2010, 883; Schröder,
Unternehmensbewertung für Zwecke der Erbschaft- und
Schenkungsteuer, 2014, S. 128 und 283; Piltz, DStR 2008, 745, 747;
Riedel in Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, 4. Aufl.,
§ 11 BewG Rz 36; S. Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 7. Aufl., § 11
BewG Rz 8 und 82; a.A. Horn in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8.
Aufl., § 12 Rz 301; Hübner, Ubg 2009, 1, 4; Wollny,
Unternehmensbewertung für die Erbschaftsteuer, 2012, Rz 1377)
sowie der Ansicht der Finanzverwaltung (R B 11.5 Abs. 1 Satz 2
ErbStR 2019).
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aa) Maßgebend für die
Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende
objektivierte Wille des Gesetzgebers. Dessen Feststellung dienen
die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische
Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus
ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den
Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische
Auslegung); zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der
Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und
nebeneinander bedienen. Insbesondere bei der Auslegung einer Norm
aus ihrem Wortlaut ist zu berücksichtigen, dass diese nur eine
von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist, zu denen - wie
ausgeführt - auch die systematische Auslegung zählt. Nach
Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze,
die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat,
grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch
miteinander vereinbar sind. Ziel jeder Auslegung ist die
Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut
und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist
(BFH-Urteil vom 13.09.2023 - II R 49/21, BFHE 282, 313, BStBl II
2024, 566 = SIS 23 20 26, m.w.N., Rz 17).
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bb) Aus dem Wortlaut der Norm
(grammatikalische Auslegung) ergibt sich zunächst nicht
eindeutig, ob der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG
als Untergrenze auch auf eine Ableitung des gemeinen Werts aus
zeitnahen Verkäufen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1
BewG Anwendung findet (so auch Bauer/Wartenburger, MittBayNot 2010,
435, 440; a.A. Hübner, Ubg 2009, 1, 4; Leingärtner/Krumm,
Besteuerung der Landwirte, Kap. 49 Rz 40; Piltz, DStR 2008, 745,
747). § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG enthält weder eine
eindeutige entsprechende Einschränkung, noch eine klare
Aussage dahingehend, dass der Substanzwert als Mindestwert auch bei
einer Bewertung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 BewG
anzuwenden ist. Der Wortlaut der Norm lässt beide Auslegungen
zu.
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cc) Auch aus der Gesetzesbegründung
(historische Auslegung) lässt sich - anders als die
Kläger und das FG jeweils für ihre Auffassung meinen -
keine eindeutige Aussage zum Verhältnis des Substanzwerts zur
Ableitung des gemeinen Werts aus zeitnahen Verkäufen
entnehmen. Die Gesetzesbegründung ist insoweit
widersprüchlich. Einerseits enthält sie die Aussage, dass
der gemeine Wert nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften
in erster Linie der Preis sei, der bei einer Veräußerung
unter fremden Dritten vereinbart wurde. Dabei solle unwiderlegbar
vermutet werden können, dass zeitnahe Verkäufe in der
Vergangenheit den zutreffenden Marktwert zum Bewertungsstichtag
richtig widerspiegeln (BT-Drucks. 16/7918, S. 38). Unabhängig
davon, dass sich eine solche unwiderlegbare Vermutung aus dem
Gesetzestext nicht ergibt, steht diese Aussage im Widerspruch zu
der weiteren Aussage in der Gesetzesbegründung, dass die
Untergrenze stets der Substanzwert als Mindestwert sei, den ein
Steuerpflichtiger am Markt erzielen könnte (BT-Drucks.
16/7918, S. 38). Weitere diesen Widerspruch auflösende
Ausführungen enthält die Gesetzesbegründung
nicht.
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dd) Dass der Mindestwert nach § 11 Abs. 2
Satz 3 BewG keine Anwendung bei der Ableitung des gemeinen Werts
aus zeitnahen Verkäufen unter fremden Dritten findet, ergibt
sich jedoch aus dem Zweck der Norm, den gemeinen Wert der Anteile
an einer Kapitalgesellschaft zu ermitteln (teleologische Auslegung)
und aus der inneren Systematik (systematische Auslegung).
