Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Sächsischen Finanzgerichts vom 30.06.2021 - 2 K 121/21 =
SIS 22 03 67 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Alleinige Gesellschafterin und
Geschäftsführerin der Klägerin und
Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH, ist Frau Y. Y war
Eigentümerin eines inländischen Grundstückes. Das
Grundstück befand sich im Betriebsvermögen des
Einzelunternehmens von Y. In der Schlussbilanz des
Einzelunternehmens wurde es mit einem Wert in Höhe von
… EUR ausgewiesen. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
…2018 übertrug das Einzelunternehmen im Wege der
Ausgliederung sein Vermögen als Ganzes auf die mit
Gesellschaftsvertrag vom selben Tag neu gegründete
Klägerin. Die Ausgliederung zur Neugründung nach § 1
Abs. 1 Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) wurde am …2018
in das Handelsregister eingetragen.
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Der Beklagte und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom …2019
gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von
… EUR fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin
keinen Einspruch ein.
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Das für die Bewertung des
Grundbesitzes zuständige Finanzamt stellte mit Bescheid vom
…2019 den Grundbesitzwert in Höhe von … EUR
fest. Daraufhin änderte das FA mit Bescheid vom …2019
den Grunderwerbsteuerbescheid vom …2019 nach § 175 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung und setzte die Grunderwerbsteuer
auf … EUR herauf. Dagegen legte die Klägerin Einspruch
ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom …2021 als
unbegründet zurückwies.
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Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte
teilweise Erfolg. Nach Ansicht des FG unterlag zwar der durch die
Verschmelzung bewirkte Übergang des Eigentums an dem
Grundstück von Y auf die Klägerin nach § 1 Abs. 1
Nr. 3 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes in der im Streitjahr
geltenden Fassung (GrEStG) der Grunderwerbsteuer. Allerdings seien
die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a
GrEStG erfüllt gewesen. Ungeachtet dessen könne die im
Verfahren vor dem FG beantragte Festsetzung der Grunderwerbsteuer
auf 0 EUR nicht vorgenommen werden, denn das FA habe mit dem
bestandskräftigen Grunderwerbsteuerbescheid vom …2019
gegenüber der Klägerin die Grunderwerbsteuer in Höhe
von … EUR festgesetzt.
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Dagegen richtet sich die Revision des FA.
Seiner Ansicht nach ist die Ausgliederung des Unternehmens eines
Einzelkaufmanns auf eine neu gegründete Gesellschaft nicht
nach § 6a GrEStG begünstigt, weil kein Konzernsachverhalt
vorliege. § 6a GrEStG sei auf Vorgänge innerhalb eines
bestehenden Konzerns beschränkt.
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Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bislang nur
entschieden, dass § 6a GrEStG auch auf solche
Umwandlungsvorgänge im Sinne des Umwandlungsgesetzes
anzuwenden sei, infolge derer ein Rechtsträger
umwandlungsbedingt neu entstanden oder untergegangen sei und die
Fristen des § 6a Satz 4 GrEStG allein deshalb nicht
eingehalten werden könnten. Er habe ferner entschieden, dass
§ 6a GrEStG für alle wirtschaftlich tätigen
Rechtsträger gelte und das herrschende Unternehmen nicht
Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein
müsse.
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Der hier streitige Sachverhalt unterscheide
sich aber von den vorgenannten Fallgestaltungen. Hier gebe es nur
eine natürliche Person, die erst durch die Umwandlung zum
Alleingesellschafter einer GmbH werde. Es sei unerheblich, dass
diese natürliche Person eine Firma unterhalte. Die
Überschrift „im Konzern“ setze
sprachlich einen bestehenden Konzern voraus. Zudem werde aus §
6a Satz 3 und 4 GrEStG deutlich, dass die Vergünstigung nach
§ 6a Satz 1 GrEStG nur bei bestehenden
Beherrschungsverhältnissen gelten solle. Eine natürliche
Person könne aber nicht sich selbst
„beherrschen“. Würde einer
einzelnen Rechtspersönlichkeit eine
Konzern-Steuervergünstigung gewährt, führte dies
offensichtlich zur Überdehnung des gesetzgeberischen
Ziels.
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Das FA beantragt,
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die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Es hat keinen Antrag
gestellt.
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Das BMF unterstützt inhaltlich das
Vorbringen des FA. Ergänzend trägt es vor, dass ein
Einzelunternehmen nicht die Voraussetzungen eines herrschenden
Unternehmens im Sinne des § 6a GrEStG erfülle. Bei der
hier vorliegenden Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine
neu zu gründende Kapitalgesellschaft, deren
Alleingesellschafter auch Inhaberin des Einzelunternehmens sei,
bestehe weder vor noch nach dem Umwandlungsvorgang ein
Konzern.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat
zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die
Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG bei der Ausgliederung des
Einzelunternehmens der Y auf die zu diesem Zweck neu
gegründete Klägerin im Streitfall erfüllt sind.
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1. Der durch die Ausgliederung bewirkte
Übergang des Eigentums an dem Grundstück auf die
Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG
der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um einen gesetzlichen
Eigentumswechsel, bei dem kein den Anspruch auf Übereignung
begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war und bei
dem es auch keiner Auflassung bedurfte.
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2. Die Voraussetzungen für die
Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG sind erfüllt.
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a) Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG
wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a,
3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer
Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Steuer
nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG betrifft die
Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung,
Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die
Vermögensübertragung.
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Die Nichterhebung der Steuer setzt weiter
voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein
herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem
herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere
von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften
beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Im Sinne von Satz 3
abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder
Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb
von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren
nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils
unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen
beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).
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b) Bei der Ausgliederung eines
Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft
nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG handelt es sich um einen
Umwandlungsvorgang im Sinne des § 6a Satz 1 GrEStG.
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aa) Es lässt sich dem Wortlaut des §
6a Satz 1 GrEStG keine Einschränkung dahingehend entnehmen,
dass nur bestimmte Verschmelzungsvorgänge von der Norm erfasst
sein sollen. § 6a Satz 1 GrEStG erfasst vielmehr alle
Umwandlungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG,
folglich auch die Ausgliederung eines einzelkaufmännisch
betriebenen Unternehmens auf eine Kapitalgesellschaft nach §
123 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 152 UmwG. Hätte der Gesetzgeber
bestimmte, nach dem Umwandlungsgesetz zulässige
Verschmelzungen vom Anwendungsbereich des § 6a GrEStG
ausnehmen wollen, hätte dies im Wortlaut des § 6a GrEStG
einen Anklang finden müssen (BFH-Urteil vom 21.08.2019 - II R
15/19 (II R 50/13), BFHE 266, 326, BStBl II 2020, 329 = SIS 20 00 90, Rz 21).
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bb) Der BFH hat bereits entschieden, dass auch
Umwandlungsvorgänge zwischen einem Alleingesellschafter und
der von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft von § 6a GrEStG
erfasst sind. § 3 Abs. 2 Nr. 2 UmwG sieht ausdrücklich
vor, dass eine Kapitalgesellschaft auf ihren Alleingesellschafter
verschmolzen werden kann und dieser das Vermögen der
Gesellschaft als Gesamtrechtsnachfolger übernimmt. Der
Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann herrschendes
Unternehmen im Sinne des § 6a GrEStG sein (BFH-Urteil vom 21.08.2019 - II R
15/19 (II R 50/13), BFHE 266, 326, BStBl II 2020, 329 = SIS 20 00 90, Rz 21; Lieber in Behrens/Wachter, Grunderwerbsteuergesetz,
2. Aufl., § 6a Rz 30; Kugelmüller-Pugh in Viskorf,
Grunderwerbsteuergesetz, 21. Aufl., § 6a Rz 85).
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cc) Dasselbe gilt für den umgekehrten
Fall der Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur
Neugründung einer Kapitalgesellschaft nach § 123 Abs. 3
Nr. 2 UmwG.
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Nach § 124 Abs. 1 UmwG können an
einer Ausgliederung als übertragende, übernehmende oder
neue Rechtsträger die in § 3 Abs. 1 UmwG genannten
Rechtsträger sowie als übertragende Rechtsträger
wirtschaftliche Vereine, Einzelkaufleute, Stiftungen sowie
Gebietskörperschaften oder Zusammenschlüsse von
Gebietskörperschaften, die nicht Gebietskörperschaften
sind, beteiligt sein. Nach § 152 UmwG kann unter weiteren
Voraussetzungen die Ausgliederung des von einem Einzelkaufmann
betriebenen Unternehmens, dessen Firma im Handelsregister
eingetragen ist, oder von Teilen desselben aus dem Vermögen
dieses Kaufmanns zur Aufnahme dieses Unternehmens oder von Teilen
dieses Unternehmens durch Personenhandelsgesellschaften,
Kapitalgesellschaften oder eingetragene Genossenschaften oder zur
Neugründung von Kapitalgesellschaften erfolgen. Auch dieser
Fall ist von § 6a Satz 1 GrEStG erfasst, denn es handelt sich
um eine Umwandlung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG.