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§ 11 Abs. 2 Satz 1 BewG enthält das
Bewertungsziel des Gesetzgebers und entspricht § 9 Abs. 1 BewG
sowie den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes, nach denen die einzelnen
Vermögensgegenstände wegen der zugrunde liegenden
Belastungsentscheidung des Gesetzgebers bei der Erbschaft- und
Schenkungsteuer mit einem Annäherungswert an den gemeinen Wert
zu bewerten sind (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG
- vom 07.11.2006 - 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192
= SIS 07 06 26, Leitsatz 2.a). Ist die Ableitung des gemeinen Werts
aus zeitnahen Verkäufen zwischen fremden Dritten möglich
und damit das verfassungsrechtlich gebotene Bewertungsziel nach
§ 11 Abs. 2 Satz 1 BewG erreicht, ist kein Grund ersichtlich
den durch Ableitung aus zeitnahen Verkäufen gefundenen
gemeinen Wert durch einen anderen, namentlich höheren
Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG zu ersetzen.
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Die vom FG vorgenommene Auslegung der Norm
widerspricht auch dem verfassungsrechtlichen Gebot, alle
Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den
gemeinen Wert zu bewerten. Sie ist nicht zulässig, wenn - wie
hier - eine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen
zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung
möglich ist (verfassungskonforme Auslegung). Das Gebot
verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren
möglichen Normdeutungen, die teils zu einem
verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen
Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem
Grundgesetz in Einklang steht (ständige Rechtsprechung, vgl.
BVerfG-Beschluss vom 28.11.2023 - 2 BvL 8/13, BVerfGE 168, 1 = SIS 24 01 44, m.w.N., Rz 193).
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2. Das FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Dies führt jedoch nicht
zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung an das FG,
da sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig
darstellt (§ 126 Abs. 4 FGO).
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Ein Ansatz der Anteile an der Klägerin zu
1. mit einem Einziehungskurs in Höhe von 400 % des
Nennkapitals als Ableitung des gemeinen Werts aus zeitnahen
Verkäufen unter fremden Dritten nach § 11 Abs. 2 Satz 2
BewG kommt nicht in Betracht, so dass nach § 11 Abs. 2 Satz 3
BewG der Substanzwert als Mindestwert anzusetzen ist.
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a) Maßgebend für die Ableitung des
gemeinen Werts von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach
§ 11 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 BewG ist der Preis, der bei
einer Veräußerung im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG)
tatsächlich erzielt wurde (BFH-Urteil vom 22.01.2009 - II R
43/07, BFHE 224, 272, BStBl II 2009, 444 = SIS 09 14 82, m.w.N.,
unter II.1.a). Gewöhnlicher Geschäftsverkehr ist der
Handel, der sich nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen
von Angebot und Nachfrage vollzieht und bei dem jeder
Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern freiwillig in
Wahrung seiner eigenen Interessen zu handeln in der Lage ist
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 14.10.2020 - II
R 7/18, BFHE 271, 190, BStBl II 2021, 665 = SIS 21 01 99, m.w.N.,
Rz 28).
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b) Ob die Parteien einen Preis vereinbart
haben, der demjenigen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
entspricht, ist nach ständiger Rechtsprechung nach den
Gesamtumständen des Einzelfalles unter Heranziehung objektiver
Wertmaßstäbe zu entscheiden, zu denen vor allem das
Gesamtvermögen und die Ertragsaussichten gehören. Bei der
Ableitung des gemeinen Werts sind alle Umstände, die den Preis
beeinflussen, zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 2
BewG). Auszuklammern sind dabei solche preisbildenden Faktoren, die
mit der Beschaffenheit der Anteile selbst nichts zu tun haben
(BFH-Urteil vom 14.07.2009 - IX R 6/09, BFH/NV 2010, 397 = SIS 10 05 71, m.w.N., unter II.1.a). Ungewöhnliche oder
persönliche Verhältnisse sind außer Acht zu lassen
(§ 9 Abs. 2 Satz 3 BewG).
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c) Wie der Senat bereits für § 11
Abs. 2 Satz 2 BewG a.F. entschieden hat, können zur Ableitung
des gemeinen Werts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten
solche Verkäufe nicht herangezogen werden, bei denen
regelmäßig derselbe Preis (insbesondere der Nominalwert)
zugrunde gelegt wird. Ein solcher Ansatz zeigt, dass die
Beteiligten den Preis gerade nicht unter den Bedingungen des
gewöhnlichen Geschäftsverkehrs nach den
marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage
unter Heranziehung objektiver Wertmaßstäbe, zu denen vor
allem das Gesamtvermögen und die Ertragsaussichten
gehören, gebildet haben (vgl. BFH-Urteil vom 15.07.1998 - II R
23/97, BFH/NV 1998, 1463, m.w.N., unter II.1.). Dies gilt auch,
wenn ein Preis regelmäßig gleichbleibend angesetzt wird,
der sich als ein Vielfaches des Nominalwerts darstellt.