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c) Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass
die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 6a GrEStG in
Bezug auf den Bestand des dort bestimmten
Abhängigkeitsverhältnisses innerhalb eines Zeitraums von
fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) im
vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Jedoch muss die
Nachbehaltensfrist von fünf Jahren in Bezug auf das durch den
Umwandlungsvorgang begründete
Abhängigkeitsverhältnis eingehalten werden.
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aa) § 6a Satz 4 GrEStG ist nach der
Rechtsprechung des BFH dahingehend auszulegen, dass die dort
genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als
sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch
eingehalten werden können. Bei Umwandlungsvorgängen
zwischen einer abhängigen Gesellschaft und einem herrschenden
Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die
Vorbehaltensfrist und in Fällen der Abspaltung oder
Ausgliederung zur Neugründung nur die Nachbehaltensfrist
eingehalten werden. Die Vorbehaltensfrist muss bei der Abspaltung
oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden,
um die Steuerbegünstigung zu erlangen. Denn eine vor der
Umwandlung nicht existente Gesellschaft kann die in § 6a Satz
4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der
Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen
(BFH-Urteil vom 21.08.2019 - II R 16/19 (II R 36/14), BFHE 266,
335, BStBl II 2020, 333 = SIS 20 00 91, Rz 25; Lieber in
Behrens/Wachter, Grunderwerbsteuergesetz, 2. Aufl., § 6a Rz
39; Kugelmüller-Pugh in Viskorf, Grunderwerbsteuergesetz, 21.
Aufl., § 6a Rz 111; gl.A. die Finanzverwaltung in den Gleich
lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder
zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 25.05.2023, BStBl I 2023,
995 = SIS 23 09 45, Tz. 3.2.2.1).
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bb) Im Falle einer Ausgliederung eines
Unternehmens eines Einzelkaufmanns auf eine zu diesem Zweck neu
gegründete Kapitalgesellschaft bewirkt die Eintragung der
Ausgliederung im Handelsregister das Erlöschen der von dem
Einzelkaufmann geführten Firma (vgl. § 155 Satz 1 UmwG).
Umwandlungsbedingt kann daher die Einzelfirma nicht mehr weiter an
der Kapitalgesellschaft beteiligt sein, wohl aber der
(frühere) Einzelkaufmann als Alleingesellschafter der
Kapitalgesellschaft. Lässt der Gesetzgeber einerseits die
Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine Kapitalgesellschaft
zu und schränkt andererseits den Anwendungsbereich des §
6a Satz 1 GrEStG diesbezüglich nicht näher ein, ist
§ 6a Satz 4 GrEStG dahingehend auszulegen, dass eine
Nachbehaltensfrist umwandlungsbedingt insoweit eingehalten werden
muss, als der nach Erlöschen des Einzelunternehmens als
Alleingesellschafter an der Kapitalgesellschaft beteiligte
(frühere) Einzelkaufmann diese Beteiligung in Höhe von
mindestens 95 % über weitere fünf Jahre halten muss.
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cc) Eine solche Auslegung des § 6a GrEStG
findet ihren Anknüpfungspunkt in der Systematik der
Vorschrift. Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird
ausdrücklich für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1,
Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang
aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3
UmwG die Steuer nicht erhoben. Der Verweis auf § 1 Abs. 1 Nr.
1 bis 3 UmwG schließt die Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr.
1, §§ 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr.
2, § 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung und die Ausgliederung
von Vermögen zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2,
§ 123 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG)
sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3,
§§ 174 ff. UmwG) ausdrücklich und ohne Vorbehalt auf
bestimmte Umwandlungsfälle in die Begünstigung ein.
§ 6a Satz 1 GrEStG differenziert nicht danach, in welcher
Richtung, horizontal auf eine Schwestergesellschaft oder vertikal
auf die Muttergesellschaft, eine Gesellschaft verschmolzen wird,
sondern begünstigt alle dort genannten
Umwandlungsvorgänge gleichermaßen, auch wenn nur ein
herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft an
dem Umwandlungsvorgang beteiligt sind. Hätte der
Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nur auf solche
Umwandlungsvorgänge beschränkt sein sollen, bei denen
bereits ein Verbund aus mehreren Unternehmen besteht und nach dem
Umwandlungsvorgang auch weiter besteht, hätte dies in §
6a Satz 1 GrEStG seinen Niederschlag finden müssen (BFH-Urteil
vom 21.08.2019 - II R 16/19 (II R 36/14), BFHE 266, 335, BStBl II
2020, 333 = SIS 20 00 91, Rz 34; Kugelmüller-Pugh in Viskorf,
Grunderwerbsteuergesetz, 21. Aufl., § 6a Rz 102; Lieber in
Behrens/Wachter, Grunderwerbsteuergesetz, 2. Aufl., § 6a Rz
39; Pahlke in Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, 7. Aufl., § 6a
Rz 40).
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dd) Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck
des § 6a GrEStG. Der Gesetzgeber wollte mittels der
Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG Umstrukturierungen
innerhalb von Konzernen erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf
Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können
(BT-Drucks. 17/147, S. 10). Das schließt - entgegen der
Auffassung des FA und des BMF - auch solche
Umwandlungsvorgänge ein, durch die ein Konzern beendet oder
neu begründet wird. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar,
nur bestimmte Umwandlungsvorgänge, zum Beispiel
Verschmelzungen auf Schwestergesellschaften, zu begünstigen,
zumal die Begünstigungswirkungen des § 6a GrEStG nach der
Vorstellung des Gesetzgebers allen Begünstigungsadressaten
möglichst gleichmäßig zugutekommen und die
Erfassung aller Umwandlungsvorgänge einer
gleichmäßigen Wirkung der Begünstigung dienen
sollten (BT-Drucks. 17/147, S. 10). Der Begünstigungszweck
würde verfehlt, schlösse man diejenigen
Umwandlungsvorgänge, die in der Praxis sehr häufig
vorkommen, wie die vertikale Verschmelzung und die Abspaltung oder
Ausgliederung zur Neugründung, von vornherein aus dem
Anwendungsbereich des § 6a GrEStG aus (BFH-Urteil vom
21.08.2019 - II R 16/19 (II R 36/14), BFHE 266, 335, BStBl II 2020,
333 = SIS 20 00 91, Rz 35).
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ee) Die Auslegung steht schließlich
nicht im Widerspruch zu dem weiteren von § 6a Satz 3 und 4
GrEStG verfolgten Zweck, ungewollte Mitnahmeeffekte zu vermeiden
(vgl. BT-Drucks. 17/147, S. 10). In Verschmelzungsfällen muss
nach § 6a Satz 3 und 4 GrEStG die Vorbehaltensfrist gewahrt
sein, das heißt, das qualifizierte
Abhängigkeitsverhältnis muss vor dem Umwandlungsvorgang
fünf Jahre Bestand gehabt haben. In den Fällen der
Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung muss die
Nachbehaltensfrist gewahrt bleiben, so dass das durch den
Umwandlungsvorgang begründete
Abhängigkeitsverhältnis nach dem Vorgang mindestens
fünf Jahre bestehen muss. Kurzfristige Gestaltungen, wie sie
§ 6a Satz 3 und 4 GrEStG in Anlehnung an §§ 5 und 6
GrEStG verhindern will (vgl. BT-Drucks. 17/147, S. 10), sind
folglich auch in Verschmelzungs-, Abspaltungs- oder
Ausgliederungsfällen unter Beteiligung von Einzelunternehmen
ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteil vom 21.08.2019 - II R 16/19 (II R
36/14), BFHE 266, 335, BStBl II 2020, 333 = SIS 20 00 91, Rz
36).
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d) Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu
Recht entschieden, dass die Grunderwerbsteuer dem Grunde nach im
Streitfall nach § 6a GrEStG nicht zu erheben ist. Die
Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung sind
erfüllt.
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An dem Umwandlungsvorgang sind - wie § 6a
Satz 3 GrEStG voraussetzt - das Einzelunternehmen der Y als
herrschendes Unternehmen und die Klägerin als abhängige
Gesellschaft beteiligt. Unerheblich für die Anwendung des
§ 6a GrEStG ist der Umstand, dass das
Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Einzelunternehmen
und - nach dessen Erlöschen - zwischen der Klägerin und
ihrer Alleingesellschafterin erst durch den Umwandlungsvorgang
begründet wurde.
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§ 6a Satz 4 GrEStG schließt die
Steuerbegünstigung nicht aus. Zwar waren weder das
Einzelunternehmen noch Y als Alleingesellschafterin vor dem
Umwandlungsvorgang fünf Jahre zu mindestens 95 % an der
Klägerin beteiligt. Dies ist jedoch unerheblich, da beide aus
Rechtsgründen vor dem Umwandlungsvorgang nicht an der
Klägerin beteiligt sein konnten, da sie erst aufgrund des
Umwandlungsvorgangs entstanden ist. Nach dem Umwandlungsvorgang war
Y an der Klägerin als Alleingesellschafterin zu 100 %
beteiligt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO. Das beigetretene BMF trägt keine Kosten, da es
keinen Antrag gestellt hat.
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