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d) Nach diesen Grundsätzen kommt eine
Ableitung des gemeinen Werts der Anteile an der Klägerin zu 1.
aus dem Einziehungskurs in Höhe von 400 % des Nennkapitals
nicht in Betracht.
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aa) Wie zwischen den Beteiligten unstreitig
ist und die Kläger selbst vortragen, wurde der Einziehungskurs
nicht für jeden Einzelfall einzeln ausgehandelt, sondern
über Jahre hinweg aufgrund der unveränderten
Ausschüttungspraxis der Klägerin zu 1. gleichbleibend
angesetzt, ohne die veränderten
Vermögensverhältnisse der Gesellschaft und ihrer
Beteiligungsgesellschaften zu berücksichtigen.
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bb) Dass sich der Kaufpreis nicht an den
veränderten Vermögensverhältnissen orientiert hat,
folgt auch aus dem aus objektiven Gründen nicht
erklärbaren erheblichen Missverhältnis zu dem das
Gesamtvermögen der Gesellschaft abbildenden Substanzwert. Der
Substanzwert der Klägerin zu 1. liegt mehr als das 6-fache
über dem sich aus dem Einziehungskurs ergebenden Wert.
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cc) Anders als die Kläger meinen, kann
die Nichtberücksichtigung der Vermögensverhältnisse
der Klägerin zu 1. auch nicht deshalb in den Hintergrund
treten, weil eine Zwangslage bei den freiwilligen Einziehungen der
Anteile an der Klägerin zu 1. nicht erkennbar gewesen sei.
Dass die Beteiligten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
ohne Zwang und nicht aus Not gehandelt haben, sondern freiwillig in
Wahrung ihrer eigenen Interessen zu handeln in der Lage sein
müssen, stellt nur eine Voraussetzung für die Annahme
einer freien Preisbildung im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr dar. Hinzutreten muss ein Handel, bei dem
sich der Preis nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen von
Angebot und Nachfrage unter Heranziehung objektiver
Wertmaßstäbe, zu denen vor allem das Gesamtvermögen
und die Ertragsaussichten gehören, gebildet hat, was
vorliegend gerade nicht der Fall war.
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dd) Da eine Ableitung des gemeinen Werts aus
dem Einziehungskurs von 400 % des Nennkapitals der Klägerin zu
1. nicht in Betracht kommt, kann dahingestellt bleiben, ob die
Einigung zu den Einziehungen vom 07.02.2015 rechtzeitig und
zwischen fremden Dritten erfolgte.
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e) Der Ansatz des Substanzwerts nach § 11
Abs. 2 Satz 3 BewG verletzt die Kläger zu 2. und 3. jedenfalls
im Ergebnis nicht in ihren Rechten. Ist eine Ableitung des gemeinen
Werts aus Verkäufen zwischen fremden Dritten, die weniger als
ein Jahr zurückliegen, nicht möglich, so ist nach §
11 Abs. 2 Satz 2 BewG der gemeine Wert unter Berücksichtigung
der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen
anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu
ermitteln. Ob der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG
eine andere im Geschäftsverkehr anerkannte Methode im Sinne
des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ist (vgl. dazu
„Grundsätze zur Durchführung von
Unternehmensbewertungen“ des Instituts der
Wirtschaftsprüfer Standard 1 i.d.F. 2008, Rz 6; Mannek in von
Oertzen/Loose/Stalleiken, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, 3. Aufl., § 11 BewG Rz 76; Wollny, DStR
2012, 766, 769, m.w.N.), kann dahinstehen. Jedenfalls darf ein nach
§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ermittelter Wert den Substanzwert nach
§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht unterschreiten. Ein nach §
11 Abs. 2 Satz 2 BewG ermittelter Wert könnte daher nur gleich
hoch oder höher sein als der Substanzwert nach § 11 Abs.
2 Satz 3 BewG. Der Ansatz eines höheren Werts als der
festgestellte Wert der Anteile an der Klägerin zu 1. ist wegen
des im gerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots
jedoch nicht möglich (vgl. BFH-Urteil vom 05.12.2019 - II R
41/16, BFHE 267, 275, BStBl II 2020, 741 = SIS 20 04 92, Rz
21).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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